Beate

Do., 16.Mrz.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 1019, 9.937 sm von HH

Beate ist Hebamme und Sozialpädagogin.
Sie ist witzig und hat eine dreckige Lache. Beate trinkt gerne Tequila und ist nett.
Beate liegt mit Rainer und ihrer Balou am Steg neben uns.
Beate ist noch vieles mehr, nur eins ist Beate nicht: Friseurin.

Aber aus der Nummer lass ich sie nicht raus. Irgendwas muss mit meinen Haaren passieren.

Beate hat Angst, aber ich verspreche ihr, sie weder zu beschimpfen noch im Hafen zu versenken.
Gemeinsam treiben wir drei Papierscheren in verschiedenen Größen auf. Und ein alter Kamm ist auch noch zu finden.

Ich habe keine Angst, schlimmer kann es nicht werden.
Einen Tequila zum Mut antrinken, lehnt Beate ab. Da bin ich dann doch ganz
froh drüber. :mrgreen:
Vorsichtig arbeitet sie sich nach vorne. Mutig, Millimeter für Millimeter. Kein Edgar mit den Scherenhänden, aber von Erfolg gekrönt.
Muss man sich auch erstmal trauen. :-)

 

 

 

Yacht-Reportage

Mi., 15.Mrz.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 1018, 9.937 sm von HH

Ein wenig stolz bin ich ja schon…alles andere wäre gelogen.
In der ‚Yacht‘ (Europas größtes Segelmagazin – Eigenwerbung) Nr. 7 wird heute eine, von mir geschriebene, Reportage über unsere Teilnahme an der Nereid’s Rally erscheinen.
Zehn Seiten, eigene Bilder, großformatig, bunt, das volle Programm.

Was soll ich sagen? Wie es dazu gekommen ist?
Ich habe gefragt, ob sie am Thema ‚Nereid’s Rally‘ interessiert sind, und sie haben „ja“ gesagt. :-)

Interesse am Thema ja, verbindliche Zusage über eine Veröffentlichung, zunächst nein.
Erst abliefern, dann… „wir kennen Ihre Schreibe nicht, Frau Willner“.
Man gab mir ein paar Anweisungen mit auf den Weg, wie sich die Redaktion einen Artikel wünscht:
– 15.000 Zeichen inkl. Leerschritten
– 100 bis 150 hochauflösende Fotos sind mitzuliefern
– nicht chronologisch schreiben, nicht belehrend sein :shock: , Unwichtiges weg lassen, im Präsens schreiben, die ‚ich-Form‘ vermeiden und zig Schikanen mehr.

Puh, klare Ansagen, klare Herausforderung.

Also habe ich nach der Rally losgelegt und geschrieben und geschrieben.
Lieben Dank an meinen Kritiker und geduldigen Zuhörer, lieben Dank an Achim (ich weiß, am Schluss konntest Du die blöde Geschichte nicht mehr hören, hast aber immer noch geschafft auf inhaltliche oder sprachliche Fehler zu achten, danke! (Grammatik habe ich lieber selber gemacht ;-) ).

Nach zehn Tagen war alles geschrieben, die Bilder gefunden und beschriftet (mit Ortsangabe, wer und was zu sehen ist). Eine entsprechende Tabelle zu meinen 130 Fotos war fertigt und dann habe ich mich getraut. Getraut, mein Gesamtwerk zur Redaktion der Yacht zu senden.

„Ganz, ganz prima“, war dann die Wertung des verantwortlichen Redakteurs.
Kein „hervorragend, großartig, nie haben wir was besseres gelesen“, aber immerhin!
Besser als ‚ganz nett‘, den kleinen Bruder von ‚Scheiße‘ :mrgreen:

Nein, es muss ja gefallen haben, sonst hätten sie es nicht genommen.
Wer also über den Blog hinaus nicht genug von meinem Geschreibe bekommen kann: dann kaufe einfach die Yacht, erhältlich an jedem Kiosk.

Ein bisschen stolz bin ich ja schon…

Rundreise Mexiko – Nachlese

Mo., 13.Mrz.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 1.017, 9.937 sm von HH

Mexiko ist ein erstaunliches Land.
Von weitem hält man das Land schlicht für eine Bananen-Republik. Die Berichte über die Drogenkriege und die traurigen Müll-Kinder im Moloch Mexiko-Stadt nähren diese Einschätzung.
Ein Blick in die Statistik sagt etwas anderes: Mexiko ist auf Platz 15 der größten Volkswirtschaften der Erde. Es belegt Platz 12 der größten Exporteure  und Platz 10 beim Import. Mexiko ist Mitglied der G20 und stellt seit 2012 sogar dessen Präsidenten.

Schaut man dann in die Straßen von Mexico glaubt man eher an die Bananen.
46% aller Mexikaner (55 Millionen Menschen) leben in Armut, knapp 10% sogar in extremer Armut. Sie alle haben keinen ungehinderten Zugang zu Bildung, Gesundheit und Unterkunft.

Kinderarbeit ist in den ländlichen Bereichen eine Selbstverständlichkeit. Drei Jahre Schule, mehr ist für die Landkinder nicht drin. Analphabeten vorprogrammiert.

Soziale Absicherung Fehlanzeige. Behinderte werden von den Familienangehörigen zum ‚Arbeiten‘ im Rollstuhl oder auf eine Decke auf die Straße gesetzt. Auch sie müssen ihren Teil zum Familieneinkommen ‚verdienen‘.
Alte, uralte Frauen und Männer sitzen vor den Kirchen und hoffen auf ein paar Almosen. Wir haben viel beobachtet, dass Mexikaner ihren Landsleuten Geld in die Hüte geworfen haben. Aktives Betteln gibt es kaum. Auch von Kindern nicht.

Die Städte sind ein Spiegelbild dieser unglaublichen Schere. Mérida zum Beispiel.
Die großen Einfallstraßen wirken modern und europäisch. Denkt man sich die Stromleitungen weg und ersetzt Palmen durch Ahorn, konnte man in Hamburg sein. Chromglitzernde Autohäuser, Banken, Shopping-Center.
Hinter dem ‚Mercado Municipal‘ sieht es aus wie in der dritten Welt. Luftlinie vielleicht drei Kilometer.

Viele Bemühungen kann man entdecken, den Umweltschutz nach vorne zu treiben: Mülleimer in Mérida mit Trennung von Öko-Müll zum Rest.
Ein Heerschar an Straßenfegern sind in Beschäftigung, um die Stadt sauber zu halten.
In den Supermärkten werden allerdings Plastikverpackungen und Tüten verbraucht als ob es kein Morgen gäbe.

Öffentliche Toiletten sind speziell.
Sie sind abgesichert mit riesigen Drehkreuzen aus Metall wie im Hochsicherheits-Trakt eines Gefängnisses.
Das Toilettenpapier gibt es entweder aus einem Automaten vor den Toiletten oder in schon in passende Bündel direkt von der Klo-Frau in die Hand gedrückt. Dafür gibt es dann aber auch eine Quittung über 3 Pesos (15 Cent). :mrgreen:
Das Abwassersystem muss im ganzen Land eine Katastrophe sein. Papier in die Toilette werfen, ist unerwünscht. Das ist für uns Segler nun das kleinste Problem.
Meistens sind die öffentlichen Toiletten sehr sauber. Mit Fußbetrieb zum Aufziehen und es ist immer Seife da.

Überall Schilder in den Restaurants, selbst in den letzten Mittags-Spelunken: Hände waschen vor dem Essen und nach der Toiletten-Nutzung.
Das Gesundheits-Ministerium scheint eine Verordnung erlassen zu haben, dass so ein Schild zur Pflicht geworden ist.

Wir hatten eine wunderbare Rundreise in einem abwechslungsreichen, mit Geschichte vollgestopften Land. Sie ist ganz einfach auf eigene Faust zu organisieren.
Spanisch hilft auf dem Land, zur Not geht es auch ohne.
Trotz aller Warnungen vor Trick- und Taschendieben hatten wir nie das Gefühl, dass es jemand auf unserer Hab und Gut abgesehen hätte.

Die Mexikaner sind sehr zurückhaltend, leise, fast schüchtern. Unglaublich freundlich, wenn man sie anspricht. Sie freuen sich dann über Versuche auf Spanisch und helfen sehr, dass man verstanden wird.
Das fröhliche, laute ‚Hey, man, was geht‘ von den Antillen wird man hier nicht erleben. Das hat den Vorteil, dass man nicht andauernd eine Hand schütteln oder die Ghetto-Faust anschlagen muss.
Im Grunde kommt dieses Verhalten uns trockenen Fischköppen doch näher als die Verrückten aus der Ost-Karibik. ;-)

Shoppen in Mérida

Do./Fr., 09./10.Mrz.17, Mexiko/Mérida, Tag 1.013/4, 9.937 sm von HH

Der Vorschlag kommt von Achim. Er bräuchte dringend mal neue Klamotten.
Wie schlimm muss die Situation sein, wenn ein Mann freiwillig shoppen gehen will?

Ich brauch nichts (habe ich jetzt wirklich diesen Satz geschrieben? :mrgreen: ).

In Mérida shoppen zu gehen, hat die gleiche Qualität, wie samstags gemeinsam zu Ikea zu gehen.
Es ist lauter als auf dem Rummel. Aus jedem zweiten Laden brüllt einem laute Musik entgegen. Die Fußwege sind schmal wie in allen Städten. Hier aber überfüllt mit Menschen. Alles rennt durcheinander, drängelt, wechselt die Seiten. Dazwischen fliegende Händler, die den knappen Platz mit ihren Ständen belegen.
Dazu heiße Abgase von den Bussen. Russpartikel, groß wie Brotkrummen.

Wir werden fündig. Hemden, Schuhe, T-Shirts. Schöne Qualität, alles ‚made in Mexico‘. Die Sachen fühlen sich gut an und sind extrem preiswert. Für ein Hemd braucht man nicht mehr als 10 EUR ausgeben.
Nur die Suche nach Shorts will nicht recht klappen.
Bei 34 Grad im Schatten und 98% auf der Genervt-Sein-Skala brechen wir rechtzeitig ab, bevor ein hässlicher Scheidungs-Krieg los bricht.

Shoppen in Mérida. Nichts für schwache Nerven.

Am nächsten Morgen geht es dann nach Hause.
Problemlos, wie immer mit dem Bus. Nochmal fünf Stunden Fahrt.
Atanga ist noch da. Und auch alle Teile. ;-)
Schön ist es wieder zu Hause zu sein.

Cenotes

Mi., 08.Mrz.17, Mexiko/Mérida, Tag 1.012, 9.937 sm von HH

Wir haben es vorher gewußt: Finger weg von organisierten Touren!
Übermütig geworden durch die gelungene Tour in St. Christobal zu den Dörfer, wagen wir es erneut. Und fallen einfach nur auf die Schnauze.

„Das ist nix“, warnt Achim. Ich weiß es besser, weil ich unbedingt eine Cenote sehen will.

Yucatan sieht aus wie ein schweizer Käse, zumindest unter der Erdoberfläche.
Über Tausend Cenotes sind auf der Halbinsel verteilt.
Eine Cenote ist ein Kalksteinloch. Durch die Auflösung von Kalkstein entstehen unterirdsche Höhlen und Wasserläufe. Brechen die Decken von diesen Höhlen ein, entsteht eine Cenote.
Eine Tagoffnung, gefüllt mit Süßwasser.
Die Cenotes in Yucantan sind zwischen 15 bis 30 Meter tief, vereinzelt auch bis zu einhundert Metern. Sie verbinden sich zu einem unterirdischen Höhlensystem, dem wahrscheinlich größten System der Welt. Über Tausend Kilometer sind bereits erforscht. Tausende warten noch auf Erkundung.
Da das Höhlensystem unter Wasser steht, ist dies nur tauchend möglich. Das Wasser in den Cenotes ist glasklar, ohne Schwebstoffe, spektakuläre Tauchgänge sind dort möglich.

Für die Maya galten die Cenotes als Zugang zur Unterwelt. Sie dienten als religiöse Stätte und als Trinkwasser-Reservoir.

Vor allem sind diese Cenotes wunderschön.

Auf unserem Tour-Programm stehen gleich drei Cenotes zur Besichtigung. Ich freu mich wie Bolle.
Im Kleinbus geht es los. Mit zwölf Leuten, einem Franzosen, Mexikanern und US-Mexikanern. Eine Stunde Fahrt.

Wir halten an einem Restaurant. So eine typische Touri-Abfütterungs-Anstalt. Dort werden als erstes Schwimmwesten verteilt. Außer uns Europäern, greifen alle dankbar zu.
Himmel, bis alle eine passende Weste gefunden haben. Das dauert.

Ungeduldig warten schon die Pferde auf uns. :shock:
Wir werden von den Gäulen auf einer Art Lore durch die Karst-Landschaft gezogen. Das einzig witzige daran sind die Mexikaner in ihren Schwimmwesten. :mrgreen: Bei 35 Grad Hitze.

Nach 10 Minuten ist der Spaß vorbei.

Durch ein Erdloch geht es hinuter in unsere erste Cenote. Ein riesiges Treppengestell in der Mitte der Höhle versperrt jede Sicht. Ein paar Unterwasser-Scheinwerfer beleuchten die Szenerie: Ein Wasserloch!
Klares Wasser, okay, nicht mehr, nicht weniger.

Achim und ich hatten nicht vor in den Cenotes zu baden. Erstens haben wir keine Badeklamotten dabei und wir sind beide nicht der Typ, der in jeden Tümpel und Wasserfall springen muss.

Was nun passiert ist der beste Teil des Tages: Alle stürzen sich in die Fluten. Mit Tauchermaske und Feststoffweste. Allerdings können die Mexikaner nicht schwimmen. Es gibt vom Guide also erstmal Tauchermasken- und Schwimmunterricht.
Mit maximalen Körpereinsatz und ohne einen Zentimeter vorwärts zu kommen, versuchen die Nichtschwimmer ihr Glück.

Nach 15 Minuten haben wir genug von dem Schauspiel. Wir warten oben. Es ist heiß und langweilig. Die blätterlosen-Bäume spenden kaum Schatten. Wir warten.
Ab und an zeigt Achim mit dem Daumen nach oben. Oder macht lustige Späße: „ich meine, es gleich gesagt zu haben.“ Toller Typ. :-)

 

Irgendwann kommt die Truppe aus ihrem Erdloch gekrochen.
Wir gehen zu Fuß zur nächsten Cenote. Diese ist schon etwas besser.
Immerhin gibt es einige Bäume, die ihre Wurzeln bizarr ins kühle Nass strecken und Stalagtiten hängen von der Höhlendecke. Es fällt auch ein wenig Tageslicht in die Cenote, was den Zauber dieser eingebrochenen Höhlen erst ausmacht.

Sekunden haben wir Gelegenheit die perfekte Spiegelung im klaren, regungslosen Wasser zu bestaunen. Dann planscht die Horde schon wieder im Wasser herum. :cry:

 

Wir müssen wieder endlos warten… Ab und an kommt der Daumen! Oder der Spruch!

Endlos später werden wir mit den Pferden zurück zum Restaurant gebracht.
Dort wartet die dritte Cenote auf uns. Das Ding ist ein Loch mit dreckigem Wasser. Keiner mag mehr rein springen. Der Tümpel dient nur dazu, die Tour mit dem Besuch von drei Cenotes zu verkaufen. Echte Touri-Verarschung.

Endlich gibt es Mittag. Das ist ganz gut, mit überraschend moderaten Preisen, da hatten wir anderes erwartet.
Die Tour war mal echtverschwendete Lebenszeit und mit 25 EUR pro Person ohne Mittag für mexikanische Verhältnisse viel zu teuer.

Übrigens, so kann das aussehen: Cenote

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