Ein schöner Morgen auf dem Markt

So., 22.Sep.19, Franz.Polyn./Tahiti/Papeete, Tag 1939, 18.962 sm von HH

oder ‚Wie ich das teuerste Fleisch meines Lebens kaufte‘. :mrgreen:
Dabei dachte ich, nach über fünf Jahren auf den Welt-Märkten alle Tricks zu kennen.

Unter der Woche ist der Markt in Papeete ganz nett, aber erst am Sonntag tobt dort das Bärchen. Die Händler und Bauern aus den umliegenden Dörfern bieten ihre Produkte an.
Man findet fertig gekochte Gerichte und die Chinesen verkaufen gegrilltes Fleisch. Knusprigen Schweinebraten in kleine Stücke gehackt.
Den will ich haben. Mit einer Preisinformation im Kopf von 1000 Franc (gleich 10 USD) pro Kilo bestelle ich ein halbes Kilo. Regina von der ‚Jasina‘ spricht Französisch und hilft beim Dolmetschen.

Fertig gekochte Mahlzeiten – leider alles in Plastik

Zahlen fliegen durch die Luft, ich verstehe nicht richtig. Der Chinese auch nicht. Er legt ein Kilo Fleisch auf die Waage. Das sagt zumindest die Waage. Der Berg sieht klein aus für ein Kilo. Das registriere ich ohne, dass die Info meinen Verstand erreicht.
Ich soll plötzlich 3000 Franc bezahlen. Hm, warum das denn, wenn ein Kilo doch nur 1000 kostet? Regina übersetzt, dass der Kilopreis 2800 Franc beträgt. Okay, ich möchte noch immer den köstlichen Schweinebraten, der mir das Wasser im Mund zusammen laufen lässt. Ich deute meinem Verkäufer, dass ich aber nur die Hälfte haben will. Wieder fliegen Zahlen durch die Luft. Die 500 Gramm irritieren, da alle anderen Kunden wohl nach einem bestimmten Geldbetrag (meistens 500 Franc) ihr Fleisch ordern, nicht nach Gewicht.
Es wird Fleisch von der Waage genommen. Der verbleibende Rest auf der Waage sieht nun endgültig mickrig aus (wieder erreicht diese Info nicht mein Gehirn).
Ich gebe einen großen 10.000 er Schein zum Bezahlen. Das ist kein Problem. Mein Verkäufer deutet einen Kollegen, den Schein wechseln zu gehen. Es wird weiterhin viel gesprochen. Viele Zahlen schwirren durch die Luft. Ich bin bei Bahnhof angekommen. Mein Fleisch wird in Papier eingeschlagen. Das Wechselgeld wird mir korrekt überreicht: 8.500 Franc.
Regina und ich schlendern weiter über den Markt. In meinem Unterbewusstsein fängt es an zu klingeln -irgendwas stimmt nicht mit dem Fleisch.

Köstliche Braten – dieser Verkaufsstand war es nicht

Zurück an Bord erzähle ich Achim, dass es abends Schweinebraten geben wird. Er nimmt das Paket in die Hand: „Warum hast du kein Fleisch für dich mitgebracht?“ Ich gucke ihn an. „Du willst mir doch nicht erzählen, dass du für das Häufchen 15 USD bezahlt hast?“ Ich nicke unglücklich. Um noch Salz in die Wunde zu streuen, holt Achim eine Waage. Es sind 200 Gramm inklusive Papier. Macht einen Kilopreis von 75 Dollar. Trau, schau, wem. :mrgreen:

Nachtrag zum Geschmack: Natürlich war der Braten vortrefflich. Musste er ja sein, bei so einem Preis.

Viel zu kleine Riff-Fische im Angebot – wie überall auch hier keine Nachhaltigkeit

Blumenkranz-Produktion auf dem Markt

Papeete – eine Wiedergutmachung

Sa., 21.Sep.19, Franz.Polyn./Tahiti/Papeete, Tag 1938, 18.962 sm von HH

„Seelenlose Stadt, im Verkehr erstickender Beton-Klotz, keine besonderen Sehenswürdigkeiten“ … , ich muss schlechte Laune gehabt haben bei meinem ersten Bericht über Papeete. Wen wundert’s, wenn man zweimal durchs Industrie-Gebiet gehetzt wird?
Ich befinde mich in guter Gesellschaft: Paul Gauguin war vor 130 Jahren ebenfalls enttäuscht. Zu europäisch kam ihm Papeete vor. Zuviel der polynesischen Kultur wurde bereits durch westlichen Einfluss verdrängt. Er wechselte frustriert seinen Wohnsitz auf die Marquesas.

So weit wollen wir nicht gehen, denn sooo schlimm ist Papeete nun doch nicht. Die Stadtmarina liegt im Herzen Papeetes. Mitten drin. Mit allen Nachteilen eines ‚mitten drin‘. Wir parken direkt an der vierspurigen Promenadenstraße. Die Autos fahren quasi übers Vorschiff, während am Heck von Atanga dicke Kreuzfahrschiffe fest machen. Den ganzen Tag flanieren Touris und Einheimische am Schiff vorbei. Damit sie gute Sicht auf uns haben, ist das Geländer aus Plexiglas.
An Steuerbord gibt es eine dicke Baustelle, da das Marina-Office umgebaut wird. Das bedeutet keine Duschen, kein Internet, keine Waschmaschine. Das mit der fehlenden Dusche ist das Unerfreulichste. Schließlich fahren wir nur noch wegen der Duschen in eine Marina. Im Schiffsbad zu duschen, bringt Feuchtigkeit bei sowieso schon hoher Luftfeuchtigkeit in die Bude. Auf der Badeplattform ist es peinlich. Den Fußgängern möchten wir den Anblick von unappetitlicher Wühlerei in Bade- und Bikinihose ersparen. Bleibt noch verschämt im Cockpit-Loch hinter dem Ruder in der Hocke eine Dusche zu nehmen. Alles doof – Seglerschiksal.

Dicker Pott im Rücken

Die Vorteile liegen auf der Hand, in fünf Minuten auf dem Markt, in fünfzehn Minuten im Supermarkt. Zahnarzt gleich um die Ecke, frisches Baguette zum Frühstück.
Im Regierungsviertel ist es aufgeräumt und gedämpft. Eine wunderschöne Allee spendet Schatten und Ruhe. In schick restaurierten Kolonialbauten befinden sich diverse Ministerien.

Streetart in Papeete

Regierungsgebäude in Papeete

Es findet sich überall in der Stadt Streetart und Schuhläden zum Stöbern. Macht auch mal wieder Spaß. Und abends geht in der Marina das Unterwasser-Licht an. Dann liegen wir mondäner als in Monaco. Geht doch.

Atanga am Luxus-Steg

Der Abendverkehr rauscht an uns vorbei

April, April

Di., 17.Sep.19, Franz.Polyn./Tahiti/Papeete, Tag 1932, 18.962 sm von HH

Wie vorausberechnet, erreichen wir morgens Papeete. Mit jedem Meter, den wir uns von unserem Urlaubs-Paradies entfernen, wird der Zahnkranke gesünder: „Tut schon gar nicht mehr weh“. Den Titel ‚Urlaubs-Verderber‘ verleiht er sich selber.
Wir wählen einen Platz in der Stadtmarina. Hier sind die Wege in die Stadt kurz, die zweite Marina liegt 10 Kilometer außerhalb.
Ein Platz in der Marina ist schnell gefunden; ein Formular ist schnell ausgefüllt, so dass Achim bereits mittags bei einer Zahnärztin sitzt. Die kann nichts feststellen. Kein Karies, keine Wurzelentzündung. Nichts. Die Wurzeln sehen bis in die Spitzen sauber auf dem Röntgenbild aus. Achim berichtet ihr von seiner Wunde am Fuß (die übrigens wieder etwas schlechter geworden ist). Sein unappetitlich entzündete Grieskorn am Auge, was seit zwei Tagen am blühen ist, sieht sie selber. Ihre Vermutung lautet, dass das alles zusammenhängt. Staphylo-Kokken vielleicht. Igitt. Da sie am Zahn nichts machen kann, verschreibt sie ein Antibiotikum. Okay, nützt dann wohl nichts mehr, muss er schlucken.

Jetzt heftet Achim sich endgültig den Orden ‚Urlaubs-Verderber‘ an die Brust. Ein Antibiotikum hätte er auch in Tikehau schlucken können. Aber was soll’s. Wer weiß wofür es gut ist. Wir sind zurück in der Zivilisation mit Läden, Restaurants, Unterhaltung und prall gefüllten Supermärkten.

Manta in Tikehau

 

Ein letzter Gruß aus Tikehau. Der Manta am Mantapoint. Schön war’s. :-)

Ungeplanter Aufbruch aus Tikehau

So., 15.Sep.19, Franz.Polyn./Pazifik, Tag 1932, 18.694 sm von HH
Irgendjemand moechte nicht, dass wir in den Tuamotu im Pass tauchen gehen. Zuerst auf Hao schlechtes Wetter, dann war der Tauchverein geschlossen und in Makatea und Tikehau kam Achims Wunde am Fuss. Die Stelle war nun soweit abgeheilt, dass er wieder ins Wasser darf, da kommt der Skipper mit: „Ich habe Zahnschmerzen“ um die Ecke!
Meine Diagnose lautet Wurzelentzuendung. Alle Anzeichen sprechen dafuer. Im Gesundheitszentrum hatten wir gelesen, dass sich jeder mit Zahnproblemen nach Rangiroa – ins Nachbaratoll – fliegen lassen muss.
Achim hofft zunaechst noch auf Wunderheilung: „Ist von alleine gekommen, geht auch von alleine“. Er ist tapfer und faehrt mit mir zum ‚Mantapoint‘, einem Motu mitten in der Lagune. Dort soll man mit Mantas schnorcheln koennen. Die ‚Alrisha‘, die wir in Tikekau wieder getroffen haben, begleitet uns.
Und tatsaechlich, der Mantapoint kann etwas. Am zweiten Tag habe ich das grosse Vergnuegen einen dieser Koenige der Eleganz unter Wasser an der Putzerstation zu beobachten. Achim verzichtet, allein der Gedanke, den Schnorchel in den Mund zu nehmen, graust ihn.
Die Schmerzen nehmen zu, der Wind steht guenstig, der Skipper will zum Zahnarzt. Kurzentschlossen brechen wir am naechsten Morgen auf. Direkter Weg Tahiti. Warum sollen wir den Umweg ueber Rangiroa machen? Wir wissen nicht, ob der Zahnarzt ueberhaupt vor Ort ist, wir wissen gar nichts. Nach Tahiti wollten wir sowieso zurueck (zwar erst in 14 Tagen) und dort gibt es sicher eine Auswahl an Aerzten. Also Segel setzen und los.
Jetzt sind wir bereits seit 24 Stunden unterwegs. Ruppige, unangenehme Stunden. Den Wind mit 25 Knoten in der Nacht genau auf die Nase. Seit dem Vormittag ist es etwas ruhiger und der Wind kommt halb, so dass wir gemuetlich voran kommen. Ankunft wahrscheinlich im Morgengrauen. Die Schmerzen vom Skipper halten sich zum Glueck in Grenzen. Die Angst vorm Zahnarzt wirkt schon fuenfzig Meilen vor dem Ziel heilend auf ihn ein.
Test für: ä ö ü ß

Schön – schöner – Tikehau

Mo., 08.Sep.19, Franz.Polyn./Tuamotu/Insel Tikehau, Tag 1925, 18.584 sm von HH

Wasser – fabelhaft
Strand – märchenhaft
Inseln am Horizont – traumhaft
Haie am Ufer – sagenhaft

 

Nichts für Türkis-Allergiker – Motu auf dem Saumriff

Hai auf Patrouille am Prinzesinnen-Strand

Auf Tikehau kann man nur ‚Superlativ‘ sprechen. Die klassischen Südsee-Klischees werden aufs Beste erfüllt. Ein wahrer Südsee-Traum. Und um dem Ganzen noch einen oben drauf zu setzen, ist der Strand zart rosa gefärbt. Ein echter Prinzessinnen-Strand.

Strand von Tikehau

Während wir auf die Heilung von Achims Fuß warten, ankern wir vor der ‚Hauptinsel‘ Tuherahera. Viel ist nicht los, obwohl es ein paar Pensionen mit einer Handvoll Touristen gibt. Wir finden zwei Snackbars, die aber nur tagsüber geöffnet haben. Um abends essen zu gehen, müssten wir es wahrscheinlich in einem der Gästehäuser versuchen. Darauf haben wir bislang verzichtet.
Die fünfhundert Einwohner wohnen weit auseinander gezogen in schnieken Häusern, mit schnieken Gärten und schnieke gefegter Straßenfront. Zwei kleine Läden, eine Polizeistation, die Post und eine Notunterkunft, mehr öffentliche Gebäude gibt es nicht. Vor über hundert Jahren ist Tikehau zuletzt von einem Zyklon getroffen worden. Tuherahera wurde dabei schwer verwüstet, das Dorf am anderen Ende der Insel wieder aufgebaut. Heute gibt es für den Ernstfall eine Notunterkunft auf Stelzen.

Typisches Wohnhaus auf Tikehau

Notunterkunft bei Zyklon-Warnung

nette Anwesen

Eine von zwei Dorfkirchen

Zwei bis drei Maschinen laden täglich auf Tikehau

Die Insel ist knapp drei Kilometer lang und schnell erkundet. Türkis im Norden, Türkis im Süden, Türkis im Westen. Nur der Osten ist tiefblau am Außenriff.
Am Ankerplatz scheinen die Seeschwalben von unten türkis von der Reflektion der Lagune. Türkis, soweit das Auge reicht. Wer eine ‚Türkis-Allergie‘ hat, sollte Tikehau meiden.

Und abends, wenn die Farben erloschen sind, brennt die Insel ein anderes Feuerwerk ab. Der Duft der Frangipani-Blüten wabert schwer zu uns herüber. Die Duftintensität nimmt zum Abend zu, um Nachtfalter anzulocken. Blumige Noten, wie Jasmin- und Rosenduft; Vanille und Mandel; die fruchtigen Noten haben einen Hauch Zitrone und Waldmeister. Ein sinnlicher Duft, exotisch. So muss Südsee riechen.

Frangipani – perfekte, immer fünfblättrige Blüte mit betörendem Duft.