Rotorua – ein heißes Pflaster

31.Okt.-3.Nov.22, Neuseeland/Rotorua, Tag 3075-79, 24.688 sm von HH

In Rotorua stinkt es. Bereits bei der Anfahrt die vorwurfsvolle Frage im Auto: „Warst du das?“ Achim leugnet überzeugend: „Das kommt von draußen!“ Und dann fällt es uns wieder ein, dass wir gelesen haben, es stinkt in Rotorua. Und zwar nicht zu knapp. Fieser faule Eier Schwefelgeruch hängt über dem Ort.
Neuseeland liegt auf dem Ring of Fire. Es schiebt sich die Pazifische Platte unter die Australische und sorgt dadurch für hohe vulkanische Aktivität. Statt der üblichen mittleren 35 Kilometer misst die Erdkruste hier nur 15 Kilometer. Und in Rotorua und Umgebung ist sie besonders dünn. Das kann man nicht nur riechen, sondern auch sehen. Überall dampft es aus der Erde. Mitten in der Stadt gibt es eingezäunte Wasserbassins in denen kochendes Wasser aus der Erde brodelt. Ein Geysir sprüht meterhohe Fontänen – nur fünfhundert Meter vom Wohngebiet entfernt. Ein ständiger Nebel wabbert über den Wald.

Am Stadtrand spuckt dauerhaft ein Geysir – besonders stark nach Regenfällen – hatten wir ja gestern genug ;-)

Geysir quasi mitten in der Stadt

Altes Kur- und Bäderhaus – charmante Ecken in Rotorua

Das kostenlose Schauspiel in der Stadt kann noch getoppt werden. Mehrere kostenpflichtige Parks mit geothermalen Aktivitäten stehen zur Wahl. Wir entscheiden uns für Waimangu (25 Euro pro Person). In einem anderen Park wird jeden Tag um genau 10:15 Uhr Seife in einen Geysir geschüttet, damit er ausbricht. Das ist nicht so unser Ding.
Waimangu entpuppt sich als zauberhaft. Ein vier Kilometer langer Weg führt gemächlich bergab. Vorbei an babyblauen Seen, bunten Bächen und zischenden Mini-Fontänen. Mit viel ‚ah‘ und ‚oh‘ biegen wir um jede Kurve. Eine Märchen-Wunder-Welt mit Gestank. Immer wieder zieht uns der üble Geruch über die Nasen.

Rechts und links vom Weg spuckt und brodelt es aus Löchern in der Kruste

Dieser himmlische See stinkt wie die Hölle

Bunt, aber unwirtlich

Algen und Bakterien sorgen für die Farben

Die Temperaturen der verschiedenen Kraterseen betragen zwischen 35 und 50 Grad. Der PH-Wert liegt bei 3,5. Ein paar Algen und Bakterien konnten sich an diese uncoolen Umstände anpassen und sind verantwortlich für das Farbenspiel aus gelb, grün und ocker in allen Schattierungen. Wir sind echt begeistert.
Am Ende der Wanderung besteht die Möglichkeit mit dem Bus zurück zum Start zu fahren oder man läuft zurück. Für Fotos ist das Geblubber der Tümpel nicht so gut geeignet, ich hoffe, dass meine Filme gut gelungen sind.

nur zwei Kilometer hinter den brodelnden Kratern eine andere Welt: hier sieht Neuseeland so aus, wie man es erwartet – grüne Hügel, gespickt mit Schafen

Aber Rotorua hat noch mehr zu bieten. 1901 brachten Nutzholz-Wirtschafter Kalifornische Redwoods (Sequoia sepmvervirens) nach Neuseeland. Auf 5600 Hektar wurde ein Wald aus Küsten-Mammutbäumen gepflanzt. Der Bedarf an Nutzholz wuchs zu dieser Zeit rasant und man wollte sehen, wie die Redwoods mit ähnlichen klimatischen Bedingungen wie in Kalifornien klar kommen.
In den letzten 120 Jahren sind die Bäume bis auf 70 Meter gewachsen und sollen in Neuseeland dreißig Prozent schneller wachsen als in ihrer Heimat. Bis zur Ernte – bei ungefähr 115 Metern – steht Rotorua jetzt ein wunderbarer Wald zur Verfügung. 160 Kilometer Mountain-Bike Strecke wurden angelegt und Wanderer haben die Wahl von vier verschiedenen Stecken. Wir machen zwei und sind schon wieder begeistert.
Der Teil mit den Redwoods ist erstaunlich – tolle Bäume

Dicke und noch schlanke Redwoods bilden einen coolen Nadelwald

Grenzüberschreitender Baumtransport verträgt sich mit einheimischen Baumfarn

Trotz super Touristen-Spot treffen wir kaum jemanden unterwegs

Rotorua ist eine sehr touristische Stadt. Dreißig Millionen Besucher kommen angeblich jährlich hierher. Noch sind die aber nicht da. ;-) Wieder macht sich die Vorsaison angenehm bemerkbar. Auf dem Campingplatz können wir abends nach Herzenslust kochen und grillen. Ein Beet mit Schnittlauch und anderen Kräutern entdecke ich auch noch. Der Regen ist verschwunden und mit ihm die niedrigen Temperaturen in der Nacht, allerbestes Wetter jetzt in Rotorua. Aus geplanten vier Nächten werden sechs in Rotorua, eine mehr, weil der eine Tag komplett verregnet war und einen, weil Rotorua einfach so himmlisch duftet.

Blue Lake bei Sonne – schon gleich viel besser

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Stress-Test für Zelt und Campinggemeinschaft

29./30.Okt.22, Neuseeland/Rotorua/Lake Tikitapu, Tag 3073-74, 24.688 sm von HH

Es prasselt aufs Zeltdach. Es klingt, als ob jemand kleine Kieselsteine nach unserem kleinen Zelt wirft. Morgens um 7:00 Uhr, die Blase drückt. Und nun? Irgendwann geht es nicht mehr, wir müssen raus. Schlauerweise liegen die Regenjacken im Auto. Der Schirm auch. Es geht doch nichts über gute Planung. Dabei hat der Wetterbericht es schon gestern Abend gewusst, dass heute die Welt unter gehen wird.
Schnell schnappen wir uns unsere Zahnbürste, Regenjacken und Frühstücks-Zeug. Im Dauerlauf retten wir uns in den Gemeinschaftsraum neben der Küche. Dort ist es trocken und dank Gas-Heizpilz auch noch warm. Unser zweiter Campingplatz ist der pure Luxus. Und wir haben alles für uns alleine. Es gibt drei Küchen-Grill-Bereiche auf dem riesigen Campingplatz, aber im Bereich der Plätze ohne Stromanschluss herrsch Leere. Das einzige weitere Zelt wird gerade bei strömendem Regen abgebaut.
Irgendetwas unternehmen zu wollen, ist zwecklos. Über Mittag fallen 30 mm Regen – pro Stunde. Wir flüchten uns von unserem Gemeinschaftsraum in den eine Etage tiefer zu den Wohnmobil-Campern. Dort gibt es die bessern Stühle und Steckdosen zum Laden von Handy und Co. Nur mit Gummihose und Regenjacke schaffen wir die 150 Meter.

In Vollgummizeug plus Regenschirm schafft man es grade so über den Campingplatz – es gießt unglaublich

Camping ist spontan doof. Wir beobachten die Wohnmobil-Besitzer. Neid grün im Gesicht. Aber sooo viel besser als wir haben die es auch nicht. :roll: Auch sie schlagen die Zeit tot. Auch sie warten auf ein Wetterfenster, um auf die Toilette zu gehen. Je nach Größe des Campers in den eigenen vier Wänden oder am Nachbartisch bei uns. Auch sie wissen nicht, wohin sie die nassen Regenklamotten hängen sollen.
Allerdings brauchen sie sich keine Gedanken ums Absaufen machen. Ist unser Zelt wirklich dicht? Regen hat es noch keinen gesehen. Oder liegen wir heute Nacht in nassen Schlafsäcken?
Als die schlimmste Phase vorüber ist, geht Achim nachschauen. Puh! Alles trocken. Die Wasserlachen auf dem Rasen sind bedenklich, aber alles geht gut aus.

Die Wiese steht gefährlich unter Wasser

Um 20:00 Uhr krabbeln wir ins Zelt. Diesen Tag kann man getrost vergessen! Aber das Zelt hat den Stresstest bestanden und die Atanga Campinggemeinschaft denkt gar nicht daran aufzugeben. Morgen schein die Sonne, sagt die Vorhersage. :-)

Am nächsten Morgen dann tatsächlich Sonne – die Regenjacken liegen schon zum Trocknen

Am Vortag ging es schon los – Nieselregen am Blue Lake – aber da konnte man noch spazieren gehen und das Zelt haben wir auch trocken aufgebaut bekommen :-)

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Coromandel

25./28.Okt.22, Neuseeland/Coromandel, Tag 3068-72, 24.688 sm von HH

Unsere Anti-Regentänze haben was genützt – bei strahlendem Sonnenschein laufen wir unseren ersten Campingplatz an. Wir landen in Coromandel, auf einer Halbinsel östlich von Auckland. Ein Ferienwohnungs-Paradies für die Großstadt geplagten Aucklander. Unsere Wahl wählt auf einen Campingplatz im Norden von Coromandel Town – etwas außerhalb gelegen. Nur ein paar verstreute Wohnhäuser stehen im Umfeld. Eine kleine Bucht direkt vor der Haustür in der man bei Ebbe prima wattwandern kann.

Shally Beach – verstreute Inseln und Inselchen am Horizont

Wattwanderung durch unzählige Muschelreste

Da wir noch unsicher sind, wie lange wir bleiben wollen, bezahlen wir unseren Platz erstmal für zwei Nächte. Achim fragt die Dame an der Rezeption, ob es wohl problemlos möglich wäre, um eine weitere Nacht zu verlängern. Die Frau lacht immer noch. Wir auch. Der Campingplatz ist leer. Drei Wohnmobile stehen verstreut herum und eine Cabin scheint belegt zu sein. Absolute Vorsaison.
Wir sind die einzigen mit Zelt. Das gibt uns schon zu denken, aber tapfer schlagen wir die Heringe in den Rasen. Und wir haben aufgerüstet: zusätzlich zu unserem bewährten Drei-Mann-Zelt von der letzten Tour im Hochsommer haben wir uns einen Pavillon gegönnt. Standardmäßig wird der Pavillon mit einem abknöpfbaren Windschutz-Seitenteil geliefert und wir haben uns noch ein zweites Seitenteil extra dazu gekauft.

Shally Beach Campsite – fast leer bis auf ein paar Verrückte

Dann beim Aufbau die Enttäuschung. Der Pavillon hat zwei große Öffnungen und die beiden schließbaren Seiten liegen sich gegenüber. Wer denkt sich denn sowas aus? Wir wollten uns schön winddicht über Eck abschotten und nun dies. Am Abend stellen wir dann fest, dass das Dach trotzdem einen guten Schutz vor herabfallender Kälte bringt. Wir können immerhin bis 20:00 Uhr draußen sitzen. :mrgreen:

Unser Pavillon – mit Windschutz auf gegenüber liegenden Seiten – Nonsens

Dann zieht es an. Schnell ab ins Zelt und in den Schlafsack schlüpfen. Zwei zusätzliche Wolldecken und unsere selbst aufblasenden Isomatten (tolle Teile) sollen uns vor dem Erfrierungstod bewahren. Elf Grad werden vorhergesagt. Achim setzt gleich auf lange Unterwäsche, ich wähle einen normalen Schlafanzug mit T-Shirt-Oberteil. In der Nacht wache ich auf, weil mein Kopfkissen von der Matte gerutscht ist. Achim hat in der Zwischenzeit beide Decken über sich gezogen und ist nicht mehr zu erkennen. Mich wärmt der 80er Jahre, mal für ein Festival gekaufte, Schlafsack grade eben gut genug. Aber in Nacht zwei wechsle ich ebenfalls auf komplett lange Unterwäsche (endlich kommt der High-Tec-Segel-Musto-Funktionskram mal zum Einsatz) da nur noch 10 Grad Nachttemperatur versprochen werden. Wir überleben also die ersten drei kalten Nächte in Coromandel und werden für unsere Tapferkeit tagsüber mit viel Sonne belohnt.

Da wir fast alleine sind – nutzen wir ganz bequem Grill und Küche – erspart uns das gebückte Kochen auf der Erde

Camping-Idylle – mit steigenden Temperaturen steigende Idylle

Wir besuchen auf der Ostseite berühmte Felsformationen, die nur bei Ebbe zu erreichen sind. Bizarre Felsen und ein Bogen wurden vom Meer ausgewaschen und bilden tolle Motive vor türkis Wasser und weißem Strand. Ein hübscher Ort, leider etwas überlaufen, trotz Nebensaison. Die Felsen ohne Handy-Stick vor die Linse zu bekommen, bedarf etwas Geduld.

Hübsche Blicke durch einen Bogen

Ausgewaschene Felsen geben einen tollen Anblick vor weißem Strand

Cathedral Cove in Coromandel

Am nächsten Tag entscheiden wir uns für mehr Abgeschiedenheit und suchen uns einen Wanderweg im Coromandel-Forrest-Park mit schöner Aussicht am Ende. Eine etwas rutschige Strecke, wenig gegangen und vom DOC (Naturschutz-Park-Verwaltung) kaum gewartet, wie umgestürzte Bäume auf dem Weg anzeigen. Das Wetter ist bombastisch. Tolle Sonne, aber nicht zu heiß. Groß-ar-tig!

Wanderung komplett abseits vom Hauptstrom – wir treffen Niemanden

Immer wieder stoßen wir auf ehemalige Stollen – eigentlich überall auf Coromandel

Coromandel Town – hoch im Norden der Halbinsel

Den dritten Tag – wir können es kaum glauben – scheint weiterhin die Sonne. Bereits um 8:00 zum Frühstück steigt die Temperatur auf 20 Grad. Das ist neu, normalerweise dauert das bis mittags. Groß-ar-tig!
Heute fällt die Wahl auf einen etwas bekannteren Track. Einen historischen Goldtrack. Auf Coromandel wurde vor 160 Jahren Gold gefunden. Und zwar Gold in großen Mengen. Eine Mine, die heute noch in Betrieb ist, galt in den 1920er Jahren als eine der erträglichsten der Welt. Überall wurde gebuddelt und gegraben. An der Schlucht Karangahake stehen noch ein paar Überreste aus alten Goldgräber-Tagen. Mit großem industriellen Aufwand an Loren, Schienen, Mechanik und Chemie wurde das Gold aus dem Berg getrieben. Zum ersten Mal in Neuseeland kam hier Zyanid und Quecksilber bei der Goldwäsche zum Einsatz. Das Erz wurde vor der ersten Verarbeitung geröstet, um es leichter weiter verarbeiten zu können. Der Methode fielen alle Bäume im kilometerweiten Umfeld zum Opfer. Umweltschäden in großem Maßstab wurden in der Schlucht angerichtet. Heute ist die Schlucht ein Idyll, welches langsam alle Überreste vom Goldrausch unter sich begräbt. Leider ist die Hälfte des Tracks gesperrt, so dass uns nur die kurze Strecke durch einen ehemaligen Eisenbahntunnel zur Verfügung steht.

Schon fast großindustriell wurde damals nach Gold gebuddelt

Ein paar Überreste der alten Anlagen sind noch vorhanden

Schienen und Loren aus vergangenen Zeiten

Der Wanderweg führt durch einen 600 Meter langen Eisenbahntunnel

Bereits seit fast hundert Jahren wird hier nicht mehr nach Gold gesucht

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Fertig für eine Nordinsel-Tour

Mo.,24.Okt. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3067, 24.696 sm von HH

Das Lackprojekt ist abgeschlossen und von der Crew für gut befunden worden. Die drei Wochen bei Dina und Andries im Haus haben grade eben so ausgereicht. Wir lieben es, wenn ein Plan gelingt. ;-)
Im Salon- und Pantrybereich sind jetzt tatsächlich die meisten Flächen frisch lackiert. Nur dort wo nie jemand angrabbelt und nie die Sonne hin scheint, war der Lack noch in Ordnung. Dort ist er so geblieben. Es war zum Teil allerhöchste Zeit. An einigen Stellen hatte das Furnier schon fast einen irreparablen Schaden.

Im Salon und der Pantry sind jetzt ungefähr 80 Prozent aller Oberflächen neu lackiert

Alle Kanten und schrabbeligen Flächen sehen fast aus wie neu

Heute kommen unsere Gastgeber wieder und wir haben uns für die letzte Nacht etwas frech bei ihnen eingenistet. Wir haben sie etwas überrumpelt und vor vollendete Tatsachen per whats app gestellt: „Wir holen Euch um 17:00 Uhr vom Flughafen ab und verlassen am nächsten Morgen um dann das Haus.“
An Bord stinkt es nach Lack und so richtig schlagfest sind Tische und Kanten auch noch nicht. Außerdem sind ja auch viele unserer Klamotten und Waschzeug gar nicht an Bord. Da lohnt ein Umzug für eine Nacht nun wirklich nicht. :mrgreen:

Morgen früh geht es also los. Einmal rund um die Nordinsel herum. Zum überwiegenden Teil wollen wir zelten, außer in hohen Lagen nicht. Da mieten wir uns eine Cabin. Was im Sommer gut geklappt hat, treibt uns jetzt etwas die Sorgenfalten ins Gesicht. Nachts gehen die Temperaturen noch auf zehn Grad runter und es regnet auch noch häufig. Ob zelten dann so die tolle Idee ist?

Das Auto ist jedenfalls gepackt. Im Tetris-System haben wir alles in Kartons gebackt und so lange hin und her geschoben bis es passte. Letztes Mal hatten wir einen Koffer für unsere Kleidung mit. Darin herrschte bereits nach drei Tagen das Chaos – meine Unterwäsche begraben unter Achims Hosen. Nichts war wieder zu finden. Und ständig hat was auf dem Deckel gelegen. Diesmal also Kartons. Sehr rustikal, um es vorsichtig auszudrücken.

Fünf Wochen Rundreise sind geplant. In der Zeit kann der Lack aushärten und der Polsterer unsere Salon-Polster neu beziehen. Die haben wir vor zwei Wochen zu ihm gebracht und er hat versprochen, dass sie fertig sein werden.
Wir halten es noch einmal mit dem A-Team und lieben es, wenn ein Plan gelingt.

Rundreise Nordinsel – geplant ist die Tour im Uhrzeigersinn

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Von Tahiti nach Neuseeland – das Video

So.,16.Okt. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3060, 24.696 sm von HH

Heute vor genau einem Jahr sind wir in Tahiti gestartet, um nach Neuseeland zu segeln.
Ein Jahr, um ein Video zu erstellen :roll: unglaublich lange – aber gute Dinge wollen eben Weile haben.
Und ich glaube, das Warten hat sich gelohnt. Deswegen ist er auch etwas länger geworden.

Mit dem Video schneiden, kam die die Erinnerung zurück, wie heftig der Törn wirklich gewesen ist. Das Vergessen hatte schon Sand darüber gestreut. Wir hatten „hochhaushohe“ Wellen und die Hälfte der Tage sechs Windstärken oder mehr.
Wir haben auf dem Törn ein wenig den Hintern versohlt bekommen, würde ich sagen.

Viel Spaß beim Schauen und bitte nicht seekrank werden. ;-)

#26 Rauer Törn von Tahiti nach Neuseeland – 2423 Meilen mit bis 39 Knoten Wind

 

Für alle, die damals nicht dabei gewesen sind, hier exemplarisch der Text von Tag 16 der Überfahrt:

Chronik einer Reise:
20:00 Uhr – Wind NNO, 16 Knoten, Kurs 270°, Zielkurs 229°, blöd, aber wir müssen erst noch eine Insel umfahren. Seit 500 Meilen liegt sie immer wieder auf unserer Kurslinie, egal wie der Wind auch weht. Mit dem letzten Büchsenlicht hat der Skipper eine Eingebung und besteht auf das dritte Reff im Groß zur Nacht. Ich haue mich aufs Ohr.

22:00 Uhr – Wind NNO, 14 Knoten – meine Nachtwache beginnt. Durch das eine Reff zu viel im Großsegel kommen wir nur langsam voran.

24:00 Uhr – Wind NNO, 22 bis 25 Knoten – der Skipper steht auf und fragt, ob alles okay sei, er könne nicht schlafen, es wackelt zu sehr. Er kriecht zurück in die Koje.

03:00 Uhr – Wind NNO, 24 bis 27 Knoten – Achims Nachtwache beginnt. Ich habe ihm eine Extra-Stunde Schlaf gegönnt – mein Buch ist gerade so spannend.

04:00 Uhr – Wind NNO 26 bis 30 Knoten – Ich stehe wieder auf. Es wackelt unglaublich hinten in der Koje. Ich kann nicht einschlafen. Das, final doch nicht weg geklappte, Bimini (wird schon nicht so schlimm werden) flattert Nerv tötend im Wind. Wir machen es uns gemeinsam „gemütlich“ im Salon.

4:15 Uhr – das Bimini wird provisorisch mit einem Tampen „ruhig gestellt“.

4:30 Uhr – Wind NNO 28 bis 32 Knoten, Kurs 270° – Achim geht raus. Atanga luvt jetzt häufig stark an. Wir wollen aber an der Insel vorbei. Jemand muss die Windsteueranlage händisch unterstützen. Ich halte ihn mit dollen Geschichten bei Laune.

5:00 Uhr – Wind NNO dauerhaft über 30 Knoten – es ist schwärzeste Nacht. Gnädig bleibt die Wellenhöhe verborgen. Ab und an sieht man eine Schaumkrone in Augenhöhe vorbei rauschen. Schön, dass wir das überflüssige Reff im Groß haben.

5:30 Uhr – ich löse Achim im Cockpit ab. Er hält mich mit dollen Geschichten bei Laune. „Wir können von Glück reden, dass es nicht auch noch regnet“, posaune ich in die Nacht.

6:05 Uhr – es fängt an zu nieseln 6:15 Uhr – Regen 6:25 Uhr – es gallert, prasselt, pisst aus allen Rohren. Segelstiefel wären jetzt schön. Mangels wasserdichter Schuhe sitze ich mit nassen Socken im Cockpit

6:30 Uhr – Wind NNO Böen bis 37 Knoten, wir sind an der Insel vorbei und können abfallen so weit es geht – Das Schott zum Niedergang ist zugezogen. Achim hockt im Trockenen. ab und an bekomme ich ein ‚tapfer‘ durchs Seitenfenster zugerufen. Es ist nicht mein Lieblingswetter :mrgreen: und sehr viiiiel Wind. Die Systeme sind beherrschbar, was mich freut. Angst, nein, aber es ist gruselig. Ich passe einen Augenblick nicht auf, wir luven hart an. Dann ein Fahrfehler, statt abzufallen, luve ich noch weiter an, eklig, aber überlebbar. Es dämmert.

7:00 Uhr – Wind NNO dauerhaft über 30 Knoten – Achim löst mich ab. Wellenberge rollen hinter uns her.

7:30 Uhr – Wind NNO 25 bis 28 Knoten – es erscheint uns wie ein laues Lüftchen. Es gallert weiterhin wie aus Eimern

8:00 Uhr – Wind Nord 20 Knoten

8:20 Uhr – Wind West 15 Knoten – Wind steht gegen Welle. Das Meer sieht aus, wie mit übergroßen Pickelhauben überzogen. Atanga wird zum Rodeo Pferd. Wir bocken, wackeln und schaukeln von einer Seite zur anderen. Gegenstände fliegen durch den Salon, die eigentlich gut verlascht gewesen sind.

8:45 Uhr – Wind Süd-West 12 Knoten – hallo, genau da wollen wir hin. Dem Skipper muss man den Mund mit Seife auswaschen. Es fällt jetzt häufig das böse F-Wort.

9:30 Uhr Wind Süd-West 5 Knoten – Maschine an. Kurs Opua. Müdigkeit macht sich breit. Werden wir alt? Vor 30 Jahren konnte man doch auch locker eine Nacht durchmachen.

12:00 Uhr – Wind NNO 10 Knoten, Regen, Regen, Regen 12:05 Uhr – 15 Knoten, 12:10 Uhr – 20 Knoten – Maschine aus, Kurs Opua 12:20 Uhr – 28 Knoten, Atanga läuft stabil, Schotten dicht, wir gehen nach unten und das Wetter kann uns mal.

 

der Skipper kann sich kaum halten

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