Tauch-Boot Atanga

So., 11.Dez.16, Bonaire, Kralendijk, Tag 926, 8.715 sm von HH

Die Ufer von Bonaire sind anders als die östlichen Antillen.
Hier gibt es keine weitläufigen Buchten mit Sandstrand, der sanft ins tiefe Blau übergeht. Bonaire ist komplett von einem Saum-Riff umgeben. Dies beginnt 60 bis 100 Meter vom Ufer entfernt. In der schmalen, seichten Uferzone sind die Bojen verankert an denen wir Segler festmachen müssen.

Das Riff beginnt auf knapp 9 Metern, fällt mit 45 Grad Neigung oder senkrecht auf 30 Meter ab. Dort gibt es ein sandiges Plateau, ebenfalls nur schmal, bevor es dahinter richtig tief wird. 200, 300 Meter und tiefer.

Es gibt nur 40 Bojen für Segler. Die See-Besiedelung der Uferzone hält sich also angenehm in Grenzen. Wie am Perlenband liegen die Schiffe nebeneinander.

Der Hintern von Atanga schwebt genau über der Riffkante, die so begehrt zum Tauchen ist.

Wir brauchen uns einfach nur vom Schiff direkt ins Aquarium hinein fallen lassen.
Wobei ‚einfach‘ in diesem Zusammenhang totaler Quatsch ist. Zum ersten Mal finden wir es nicht so cool, dass wir ein Mittelcockpit haben und nicht zu ebener Erde auf die Badeplattform gelangen können.

Am Ruderstand ist die Füllstation aufgebaut. Endlich kommt unser Kompressor zu seinem Einsatz (heute wurde ihm noch schnell eine Abdeckung genäht, damit er bei den häufigen Schauern nicht nass wird). Der leistet gute Arbeit, nach 40 Minuten sind beide Flaschen wieder gefüllt.
Allerdings macht er anständigen Krach dabei. Zum Glück lässt unser Nachbar zur Linken stundenlang seinen Generator an Deck laufen, der kann sich mal grad nicht beschweren. Der Nachbar zur Rechten hat zwei Wind-Generatoren. Der eine ist so laut, dass auch er freundlich rüber winkt, wenn wir füllen. ;-)

Die Flasche mit Jacket lässt Achim dann an der Bordwand runter. Ich nehme die Sachen schwimmend in Empfang und stopfe erst im Wasser mein Blei ins Jacket. Da braucht er die fünf Kilo nicht auch noch über die Reling wuchten.

Anzug und Flossen kann ich auf der Badeplattform anziehen, der Rest erfolgt dann im Wasser. Kaum dass eine halbe Stunde rum ist, sind wir fertig mit anrödeln.
Wenn wir mit dem Dinghy ein paar Tauchplätze weiter fahren, als rechts und links von unserem Liegeplatz, kommt als Zwischenstation noch das Packen des Dinghys hinzu.

Ein Segelboot ist definitiv kein praktisches Tauch-Boot.
Aber wir genießen die Freiheit jederzeit tauchen gehen zu können, wann wir Lust dazu haben.

Auf Bonaire gibt es keine Regeln. Es ist eine Park-Schutz-Gebühr von 25,00 USD pro Person zu bezahlen und dann kann es auch schon los gehen.
Wer ohne Schiff hier ist, erreicht die Tauchplätze bequem per Auto. Am Straßenrand weisen gelbe Hinweis-Steine dem Taucher den Einstieg. Der ideale Top-Spot für Leute, die auf dem Tauchboot seekrank werden.

Die Tauchgänge sind super easy (keine Strömung) und bereiten viel Freude: Guter Bewuchs an Hartkorallen, viele Schwämme, Fischsuppe mit unglaublich viel Kleinvieh, Schlangen-Aale und Tarpune von kapitalem Ausmaß.

Rotfeuerfische, die hier nicht her gehören sind von den Tauchbasen zum Abschuss frei gegeben.
Sehr außergewöhnlich: Padi (‚die‘ Tauchorganisation) bietet als ‚Extra‘ eine dreitägige Ausbildung zum „Lion-Fish-Hunter“ an.
Bis jetzt haben wir nur einen der außergewöhnlich schönen Fische gesehen. Die wurden aus dem Pazifik hier eingeschleppt und müssen, ähnlich der Spanischen Nacktschnecke in deutschen Gärten, wieder weg.

 

Taucherparadies Bonaire

Sa., 10.Dez.16, Bonaire, Kralendijk, Tag 925, 8.715 sm von HH

Bonaire ist mit den östlichen Antillen nicht zu vergleichen.
Es ist aufgeräumt, alles wirkt wie geleckt, es ist sauber, keine Farbe blättert ab, keine Balken brechen zusammen. Es gibt durchgängige Fußwege und die Polizei fährt auf dem Fahrrad Patrouille mit Knarre am Gürtel und Ameisenhelm.

Amtssprache ist Niederländisch und ‚Papiamentu‘, die von die von 75 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird. Papiamentu ist ein Gemisch aus Spanisch, Niederländisch und Englisch.
Wir Touristen werden, wie selbstverständlich, auf Englisch angesprochen.
Dieser Sprachenmix führt dazu, dass vielfach Schilder dreisprachig beschrieben sind.
Was für ein Luxus für so wenig Menschen.

Es gibt nur 18.000 Einwohner auf Bonaire und die wohnen fast alle in Kralendijk.
Der Ort ist  für Touristen durchgestylt. Geschäfte mit überteuerten T-Shirts und Kunsthandwerk warten auf die überwiegend amerikanischen Gäste.
Es gibt freies Touristen-Internet, was wir auch an Bord empfangen können, zwar schwankend, aber immerhin.
Lebensmittelgeschäfte, Bäcker und Wäscherei sind in die Randbezirke verband. Das wahre Leben findet nicht an der Waterfront statt.

Der Ort ist an zwei Nachmittagen ‚abgearbeitet‘ und bietet weder großartige Sehenswürdigkeiten noch Charme.

Aber deswegen sind wir auch nicht hier.

Bonaire ist Taucherparadies.
Je nachdem welche Ranking-Liste man sich anschaut, befindet sich Bonaire unter den Top 5 bis Top 10 der besten Tauchgebiete der Welt.
Vor allem sind es die Sichtweiten von 30 bis 50 Meter, die Bonaire so besonders machen.
Dass die Sicht so gut ist, liegt in erster Linie daran, dass es auf Bonaire keine Flüsse gibt und somit wenig Sedimente ins Meer gespült werden.

Allerdings haben wir noch immer Regenzeit und somit ist die Sicht nicht so großartig, wie die Werbung verspricht. Gestern hat es den ganzen Tag geschüttet und das trübt auch ohne Fluss-Sedimente die Sicht.

 

Tatoosh

So., 04.Dez.16, Bonaire, Kralendijk, Tag 918, 8.715 sm von HH

Auch Bonaire wird von Kreuzfahr-Schiffen angelaufen.
Von den „Aidas“ und Gleichartigen. Aber was da am Sonntag-Vormittag auf Kralendijk zukommt ist ein anderes Kaliber. Es ist die Tatoosh.

Diese Privat-Yacht gehört dem Mitbegründer von Microsoft, Paul Allan. Das Schiffchen ist 92 Meter lang und rangiert zur Zeit auf Platz 42 der größten Motoryachten.
Dass es zwei Hubschrauberlandeplätze, ein Motor-Beiboot und diverses Wasserspielzeug wie Jet-Skis und dergleichen gibt, berührt uns nicht. Aber dass die Tatoosh an der Seite Platz für ein Segelschiff unserer Länge hat, das ist ausgesprochen frech.

Ob der kleine Bei-Segler im Kaufpreis von 100 Millionen USD enthalten war, ist nicht herauszubekommen. Durch den eingebauten Kalkstein-Kamin, Hummertank und 30 Mann Besatzung wird jede Seemeile mit Sicherheit zu ‚Erholungstagen auf See‘.

Die Tatoosh ist nur die „kleine“ Yacht von Paul Allan. Da es ihm dort wohl etwas eng wurde, gab es zu Weihnachten noch ein neues Spielzeug: die Octopus (Nummer 14 auf der Liste) mit 129 Metern und integriertem U-Boot. :shock: Sachen gibt’s.

 

Willkommen auf Bonaire

Sa. 03.Dez.16, Bonaire, Kralendijk, Tag 917, 8.715 sm von HH

Bonaire ist eine ‚besondere‘ Gemeinde der Niederlande.
Das merkt man gleich, wenn man sich Bonaire von See annähert. Wenn bei anderen Inseln Stunden vorher ‚Land in Sicht“ gebrüllt wird, so herrscht bei der Anfahrt auf Bonaire betretenes Schweigen…nichts zu sehen. :shock:

Also, wenn der Holländer eins kann, dann Siedlungen unterhalb der Grasnarbe bauen.
So auch auf Bonaire. Keine andere Nation käme auf die Idee so einen Pfannkuchen zu besiedeln.

 

Als wir vom offenen Meer in die Abdeckung der Insel kommen, haben wir göttliche Segelbedingungen. Die zwei-Meter-Dünung fällt spontan in sich zusammen. Der Wind pfeifft weiterhin mit 25 Knoten über die Südspitze. Salzberge, die die höchsten Erhebungen der Insel zu sein scheinen, halten den Wind nicht auf.

Wir müssen das Vorsegel auf die andere Seite bringen und nehmen die Fock dafür.
Das kleine Tuch zieht uns mit 7,5 Knoten dem Ziel entgegen.

Rick von der ‚Duplicat‘ kommt uns schon mit dem Dinghy entgegen, um uns eine freie Mooring zu zeigen und zu helfen. Somit liegt jetzt ein Viertel der Teilnehmer der Nereid’s Rally in Reunion beieinander. Die Segler-Welt ist klein und man trifft sich immer wieder.
Zum Einklarieren muss ich mit.
Üblicherweise übernimmt Achim den undankbaren Job alleine. Häufig sind endlose Formulare auszufüllen. Geduld und eine ‚Jawoll-Herr-König-Haltung‘ an den Tag zu legen, sind dort gut investierte Fähigkeiten. Ich rolle viel zu schnell mit den Augen und ‚darf‘ sonst nicht mit.
Hier will man mich aber persönlich sehen. Also kommt Achim zum Schiff zurück, um mich zu holen.

Das Prozedere fängt gut an. Der zuständige Beamte kommt uns 100 Meter vor dem Gebäude im Auto entgegen. Zum Glück erkennt er Achim und signalisiert ihm: „Bin gleich wieder da“.
Wir meinen fünf Minuten verstanden zu haben. Nach einer halben Stunde kommt er dann tatsächlich zurück.
Mit einer provokanten Langsamkeit steigt er aus dem Auto und kommt auf uns zu. Mein Lächeln und Gruß ignoriert er ohne die Miene zu verziehen.
Okay, mein Gehirn formuliert das erste Mal „Idiot“.
Kurz bevor er uns erreicht, biegt er ab und geht auf die andere Straßenseite, weil er von dort einen Ruf erhält. Er geht zu einem Imbiss-Stand und nimmt zwei Styropor-Kästen mit seinem späten Mittag in Empfang.
Er kommt zu uns zurück, schließt auf, wir bleiben im Vorraum und sehen ihn mit seinem Essen im Hinterzimmer hinter einer Glasscheibe wieder auftauchen.
Dort begutachtet er sein Essen und wählt als erstes einen Sate-Spieß von dem er herzhalft abbeißt.
Kauend geht er in ein weiteres Hinterzimmer. „Großer Idiot“ formuliert mein Großhirn.

Mit Papiertüchern in der Hand kommt er zurück und greift sich nun zwei kleine Mini-Frühlingsrollen. Ich rutsche schon auf meinem Stuhl hin und her und finde den Halbgott sekündlich unausstehlicher.
Da kommt er mit zwei der eingewickelten Rollen auf uns zu und reicht sie uns mit den Worten: „Herzlich willkommen auf Bonaire und guten Appetit.“

Peinlich. Ich hoffe, er kann keine Gedanken lesen und leiste im Geiste ganz doll Abbitte. :oops:

Bonaire ist cool. Nicht nur, dass das Einklarieren nichts kostet, hier gibt es sogar noch einen Snack oben drauf.