Di.,21.Juni 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2941, 24.696 sm von HH
Bei Air B&B bieten Privatleute ihr Wohnung (oder Teile davon) zur meistens kurzfristigen Miete an. Auf einer Internet-Plattform stellen sich die Vermieter und das Objekt detailiert vor. Zum Beispiel, ob ein eigenes Bad vorhanden ist, sich die Küche geteilt werden muss und ob Haustiere vorhanden sind.
Da wir ja keine Unterkunft mehr zum House-Sitting gefunden haben, wechseln wir zur Air B&B. Ein Selbsttest, was wir aushalten können.
Speziell für Neuseeland noch die Information, dass Neuseeländische Häuser keine Zentralheizungen haben. Meistens gibt es im zentralen Wohn-Ess-Kochbereich eine Wärmepumpe. Eine Art umgedrehte Klimaanlage an der Wand hängend, die für Wärme sorgt. Sorgen soll. Bad und Nebenräume haben in der Regel keine Heizung.
1.Unterkunft bei Michael
Michael ist Ende zwanzig und wohnt normalerweise mit seiner Freundin zusammen. Die ist aber zurzeit in Singapore und somit öffnet er uns alleine die Haustür. Das Haus ist nüchtern eingerichtet. Weiße kahle Wände, alles spärlich möbliert. Dunkelbraune Vorhänge, dunkelbrauner Fußboden.
Wir haben ein eigenes Zimmer, müssen uns allerdings Bad und Küche mit Michael teilen. Nach einem Schnelldurchlauf durch die Funktionen und Örtlichkeiten des Hauses halten wir mit ihm ein Schnupper-Schwätzchen am Tresen der Wohnküche. Dabei offenbart er uns, dass die beiden immer dann kein Air B&B anbieten, wenn sie keine Lust mehr haben aufzuräumen.
Nach einer kurzen Unterhaltung verschwindet Michael in einem der anderen Räume. Uns „überlässt“ er wortlos die Wohnküche. Wir nehmen das stumme Angebot gerne an, denn in unserem Zimmer stehen nur ein Bett und ein Nachtschrank, da sitzen wir am Tresen oder Esstisch bequemer. Auf dem Laptop schauen wir Filme mit Basil, der Katze des Hauses, und vertreiben uns so die Abende.
Bei Michael sind die Decken meterhoch und die Wärmepumpe schafft nicht so recht ihre Arbeit. Zum Glück ist es in dieser Woche nachts noch nicht so kalt, so dass wir mit Doppel-Fleece noch ganz gut klar kommen.
Kleines Haus – unauffällig
Die Küche ist mehr als spärlich ausgerüstet. Der einzige unbenutzte Topf hat keinen Deckel. Der zweite Topf steht mit gebrauchtem Fett auf dem Herd. Dort bleibt er auch die gesamte Zeit unseres Aufenthalts stehen. Wir sind sowieso nur auf einfache Gerichte eingestellt, kommen somit die eine Woche schon klar damit. Die nicht schließende Ofentür (für eine Fertigpizza) sollen wir mit einem Stuhl verkeilen, schlägt Michael vor.
Ich will nicht sagen, dass die Küche versifft ist, aber es wäre prima, wenn Meister Propper der nächste Gast in dieser Unterkunft wäre. Und der Badewannenvorleger hat unterm Schmuddel jegliche Farbe verloren. Damit die Handtücher im kalten Bad nicht anfangen zu müffeln, nehme ich sie mit in unser Zimmer zum Trocknen. Der gemütlichste Raum im Haus, der den ganzen Tag von der Sonne beschienen wird.
Der Wohn-Essbereich – kalt und nüchtern
Der angrenzende Küchenbereich
Zum Glück haben wir (aus Sicherheitsgründen) nur eine Woche Aufenthalt bei Michael gebucht. Ich suche bereits am ersten Abend eine andere Unterkunft im Anschluss.
Leider wird der junge Mann im Laufe der Woche immer unfreundlicher. Dabei sehen wir uns nur abends, wenn wir von Atanga zurück kommen. Morgens warten wir mit dem Aufstehen, bis er um sieben Uhr das Haus verlässt.
Wenn ich ihn anspreche, tut er so als verstünde er mich nicht. Hallo? Bislang ist noch jeder mit meinem bloody german accent klar gekommen. Gut, Sympathie kann man nicht erzwingen – ich beschränke mich also aufs Hallo-Sagen und die Bitte, ob er vielleicht für den übervollen Mülleimer eine neue Tüte hätte. Er stellt nach ein paar Tagen auch den Smalltalk mit Achim weitestgehend ein. Er klappt nur noch die Tür zu seinem Raum geräuschvoll hinter sich zu. Seine ganze Art lässt uns wissen, dass er lieber alleine wäre und Air B&B nur wegen der Kohle macht.
Am letzten Abend belegt er zur Hauptkochzeit die Küche, um für eine ganze Woche ein Hühnchen-Curry vorzukochen. Fast zwei Stunden besetzt er den Herd, während wir am Tisch sitzen und warten dürfen. Unser anschließendes Rührei war nach zehn Minuten fertig.
63 NZ$ pro Nacht – keine Extras enthalten
Der Lichtblick des Hauses – Basil – eine echte Schoß- und Schmusekatze
Der Kater rettet den Aufenthalt
2. Unterkunft bei Dina
Von der Air B&B Hölle direkt in den Himmel. Diesmal haben wir ein eigenes Bad und einen eigenen Hauseingang in unser Zimmer. Schon der Eindruck von außen ist ein ganz anderer. Alles ist neu, geharkt und geschniegelt. Der Eindruck setzt sich drinnen fort. Im blitzblanken, weißen Bad bekommen wir von Dina einen elektrischen Vakuum-Duschkabinen-Wand-Trockner von Kärcher in die Hand gedrückt: „Bitte benutzen nach jeder Dusche.“ An den Badematten erkennt man noch die Abdrücke der Wäscheklammern. Es gibt Handtücher gestellt (schneeweiß – mit snug and cosy Aufsticker), Shampoo und Duschgel stehen zur Verfügung. Eine Wärmelampe and der Decke, mit zwei Hitze-Stufen einstellbar, heizt das Bad in Sekundenschnelle auf. Das ist wichtig, denn ein Hochdruckgebiet lässt arktische Luft über Neuseeland ab. Nachts fallen die Temperaturen bereits unter zehn Grad.
Hauseingang zu Dina und Mann
Der Eingang zu unserem Zimmer
Leckerlies liegen auf jedem Kopfkissen und unser Zimmer hat einen geräumigen Schrank und Fernseher mit Netflix-Zugang. Zwei elektrische Heizdecken im Bett helfen die fehlende Heizung zu ersetzen.
Die Küche ist riesig und so fertig geputzt, um darin zu operieren. Ausgestattet mit scharfen Messern, tausend Töpfen, Pfannen und Schüsseln. Im Preis inbegriffen ist außerdem ein Frühstück – entweder Cerealien oder Toast mit süßen Aufstrichen. Cappuccino, Tee, Kaffe oder Kakao gehören ebenfalls dazu.
Dina und Ihr Mann – beide etwa Ende fünfzig – empfangen uns sehr freundlich und lassen uns die ersten zwei Abende alleine in ihrem großen Haus. Unser Zimmer ist zwar schön, aber noch lieber sitzen wir am Tresen in der Küche nach dem Abendessen.
Die weiteren Abende müssen wir uns die Küche teilen. Das klappt gut, da wir etwas später dran sind und unsere Gastgeber jeweils schon fast fertig sind mit Kochen als wir in die Küche kommen. Aber es ist für uns ein komisches Gefühl in der Küche zu wurschteln während die Hausherren noch am Esstisch sitzen oder vor dem Fernseher. Dina bekommt auch alles mit, was in ihrer Küche passiert. Wir suchen eine Plastikschüssel und ich öffne nach einander die undendlich vielen Schranktüren. „Sucht ihr was bestimmtes?“, fragt sie aus dem offenen Wohnbereich in die Küche und steht auch schon neben mir. Oder sie schaltet im Vorbeigehen schnell die Dunstabzugshaube an, obwohl Achim gerade erst den Herd angeschaltet hat und das Öl nicht mal lauwarm geworden ist. Wir fühlen uns etwas beobachtet und ziehen uns immer schnell nach dem Essen in unser Zimmer zurück.
57 NZ$ pro Nacht – preiswerter als die Hölle. Unbegreiflich. Warum wir das nicht gleich gebucht haben? Es stand nicht zur Verfügung! Ein Gast war kurzfristig für eine Woche abgesprungen und daher konnten wir sieben Tage ergattern.
3. Unterkunft bei Stephen
Die Unterkunft hatte ich schon vor Michael gesehen. Da hat mich das Hochbett abgeschreckt und daher ist die Wahl auf Michael gefallen. Blöd! Ich hatte das Hochbett in Verdacht, dass noch weitere Menschen mit uns in einem Raum übernachten. Nein, das Hochbett ist dafür, falls eine ganze Familie sich einmieten möchte.
Das Hochbett hat mich abgeschreckt, aber das Zimmer ist besser als es aussieht
Wieder haben wir einen eigenen Eingang zu unserem Zimmer. Nicht so chic wie bei Dina – der Weg führt durch eine mit Gerümpel voll gestellte Garage. Und wieder haben wir unser eigenes Bad. Shampoo und das ganze Klimbim stehen zur Verfügung. Feuchte Handtücher haben einen beheizten Handtuchhalter – ähnlich den Handtuch-Heizungen in Deutschland.
Stephen und seine Frau sind Mitte dreißig und haben drei kleine Kinder. Von zwei bis sieben Jahre alt. Beide Elternteile sind tiefenentspannt. „Um 18:30 Uhr ist die Familie abgefüttert, dann können ihr die Küche nach Gusto benutzen“, erklärt Stephen uns. Das ist angenehm. Ab und an wuselt noch ein Kind hin und her und wird von einem Elternteil wieder eingefangen. Im Vorbeigehen macht Stephen die Dunstabzugshaube aus, die wir eingeschaltet haben. „Zu laut“.
Die Küche sieht aus wie nach einer Küchenschlacht. Aber wir finden unseren Platz zwischen den vorgespülten Töpfen und halb gepackten Pausenbroten für die Kinder am nächsten Morgen. Die Familie weilt im separaten Wohnzimmer und versucht die Kinder ins Bett zu bekommen, während wir essen. Im Küchenbereich sorgt ein Holzofen für brauchbare Wärme.
Nur morgens, wenn die Familie schon ausgeflogen ist, friert das Wasser in der Spüle ein. Vierzehn Grad innen, sechs draußen, sind uns zu wenig. In unserem Zimmer steht ein brauchbarer Heizlüfter, den tragen wir zum Frühstück in die Küche.
Die Küche am nächsten Morgen – alles auf- und weggeräumt – Überstunden nachdem die Kinder im Bett waren
In dem begehbaren Kleiderschrank in unserem Zimmer steht ein Kühlschrank. Das ist eine gute Idee. So brauchen wir unseren Käse, Butter und sonstiges nicht in den Familienkühlschrank quetschen.
Das Haus ist riesig. Die jungen Leute finanzieren es augenscheinlich großenteils über Air B&B. „Wenn wir in den Urlaub fahren, vermieten wir das ganze Haus – 200 Dollar die Nacht. Zack, ist der Urlaub bezahlt“, berichtet Stephen.
Die Einrichtung ist unterstes WG Niveau. Alles zusammengesucht und nicht wirklich in einem guten Zustand. Neuseeland ist teuer, die Gehälter nicht gerade großzügig – da bleibt schon mal was auf der Strecke.
57 NZ$ – nicht die schönste, aber die unkomplizierteste Unterkunft mit sehr netten Gastgebern.
Fazit: das teuerste muss nicht immer das beste sein. und AirB&B ist etwas an das man sich gewöhnen muss. Wir finden es unterm Strich anstrengend und suchen wieder nach House Sitting.