Mobiles Internet ist gelb

Sa.,17. Okt.15, La Gomera, Tag 504, 2.829 sm

In der Marina von San Sebastian ist Internet im Liegepreis inklusive.
Wir bekommen im Marina-Büro Zugangs-Codes, die eine Woche Gültigkeit haben.
Die Mädels stellen sich auch nicht an und rücken unbegrenzt Codes raus: einen fürs iPad, zwei für die Handys und einen für den LapTop.

Diese Codes sind ihr Papier nicht wert auf denen sie gedruckt sind, denn beim log in stellen wir fest, es passiert fast gar nichts.
Unter der Woche haben wir sporadisch, langsames Netz, am Wochenende gar keins.

Wenn es da nicht Fred Olsen gäbe. :mrgreen:
Fred Olsen ist gelb.
Fred Olsen ist 30 Knoten schnell.
Und Fred Olsen verkehrt drei bis vier Mal täglich zwischen Teneriffa und La Gomera.

Neben ungefähr 200 Touristen, die Fred Olsen zwischen den Inseln hin und her kutschiert, bringt er auch Internet mit.
Fred Olsen liegt schräg gegenüber am Fähranleger und grade eben können wir uns noch in sein WiFi einloggen.

Im Internet finde ich den Fahrplan von Fred Olsen. Zum Glück ist Fred sehr pünktlich.
Das erspart uns das AIS Signal auf dem Plotter zu suchen, wann er denn angedonnert kommt. Mit 30 Knoten angedonnert kommt – High Speed Surfen erhält so eine ganz neue Bedeutung.

Das mobile, gelbe Internet ist schnell. Aber auch leider schnell wieder verschwunden.
Manchmal beträgt die Liegezeit nur 20 Minuten. Das reicht gerade für ein paar Mails und um den vorbereiteten Blog-Post hochzuladen.

Alle zwei Wochen, immer mittwochs, ist das Internet blau. Dann liegt der Kreuzer ‚mein Schiff 4‘ im Hafen.

Und es gibt die Cafeteria in der Marina. Gemütlich ist es dort nicht, aber ein Espresso kostet nur 85 Cent und ein Bier 1,10 €. Und meistens funktioniert es hier, das immobile Internet.

Horror bei Pincho Pincho

Do.,15. Okt.15, La Gomera, Tag 502, 2.829 sm

Es schüttet wie aus Eimern. Was als harmloser Nieselregen begann, steigert sich zu einem Dauerregen, wie wir ihn seit März nicht mehr erlebt haben.
Ausgerechnet heute, wo nicht an Bord gekocht wird, sondern wir essen gehen wollen.

Eine Art ‚Regenpause‘ nutzen wir, um in die Stadt zu sprinten. Direkt am Marktplatz einigen wir uns schnell: das Lokal soll es sein.

Es fängt ganz viel versprechend an, mit warmen Brot und zwei Mojos zum Dippen. Alles sehr lecker.

Michael wählt Thunfisch und Achim Schweine-Kotelett.
Beides kommt mit Pommes und Salat, wie der junge Kellner versichert.
Ich wähle zwei Tapas, die als halbe Portion eines Hauptgerichtes gereicht werden. Ich suche mir Kichererbsen aus, meine zweite Wahl gibt es heute leider nicht.
Gut, macht nichts, ich nehme ‚Fleisch mit Sauce‘.

„Nein, auch nicht lieferbar“, kommt der Kellner aus der Küche zurück.
Gut, macht nichts, ich nehme ‚Fisch mit Sauce‘.

Wenigstens ist es dem jungen Mann sichtlich peinlich als er zwei Minuten später die schlechte Nachricht aus der Küche übermittelt: Nicht vorrätig.

Gut, macht nichts, mir gehen langsam die Ideen aus, der Kellner rät mir zu ‚braunem Fisch‘. „Muy bien“, wie er versichert.

Als erstes kommen meine Kichererbsen. Lecker, wie ich feststellen muss. Anders als erwartet, aber gut: eine Art Eintopf mit Rindfleisch und zwei Stücken Chorizo drin.

Dann bekommen Michael und Achim ihr Essen. Die Pommes sind fettig und ranzig.
Der Thunfisch absolut trocken und tot gebraten und der Salat entpuppt sich als eine Scheibe Tomate an einem Blatt grünen Salat. Achims Schwein, ungenießbar.

Die Krönung ist dann allerdings mein ‚brauner Fisch‘. Ein in ‚irgend Etwas‘ panierter Fisch, der gruselige Haut mit viel Fett darunter hat und mich den ersten Bissen auf den Teller spucken lässt.*

Das ist für Achims Magen zu viel…er rennt zur Toilette und kommt erleichtert, aber etwas blass um die Nase wieder. In aller Fairness muss man sagen, dass er bereits angeschlagen zum Essen gegangen ist, weil ihm die Knie-Schmerztabletten auf den Magen hauen.

Michael ist der festen Überzeugung noch nie so schlecht in seinem Leben gegessen zu haben. Achim und mir fällt nur Lissabon vor ziemlich genau einem Jahr ein…

Noch im Lokal reservieren beide Brüder für Morgen einen Platz zum Abendessen auf Atanga. :cool:

 

*spätere Recherche ergibt, dass es sich um Muräne handelte. Mein guter Rat: Finger weg von Muräne, die ist widerlich… wirklich widerlich.

La Gomera – Lost Places

Do.,15. Okt.15, La Gomera, Tag 502, 2.829 sm

Das Wetter in den Bergen sieht auch heute verhangen aus, somit fahren wir gen Osten um die Insel. Heute biegen wir in Vallehermoso in eine schmale Straße ab, die in die Berge führt.

Was für eine gute Entscheidung. Über schmalste Serpentinen schrauben wir uns die Hänge hoch. Hoch und höher.
Einzelne Häuser stehen so eng an der Straße, dass wir zeitweise fast über die Fußmatte vor den Hauseingängen fahren. Links von uns eine wunderbare Landschaft mit kleinen Höfen in Pastell-Tönen gestrichen.

Der Weg nach El Carmen ist leider eine Sackgasse, nur wandernd kommt man hier noch weiter. Erneut sind wir traurig, dass Achims Knie uns einen Strich durch die Rechnung macht.

Nach der wunderbaren Bergtour finden wir den nächsten verlorenen Platz direkt am Wasser. Wir erreichen Alojera im äußersten Nord-Westen.
Ein verlassenes Kaff. Ganz verlassen? Nein, ein einziger Wirt hält in der leeren Stadt noch seinen Betrieb aufrecht und hofft auf seltene Gäste.
Ein Hotel-Komplex steht zum Verkauf. Der Makler wirbt mit dem Slogan ‚Luxury land and home‘. Na dann, viel Erfolg beim Verkauf.

Der Weg zurück nach San Sebastian ist, wie befürchtet, Wolken- und Regenverhangen, so dass die Strecke nicht nur anstrengend zu fahren ist, sondern Straßen bereits durch Erdrutsche gesperrt sind.
Wir können nur in den Nebel starren und haben nichts von der unglaublichen Landschaft.

Als wir in der Marina ankommen, fängt es sogar an wie aus Eimern zu schütten.

 

La Gomera – Nordtour

Di.,14. Okt.15, La Gomera, Tag 501, 2.829 sm

Viele Wolken hängen in den Bergen von La Gomera, die Sicht ist schlecht und immer wieder zieht ein Schauer über San Sebastian. Wir beschließen daher in den etwas flacheren Norden zu fahren, um dem Regen etwas zu entgehen.

Und tatsächlich, bereits beim ersten Stopp in Hermigua scheint die Sonne. Auf dieser Seite der Insel wird noch intensiv Landwirtschaft betrieben und die Terrassenfelder sind seltener verwaist.

Pescante de Agulo

Agulo ist ein kleines, malerische Dorf in dem traditionell ein reger Bananenanbau stattfindet.

Früher wurden die landwirtschaftlichen Produkte direkt in Agulo auf Schiffe verladen.
Zu diesem Zweck wurde 1908 ein Ausleger in die Bucht gebaut: der Pescante de Agulo. Der Ausleger führte, auf Betonpfeiler gestützt, ins Meer hinaus. Auf dem Ausleger befanden sich Schienen auf denen kleine Loren die Waren zur Spitze des Auslegers transportierten. Mit Hilfe von Seilzügen wurden Boote beladen, die mit den Waren zu weiter draußen ankernden Schiffen fuhren.

1954 zerstörte ein schlimmes Unwetter die Anlage und sie wurde nicht wieder aufgebaut, da in der Zwischenzeit eine befestigt Straßen in den Hafen von San Sebastian gebaut und der Transport von dort aus abgewickelt wurde.
Noch heute stehen die Betonsäulen als Zeitzeugen an der Küste von Agulo.

 

Castillo del mar de Vallehermoso

Unser Weg führt uns weiter nach Vallehermoso, welches einen ähnlichen Ausleger wie Agulo hatte. Dieser wurde bereits 1890 errichtet und in den 50er Jahren freiwillig aufgegeben.

Vom Schloss, wie die Anlegestelle im Volksmund genannt wurde, sind Wein, Tomaten und Bananen nicht nur abtransportiert worden, sondern 1910 kam über das Schloss das erste Automobil nach La Gomera. Heute befindet sich die Anlage in Privatbesitz, war aber zwischenzeitlich auch zur Naherholungs-Stätte ausgebaut worden.

Vallehermoso ist ein gemütlicher Ort, eingebettet zwischen Berge und Hügel und man möchte stundenlang auf dem Marktplatz sitzen bleiben. Die Zeit vergeht hier ein wenig langsamer als im Rest der Insel.

Der gesamte Norden von La Gomera ist unglaublich schön. Zerklüftet und hinter jeder Kurve wartet ein neuer, spektakulärer Blick.
An den gut ausgeschilderten Wanderwegen, die verlockend in die Berge führen, müssen wir leider vorbei fahren. Aber vielleicht bietet sich die Gelegenheit ja noch ein anderes Mal.

La Gomera – Süd-West-Tour

Di.,13. Okt.15, La Gomera, Tag 500, 2.829 sm

Da Achim weiterhin nicht gut zu Fuß ist, leihen wir uns ein Auto für drei Tage.

La Gomera ist die zweitkleinste der Kanarischen Haupt- Inseln, quasi kreisrund und hat einen Durchmesser von gerade mal 20 km.
Wie auf La Palma gibt es hier kaum Küstenstraßen, denn die ganze Insel wächst extrem steil aus dem Meer. Die höchste Erhebung ist zwar nur knapp 1.500 Meter hoch, aber alle Flanken sind von steilen Schluchten zerklüftet.

Unser erster Weg führt uns ins benachbarte Playa Santiago.
Dort befindet sich der Fischereihafen und unser potentieller Kran- und Stellplatz. Sollten wir uns tatsächlich entscheiden dort aus dem Wasser zu gehen. Der Betrieb an sich macht einen guten Eindruck. Allerdings sind Ölfässer als Stütze, damit Atanga nicht umkippen kann, ein ungewohnter Anblick.
Außerdem hat uns der Trans-Ocean-Stützpunktleiter erzählt, dass dort letztes Jahr eine Yacht umgekippt sein soll. Seitdem soll das Leben an Bord verboten sein.
Wir haben noch Zeit und vertagen unsere Entscheidung bis Michael wieder abgereist ist.

Als nächstes erreichen wir das Valle Gran Rey.
Das Tal des großen Königs. Mit dem König ist ein Guanchen-Oberhaupt der Ureinwohner La Gomeras gemeint.
Dieses Tal ist geprägt vom landwirtschaftlichen Terrassenbau. Hunderte von Terrassen sind in die steilen Hänge gebaut. Der größte Teil davon liegt allerdings brach, da der Tourismus leichter und schnelleren Verdienst verspricht.
In den 70er Jahren begann eine hohe Landflucht und die Felder wurden sich selbst überlassen und veröden. Mit Palmen, verstreuten Anwesen und kleinen Siedlungen durchzogen, ist das Tal trotzdem außerordentlich malerisch.

Bekannt wurde das Valle Gran Rey auch die Besiedelung von Hippies, die La Gomera zu ihrem Zufluchtsort erklärten.
Die Schweinebucht, die die Hippies vor 40 Jahren eroberten, wird heute regelmäßig von der Polizei geräumt und wildes Campen ist verboten.
Der Anteil an Geschäften, die Pumphosen, Delphin-Ohrringe und Batik-Shirts verkaufen, ist jedoch auffällig hoch. Durch die Gassen sieht man alternde Hippies und Nachwuchs-Blumenkinder wandeln.

Aber die Zeiten als angeblich nackt am Strand zu Bongo-Trommeln getanzt wurde, sind vorbei. Heute findet hier ein Pseudo-Öko-Tourismus mit Tofu -Läden, Reformhäusern und Dinkel-Brot statt, der von Aldi-Reisen organisiert wird.