Der Teufel ist ein Eichhörnchen

Do.,15.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1384, 12.404 sm von HH

Vor lauter schlechter Laune habe ich gestern das Wichtigste vergessen zu erwähnen: Unser Rumpf weist keine Schäden durch den Blitz auf. Das ist doch was. Ob wirklich die Erdungsplatte dafür gesorgt hat, lässt sich nicht beweisen. Wir sind trotzdem froh, dass wir sie haben.

Das Wellenlager zu tauschen, erweist sich ebenfalls als einfache Hausnummer. Die Werft-Jungs haben einen Abzieher, der den Propeller leicht von der Welle flutschen lässt. Eine Stunde und 65 USD später ist das Lager getauscht. Nicht zu vergleichen mit dem Drama auf La Palma.

Mit Abzieher ist es ein Kinderspiel das Wellenlager zu tauschen

Mit Abzieher ist es ein Kinderspiel das Wellenlager zu tauschen

Achim hält das Ausschlagen des Lagers für einen systematischen Fehler, der immer wieder auftreten wird. Die Welle ist zu lang, der Propeller zu schwer, der Hebel wahrscheinlich zu groß.
Da wir damit leben müssen, werden wir uns einen eigenen Abzieher kaufen, um überall das Wellenlager tauschen zu können.

So sieht übrigens die Welle nach drei Monaten aus, wenn niemand den Bewuchs abkratzt.

Etwas Bewuchs auf der Welle

Etwas Bewuchs auf der Welle

 

Die ölige Verschmutzung am Rumpf bekomme ich leichter runter als erwartet. Der Vorher-Nachher-Effekt hebt den Laune-Pegel. Das Restaurant hat geöffnet, der Burger ist lecker. Laune-Pegel im grünen Bereich.
Zufrieden gehen wir ins Bett. Morgen früh um 8:30 Uhr geht es ins Wasser zurück. Ein Glück, nur noch eine Nacht.

…zzzt zzzt zzzt
Wir schlafen schlecht. An Land ist es viel heißer an Bord als wenn das Schiff schwimmt. Die Kühlung vom Wasser fehlt. Unser Standplatz ist prima windgeschützt direkt hinter einer großen Halle. Die Wege zur Toilette sind lang.
Ich hab keine Angst vor Höhe, kann auch auf dem Yard an der Reling entlang spazieren. Aber ich mag nicht vom Schiff auf die Leiter umsteigen. Schon gar nicht im Dunkeln. Das macht mir immer ein unwohles Gefühl und Phantasien, die alle darin enden, dass ich verrenkt am Boden liege. Der Pipi-Eimer muss wieder her.

Morgens dann die schlechte Neuigkeit: der Travel-Lift ist kaputt. :shock:
Jetzt haben sie jemanden nach Panama City geschickt. Soviel ist klar, heute wird das nichts mehr.
Wie sagt Stromberg so schön?: „Als Chef musst du gegen Überraschungen imprägniert sein, der Teufel ist ein Eichhörnchen.“

Wenn’s läuft…

Mi., 14.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1383, 12.404 sm von HH

Wir stehen an Land.
Eigentlich wäre gestern unser Krantag gewesen, aber in Colón wird gestreikt für eine bessere Infrastruktur der Stadt. Kann ich verstehen, Colón sieht aus wie das New York aus der ‚Klapperschlange‘. Die Werft-Jungs wohnen zwar nicht in Colón, erscheinen aber ebenfalls nicht zur Arbeit.

Der Shoppingbus streikt auch. Na, macht nichts, ein paar frische Vorräte habe ich noch und sonst gehen wir einfach im Marina-Restaurant essen.

Heute hat es geklappt. Atanga steht sicher an Land.
Unser weiches Antifouling, keine vier Monate alt, ist für ein Schiff in Bewegung konzipiert.
Drei Monate Stillstand in der Marina haben da nicht gut getan. Wir verzichten trotzdem auf eine Reinigung mit Hochdruckreiniger. Zuviel von unserem neuen Antifouling würde dabei abgespült werden. Viel wirtschaftlicher ist es, das die Frau machen zu lassen.
Noch ist der Rumpf feucht und der Bewuchs kommt leicht herunter. Nur ein wenig mit dem Spachtel kratzen, fällt das Harte sofort ab. Der Schleim, der grün-grau eintrocknet, den werden wir uns sicher abfahren.

Warum eine Maschine etwas machen lassen, was ebenso von Hand zu leisten ist

Warum eine Maschine etwas machen lassen, was ebenso von Hand zu leisten ist

Viel schlimmer ist der ölverkustete Belag, der sich über der Wasserlinie gebildet hat. Die großen Schiffe, die draußen an uns vorbei ziehen, hinterlassen eine riesige Sauerei. Die kleinen Wellen, die Tag und Nacht an den Rumpf klatschen, bilden diese Ekel-Schicht. Außerdem hat der Gurt vom Kran das Antifouling auf dem Rumpf verteilt. Ich habe noch keine Ahnung, wie ich das je abbekommen soll. Auf der Laune-Skala von 1 bis 10, steht meine Laune spontan auf ‚Null‘.

ölige Schmierkruste

ölige Schmierkruste

Für den Einbau des Tiefenmessers holt Achim sich von Thorsten Hilfe. Die beiden haben Glück, der alte Tiefenmesser kommt fast freiwillig aus seiner Fassung. Der neue wird mit Sika, viel Sika, eingeklebt. Noch so eine Sauerei. Bislang konnte ich Fingerspuren davon im Cockpit, am Salontisch und Mülleimer finden. Ob sie von Thorsten oder Achim stammen, wird eine kriminaltechnische Untersuchung ergeben. Achtung! Laune-Skala!
Es wird sich bei der Wasserung zeigen, wie erfolgreich der Einbau war. Wir geben dem Zeug noch einen Tag, um abzubinden.

Das Loch vom Tiefenmesser-Sicht bis zur Decksluke

Das Loch vom Tiefenmesser-Sicht bis zur Decksluke

Dann wackelt Achim an unserer Welle. Warum macht der Mann so etwas? Natürlich, möchte man sagen, wackelt sie. Nicht gut, gar nicht gut. Achim hat es geahnt, gut verdrängt und deshalb vor vier Monaten nicht dran gewackelt.
Aber nun ist es zu spät. Jetzt wissen wir, dass die Welle erneut Spiel hat. Das Wellenlager ist ausgeschlagen. Nach nur 300 Motorstunden viel zu früh. Auch das hat Achim geahnt und vor zweieinhalb Jahren in Tazacorte gleich ein Ersatzteil mehr bestellt.
Auf der Werft ist Hilfe aufzutreiben. Morgen kommen zwei Jungs mit einem Abzieher und das Wellenlager wird getauscht.

In der Zwischenzeit ist das Antifouling getrocknet. Antifouling mag nicht gerne an Land stehen und zeigt uns dies mit großflächigen Abblätterungen. Ja, ist denn die Welt total bekloppt geworden? Ich glaube es nicht. Ich lasse es so. Mir ist grad alles egal.
Entweder es legt sich im Wasser wieder an oder fällt im Wasser ab. Da geht er hin, der Anstrich, der zwei Jahre halten sollte. Da hätten auch die Jungs mit dem Hochdruckreiniger kommen können. Meine Laune-Skala ist deutlich im negativen Bereich.

Das getrocknete Antifouling

Das getrocknete Antifouling

Zum Abschluss des Tages nur noch einen Happen Essen gehen. Das Marina-Restaurant hat Burger, Fritten und Pizza. Und eiskaltes Bier. Nach so einem Tag genau das richtige und zum Kochen hat an Land stehend sowieso keiner Lust.
Man hätte es ahnen können: das Restaurant ist ab 15:00 Uhr wegen Streik geschlossen! :shock: :cry:

Affentheater

Sa., 10.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1379, 12.404 sm von HH

Gleich hinter der Marina fangen der Dschungel und ein Nationalpark an.
Kein Kindergarten-Dschungel, sondern echter Urwald. Die Marina Broschüre warnt vor ernsthaften Gefahren: Schlangen, Alligatoren von über drei Meter Länge und Pfeilgiftfröschen. Es gibt die traurige Geschichte, dass ein Hund so einen Frosch gefressen haben soll und innerhalb von dreißig Minuten mit Schaum vorm Maul gestorben sei.

Die Gebrüll der Brüllaffen donnert über das Gelände. Wenn man vor Sonnenuntergang in den Wald geht, hat man fast eine Garantie auf einen Trupp Affen zu treffen. Entweder Kapuziner-Affen oder die besagten Brüller. Über den Wipfeln kreisen Greifvögel, die auf ein unvorsichtiges Affenbaby oder ein Faultier lauern.

Brüllaffen

Brüllaffen

 

turnen durch den Wald

turnen durch den Wald

Kapuziner-Affen werfen schon mal mit Früchten nach Menschen

Kapuziner-Affen werfen schon mal mit Früchten nach Menschen

In einem kleinen Baum, direkt bei den Stegen, wohnt so ein Faultier. Selbst wenn man mehrmals am Tag bei ihm vorbei schaut, findet man es immer schlafend vor. Nur die Astgabel in der es liegt, ändert sich von Zeit zu Zeit. Über zwanzig Stunden soll so ein Faultier am Tag vergammeln. Einmal in der Woche muss es seinen Baum verlassen, um sein Geschäft zu verrichten. Den Zeitpunkt müsste man mal abpassen.

Das Marina eigene Faultier

Das Marina eigene Faultier

schläft den Schlaf der Gerechten

schläft den Schlaf der Gerechten

In der Marina paddelt ein Krokodil. Jorge heißt es und liegt manchmal neben dem Steg und sonnt sich. Wir haben es bislang nur zwischen den Schiffen treiben sehen. Wie ein gut getarntes Stück Holz. In diesem Hafen putzt keiner freiwillig sein Unterwasserschiff.
Bis 1999 hatten die USA die Hoheit über den Panamakanal. Auf beiden Seiten des Kanals standen Forts, die bei der Übergabe des Kanals ebenfalls an Panama abgetreten wurden.
Fort Sherman lag auf dem Gelände der heutige Marina. Überreste diverser ‚Flak-Geschütz-Stände‘ werden grade von der Natur zurückerobert. Die Wohnhäuser der Soldaten verfallen. Einschließlich Türen und Geländer ist in der Zwischenzeit alles demontiert worden. Die Kirche ist geplündert. Im ehemaligen Theater der Soldaten hat heute die Segelmacherin ihre Werkstatt.

Battery Mower

Battery Mower

fast komplett überwuchert

fast komplett überwuchert

Nicht mehr viel übrig

Nicht mehr viel übrig

in der ehemaligen Kirche

in der ehemaligen Kirche

Wo stehen wir neun Wochen nach dem Blitz?

Di., 06.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1375, 12.404 sm von HH

Die ins Schiff geschlagenen Wunden schließen sich. Achim hat bereits die Deckenverkleidung wieder angebaut. Unversehrt hat sie die Zeit beim Segelmacher gelagert. Jetzt bloß aufpassen, dass man keinen Gecko einmauert.

 keinen Gecko lebendig vergraben

keinen Gecko lebendig vergraben

Alle gelieferten Teile sind verbaut, alle Kabel verlegt. Die Systeme laufen.
Nur der Windgenerator macht noch Kummer. Der Gleichrichter ist getauscht und neue Regler eingebaut. Im Augenblick liefert er zu wenig Strom, jedoch ist schwer zu sagen, ob es an zu wenig Wind in der Marina oder am Generator liegt. Ein Test steht noch aus.
Und wir warten noch auf ein Antennenkabel aus den USA. Das erste ist beim Einbau kaputt gegangen, jetzt soll ein Ersatz her.
Nächste Woche haben wir einen Krantermin. Dann kommt Atanga aus dem Wasser, damit der Tiefenmesser getauscht werden kann. Die neue Erdungsplatte wird montiert und es erfolgt ein Check, ob unser Rumpf nicht doch etwas ‚Blitz bekommen‘ hat.

Die Zeit bis dahin ist Achim weiterhin gut beschäftigt. Seine ‚to-do-Liste ist noch immer lang, trägt aber immerhin als Überschrift ‚Finale‘. Die großen Sachen sind weg, es sind jetzt die vielen Kleinigkeiten: eine abgebrochene Halterung erneuern, die Kabel sichern, dass sie bei Wellengang nicht aufschubbern und die Geräte bei ‚Raymarine registrieren, um drei Jahre Garantie zu erhalten.

Erste Aufräumarbeiten finden statt. Gestern konnte ich das erste Mal sehen, dass unser Navitisch aus Holz besteht. Ich erhalte weiterhin ‚ehrenvolle‘ Aufgaben. Die haben meistens was mit ‚festhalten‘ oder ‚hol mal‘ oder ‚putzen‘ zu tun. Alle Schraubenkästen sortieren, ist ebenfalls so ein Job.

Wir freuen uns auf nächste Woche. Auf das Finale und eine Probefahrt.

Schrauben nach Farbe :mrgreen: sortieren

Schrauben nach Farbe :mrgreen: sortieren

Darf ich vorstellen?

Sa., 03.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1372, 12.404 sm von HH

Das ist ‚Gonzo‘ unser neues Crew Mitglied. Wir haben ihn nach dem hibbeligen blauen Trompeter aus der Muppet Show benannt, weil er so hektisch von einem Ort zum anderen springt.

Gecko Gonzo

Gecko Gonzo

Gonzo ist winzig, grad vier Zentimeter groß und wohnt im Bad. Er hat es aber auch schon bis in die Pantry geschafft. Gonzo ist herzlich willkommen. Im Augenblick hat es zwar gar keine Mücken hier in der Marina, aber man weiß ja nie. Vier Tage Regen und die Situation sieht anders aus. Und Fruchtfliegen wird er wohl auch verschlingen können.

Dann entdecke ich ‚Grobi‘ und ‚Kermit‘ unter der Gräting im Cockpit.
Nanu, hoffentlich gehen uns nicht bald die Muppet-Namen aus. Grobi ist noch ein Baby, vielleicht zwei Zentimeter lang.
Und wo kommen die überhaupt alle auf einmal her? Sie werden wohl kaum mit ihren kleinen Stummelbeinchen entschieden haben, ‚da gehen wir mal 150 Meter den Steg bis zur Atanga, Tampen hoch und ziehen ein‘.
Wie müssen sie mit einem Karton oder im Rucksack eingeschleppt haben.

Drei Geckos sind genug. Bleibt abzuwarten, ob ‚Kermit‘ jetzt vielleicht ein Mädchen ist. Ich habe gelesen, dass sich Geckos prächtig vermehren. :mrgreen: