Ribeira do Paúl

Mi., 13.Jan.16, Santo Antão, Tag 592, 3.765 sm von

Beim Ribeira do Paúl handelt es sich um die grünste Schlucht auf Santo Antão.
Tief eingeschnitten zwischen zerklüfteten, spitzen Bergen, liegt eine sensationelle Landschaft.
So lieblich, so unbeschreiblich schön, dass das Herz ein wenig weh tut.

Wir werden von Jerry zum Startpunkt der Wanderung gefahren. Mit von der Partie ist Natascha, eine Niederländerin, so dass wir heute zu fünft unterwegs sind.
Der mit 3,5 Stunden angegebene Marsch beginnt sanft am Krater ‚Cova de Paúl‘.
Der Kraterboden liegt 50 Meter unter uns und wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Zwischen den Feldern grasen Esel, vereinzelt Kühe und ein paar Ziegen.

Auf der gegenüberliegenden Seite vom Krater beginnt unser Abstieg ins Ribeira do Paúl.


Steil liegt ein gepflasterter Weg vor uns, der sich in engen Serpentinen talwärts schlängelt. Der Weg ist von einer Steinmauer gesäumt.
Kunstvoll schmiegen sich Weg und Mauer an die steile Außenflanke des Kraters.
Die Serpentinen sind so eng, dass es zeitweise scheint, dass man seinem Vordermann auf den Kopf steigen könne.

 

Für Reinhard ist dieser Weg fast mehr als sein mutiges Teutonenherz schaffen kann.
Nach ein paar Kurven und einem Stück mit fehlender Mauer, hadert er kurz, denkt daran umzudrehen. Dann nimmt allen Mut zusammen und schafft final auch die schlimmsten Passagen.
Der Weg ist gut ausgebaut, aber trotzdem recht schwierig zu laufen. Teilweise ist er so steil, dass wir uns an der Felswand abstützen müssen. Endlos laufen die Serpentinen vor uns her…

Nach zwei Stunden Marsch nimmt die Landwirtschaft zu.
Kunstvoll angelegte Terrassen mit Mais, Kaffee, Bohnen und Zuckerrohr überziehen die Hänge. Das Zuckerrohr steht in voller Blüte und wogt wie ein Meer aus Federn über dem Grün.

Nach und nach wird auch die Besiedelung dichter.
Es gibt Behausungen in traditioneller Bauweise, neben halbfertigen Betonbauten und alten Kolonial-Häusern. Wer Geld übrig hat, der streicht sein Haus in Pastell und baut ein Obergeschoß.

 

Die Menschen, die rechts und links unseres Weges wohnen, haben zweifelsohne sehr, sehr wenig. Armut ist auf der ganzen Welt nicht schön. Hier wirkt die Armut friedlich.
Die Menschen scheinen mit ihrer Situation und ihrem Leben im Reinen.
Kein Streben nach Gütern, die man sich sowieso nicht leisten kann, scheint die Idylle zu stören.

Ruhig werden die kleinen Terrassen beackert, ruhig die Esel mit der Ernte die steilen Pfade entlang getrieben.
Ruhig sitzen die Frauen am Wegesrand, grüßen uns leise und bieten Beutel mit Äpfeln zum Kauf an.

Immer wieder werden wir gefragt, ob wir portugiesisch oder französisch sprechen. Leider nicht. Somit reicht es nur für den Austausch der Vornamen. Als Lohn dafür bekommen wir eine Handvoll Äpfel geschenkt. Wir werden beschenkt!

Aber vielleicht irre ich mich. Verklärt durch die Schönheit der Landschaft, habe ich eine romantisch verzerrte Wahrnehmung. Wer weiß.
Aber es fühlt sich alles richtig und gut an.

In einer kleinen Bar legen wir nach 3,5 Stunden einen Getränke-Stopp ein.
Ein Schild in der Kneipe weist darauf hin, dass den Kindern keine Bonbons oder Lollis zugesteckt werden sollen. Ein Lolli kostet 0,50 Cent für den Touristen. Er muss Zahnpasta für 1,50 EUR und eine Bürste für 3,00 EUR kaufen.

Mit schon etwas müden Beinen laufen wir weiter.
Die Orte werden größer und sind ab hier mit dem Auto zu erreichen. Nach einer weiteren Stunde Marsch kommen wir an die Öko-Lodge von zwei Österreichern.
Hier wird aus Zuckerrohr der angeblich beste Grogue der Insel gebrannt. Selbstgekochte Marmelade, eingelegte Kräuter, Käse aus eigener Herstellung und eine kleine Gastronomie machen das Öko-Paradies perfekt.

Im Garten steht halbmannshoher Basilikum und in Spiritus liegen die giftigen Tausendfüßler, die es auf Santo Antão gibt. Wir probieren vorsichtig den Grogue. Er schmeckt uns nicht wirklich. Das erspart uns etwas zu kaufen und auch noch eine Buddel mit herum schleppen zu müssen.

Nach 6,5 Stunden erreichen wir unsere Pension. Staubig, durstig, kaputt, aber glücklich.
Ribeira do Paùl ist für mich einer der top fünf schönsten Flecken dieser Erde. :-)

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