Eine Rundreise im Süd-Westen Kolumbiens

So., 01.Okt.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1219, 11.850 sm von HH

Arbeite doch mal eben die Route aus. :mrgreen:

Wüste, Anden, Vulkane, indigene Dörfer, Kaffee-Plantagen und Kolonial-Städte.
Der Süd-Westen von Kolumbien hat einiges zu bieten. Die Highlights sind im Internet und Reiseführer schnell gefunden.

Aber wie kommt man mit dem Bus von A nach B?
Das Bus-System soll flächendeckend sein. Und großartig. Warum stoße ich dann auf Reiseberichte, die vom Transport auf der Ladefläche eines Pickups berichten? Warum finde ich keine Busverbindungen? Ich wühle mich durch. Es gibt mindestens zehn, fünfzehn verschiedene Bus-Unternehmen.

Die Aufenthalts-Orte und Dauer der ersten Woche stehen fest. Die Dörfer sind  winzig, keine fünfhundert Einwohner. Es gibt zwei, drei Unterkünfte, die zum Teil nur Hängematten anbieten. Nach sieben Stunden Busfahrt möchte man ankommen und ein Bett haben.

Also besser vorher reservieren.
Da gibt es nur ein Problem: in der Wüste und in den Bergen haben die Hotels kein Internet. Über booking.com und andere Portale sind sie ebenfalls nicht erreichbar. Eine Reservierung kann nur telefonisch vorgenommen werden.
Bestätigungen, die man als Deutscher so sehr liebt, schwarz auf weiß mit Unterschrift, gibt es nicht.
Na prima. Ich bin nicht sicher, ob wir wirklich für alle Nächte ein Dach über dem Kopf haben werden. :lol:

Nach Bogotá fliegen wir (total günstig, für 52 EUR pro Person), bleiben dort jedoch nur eine Nacht. Die Stadt hat über 8 Millionen Einwohner. Wahnsinn. Das sind uns ein paar zu viele. Es soll Stunden dauern bis man den Stadtrand erreicht.

Ab Bogotá geht es per Bus (?) weiter. Zum nächsten Ziel, der Tatacoa-Wüste, müssen wir dreimal umsteigen. Einige Verbindungen sind klar, andere, ich sag mal, ’noch unsicher‘.

Ab Popayan, der Hälfte der Strecke, wird es zivilisierter. Viel besuchte Orte, touristisch erschlossen, liegen auf dem Weg. Hotels, Restaurants, Infrastruktur.
Hier haben wir es flexibel gelassen und noch nichts reserviert. Wo es uns gefällt, bleiben wir, sonst geht weiter.

Das Endziel der Rundreise soll Medellin sein. Die einst gefährlichste Stadt der Welt.
Der ehemalige Sitz des Kokain-Königs Pablo Escobar. Heute ist Medellin eine moderne Metropole, die Preise als innovativste Stadt Südamerikas gewonnen hat.
Der Plan sieht vor, ab Medellin wieder aufs Flugzeug zu wechseln, um zurück zu Atanga zu fliegen.

Wir sind gespannt. Morgen früh geht’s los.

Feste Reling im Selbstbau erstellt

Fr., 29.Sep.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1217, 11.850 sm von HH

Es gab einen schlimmen Schandfleck an Bord: Die Befestigung unseres Solar-Paneels an der Reling. Die Stütze an der Rückwand  (wird benötigt für den ausgeklappten Modus)  war lieblos mit Band an der Reling festgebunden. Ein Holzklotz, der als Abstandhalter diente war ebenfalls nur mit Band vertüttelt.
Das ganze Werk war am Reling-Draht festgelascht. Mit Klemmen, die viel zu groß für den Draht gewesen sind.
Ein wackeliges, hässliches, ewig währendes Provisorium.

Das ist vorbei. :-)

Inspiriert durch die Neuinstallation von Solar-Paneelen auf dem Nachbarschiff, geht Achim ebenfalls auf die Suche. Zunächst sind nur Alu-Rohre in der richtigen Länge und Stärke aufzutreiben.
Ein drei Meter langes Rohr gibt es für 4,00 EUR fast geschenkt.
Unser Nachbar berichtet, dass er Edelstahl-Rohre zu astronomischen Preisen gefunden hätte, um die hundert Euro für den Meter. :shock:
Ein bisschen viel des Guten bei einem Bedarf von sechs Metern.

So richtig gefällt Achim die Alu Lösung nicht.
Er geht weiter auf die Suche und wird fündig: Edelstahlrohr V2A – sechs Meter für 22 EUR. Na bitte, geht doch.

Die Löcher, die er für die Aufnahme auf den Reling-Stützen benötigt, bekommt er für vier EUR raus gebraten. Okay, keine Hochpräzisionsarbeit. Es fehlen an der optimalen Passform ein paar Millimeter. Die feilt Achim per Hand raus.

Der Reling-Draht wird gelöst.
Auf die letzte Reling-Stütze vor dem Geräteträger wird das Rohr mit dem (nun passenden) Loch gestülpt. Im rechten Winkel zum Schiff. Dann wird das Rohr in Schiffs-Richtung gedreht. Dadurch verriegelt das Rohr auf dem Ring der Reling-Stütze quasi wie ein ‚Twist-and-Lock‘- Schloss.
Der lose Reling-Draht wird wieder durch alle Stützen und das Rohr geschoben und neu gespannt. Somit benötigt die neue feste Reling keine extra Befestigung am Geräteträger, weil sie dort auf dem Draht aufliegt und nicht verrutschen kann.

Nun ist endlich eine saubere Befestigung des Solarpanels möglich. Der Schandfleck ist zum Schwan geworden.

Aus Gründen der Symmetrie hat Achim die feste Reling an beiden Seiten montiert. Wir werden jetzt mal sehen, ob wir damit glücklich werden. Falls ja und wir irgendwo in Regionen kommen, in denen es gutes Edelstahlrohr zu kaufen gibt, wird noch einmal nachgebessert.

Allerdings haben Provisorien die Neigung ewig zu halten.

Die Lackerarbeiten sind abgeschlossen und die Treppe zum Niedergang ist ebenfalls zum Schwan geworden.

 

 

Unser neues Bimini – Ein Marathon

Mi., 27.Sep.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1215, 11.850 sm von HH

Es gibt ein Sprichwort: „Warum hat der Teufel seine Großmutter erschlagen? Weil ihr keine Ausrede mehr einfiel!“
Was wir in den letzten Monaten an Ausreden gehört haben, hätte sogar den Teufel beeindruckt.

Bei unserer Ankunft in Santa Marta Anfang Juli waren wir beeindruckt. In der, zur Marina gehörenden, Werft haben wir uns nach einem Persennig-Näher erkundigt. Der Mann stand bereits an Tag drei nach unserer Ankunft neben dem Schiff. Hörte unsere Wünsche und versprach in fünf Tagen habe er ein Angebot für uns. :lol:

Als er sich nicht meldet, erhalten wir nacheinander folgende Infos:

-Er kann nicht kommen, sein Sohn sei krank
-Er kann nicht kommen, er sei krank
-Er kann nicht kommen, er sei im Gefängnis (die coolste Ausrede von allen)

Okay, daraufhin vermittelt die Werft einen zweiten Planen-Mann. Der erscheint ebenso schnell wie unser Knast-Bruder.
Nimmt unser altes Bimini und unsere Lazy-Bags als Muster mit. Ich mahne und warne, dass man das nicht machen soll, denn Persenning-Leute nehmen ihr eigenes Maß.

Die neuen Teile werden nach unserem Deutschland Aufenthalt fertig sein, so wird uns versichert. Natürlich sind sie es nicht:

-Der neue Mann warte noch auf Material

Wir fragen im Abstand von zwei Tagen nach, wann es weiter geht. Eine Anzahlung von 60% (1.070 EUR) haben wir zum Glück an die Werft gezahlt und nicht an einen der windigen Kammeraden. Sein Ausbleiben hat folgende Ausrede:

-Er kann nicht kommen, der Bruder sei krank

Uns platzt der Kragen, wir setzten eine letzte Frist.

Diese Frist wird nur um einen Tag überzogen, dann aber erscheint der zweite Mann mit ‚etwas Genähtem‘.
Die Lazybags sind komplett nicht zu gebrauchen. Obwohl er ein Muster vorliegen hat, näht er es trotzdem so falsch, dass es nicht zusammen mit dem Segel in die Nut im Baum eingefädelt werden kann.
Das Bimini passt zwar, ist allerdings echter Müll. Beim Säumen wurde daneben genäht, keine Zick-Zack-Naht, Druckknöpfe wurden falsch herum eingestanzt und die Naht in der Mitte wurde gar nicht umsäumt und gegen das Licht kann man die Perforation der Nadel erkennen.
Dieses Bimini wird vom ersten Tag an undicht sein. Diesen Schrott nehmen wir nicht ab.

Wir stornieren den Auftrag und fordern die Werft auf, uns die Anzahlung zurück zu erstatten. Das möchten die natürlich nicht so gerne und ein dritter Persenning-Mann kommt ins Spiel. Auch der steht bereits am nächsten Tag neben dem Schiff. Und nimmt Maß.

-er kann den Auftrag nicht annehmen, weil er Mann Nummero 2 kennt und die sich wohl nicht in die Quere kommen wollen.

Also quatscht die Marina auf uns ein, dass der zweite Persenning-Experte eine zweite Chance bekommen soll. Okay, wir knicken ein.
Wir wollen ja neu haben, unsere Lazy-Bags sind irreparabel am Ende und das Bimini ist eine Dauerbaustelle zum Flicken.

Unser Persenning-Mann zwei erscheint erneut.
Es wird besprochen, was er anders machen soll und wo seine Fehler liegen.
Dieses Treffen findet an einem Montag statt. Der Planen-Mann beteuert, dass er am Freitag oder Samstag fertig sei.

-Freitag kommt eine Mail, es wird Samstag
-Samstag kommt eine Mail, es wird Montag

Achim hat weiße, geblähte Nasenflügel. Ein schlechtes Zeichen. Die erscheinen nur, wenn er extrem sauer ist. Er bestellt den Werft-Chef ans Schiff und setzt ihm die Pistole auf die Brust: Entweder der Deal ist geplatzt, wir wollen sofort unser Geld zurück oder Montag ist der Kram an Bord und wir zahlen nicht einen Cent mehr als bereits geleistet. Das sei das letzte (!! :lol: ) Ultimatum!

Der Chef nimmt Vorschlag zwei an – 60% sind ihm genug.

-Montag kommt eine Mail, es wird erst Dienstag was, weil auf Material gewartet wird
-Dienstag kommt eine Mail, es wird erst Mittwoch was, weil es in Cartagena so stark geregnet hat

Achim hat wieder diese Nasenflügel: „Mittwoch oder Geld zurück. Jetzt wirklich (!) Ende der Diskussion.“

Dann das Wunder: Pünktlich am frühen Nachmittag kommt der Persenning-Typ mit beiden Teilen.  Das Lazy-Bag lässt sich einfädeln und das neue Bimini hat mit dem Proto-Typ nichts zu tun. Es ist sicher keine perfekte Segelmacher-Arbeit, aber doch besser als okay.
Ob wir es für den vollen Preis genommen hätten? Wir sind nicht sicher. Durch die erhebliche Preisreduzierung ist es nun aber sein Geld wert.

Die Marina Santa Marta

Di., 26.Sep.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1214, 11.850 sm von HH

Diese Marina gehört zur Kette IGY. „We bring the highest level of service to marinas“, wirbt IGY.
In den USA, in der Karibik und nach Lateinamerika.
Nur leider nicht in die Marina Santa Marta.

Wir sind keine Mecker-Fritzen. Wir meckern nicht über die Duschen, die nicht sauber gemacht werden. Nicht über kaltes Wasser bei den Herren und nur manchmal warmes Wasser bei den Damen. Und auch nicht darüber, dass das Internet langsam und störungsanfällig ist.
Das sind alles Dinge, die sowieso nicht zu ändern sind und es ist überall, auch außerhalb von IGY, das gleiche.

Klar, könnte man bei den gepfefferten Preisen (950 EUR Liegegebühren monatlich ohne Langzeitlieger-Rabatt) erwarten, dass solche Dinge perfekt sind.
Aber wir sind in Kolumbien.
Unter uns Seglern wird dann schon kritisiert, dass IGY richtig gutes Geld haben will, aber nicht die Leistung dafür abliefert.

Das, was richtig nervt, sind die vor zwei Monaten installierten Tore.
Mit Hilfe eines Fingerabdruck-Scanner kommt man rein und raus. Zumindest theoretisch.

Der innere Scanner verweigert ungefähr einem Drittel der Steg-Bewohner den Austritt.
Trotz mehrerer Re-Scan-Versuche mit diversen Fingern.

Manchmal komme ich beim zweiten Versuch raus, manchmal noch nicht mal nach zehn Versuchen. Wenn nicht gerade jemand anders in der Nähe ist, der einen funktionierenden Finger hat, steht man wie ein Depp vor der Tür.

Am einfachsten haben es die Kinder, die passen durch die Gitterstäbe. Ich nicht. Oder nur mit der peinlichen Gefahr doch stecken zu bleiben. Das lass ich mal lieber.
Also kletter ich am Tor vorbei. Das ist einfach und führt einem gut vors Auge, wie überflüssig dieses Tor wirklich ist.

Dabei darf man sich nur nicht erwischen lassen, dann gibt es Mecker – ungerechtfertigt, wie ich finde, sollen sie es doch in Ordnung bringen.
Die Anlage ist Video überwacht und das Office sieht alles.

Unser Nachbar Robert, Australier, hat genau wie ich einen schlechten Finger.
Robert ist ebenfalls ungeduldig, etwas zu alt zum Klettern und ein Freund der rohen Gewalt: oben ziehen und unten gleichzeitig treten, in gegenläufige Richtung. Das setzt den Elektromagneten außer Kraft und das Tor springt auf.

Vor fünf Tagen kommt ihm bei so einer Aktion das komplette Tor entgegen. Alle Schweißnähte gerissen. :mrgreen:
Er kann grade noch verhindern, dass ihn die massive Tür erschlägt.

Pflichtbewusst meldet er den Schaden im Büro. Aber jetzt haben sie ihn am Schlafittchen. Es gibt Video-Aufnahmen, die ihn zeigen, wie er am Tor rüttelt und dadurch seien die Schweißnähte gebrochen.

Die Marina hat ihren Skandal. Endlich was los hier.

Alle sind sich einig, dass seine Öffnungs-Methode nicht okay ist, aber dass sie nicht dafür verantwortlich ist, dass Schweißnähte aufbrechen.
Das Marina-Management sieht das anders. Er soll den Schaden bezahlen. Am gleichen Abend schickt Robert einen Fünfzehn-Punkte-Beschwerde-Brief zum IGY Hauptsitz.

Toll. Das Tor-Scanner geht noch immer nicht, ist aber zwischenzeitlich neu geschweißt worden. Das ehemals kalte Herren-Dusch-Wasser ist nun heiß und bei den Frauen kommt nur noch kalt. Und geputzt wird immer noch nicht.

Warum wir bleiben?
Wir basteln noch immer viel am Schiff. Das ist in einer Marina mit Wasser , Strom und Steg einfacher als am Anker.
Und wir haben noch eine Rundreise geplant. Schon nächsten Montag geht es los.
In der Zeit soll Atanga sicher in einem bewachten Hafen liegen. Hinter einem Tor durch das man nur mit Fingerabdruck-Scan gelangt. ;-)

Bequemer Arbeitsplatz vom Skipper

Bequemer Arbeitsplatz vom Skipper

 

Teakdeck

So., 24.Sep.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1212, 11.850 sm von HH

Es gibt wohl keinen schöneren Decks-Belag.
Ein Teakdeck sieht so richtig schön schiffig aus. Richtig praktisch ist es allerdings nicht. In den Tropen schon gar nicht, barfuß drauf laufen, kann man völlig vergessen. Viel zu heiß.

Unser großes Teakdeck-Refit  liegt sieben Jahre zurück.
Seitdem haben sich weitere Millimeter vom Holz abgetragen. Schätzungsweise zwei, vielleicht zweieinhalb Millimeter.
Die gute Nachricht: das ist normal. Die schlechte Nachricht: uns fallen zunehmend die Holz-Pfropfen raus.

Die Teakbretter sind auf dem Deck verschraubt. Jede dieser Schrauben hat einen Holz-Pfropfen erhalten. Zum einen damit man die Schrauben nicht sieht, zum anderen damit es dicht ist.

Mit dem Holzplanken haben sich auch die Proppen abgetragen. Als hauchdünne Plättchen halten sie nicht mehr auf der Schraube und fallen ab.

Die Erneuerung ist recht simpel. :mrgreen:
Schraube raus, mit Führungs-Schablone und Forstnerbohrer das Loch vertiefen, Sika (haben wir genommen, war grad offen) oder wasserfesten Holzleim rein, neuen Pfropfen einschlagen, auf Faser-Richtung achten (sonst sieht es kacke aus ;-) ), warten bis der Leim trocken ist, Pfropfen mit dem Steckeisen abschlagen (in Faserrichtung, sonst kann er splittern), überstehenden Rest abschleifen, well done.

Das schreibt sich leichter als es ist. Fünfzig Schrauben-Löcher erneuert Achim. Eine fiese Plackerei. So recht will sich kein schattiges Plätzchen an Deck finden lassen.

Ein Loch erwischt er mit massiver Feuchtigkeit. Genau neben dem Want, was wir in Verdacht hatten für den Wassereinbruch verantwortlich zu sein. Das ist inzwischen längst dicht, aber so leicht scheint sich die Feuchtigkeit nicht zu verziehen.

Neben den Pfropfen erneuert Achim noch einige schlechte Fugen in dem kritischen Bereich.
Das geht super mit dem Multi-Master, ein wunderbares Gerät von ‚Fein‘.

Das Messer holt die alte Fugenmasse raus wie Butter. Die Fuge wird dann mit der Flex etwas vertieft und geglättet. Dann nur noch abkleben, neu verfugen, abschleifen.

Unser Teakdeck hat im Mittel noch eine Stärke von 8 Millimeter. Das entspricht dem Auslieferungszustand einer neuen Bavaria. Das klingt viel, aber in zehn Jahren ist trotzdem Schicht. Ich mag nicht dran denken.