Archiv der Kategorie: Franz. Guyana

Ausflug nach Suriname

Mo., 28.Mrz.16, Saint-Laurent-du-Maroni/Franz. Guyana, Tag 667, 5.699 sm von HH

Morgen fahren wir für drei Tage mit zwei Übernachtungen nach Suriname.
Genau genommen nach Paramaribo. Das ist die Hauptstadt von Suriname und Unesco-Weltkulturerbe.
Mehr, außer natürlich unendliche Quadratkilometer unberührten Dschungel, hat Suriname nicht zu bieten.


Ursprünglich wollten wir natürlich mit Atanga nach Paramaribo fahren. Paramaribo liegt an einem der Urwald-Flüsse, die sich in den Atlantik ergießen und es gibt sogar (soll geben) eine Marina mit Stegen.

Die Küste vor Suriname zählt nicht zu den sichersten in dieser Region. Es gab ein paar heftige Überfälle von Piraten im Grenzgebiet zu Guayana. Zwar auf heimische Fischer, aber warum sollten die vor Yachten Halt machen?
Zudem hätten wir wieder knapp 40 km in den Fluss motoren müssen. Das ist auch nicht nur der große Spaß, kostet Diesel und schaufelt Stunden auf unseren Motor.
Die Marina liegt weit außerhalb von Paramaribo-City, so dass wir viel mit dem Taxi hätten fahren müssen. Das Ankern vor der ‚Waterkant‘, der schönen Innenstadt, ist leider nicht gestattet.

Davide hat uns angeboten einen Fahrer auf der Suriname-Seite zu organisieren, der uns verlässlich nach Paramaribo und zurück bringt. Die SY Lili, die bis vorgestern neben uns gelegen hat, war von der Organisation begeistert.

Die Fahrt ist mit 160,00 EUR recht teuer. Dazu kommt noch Hotel für 60,00 EUR pro Nacht. Allerding, viel billiger wäre es auf eigenem Kiel auch nicht geworden (Diesel, Liegegebühren, Taxi), so dass uns die Land-Variante als die weitaus bequemere erscheint.
Also, Morgen früh um 9:00 Uhr geht es los. :-)

Hier an der Mooring in St. Laurent ist es ruhig geworden.
Vier Schiffe haben sich auf einmal verabschiedet. Grund genug für Davide, sein sonntägliches BBQ nicht stattfinden zu lassen. :cry:

Wir wollten nicht verzichten und haben unsere eigene Grillsaison 2016 eröffnet.
Am Strand. Ganz romantisch. Und mit unserem letzten Einmal-Grill.
Und total dämlich, muss ich leider sagen.

In unserer Begeisterung, direkt mit dem Dinghy auf den Grillplatz fahren zu können, machen wir es uns gemütlich. Während wir noch so auf den richtigen Glutzustand warten, bemerkt Achim es als erster: Wir haben nicht auf das steigende Wasser geachtet.

So einen Einmal-Grill von der Stelle zu bewegen, ohne dass es zu schweren Verbrennungen kommt, ist unmöglich.
Also bleibt uns nur auszuharren und zu hoffen. Beim letzten Wurstzipfel steht das Wasser noch 20 cm entfernt. Grad noch mal Glück gehabt und ein Nacht-Krokodil oder Kaiman hat auch nicht neugierig aus dem Wasser geschaut. Alle vorbei schwimmenden Baumstämme haben keine Augen. ;-)

 

Maroni River

So., 27.Mrz.16, Saint-Laurent-du-Maroni/Franz. Guyana, Tag 666, 5.699 sm von HH

St. Laurent-Du-Maroni liegt gut 40 km flussaufwärts.
Trotzdem macht sich der Gezeitenwechsel hier, sowohl in Strömung als auch mit einem Tidenhub von 1,50 Meter, bemerkbar.
Wir alte Elbsegler kennen einen heftigen Gezeiten-Fluss, aber in der Elbe haben wir nie geankert.

Die andere Uferseite, bereits Suriname, ist bestimmt drei Kilometer entfernt. Entsprechend ist Platz da zum Aufbau von ‚richtigen Wellen‘.
Die bereiten auf Atanga wenig Schwell, aber erschweren erheblich das Entern des Dinghys.
Das hängt hinten an der Badeplattform und bockt wie ein alter Esel. Da kommt man schon mal mit nassen Po und Shirt beim BBQ an.

Der größte Teil des Mooring-Feldes liegt geschützt hinter einer kleinen Insel.
Wir dachten zumindest, dass es eine Insel sei. Bei Hochwasser kaum zu erkennen, zeigt sich bei Ebbe, dass die Insel ein 100 Meter langes Wrack ist.
Es ist die ‚Edith Cavell‘, ein Dampfschiff, 1898 in den Dienst gestellt, um Saint-Laurent-du-Maroni mit Gütern aller Art zu versorgen.
Gesungen bereits 1924 und jetzt zu einer großen Blumenschale mutiert.

Das Wrack ist erstaunlicherweise kaum verrostet und zeigt keinen Unterwasser-Bewuchs.
Hallo, dieses geile Antifouling hätten wir auch gerne.
Dafür hat der Überwasser-Bewuchs etwas Überhand genommen. :mrgreen:

Gleich vis-à vis liegen noch ein paar Wracks, direkt am Strand.
Wunderschön, von Palmen und Bromelien erobert.
Daneben liegt unser Dinghy-Dock.
Sowohl Strand als auch der Steg dienen als Anleger für Pirogen aller Art.

Eine Piroge ist ein Einbaum, dessen Seitenwände durch Planken erhöht wurde.
Offizielle Wassertaxis haben Nummern und sind häufig überdacht. In den einfacheren Ausführungen sitzt man ungeschützt und Wolkenbrüche kommen zeitweise so schnell herbei, dass es eng werden kann, die andere Fluss-Seite trocken zu erreichen.
Den ganzen Tag wuseln die Pirogen zwischen uns herum, ohne zu stören.
Die meisten nehmen reichlich Gas weg, bevor sie ins Ankerfeld einfahren.

Ein schöner Platz mit weitem Blick über den Fluss.
Oder wir Beobachten das Treiben am Strand: Ein Brautpaar posiert mit Gefolge.
Oder gestern fand eine Art Taufe statt. Eine kleine Gruppe, weiß gekleideter junger Leute, ging in den Fluss und wurde dort gesegnet oder getauft.

Vandalismus

Fr., 25.Mrz.16, Saint-Laurent-du-Maroni/Franz. Guyana, Tag 664, 5.699 sm von HH

Mein Fahrrad wurde zum Vandalismus-Opfer. Mein geliebtes Fahrrad wurde angegriffen. :evil:

In der Nacht haben irgendwelche Schwachköpfe beide Reifen von meinem Rad zerstochen.
Ob aus Wut, weil sie es nicht stehlen konnten oder aus purer Freude am Zerstören, können wir sie leider nicht fragen. Die Lumpen sind flüchtig.

Das Rad steht am Marina Office-Fenster angekettet, direkt unter einer Videokamera.
Dass der gesamte Hof überwacht wird, scheint die Randalierer nicht gestört zu haben. Auf dem Video-Band ist zu erkennen, dass sie sich ordentlich einen angesoffen und sich mächtig stoned geraucht haben.

Sofort hat Achim mir heute Vormittag beide Schläuche geflickt.
Nicht ganz uneigennützig, wie mir scheint ;-) : „Ich möchte eine glückliche Frau und ich möchte vor allem eine Frau, die alleine einkaufen gehen kann.“

Der hintere Mantel ist so zerstochen, dass ich mittelfristig einen neuen brauche. Der ist vorrübergehend ans Vorderrad gekommen. Für kurze Strecken soll es noch gehen, meint der Mechaniker.
Mal sehen, ob wir in St. Laurent einen Mantel im Fahrradladen bekommen.

Meinen Tacho nehme ich immer ab, aber die Ärsche haben die Halterung dafür abgebrochen. Auch hier hat Achim aus seinem defekten Tacho bereits eine schöne neue Halterung für mich gebaut.
Schließlich muss ich ja wissen, wie weit es zur Wäscherei wirklich ist. ;-)

Meine beiden winzigen LED-Leuchten haben sie auch mitgenommen.
So stoned waren sie dann wohl doch noch nicht.

Der Schaden hält sich in finanziellen Grenzen und ich bin happy, dass mein Rad überhaupt noch da ist. Jedoch macht diese sinnlose Zerstörung fast noch ärgerlicher als ein ’sinnvoller‘ Diebstahl.

Saint-Laurent-du-Maroni

Mi., 23.Mrz.16, Saint-Laurent-du-Maroni/Franz. Guyana, Tag 662, 5.699 sm von HH

St. Laurent ist mit 45.000 Einwohnern doppelt so groß wie Kourou.
Während Kourou ungefähr so spannend ist, wie Wandfarbe beim Trocknen zuzuschauen, ist St. Laurent deutlich schöner.
Die Straßen sind belebt, besonders an den Markttagen Samstag und Mittwoch.

Einen ordentlicheren Markt habe ich noch nie gesehen.
Es gibt feste Gebinde-Größen oder Kontingente. Alles kostet entweder einen oder zwei EUR.
Ob das mangelnden Rechenkünsten, Bequemlichkeit oder Cleverness (man muss eigentlich immer mehr kaufen als man will, einzelne Gurken gibt es ums Verrecken nicht) geschuldet ist, bleibt unklar.
Das Obst und Gemüse ist frisch und haltbar, da es noch nie eine Kühlung gesehen hat.

Dazwischen Getränkestände, die Sirup-Eiswasser verkaufen.
Unter dem Handtuch befindet sich ein Eisklotz von dem Eis-Späne geschabt wird, sobald Kundschaft naht.

St. Laurent ist nicht so schmuddelig wie Kourou.
Allerdings, die die verbliebenen Kolonial-Holzbauten sind vielfach dem Untergang geweiht.
Nur wenige sind schön renoviert und gut in Schuss.

Es gibt viel mehr schwarze Bewohner als in Kourou und die Straßen sind voll mit Kindern und Teenagern. Fast 60 % der Bevölkerung ist unter 14 Jahre (in DE sind es 12% :shock: ).

St. Laurent gilt als sicher, obwohl es grade letzte Woche zwei bewaffnete Übergriffe gegeben hat (SY Lili). Der erste Fall seit Jahren hier am Maroni. So heißt es.

Wir meiden die Uferzone an der es passiert ist und fühlen uns in der Stadt sicher.
Ich war auch schon alleine mit dem Rad im Supermarkt und hatte kein schlechtes Gefühl dabei. Das Pfefferspray, was ich mir in Las Palmas gekauft habe, bleibt an Bord.

Wir nehmen jetzt nur noch mit, was wir ohne große Verlust-Schmerzen bereit sind abzugeben. Kein Handy, kein Laptop oder Pad, nur die alte, kleine Kamera ist dabei.
Falls ich den Rucksack hergeben sollte, so habe ich von nun an meine Sonnenbrille auf der Nase und die normale steckt im Haar oder umgekehrt. :roll:
Nicht schön, aber safe.

We are back in social life

So., 20.Mrz.16, Saint-Laurent-du-Maroni/Franz. Guyana, Tag 659, 5.699 sm von HH

Wir sind zurück in einem Leben mit sozialen Außenkontakten. Nach zwei Monaten Zweisamkeit.
Mit Besuchen auf anderen Schiffen, mit BBQ, einfach mal eine andere Stimme hören, als die von Achim. ;-) Was für eine Wohltat.
Auf ein Bierchen auf andere Schiffe gehen, den vernünftigen Worten einer Frau lauschen und nicht nur Jemanden nach dem Weg fragen.

Es ist nicht so, dass wir uns nicht gut verstünden und vertragen tun wir uns auch fast die meiste Zeit. Immerhin ‚halten‘ war das ja nun schon fast zwei Jahre aus.
Auf engem Raum und jeden Tag.

Aber, wenn man acht Wochen keinen anderen Gesprächspartner als den eigenen Mann hat, fallen einem Merkwürdigkeiten auf.
Redewendungen, die der andere wahrscheinlich seit Jahrzehnten benutzt, krabbeln wie Ameisen ins Ohr und man wird sie nicht wieder los.
„In aller Fairness muss ich sagen“ (ich), „eine innere Stimme sagt mir“ (Achim) und ähnliche gruselige Beispiele mehr. Beim dritten Mal am Vormittag, möchte man den anderen über Bord werfen. :mrgreen:

Warum erzählt er mir viermal in drei Tagen etwas von Untiefen-Fehlern auf dem Maroni-River in der Navionic App?
Und wie oft ich mir seine Ampere-Geschichten abhören muss. Lieber Heiland.
Die sind weder interessant für mich, noch kapier ich wirklich, was er mir berichtet.
Hat er den keine anderen Themen?

Ein Sach- und fachkundiges Gespräch über neue Schuhe, meinen verkorkten Haarschnitt („ich weiß gar nicht, was Du hast, sieht doch gut aus“), erscheint unmöglich.

Das ist nun vorbei. We are back.
Wir liegen in einer recht neuen Marina in St. Laurent. 20 Moorings liegen fest verankert im Fluß, so dass wir sicher am Haken hängen. Wifi an Bord.
Der Ort, mit Markt, Gefängnis und großem Supermarkt, direkt vor der Tür.

Davide, der Betreiber der Anlage, ist ein umtriebiger Italiener, der seinen Gästen alle Wünsche von den Augen abließt. Es gibt eine Hightech-Waschmaschine, ich darf mein Fahrrad unterstellen und er fährt uns zur Immigration, damit wir endlich einen Einreisestempel im Pass vorweisen können.

Davide betreibt ein kleines Café am Marina-Office und sonntags gibt es BBQ.
Er stellt den Grill, den er mit einem Höllenfeuer einheizt. Die Gäste bringen ihr eigenes Essen mit. Getränke gibt es zu fairen Preisen bei ihm zu kaufen.
Neben den anderen Yachties, ist Samuel, ein sympathischer Mitarbeiter der Marina dabei und die örtliche Lokal-Prominenz, wie der Zahnarzt.
Der Frauenanteil ist noch etwas klein, so dass die richtig wichtigen Informationen noch fehlen, aber ein sinnvoller Anfang ist gemacht. :-)