Hillsborough

Fr., 17. Jun.16, Carriacou/Tyrrel Bay, Tag 748, 6.552 sm von HH

Auf den ersten Blick fällt auf, dass Carriacou viel sauberer ist als St. Vincent und die Grenadinen. Die Häuser sind besser gebaut, weniger baufällige Bretterbuden, kaum Schutt vor der Haustür, weniger Müll. Sogar grüner ist es hier.

Das Hinterland, auf den anderen Inseln, häufig abgewohnt, sieht gepflegt und gut in Schuss aus. Die Menschen scheinen im Inselstaat Grenada ein erheblich besseres Auskommen zu haben.

Nach Hillsborough, der Hauptstadt ;-) von Carriacou, mit 600 Einwohnern, fahren wir mit dem Minibus.
Der Bus, der neben uns hält, fordert uns energisch auf einzusteigen: Ja, ja, alles richtig, es geht nach Hilsborough, obwohl er in die entgegengesetzte Richtung fährt.
Wir kommen also in den Genuss einer halben Inselrundfahrt. Da der Bus wenig Besorgnis erregende Geräusche macht und der Fahrer anständig fährt, können wir das genießen.

In diesen Minibussen ist der Kunde König.
Neben Passagieren werden auch Tüten aus Geschäften abgeholt und irgendwo in der Pampa an einem Haus ausgeliefert.
Eine Mutter mit zwei Kindern steigt an einer Apotheke aus und während der Fahrer Hillsborough auf der Suche nach weiterer Kundschaft abfährt, macht sie ihre Besorgungen. Die beiden Kinder bleiben im Bus.
Als Mutti zehn Minuten später auf dem Rückweg nicht vor der Apotheke wartet, geht der Fahrer rein, zum Nachschauen, wo sie bleibt. Was für ein Kundenservice.

Im Gegenzug kann es einem passieren, dass der Fahrer noch mal eben beim örtlichen Handy-Shop anhält, um für sich etwas zu besorgen. Niemand regt das auf, alle warten geduldig bis es weiter geht.

Hillsborough ist aufgeräumt und ganz niedlich. Es gibt einen kleinen Gemüse- und Fischmarkt und ein Dutzend Supermärkte mit dem üblichen Sortiment an Büchsen-Futter und Hähnchenfleisch.

Und wenn Du denkst, Tomate auf Brot schmeckt nicht mehr,
kommt von irgendwo Salami her. :mrgreen:

In diesem Fall kommt die Salami aus Patty’s Deli, einem kleinen Feinschmeckerladen.
Fast von uns unentdeckt geblieben beim Stöbern durch den Ort.
Die Salami ist nicht etwa eingeschweißt, sondern frisch im Anschnitt. Gekochter Schinken, geräucherte Putenbrust und ein paar Käsesorten liegen direkt daneben.
Pattys Preise sind extrem angenehm für die Region (Kilopreis bei 20 EUR). Das letzte Mal als wir solche Leckereien gesehen haben im Hotel auf Canouan, lagen die Preise bei 50 EUR/Kilo.


Der Fund des Tages ist ein Aushang im Supermarkt:
Von den üblichen 15% Mehrwertsteuer sind befreit: Grundnahrungsmittel, Solar-Panele und alle Gegenstände, die der Schadens-Minimierung bei Hurrikan dienen. Fensterläden, unabhängig ob geklappt und gerollt, mechanisch oder manuell. Alle Arten von Gurten und Riemen zum Festbinden von Teilen.

Schick essen gehen am Hochzeitstag

Mi., 15. Jun.16, Carriacou/Tyrrel Bay, Tag 746, 6.552 sm von HH

Ein scheinbar unmöglicher Wunsch, schaut man sich die Restaurants in der Tyrrel-Bucht so an. Kleine Bretterbuden, oft geschlossen, bieten lokale Kleinigkeiten zu essen.
Ganz nett, aber von schick weit entfernt.

Ein ‚Probe-Essen‘ letzte Woche im Iguana deutet an, dass es nicht einfach wird, diesen Wunsch umzusetzen. Im Iguana ist donnerstags Pizza-Tag.
Viel gepriesen, in Büchern, per Mail und über die morgendliche Funkrunde. Wir versuchen also unser Glück.

Der Pizzaboden ist noch das Beste an dem Teil, schön dünn, knusprig, alles gut.
Der Rest ist fad, ohne Salz. Es fehlen würzige Tomatensoße und Kräuter, den Käse habe ich als dieses fiese Vegi-Zeug in Verdacht. Schlechter kann eine Pizza kaum sein.

Erschwerend kommt die Gruppe, deutlich betagter, Amerikaner hinzu, die in der Pinte einen Auftritt wagen. Gesang mit Gitarre, Bass und Bongo-Spieler.
Oldies, but goldies.
Allerdings nach ein paar Songs reicht es dann auch. Als zwei Ladies die, nicht vorhandene, Tanzfläche entern, ist es Zeit zu gehen.
Wenn zwei Frauen miteinander tanzen, bist Du entweder in einer Striptease-Bar und solltest bleiben oder im Altersheim und solltest flüchten. :mrgreen:

Soviel ist klar, da brauchen wir am Verheiratungs-Tag nicht hin.

Dann hört Achim über die Nachbar-Kneipe, dem Slipway, dass die mittwochs Hamburger-Tag haben. Nun, schlechter als die Pizza, kann’s nicht werden. Wir gehen hin!

Burger gibt es nur mittags.
Die alternative Abendkarte steht auf einer Tafel am Tresen: gegrillter Schwertfisch, MahiMahi, Thunfisch oder Schweineschnitzel (wo haben die das Schwein denn her?).
Dazu kommen Kartoffeln und Gemüse. Vor meinen Augen tauchen olle Pommes, und als Gemüse, die üblichen Kochbananen auf.

Ich wähle den Thunfisch und schon lauert die erste Überraschung auf mich: die Wirtin fragt mich allen Ernstes, wie ich ihn gegrillt haben möchte. :shock:
Ich hätte ihn gern innen roh.

Am Tisch die nächste Überraschung: es gibt echte Stoffservietten. Nicht diese hauchdünnen Papierteile, die einem in Fetzten am Mund kleben bleiben, wenn sie feucht werden.

Zur Vorspeise, Salat mit cremigen Ziegenkäse (wusste ich doch, dass es sowas geben muss, schließlich laufen die Viecher überall rum), wird knuspriges Baguette (wo haben die das wieder her?) gereicht. Lecker.

Mein Thunfisch haut mich vom Hocker. In der Mitte noch roh, wie bestellt.
Dazu Wassermelone, angemacht mit Öl und, festhalten, frischem Basilikum (wo, verdammte Axt, haben die das her?). Eine köstliche Kombination, die zum Fisch vorzüglich passt.
So, Steffen Henssler, falls Du das liest, so muss Thunfisch. ;-)

Das Gemüse sind grüne Bohnen aus dem Wok (?) und die Kartoffeln sind knusprig gebraten. Achim ist mit seinem Schnitzel und den gleichen Beilagen ebenso happy.

Hier hätte ich einen tot gebratenen Lappen erwartet. Aber Fehlanzeige!
Es ist saftig und wird mit angedünsteten, getrockneten Tomaten gereicht.

Dass mein Thunfisch nur 4 EUR mehr kostet als die gruselige Pizza (13,00 EUR), kann ich fast nicht glauben. Ein Hoch auf das Slipway, können wir unbedingt empfehlen.

Mit dem am Nachmittag besorgten Eis, macht ein langes gehütetes Schätzchen den Abend perfekt. Da stört es auch keinen, dass wir eigentlich erst am 16. Juni Hochzeitstag haben. ;-)

Wir sind pleite

Mo., 13. Jun.16, Carriacou/Tyrrel Bay, Tag 744, 6.552 sm von HH

Pleite mit Käse, Wurst und Speck.
Die ganzen Köstlichkeiten, gebunkert in Martinique, gehören der Vergangenheit an.
Ade, Serano-Schinken, good bye luftgetrocknete Salami aus Spanien.
Kein Maasdamer mehr, kein Havati, null Camembert. Selbst Leberwurst in Gläsern, noch aus Las Palma, ist aufgebraucht. Das letzte Glas gar verschenkt.

Nur ein paar kümmerliche Schafskäsewürfel, eingelegt in Öl, haben noch überlebt.
Nachkaufen auf den Grenadinen? Kannst Du komplett vergessen.
Manchmal gibt es Emmentaler, ein 250g Stück kostet dann 12,50 EUR.
Ansonsten beschränkt sich das Angebot auf Cheddar. Als ob Cheddar nicht schon fragwürdig genug ist, haben sie dann noch das erfunden: analog Cheddar

Wir haben fast immer selbstgebackenes Misch-Grau-Brot zum Frühstück.
Mit Sonnenblumenkernen, Sesam oder Kürbiskernen (die kann man tatsächlich hier nachkaufen).
Und stehen beide nicht so sehr auf Süßes zum Frühstück. Mal Nutella (gibt’s hier auch nicht) oder Marmelade ist okay, aber nicht auf Dauer.

Herzhafte Alternativen müssen her.
Tomatenbrot, sehr gut.
Mit Humus (Kichererbsen-Mus) drunter, noch besser.
Guacamole zur Zeit nicht machbar, gibt grad keine Avocados.
Aus Sour Creme (das einzige Milchprodukt, außer Butter) hab ich schon eine Art Zaziki gemacht, geht ganz gut.
Thunfisch-Salat ist uns zum Frühstück etwas heftig….
Bananen-Brot als halbsüße Alternative gab’s auch schon.

Und gebratene Hähnchenbrust vom Vortag. Hähnchenbrust und Hack sind so ziemlich die einzigen Fleisch-Sorten, die man hier bekommt. Manchmal kleine Hähnchenkeulen (noch nicht getestet) und oft Packungen mit undefinierbarem Inhalt. Oder Hühnerfüsse.
Alles tiefgefroren, versteht sich.

Ich hab mal Hack versucht. Das hat eine Konsistenz von Fleischbrät, so oft wurde das durch den Wolf gehauen. Klopse kann man einigermaßen davon braten, aber richtig gut ist das nicht.

Leider gibt es  selten genug Fisch. Ab und an kommt ein Boat-Boy vorbei, nur nicht oft genug.
Fischmärkte scheinen einer Vergangenheit anzugehören.
Die meisten Inseln haben sowas nicht. Auf Carriacou haben wir noch gar keinen Fisch gesehen.

Zwei Gläser mit selbst eingekochtem Huhn und Hack haben wir noch, dann sind wir auch in dieser Hinsicht beet. Die Hoffnung liegt in Grenada.
Dort soll es Supermärkte geben, die haben fünf Sorten Philadelphia. :mrgreen:

Bis dahin kommen wir gut mit unseren Konserven und Trocken-Vorräten klar.
Eine gewisse Auswahl an Frischem ist ebenfalls verfügbar: Kohl, Möhren, Bananen, Mangos, Gurken, Salat. Die Basics, wie Zwiebeln, Knoblauch und Süßkartoffeln sowieso.

Uns somit gibt es auf einmal  Original Hamburger Labskaus an Bord.
Mit Gewürzgurken und Rote Bete. :shock:

Trotzdem, hat noch jemand gute Ideen, was es als herzhaften Brotaufstrich geben könnte? Lieben Dank für alle Vorschläge.

Fotoparade – Best of 1. Halbjahr 2016

So., 12. Jun.16, Carriacou/Tyrrel Bay, Tag 743, 6.552 sm von HH

Wie im letzten Jahr ruft Michael von erkunde-die-welt  zur Teilnahme an seiner Fotoparade auf. Alle Teilnehmer sollen ihre schönsten Bilder der ersten sechs Monate 2016 zeigen.
Folgende Kategorien hat er festgelegt:

bunt
schwarz-weiß
tierisch
Licht
Fahrzeug
Natur
Lieblingsfoto

In den letzten Monaten waren wir an so phantastischen Orten, dass Bilder reichlich zur Wahl stehen. Bei einigen Kategorien hatte ich sofort ein Foto im Kopf, welches zum Thema passt, bei anderen musste ich im Archiv wühlen. Herausgekommen ist diese Auswahl:

bunt

bunt

bunt

Dieses Foto ist auf Kap Verde, in Mindelo, entstanden.
In einer schmalen Seitengasse habe ich diesen Krämer entdeckt. Ein unglaubliches Sammelsurium an Unnötigem, Neuem und Altem, wird mit Kuriosem zum buntesten Krämer-Mix, den ich je gesehen habe.
Bunt im mehrfachen Sinn: bunte Auswahl, bunte Farben, ein buntes Leben für den Besitzer.

schwarz-weiß

schwarz-weiss

Ebenfalls ein Foto aus Mindelo.
In den vier Wochen vor Karneval treiben die Mandigas in Mindelo ihr Unwesen.
Sie reiben sich mit Altöl ein, um schwärzer als schwarz, stampfend und furchteinflößend singend durch die Straßen zu ziehen. Unheimlich nicht nur für uns Weiße anzusehen.
Der kleine Junge auf dem Bild ist beim Umzug mit den Großen dabei. Als die Bande immer wilder wird, bekommt er Angst vor seiner eigenen Courage.
Dabei ist das herrliche Bild entstanden, welches ich auch in die Kategorie Lieblingsbild legen könnte.

 

tierisch

tierisch

tierisch

Diese Spinne fanden wir in Französisch Guyana. Genauer gesagt auf den Teufelsinseln, auf der  Ile Saint-Joseph.
Hier steht das berühmte Gefängnis in dem der Schriftsteller Papillon in Einzelhaft gesessen hat. Vor vielen Zellen haben diese Spinnen, quasi als Türwächter, ihre Netze gesponnen.

 

Licht

Licht

Licht

Gleich an unserem ersten Abend in der Karibik gelingt diese wunderschöne Aufnahme von unserer Atanga. Ungeplant.
Wir werden von einem anderen Segelboot mit dem Beiboot abgeholt. Da entdecke ich den Heiligenschein hinter unserem Schiff.

 

Fahrzeug

Fahrzeug

Fahrzeug

In der Karibik gibt es in vielen Buchten großartige Boatboys.
Fische werden angeboten, Blockeis oder Eiswürfel geliefert, ein Wäsche-Dienst ist eingerichtet, ebenso wie morgendlicher Brot-Service und Gemüse-Jungs.
Auf St. Lucia tuckert Gregory mit seinem schwimmenden Ost-und Gemüse-Stand vorbei.
Sein Fahrzeug erinnert an die schlimmsten Kähne aus dem Film ‚Waterworld‘.

 

Natur

Natur

Natur

Noch ein Foto von den Teufelsinseln.
Den Begriff ‚Natur‘  verkörpert für mich am besten das gewählte Foto.
Sensationell, wie sich die Natur die Ruine des alten Gefängnisses auf den Teufelsinseln erobert. Ein Gebäude in dem die schlimmsten Gräueltaten stattgefunden haben, wird mystisch und wunderschön.
Vielleicht bringt diese wachsende Schönheit den gequälten Seelen ein wenig Frieden.

 

Lieblingsfoto

Lieblingsfoto

Lieblingsfoto

Unsere Atlantiküberquerung  war sicherlich das aufregendste Erlebnis des letzten Halbjahres. Daher habe ich ein Foto von der Mitte des Atlantiks gewählt.
Ein Selfie unter voller Besegelung sollte es sei.

Auf dem Foto ist nicht zu erkennen, welche Mühen so ein Selfie macht.
Alles wirkt ruhig und friedlich. Das Schiff schwangt jedoch mit 10 bis 15 Grad von einer Seite zur anderen. Nur angegurtet gehen wir nach vorne. Dabei kann von gehen nicht die Rede sein. Gebückt, sich überall festkrallend, kommt man nur langsam zum Bug.
Anstrengend wie ein Hundert-Meter-Lauf.

Vorher ist unsere kleine GoPro noch schaukel-sicher am Mast festzubinden. Ebenfalls keine leichte Aufgabe. Soll sie doch richtig zielen und nicht nur weiße Segel oder blauen Himmel knipsen.
Per burst-Funktion entstehen zig Fotos. Diese Aufnahme ist die letzte der Serie, bevor mein Mann Joachim sicher den Mast erreicht.
Fotografisch kein Meilenstein, aber ein emotionaler Schnapp-Schuss – nur wir zwei, allein auf dem riesigen Atlantik.

Carriacou

Do., 09. Jun.16, Carriacou/Tyrrl Bay, Tag 740, 6.552 sm von HH

Bereits seit gestern sind wir in Grenada, allerdings noch nicht auf Grenada.
Etwas nördlich liegt die kleine Insel Carriacou, die gehört zum Staat Grenada dazu. Obwohl sie geografisch näher an den Grenadinen liegt.

Nur zwölf Meilen sind es hier rüber gewesen.
Wieder dieses tolle Segeln in der Karibik. Verlässlicher Wind in Stärke fünf, kleine Welle und Sonnenschein.
Am Cap von Carriacou hat’s dann 30er Böen, die kurz für die sportliche Komponente sorgen. Und die Begründung liefern, warum wir alles verstaut und verzurrt haben.
Der Aufwand, alles seefest zu machen, ist für 1.200 Meilen fast der gleiche wie für 12 Meilen.

In Carriacou können wir einklarieren. Wie immer die Aufgabe des Skippers.
In dem kleinen Büro ist ein Mann für ‚Immigration‘ und einer für ‚Zoll‘ zuständig. Dem Immigrations-Mann ist vor Langerweile schon der Kopf auf den Tresen gefallen. Was für ein undankbarer Außenposten.

Die Zeiten mit den überzogen schönen Buchten neigen sich dem Ende.
Tyrrl Bay ist recht voll, obwohl der Ort nicht viel zu bieten hat.
Das Wasser lädt noch immer zum Schwimmen ein und ab und an steckt, niedlich, eine Schildkröte den Kopf aus dem Wasser.

Fund des Tages: Pfiffige Geschäftsidee. Auf den Überreste eines Trimaranes hat ein Alu- und Edelstahl-Schweißer seine Werkstatt gezimmert. Wer seine Dienste benötigt, geht längsseits und schon werden Sie geholfen. :-)