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Der Chimborazo

Sa.,14.Jul.18, Ecuador/Riobamba, Tag 1505, 13.337 sm von HH

Wieder ein Tipp aus unserem Wanderführer: ‚Fahr bis Pulingui – auf 3.850 Meter mit schönem Blick auf den Chimborazo‘. Der Wanderführer gibt noch mit auf den Weg, dass man den Bus nach Guaranda nehmen muss, der 8x täglich fahren soll.

Den Chimborazo wollen wir sehen. Als erloschener Vulkan ist er schließlich der höchste Berg der Welt mit 6.310 Metern. Schöne Grüße an dieser Stelle an den Mount Everest. Das war wohl nix, du Zwerg. Der Chimborazo ist um 2000 Meter höher vom Erdmittelpunkt aus betrachtet als der Everest. Auf Grund ihrer Rotation ist die Erde keine Kugel und der Chimborazo steht ausgerechnet an der dicksten Stelle der Erde, dem Äquator (fast zumindest).
Der Gletscher des Chimborazo ist leider bereits um 70% geschrumpft. Zum einen wegen der Erderwärmung. Zum anderen hat sein Asche spuckender Nachbar Tungurahua Schuld daran, da sich die Asche auf dem Gletscher ablagert.

Wir stiefeln diesmal also zum großen Busbahnhof von Riobamba. Am Schalter mit den Bussen nach Guaranda kennt man Pulingui zunächst nicht. Die Schalter-Mietze fragt ihren Kollegen, wir am Nachbarschalter und dann ‚ah, die Erleuchtung‘, der Bus fährt tatsächlich über Pulingui. Wir kaufen zwei Tickets.

Die Ernüchterung beim Ticket-Kontroll-Jungen am Bus als wir ihn bitten uns an der richtigen Stelle zum Aussteigen Bescheid zu sagen: Pulingui kennt er nicht. Nie gehört, no, nix, nada.
Macht nichts, nett und hilfbereit, wie die Südamerikaner sind, rennt er los und fragt irgend jemanden und kommt Freude strahlend zurück. Si, wir sind richtig und er sagt Bescheid. Wir steigen in den Bus.

Nach 45 Minuten ruft der Ticket-Junge uns an: „Raus, raus hier!“ Wir steigen aus. An einer gottverlassenen Landstraße stehen linker Hand eine Handvoll Häuser. Ob das Pulingui ist? Wir wissen es nicht. Ein Ortsschild gibt es schon mal nicht.
Wir nähern uns dem Minidorf. Traditionell mit Schilf gedeckte Häuser, ein paar Hühner und ein Herzlich-Willkommen-Schild auf deutsch, mehr ist nicht zu sehen. Aber wir haben volle Sicht auf den Chimborazo. Wolkenfrei steht er da vor uns. Imposantes Teil.

Willkommen im Nirgendwo

Willkommen im Nirgendwo

Wohnen auf 4000 Meter ohne Heizung - unvorstellbar

Wohnen auf 4000 Meter ohne Heizung – unvorstellbar

Chimborazo - der höchste Berg der Welt  ;-)

Chimborazo – der höchste Berg der Welt ;-)

Die Schneekuppe vom Chimborazo

Die Schneekuppe vom Chimborazo

Ein staubiger Erdweg führt näher an den Berg heran. Die Steigung des Weges ist mäßig, so dass wir auf knapp 4.000 Meter tatsächlich ohne Sauerstoffzelt voran kommen. Es ist arschkalt und extrem windig. Windstärke sieben, mindestens, in Boen verliert man das Gleichgewicht, wenn man nicht aufpasst. Der Wind beißt ins Gesicht und nur weil wir uns schnaufend vorwärts bewegen, kommen wir mit unseren Klamotten klar. Achim hat eine lange Unterhose im Rucksack. Das möchte ich sehen, wie er bei der Kälte die Büx auszieht, um den Longjonni unterzuziehen. :mrgreen:

bitterkalt

bitterkalt

 

Traumwetter

Traumwetter

Die Schneegrenze liegt bei 4.800 Metern, die Baumgrenze haben wir bereits bei 3.500 Metern überschritten. Obwohl das in diesem Teil der Anden keine Rolle spielt. Die Berge sind komplett Baum frei. Ecuador hat ganze Arbeit geleistet und alle Wälder abgeholzt. Auf jedem Quadratmeter wird Landwirtschaft betrieben.

Es ist staubig und die Luft unglaublich trocken. Unsere Handflächen sind wie Pergament und wir können nicht mal ein Taschentuch richtig greifen. Ohne Labello platzen die Lippen auf wie ein gutes Krustenbrot.
Die trockene Luft zieht mir die letzte Feuchtigkeit aus dem Gesicht. Ich kann förmlich die Falten spüren, wie sie sich bilden. Die knitterigen Mütterchen von gestern waren wahrscheinlich auch noch zehn Jahre jünger als ihre Optik sie wirken lässt.

Aber es ist traumhaft schön hier oben. Nicht einen Tag möchten wir hier leben, aber die raue Landschaft hat auch ihre zarten Seiten. Hochalpin finden sich zwischen dem Gras unendlich viele Blüten, die sich stengellos zwischen die Gräser ducken. Im Windschatten ist es so warm, dass wir beim Picknick unsere Mütze und Windbrecher für einen Moment vergessen können, aber wehe, der eklige Wind trifft einen.

Die Landschaft wirkt eintönig vom Bewuchs, aber zwischen dem Gras wohnen die Schätzchen

Die Landschaft wirkt öde, aber zwischen dem Gras wohnen die Schätzchen

Eine wunderschöne Szenerie

Eine wunderschöne Szenerie

 

Unbekannte blassblaue Schönheiten

Unbekannte blassblaue Schönheiten

Krokusse ?

Krokusse (?) wer weiß es?

Wir bleiben bei unseren Streifzügen am Füsse des Chimborazo in der Nähe der Landstraße, denn wir erwarten einen Bus in umgekehrte Richtung zurück. Der sensationelle Blick auf den wolkenfreien Vulkan lockt eine Hand voll Radfahrer und ein Pärchen aus Quito in diese einsame Gegend. Wir bekommen mehrfach Angebote zum Mitfahren, leider in die falsche Richtung.
Falls kein Bus vorbei kommt, könnten wir noch immer einen Wagen mit der Ladefläche voll Kohlköpfe stoppen. Tatsächlich kommt dann ein Bus und natürlich hält er auf Handzeichen. Dafür schließt man Südamerika noch fester ins Herz.

Unser erstes Lama

Unser erstes Lama