Waschen wie zu Oma’s Zeiten

Mo.,31. Aug.15, Gran Canaria, Tag 457, 2.728 sm

Vor Jahren gönnten wir uns die erste Miele Waschmaschine unseres Lebens.
Eine gar nicht alte AEG hatte viel zu schnell ihren Geist aufgegeben.
Das Verkaufsgespräch im Fachgeschäft ist mir noch gut im Gedächtnis:
Da die meisten Waschmaschinen Wäsche waschen können, war der stärkste Trumpf des Verkäufers, die wartungsfreie Trommel-Innenbeleuchtung zu erwähnen.
Wir kauften.

Zu Hause bestaunten wir das blau-kalte LED-Licht.
Ganze Abende verbrachten wir nun im Keller statt vor der Glotze. Der simple Vorgang des einströmenden Wasser wurde zum Event. Kalt-blaues LED Licht verwandelte unseren Kellerraum in Abyss.

Es mehrten sich die Verdachtsmomente, dass sogar saubere Wäsche im Wäschekorb landete, nur um erneut dieses Spektakel zu bewundern.
Der Gipfel der Waschlust war erreicht, wir waren auf dem Wasch-Olymp angekommen.

Diese Zeiten sind vorbei.

Die Waschmaschinen in den Marinas bieten weniger Knöpfe als ein einfacher Dreipunkt-Mixer oder Toaster.
Keine Drehräder zum Vorwaschen oder Energiesparen, kein Knitterschutz, nicht mal eine Wollschaukel, die einen in den siebten Wasch-Himmel wiegen könnte.
Stufenlos regulierbare Temperaturen? Fehlanzeige.
Wo sind der Timer und das Schnellprogramm? Geschichte.

Kalt, warm und heiß – mehr Knöpfe gibt es nicht.
Eine Angabe über Grad Celsius sucht man vergebens. Wie wäre es wenigstens mit Kelvin. Mit einem Taschenrechner wäre diese Hürde schon zu nehmen.


Wie warm mag warm nun sein? Wenn kalt tatsächlich kalt ist, dann könnte warm ja 30 Grad sein. Und heiß wären dann 60 Grad.
Ist kalt aber bereits 30 Grad, dann wäre heiß eine fatale Fehlentscheidung.

Wir tasten uns langsam heran und suchen aus dem Wäscheberg T-Shirts, deren Totalverlust kein Drama wäre. Wir wählen warm.

Warm ist das neue kalt.

Nach 30 Minuten ist die Wäsche fertig. Nein, falsch ausgedrückt, das Waschprogramm ist beendet, von gewaschen sind wir noch ein Stück entfernt.
Die Wäsche wird kurz nass gemacht und wieder geschleudert. Und sie riecht nach dem automatisch zugefügten Waschmittel. Die Duftnote liegt irgendwo zwischen Grüner Seife und Klostein.

Wir trauen uns an heiß.
Heiß ist aber offensichtlich kein Deut heißer als warm.
Dafür habe ich einen Beweis. Übliche Küchen-Wischlappen, die mit der guten, alten  Miele bei 60 Grad sauber geworden sind, fangen jetzt bereits am zweiten Tag an zu stinken.

Nach einmaligem Gebrauch die Lappen weg zu werfen, erscheint mir zu schade.
Also koche ich wie zu Omas Zeiten die Lappen auf dem Herd im Kochtopf aus.
Nach dieser Prozedur sind alle Bakterien tot und die Lappen wieder ein paar Tage einsetzbar.

Eine Waschmaschinen-Ladung kostet hier 8,00 EUR. :shock:
Da ja sowieso nicht gründlich und heißer als lauwarm gewaschen wird, bekommt der alte Wäschehaufen-Spruch: „schmutzig, aber noch tragbar“ eine ganz neue Wertigkeit.
Jetzt müffeln zwar die Küchenlappen nicht, aber…

Manchmal wünsch ich mir mein altes Miele-Leben zurück. ;-)

Wieder zu Hause

Fr.,28. Aug.15, Gran Canaria, Tag 454, 2.728 sm

Gestern bin ich erstaunlich pünktlich in Las Palmas gelandet.
Es war wunderbar all Euch lieben Menschen getroffen zu haben und vielen Dank für die schönen Stunden (48), die wir miteinander verbracht haben. :-)
Nach zwei Wochen Heimat-Urlaub freue ich mich aber auch auf Achim und unser schwimmendes Zuhause.

Geflogen bin ich mit Norwegian Air, einer aufstrebenden Billig-Fluglinie.
Billig ist allerdings nur der Flug gewesen, ein Sandwich im Flieger kostet 7,20 EUR. :shock:
Aber ich will nicht meckern, denn Norwegian Air hat mir 40 kg Freigepäck plus 10 kg Handgepäck geschenkt. Warum? Keine Ahnung.

Als wir das raus gefunden hatten, haben wir angefangen alles, was auf den Kanaren nicht zu bekommen ist, in Deutschland zu bestellen: Ferritkerne (Funk-Kram), Entstörfilter (auch Funk-Kram) und Bücher.

Und zwar jede Menge Reiseführer. Davon befand sich bislang kaum einer an Bord.
Dies hatte ich bei der Abfahrt schlicht nicht überlegt, dass echte Reiseführer-Bücher nett und hilfreich sein könnten.
Im Internet finden sich zwar jede Menge Infos zu besuchten Ländern und Städten, aber über Wiki und Touristen-Seiten muss man es sich dann doch mühselig zusammen klicken.

Ich habe bestimmt 8 kg Bücher mit aus Deutschland gebracht. Diese habe ich gebraucht bei Amazon, zum Teil für nur 3,00 EUR, gekauft. Einige sind zwar schon älter, aber da Kirchen nicht zur Seite zu springen pflegen, führt auch ein älterer Reiseführer zum Ziel.
Tipps für Restaurants und Hotels sind für uns sowieso uninteressant.

Somit befindet sich jetzt Literatur über gesamt Süd- und Mittelamerika und die Karibik in unserer Bord-Bibliothek.

Den Volumen-Inhalt von zwei großen Koffern bzw. Tasche im Schiff zu verstauen ist mit ein wenig Umlagerung, Neuorganisation und Phantasie ein lösbares, jedoch tagesfüllendes Problem.

Der Koffer ist übrigens ein Keller-Fund, der mir von Freunden über Arbeitskollegen organisiert wurde. Mit dem können wir nichts anfangen, aber wir stellen ihn hier neben die Müllcontainer und sind uns sicher, dass er einen neuen Besitzer finden wird.

Wasser, Wasser, Wasser….hat das denn kein Ende

Mi.,26. Aug.15, Gran Canaria, Tag 452, 2.728 sm

Michael von der La J. ist schuld. Schuld daran, dass sich unsere Reise kalkulatorisch um einen Tag verkürzt. Er hat mir den Floh ins Ohr gesetzt, dass ein Druckausgleichbehälter und ein Filter im Brauchwassersystem notwendig sind. Das Schlimme ist, dass er damit richtig liegt.
Unser Brauchwassersystem hatte bislang weder einen Filter vor der Pumpe noch einen Druckausgleichsbehälter. Das ist umso erstaunlicher, als dass auf der Pumpe fett gedruckt steht, dass sie nicht ohne Vorfilter betrieben werden soll. Die Entscheidung einen solchen Filter einzubauen war daher schnell und ohne Diskussion erfolgt.

Was hat es mit dem Druckausgleichbehälter auf sich? Diese Tonne wird in die Wasserleitung eingeschliffen. Sie ist zweigeteilt. Ein Teil ist direkt mit den fließenden Wasser verbunden, der andere durch eine Membran davon getrennt. In jenem Teil, der abgetrennt ist, sorgt ein erhöhter Luftdruck dafür, dass leichte Druckschwankungen in der Wasserleitung ausgeglichen werden. Dadurch wird erreicht, dass die Pumpe nicht jedes Mal anspringt, wenn der Druck im System abfällt. Dies kann schon dadurch passieren, dass sich das Wasser nach Abschalten der Heizung abkühlt. Alles klar?
Filter und Druckausgleich ergeben somit Sinn und ich musste diese Wunderwerke der Technik für unser Schiff haben. Heute Morgen habe ich die entsprechenden Teile besorgt und eingebaut. Zu meinem großen Erstaunen, waren alle Verbindungen ohne Nacharbeiten dicht und das System funktioniert.


Das war das letzte große Projekt, was ich während der Abwesenheit von Bine in Angriff nehmen konnte. Ich habe nicht alles geschafft, was ich mir vorgenommen hatte. Bin ich zu langsam? Nun, einige der Projekte hatte ich überhaupt nicht auf meinem Zettel. Wenn man aber auf einem Schiff erst einmal anfängt, dann finden sich neue Projekte im Minutentakt.

Den Nachmittag verbrachte ich damit, das Schiff wieder ein Zuhause zu verwandeln. Ich habe Staub gewischt, Staub gesaugt, den Boden gewischt und das Cockpit sauber gemacht. All diese Arbeiten gehören nicht zu meinen Lieblingstätigkeiten, aber wat mutt, dat mutt.

Wasserspiele oder Wasser ist dünn und schnell

Di.,25. Aug.15, Gran Canaria, Tag 451, 2.728 sm
Seit langem haben wir Wasser unter der Pantry stehen. Es ist kein See, mehr eine Pfütze.
Da die Verbindungen der Wasserleitungen unter dem Spülschrank ohne anatomische Anomalien praktisch nicht zu erreichen sind, habe ich das Wasser einfach ignoriert. Für eine Reparatur fehlt mir einfach noch ein Gelenk neben dem Ellenbogen. An das gelegentliche Anspringen der Wasserpumpe hatten wir uns nach kurzer Zeit gewöhnt. Nachts haben wir die Pumpe kurzerhand abgestellt.


Damit sollte jetzt Schluss sein. Bine ist nicht an Bord und mit wenigen gezielten Aktionen ist es mir gelungen, auf dem Schiff das totale Chaos zu veranstalten. Kein ungeregeltes Chaos, sondern eines, was seinen Zweck erfüllt und was von Trägern des XY Chromosomensatzes nicht als solches empfunden wird. Doppel Xer sehen das vermutlich anders.
Es gab keine Ausrede mehr, nicht den Versuch zu unternehmen, das Leck zu finden.
Mit Zewa bin ich dem Leck auf die Spur gekommen. Dort wo es nass war, musste die undichte Stelle sein. Klingt einfach, war es aber nicht. Das Leck war winzig. Nachdem klar war, wo der Verursacher steckt, habe ich die verantwortliche Verbindung der Wasserrohre geöffnet, gereinigt und wieder verschlossen. Alles sah nach einem vollen Erfolg aus, aber da hatte ich die Rechnung ohne Mr. Murphy gemacht. Zwanzig Stunden nach der vermeintlichen Reparatur fand ich die einem halben Schnapsglas entsprechende Menge Wasser unter unserer Küche. Eine erneute Fehlersuche begann und führte zu einer zweiten Undichtigkeit. Der O-Ring, den ich in dem Verbindungsstück vorfand, konnte sich sehen lassen und es ist leicht nachzuvollziehen, dass das nicht dicht sein konnte.

Der Einbau eines neuen O-Rings löst hoffentlich unser Problem dauerhaft. Was sich hier in wenigen Zeilen steht hat Stunden gedauert und hat die Anzahl meiner Haare nicht ansteigen lassen.

Eine zweite Baustelle haben wir seit Frankreich mit unserer Cockpitdusche. Es gibt ein Ventil im Bad, mit dem Druck auf die Cockpit-Dusche gegeben werden kann. Dieses Ventil, das im geschlossenen Zustand dicht war, offenbarte seine Schwächen, wenn es geöffnet wurde. Das Wasser tropfte nicht daraus, es lief. Es strömte direkt in den Schrank über dem Motor. Heute Morgen habe ich alles auseinander genommen, gereinigt und ein neues ½ Zoll Ventil gekauft. Es hat zwei Anläufe gebraucht, bis alles dicht war. Wohl dem, der einen Schraubstock an Bord hat. Jetzt läuft das Wasser nur noch in der bestimmungsgemäßen Richtung und nichts tropft mehr.


Habe ich eigentlich erwähnt, dass ich Arbeiten an den Wasserleitungen nicht mag. Gas ist viel schöner….es macht nichts nass und Flecken macht es auch nicht.

ARC…und warum ich sie nicht mag

So.,23. Aug.15, Gran Canaria, Tag 449, 2.728 sm

Die Marina hier in Las Palmas ist voll. Sie ist sogar ziemlich voll. Sie ist so voll, dass es schon etwas Überredungskunst erforderte, den Marinero im Hafenbüro davon zu überzeugen, unseren Liegeplatz bis zum 21 September zu verlängern. Aber warum ist das so?

Über die nächsten neun Wochen verteilt werden die Teilnehmer der ARC hier erwartet.

ARC steht für Atlantic Ralley for Cruisers und ist die geschickte kommerzielle Verwertung des Unbehagens, das einige Langfahrer verspüren, wenn sie an die Atlantiküberquerung denken. Mehr als 200 Teilnehmer hat die ARC, die zusammen in Las Palmas starten.

Die Marina in Las Palmas ist extrem günstig. Kein Wunder, dass der Veranstalter der ARC seine Schäfchen hier unterbringen möchte, anstatt in die leere Marina von Santa Cruz de Tenerife zu gehen. Zur Erfüllung dieses Wunsches werden 200+ Boote und ihre Crews aufgefordert die Marina zu verlassen.

Die ARC+ (Saint Lucia via Kapverden) startet erst am 8. November und die eigentliche ARC (Gran Canaria nach Saint Lucia) zwei Wochen später. Die Auswirkungen dieses Rudel-Segelns sind in der Marina nicht mehr zu übersehen. Einige Segler mussten ihre Boote verlegen, da ihre Plätze für ARC Schiffe vorgesehen sind. So ist auch meinem Nachbarn ergangen. Er musste gestern seinen Platz räumen. Der Platz ist immer noch leer und kein Schiff ist in Sicht. Ich sagte ja bereits, dass die Marina voll sei. Das bedeutet nicht, dass alle Plätze belegt sind. Einige Plätze sind schon eine Weile leer….aber reserviert für ein ARC Schiff…. was noch nicht da ist….

Ende September ist dann endgültig Schluss für alle, die keinen Dauerliegeplatz haben. Sie müssen raus. Einige werden aufbrechen, um in anderen Marinas festzumachen, oder in der Bucht vor dem Stadtstrand vor Anker zu gehen. Einige dieser Vertriebenen wollen auch den Atlantik überqueren. Dafür ist es aber noch zu früh. Genau genommen startet selbst die ARC zu früh, um sicher nach Beendigung der Hurrikan Saison in der Karibik anzukommen, aber das ist eine andere Geschichte.

Die ortsansässigen Händler reiben sich beim Gedanken an die ARC die Hände. Palettenweise kommt neue Ware, die an die eintreffenden Segler gebracht werden will. Selbst aus Deutschland wird sicher der ein oder andere Händler eintreffen, um sich seine Scheibe vom ARC Kuchen abzuschneiden. Sollte beim Sicherheitscheck durch die ARC Beauftragten etwas auffallen, so muss das in Ordnung gebracht werden. Da lacht das Händler Herz, denn der Start Termin steht.

Im Moment erleben wir die Ruhe vor dem Sturm. Einige Läden haben ihren Personalbestand reduziert und selbst in der Segelmacherei ist niemand, der eine Nähmaschine bedienen kann. Das ist unglücklich, da wir noch eine kleine Reparatur am Vorsegel auf unserer Liste haben.

Diese Veranstaltung bringt Unruhe in die Gemeinde der nicht organisierten Langfahrer und die meisten sind von der ARC und ihren sehr frühen Auswirkungen einfach nur genervt….so auch ich.