Archiv der Kategorie: Portugal

Adeus Portugal

So., 30.Nov.14, Lagos/Portugal, Tag 183, 1.714 sm von HH

Die knapp 3 Monate, die wir in Portugal waren, haben uns extrem gut gefallen und uns sehr für dieses schöne Land begeistern können.

Allerdings klafft die Sozial-Schere hier schon ganz schön weit auseinander. Eben kommt man noch an einem öffentlichen Waschplatz vorbei und keine 500 m Luftlinie entfernt, steht ein Supermarkt der Extraklasse.

Seit Frankreich ist eine ständige Verbesserung der Supermarkt-Kassen-Kultur festzustellen. Diese findet nun ihren vorläufigen Höhepunkt in Portugal. Im Supermarkt gibt es vor einer Reihe von 20 Kassen für die Kunden Absperrungen, damit alle Kunden nur eine Schlange bilden. Am Kopf dieser Schlange ist ein Monitor, der anzeigt welche Kasse als nächstes frei ist. Die Kassiererin scannt und packt die Ware für den Kunden ein. Wenn nun kaum noch Waren auf dem Laufband liegen, löst sie das Signal aus, dass der nächste Kunde zu ihr kommen kann. Da man seine Einkäufe nicht selber verpacken muss, benötigt man kaum Vorlauf, um die Waren rechtzeitig vor dem Scan-Vorgang auf das Band zu legen. Bei so einem Kassen-System hat man nie mehr dieses quälende Gefühl sich mal wieder an der langsamsten Kasse angestellt zu haben.

Und dann Brot – das beste Brot seit Deutschland. Klar sind Baguettes und knusprigen Pans lecker… aber was so ein richtiger, kulinarischer Deutscher ist, der vermisst schon mal sein Grau- bzw. Vollkornbrot. Hier in Portugal an „jeder Ecke“ zu bekommen.

Die beste Info aus dem Lebensmittel-Bereich ist allerding die, der mehrwertsteuerlichen Begünstigung von Wein. Portugal hat drei MwSt-Sätze: 6, 13 und 23%. 6% sind ganz normal wie bei uns für Brot, Gemüse usw., Mortadella, Salami bekommen 23 % und Wein ist mit 13% begünstigt. :-)

Portugal ist ein Paradies für die Fliesenleger- und Steinsetzer-Innung. In Viana und Porto sind es die Kacheln an den Fassaden, nicht immer unser Geschmack, aber in Summe wunderschön anzusehen. Und ganz Portugal hat diese wunderbaren Fußwege vorzuweisen, egal wie runter gewirtschaftet ein Viertel oder Ort auch sein mag, überall hat es diese tollen Gehwege. Egal ob schlicht oder mit den dunklen Ornamenten und Mustern, immer schön anzusehen.

Musikalisch stößt man in Portugal auf den Fado. Eine eigentlich sehr angenehme, melodiöse Musik. Wenn sie nur nicht so unendlich traurig wäre. Beim gelegentlichem Hören, schafft man es noch schwere Depressionen abzuwehren, aber als Fado-CD-Verkäufer, der den ganzen Tag diese leidende Musik hört, neigt man abends sicherlich dazu, sich die Pulsadern zu öffnen.

Die Kanaren rufen

Sa., 29.Nov.14, Lagos/Portugal, Tag 182, 1.714 sm von HH

Unseren Vorletzten Abend verbringen wir mit unserer Spaghetti-Bolognese-Gang auf der Max. Elke ist so nett, uns alle zum Essen einzuladen. Lecker gekocht, gut gespeist, viel gelacht, ein so gelungener Abend und doch auch Abschiedstreffen. Aber vielleicht sehen wir uns ja eines Tages wieder…man soll nie nie sagen.

Heute ist das Wetter ganz großartig und alle kommen aus ihren Schiffs-Kellern gekrochen. Kurze Hosen, Männer mit freiem Oberkörper und Mädels in Spaghetti-Tops sind zu sehen. Was ist passiert? Leute, es sind nur 20 Grad und der Wind ist deutlich frisch. Aber alle haben gute Laune, egal ob halb nackt oder noch in dicker Jacke. :-) :-)

Unsere Grib-Files sehen prima aus, so dass es Morgen Vormittag los gehen kann. Die erste bewohnte Insel auf die man stößt, wenn man von hier aus die Kanaren anläuft ist La Graciosa (die Anmutige). Aber wir werden wohl dran vorbei fahren :evil:

Auf La Graciosa muss man sich nämlich anmelden, sonst wird man dort mit 50%iger Wahrscheinlichkeit wieder weg geschickt. Trotz Hilfe von Mitseglern hier am Steg und dem TO Leiter auf Lanzarote, haben wir es nicht geschafft, eine Anmeldung an den Mann zu bringen. Nicht per Mail, Telefon oder Fax…alles kommt zurück oder es laufen Bänder, dass die Nummer nicht mehr existiert.

Zwischen Lanzarote und Lagos liegen 550 tiefblaue Atlantik-Seemeilen (1.018 km), für die wir ca. fünf Tage benötigen werden. Mal wieder liegt der, für uns längste, Törn vor uns. Navigatorisch eine einfache Strecke und es gibt prima den Wind halb bzw. achterlich. Wir werden versuchen mit der neuen Funke per E-Mail den Blog hier mit Informationen über die Lage an Bord zu versorgen.

Neue Abdeckung für die Ankerwinsch

Fr., 28.Nov.14, Lagos/Portugal, Tag 181, 1.714 sm von HH

Immer, wenn es in den letzten zwei Wochen mal einen regenfreien Nachmittag oder gar einen ganzen Tag mit Sonnenschein gegeben hat, haben wir diese Stunden genutzt, um noch einmal an dieser wunderschönen Küste entlang zu spazieren. Die übrige Zeit vergeht mit ganz normalem Alltags-Programm wie einkaufen, kochen, Schwätzchen halten und sonstigen Dingen.

Ich habe aber auch noch etwas richtig Produktives hervorgebracht: Und zwar eine neue Abdeckung für unsere elektrische Ankerwinsch. Ohne Plan, wie man so ein Projekt angeht und an so einem unförmigen Objekt Maß nehmen kann, habe ich mir überlegt, dass ich ein Schnittmuster brauche. Mit Zeitungspapier ist ein solches Schnittmuster kaum zu erstellen, da jeder Windhauch Maß nehmen vereitelt. Also musste Pappe her.

Somit war die erste große Aufgabe, zwei Weinkartons á 5 Liter zu leeren…

Dann habe ich an den zwei Karton solange geschnippelt und geklebt, bis ich eine Art Ummantelung fertig hatte. Dieses habe ich dann wieder auseinander genommen und als Vorlage für den Stoff verwendet. Da sich Pappe nun etwas anders als Stoff verhält, musste die Passform leider mehrfach geändert werden. Ich weiß nicht, wie oft ich unter Deck zur Nähmaschine und wieder aufs Vorschiff geklettert bin.

Nun ja, wir sind mit dem Ergebnis ganz zufrieden, aber aus Pappe ein Schnittmuster zu erstellen ist nur eine mäßig gute Idee. Das nächste Mal würde ich ein Schnittmuster aus altem Stoff erstellen.

Roter Teufel

Do., 27.Nov.14, Lagos/Portugal, Tag 180, 1.714 sm von HH

Gestern schien es noch als ob der rote Teufel weit genug an der Küste vorbei zöge, so dass wir in Lagos nur etwas kräftigen Wind abbekommen.

Aber das heutige Foto von der Wetterkarte deckt sich mit dem, was jetzt draußen um 20:00 Uhr utc abgeht. Es schüttet wie aus Eimern, der Wind heult jetzt schon in den Wanten, obwohl der Höhepunkt des Sturms erst für 23:00 Uhr vorhergesagt ist. Der Luftdruck beträgt im Augenblick nur 990 mbar… wir erwarten bis 40 kn Wind (Stärke 8), dies zum Glück aber nur 2 bis 3 Stunden.

So richtig gebeutelt wird Madeira, dort sind, für die Dauer von 48 Stunden, Winde von 30 kn bis zur Spitze von 50 kn vorhergesagt (von heute Nachmittag bis Samstagmittag). Das führt unweigerlich dazu, dass sich auf dem Atlantik eine Welle von bis zu 7 Metern aufbaut.

 

Wenn wir nun am Sonntag unser Wetterfenster haben -die Vorhersage steht- dann hat sich diese Welle leider noch nicht komplett wieder abgebaut. Meistens wird so etwas lapidar mit „draußen steht noch eine alte Dünung“ bezeichnet. Diese Dünung beträgt dann wahrscheinlich noch 3 bis 4 Meter. :shock:

Dass am Sonntag eher schwächerer Wind für unseren Start bereit steht, macht die Sache nicht besser. Denn bei schwächeren Winden haben wir wenig Fahrt im Schiff und werden leicht zum Spielball in dieser „Dünung“. Wenn wir mehr Speed machen, dann ist so ein Wellengang leichter zu ertragen. Einige Crew-Mitglieder plädieren somit heute schon, rein prophylaktisch, für eine Abfahrt erst am Montag.

Wir haben ja bereits seit drei Wochen dieses regnerische, unbeständige Wetter, aber bislang immer noch mit ganz angenehmen Temperaturen. Seit drei Tagen sind die nun allerdings im Keller, nachts um die 12 Grad und tagsüber kaum mehr 17 Grad. Wir haben (schon seit 14 Tagen) unsere Kuchenbude aufgebaut, dort kann man es am Tage gut aushalten, sobald auch nur einen Augenblick der Himmel etwas aufklart, schafft auch dünne Sonne es, unseren Zeltverschlag gut aufzuheizen. Abends, unter Deck, kommt ein Heizlüfter zum Einsatz. Kochen hilft auch ungemein und plötzlich wird um den Abwasch gestritten, wer darf heute die Hände in das heiße Wasser stecken. ;-)

Wetterfenster

Mi., 26.Nov.14, Lagos/Portugal, Tag 179, 1.714 sm von HH

Wetterfenster ist hier unter uns Seglern zum Unwort gewählt worden und wer es benutzt muss 5 EUR in eine Kasse zahlen.

Wetterfenster bedeutet, dass die Vorhersage eine gute Prognose für (meistens) die großen Schläge abgibt: Querung der Biskaya, vom Festland nach Madeira oder die Kanaren oder später, von den Kanaren in die neue Welt. Aber auch für kleine Touren von 24 bis 48 Stunden möchte man gerne so ein Wettrfenster haben, damit recht gewiss ist, dass einem der Wind nicht auf die Nase bläst, dass es überhaupt Wind gibt, aber bitte nicht zu viel davon.

Nun gab es diesen Sommer an der Atlantikküste nur wenige Wetterfenster, denn der Wind kam den gesamten Sommer überwiegend aus Süd. Diese Richtung ist nicht nur für alle Segler, die die Küste runter segeln die falsche, sie stimmt grundsätzlich nicht, denn üblicher Weise gibt es hier den „Norder“. Da dieser 2014 vielfach ausblieb, gab es viel Warterei auf das richtige und viele Gespräche über Wetterfenster. Wir hatten richtig Glück, denn unsere längeren Aufenthalte in La Coruna, Porto und Lissabon waren weitestgehend so geplant und nicht vom Wetter erzwungen. Allerdings sind wir auch schon verspätet in Lissabon losgekommen.

Hier an der Algarve kommt nun der Wind zwar häufig aus der korrekten Richtung, aber jetzt haut hier ein Sturmtief nach dem anderen auf die Küste rein. Uns ist wichtig, dass ein Wetterfenster welches keines ist, von uns erkannt und nicht genutzt wird, damit es uns nicht so ergeht  wie der armen Asha und Helge von der ‚Gegenwind‘.

Hier ein Auszug aus ihrem Blog an Tag 3 auf der Überfahrt von Lissabon nach Madeira (alle sind übrigens wohlbehalten angekommen :-) – viele Grüße an Euch zwei):

„Die dritte Nacht auf See ist überstanden: Sturm aus West, Windanzeiger stand max. auf 23 m/s. Wir lagen beigedreht mit dem drittem Reff und einem Zipfel der Genua. Zeitweise bargen wir das Groß ganz und liefen vor dem Wind ab. Erschöpfung macht sich breit, da wir bei dem Hexenkessel kein Auge zubekamen. Wellenhöhe geschätzt bis zu 7-8 m. Wir sind froh wenn wir einen Liegeplatz erreichen: noch 125 sm bis Porto Sano (Madeira).“

Für alle Nichtsegler, 23m/s Wind bedeutet Stärke 9!

Eigentlich wären wir auch gerne nach Madeira gesegelt, aber dieses Jahr scheint das keine gute Idee zu sein. Alle Tiefdruckwirbel, die wir beobachtet haben, zogen über Madeira hinweg und sorgen für Temperaturen unter 20 Grad und viel Regen. Das ist zwar nicht üblich in der Häufigkeit und Intensität, aber das hilft uns nicht weiter. Wenn dort dieses Jahr nun mal unüblich schlechtes Wetter herrscht, lassen wir Madeira aus und gehen direkt auf die Kanaren, zuerst nach La Graciosa bzw. Lanzarote.

Da so ein Tiefdruck-Wirbel auch mal südlicher ziehen kann als vorher gesagt, fahren wir erst dann los, wenn auf der Wetterkarte gar keiner von diesen roten Teufeln zu sehen ist. Der rote Bereich auf dem Bild zeigt Wind in der Stärke 8 bis 9. Im Augenblick scheint Sonntag unser Wetterfenster-Tag zu werden…

 

P.S. Dieser Eintrag kostet übrigens 40 EUR in diese ominöse Kasse. :mrgreen: