Die Querung der Alpen

30.11-04.12.24, Australien/VIC+NSW/Myrtlefort+Cooma+Narooma, Tag 366-370 Roadtrip, 28.281 km total, Tages-km 357+182

Wir verlängern in Myrtlefort. Der gesamte Osten von Australien liegt unter Regenwolken. Es gibt kein Entkommen. Selbst in Sydney kommt es noch zu Überschwemmungen.
Myrtlefort ist gut geeignet zum Abwettern. Wir suchen noch weitere der versteckten Mosaike im Dorf und stoßen auf einen skurrilen Laden: Import von Asien-Trödel aller Art. Die Geschäfte-Kultur in Australien ist dünn. In jedem Ort gibt es die gleichen Hardware Stores, Autoläden, Camping-Shops und Boutiquen. Individuelle Geschäfte findet man selten. Dieser Laden ist eine Fundgrube für den extravaganten Geschmack.

Altes und Kitschiges – der perfekte Laden um bei Regenwetter zu stöbern.

Endlose Quadratmeter: Türen alte Fliesen, Woks, Klangschalen, Fenstergitter, Schränke, Holzfiguren

Die Umgebung von Myrtlefort – bayrische Idylle – nur die Kakadus passen nicht ins Bild.
Neun von zehn Kühen in Australien würden vom trockenen Süden und Westen nach Myrtlefort umziehen.

Der Campingplatz liegt direkt neben einem Rasen-Bowling-Platz. Dieser hat zwei Spielfelder und wenn es nicht regnet, finden sich tatsächlich jeden Tag Spieler ein. Und nicht nur Rentner! ;-)
Am Abfahrts-Morgen werden wir durch ein gurgelndes Rasenmäher-Geräusch geweckt. In der Nacht hatte es geregnet und zwei ältere Herren schieben Rasenmäher, die gleichzeitig Regenwasser absaugen können über die Flächen. Ich hatte das Grüne  von weitem für Kunstrasen gehalten. Falsch, es handelt sich um fein gepflegtes ‚Golf Green‘. Mindestens fünf Mal in der Woche wird gemäht.

Links: um 3 mm gekürzter und getrockneter Rasen – rechts noch nass.

Dann wird der Rasen noch gewalzt. Fast wirkt dieses Aufsitzgerät wie ein Luftkissen-Fahrzeug. Hightec! Für Rasen Bowling ;-)

Die letzte Zeit ist unsere Strecke ja recht zahm gewesen, daher hatten wir die Idee, die Australischen Alpen quer zu durchfahren. Das ist ein drei Tages Trip auf unbefestigten Wegen abseits der Highways. Aber das unbeständige Wetter – zwei Tage schön; ein Tag Regen – hält an. Bei Nässe ist das ‚Alpine Crossing‘ nicht angeraten. Die Wege sind zu steil, die Flüsse zu voll.
Wir wählen also den asphaltieren ‚Tourist Drive‘. Und sind enttäuscht. Besonders abwechslungsreich ist die Strecke nicht. Serpentinen führen durch dichten Wald. Selten wird eine Aussicht geboten. Oder die Bäume sind abgebrannt. 2019/2020 haben fürchterliche Buschfeuer in Australien gewütet. In den Alpen hat es 60 Tage gebrannt. Die Wunden sind noch deutlich zu erkennen. Im Nachgang sind wir froh, dass es mit dem Crossing nicht geklappt hat.

Ein seltener Aussichtspunkt auf 120 Kilometer Wald-Serpentinen.
Der höchste Berg, der Mount Kosciuszko ist hier verborgen. Er ist auch nur 2.228 Meter hoch.

Auf den Ostflanken sind die Schäden der Brände ganz besonders deutlich sichtbar. Die Schneeanzeiger sprechen auch eine Sprache, die man in Australien so nicht erwartet hätte.

In dem Katastrophen-Sommer verloren 33 Menschen ihr Leben, sind 13 Millionen Hektar Wald und Landwirtschaftsflächen vernichtet worden und über eine Milliarde (höhere) Tiere verbrannt. Durch extrem heiße Buschfeuer steigen die Feuer kilometerweit in die Atmosphäre auf. In diesen Hitzesäulen kondensiert die Feuchtigkeit und es entstehen Gewitter. Diese können weitere Brände auslösen und bringen durch Windböen und wechselnde Winde Feuer weiter außer Kontrolle.

In den ‚Snowy Mountains‘ fällt mehr Schnee als in den europäischen Alpen, obwohl sie vergleichsweise flach daher kommen. 2.228 Meter, mehr schafft der höchste Berg Australiens nicht. Allerdings sorgen 140 Tage Schnee für einen ausgiebigen Winter-Tourismus.
Mächtige Seen und die Schneeschmelze in den Bergen dienen 16 Staudämmen, 225 Kilometer Tunneln /Aquädukten und sieben Wasserkraftwerken mit so viel Wasser, dass die Hauptstadt Australiens mit Wasser und Strom versorgt werden kann. Und bewässern gleichzeitig noch 2.500 Quadratkilometer landwirtschaftliche Nutzfläche. Eines der komplexesten Stauwerke der Welt. Nur zwei Prozent davon sind oberirdisch sichtbar. Knapp 4.000 Megawatt Strom werden hier erzeugt – so viel wie drei bis vier mittlere Atomkraftwerke schaffen.

Dieses Tal ist einem der Staudämme zum Opfer gefallen – heute hübsche Ausweich-Überflutungszone – früher stand hier mal ein Dorf.

So wurden die Häuser in den 50er Jahren umgezogen. (Abfotografiert von Shire-Hinweis-Schildern)

Eisenbahnbrücken wurden überflüssig.

Die gleiche Brücke vor Bau des Staudamms. (Abfotografiert von Shire-Hinweis-Schildern)

Ein Wasserkraftwerk, was sichtbar ist im Alpine Nationalpark.

Hinter den Bergen legen wir einen kurzen Übernachtungs-Stopp in Cooma ein (schlechter Griff) und flüchten vor Regen an die Küste nach Narooma (guter Griff). Der Campingplatz liegt direkt am Meer. Der schmucke Touri-Ort schlummert noch Vorsaison.

Der Meeresarm zieht sich durch den Ort – rechts hinter den hohen Nadelbäumen liegt der Campingplatz.

Die Lage, die Lage, die Lage.

Die Lage ist super – aber die Regeln auf diesem Platz sind unterirdisch – man darf nicht rechts von der Betonfläche parken und somit hat man keine Wahl, wie man das Auto zum Wind stellt. Bei Regenwetter etwas fragwürdig. Und voll belegt möchten wir diesen Platz ebenfalls nicht erleben.

Zeltplatzbesucher – ein Regenbogenlori.

Keine 20 Grad – brrr

 

Draußen brandet die Tasman Sea, aber durch eine schmale Zufahrt kann ein verzweigter, von Flachs und Inseln durchzogener, Meeresarm auch von größeren Booten angefahren werden. Am Rand der aufgeschütteten Wellenbrecher tummelt sich eine Herde Seelöwen. Nur fünf Meter oberhalb der Steine haben wir eine super Sicht auf die Tiere.

Wenn das Fell vom Seelöwen langsam abtrocknet, wird klar, warum er Seelöwe heißt …

Neuankömmlinge werden mit Geheul begrüßt und es folgen kleine Scheinkämpfe.

51

Victoria “Outback”

23.-29.11.24, Australien/VIC/Ballarat+Euroa+Myrtlefort, Tag 360-365 Roadtrip, 27.616 km total, Tages-km 202+219+123

Wir verlassen die ‘Great Ocean Road‘, die Richtung Osten ihre Steilküste aufgibt und lange nicht mehr so spektakuläre Aussichten bietet. Wir biegen ins Inland ab. An der Küste versperrt uns Melbourne den Weg – die größte Stadt Australiens mit über fünf Millionen Einwohnern. Wir haben keinen Bedarf, zumal in Melbourne lustige Linksverkehr-Verkehrsregeln gelten: Wer rechts abbiegen will, muss auf der linken Spur in die Kreuzung einfahren. Der Gradeausverkehr rauscht dann rechts an einem vorbei. Springt die Ampel vom Querverkehr auf ‚grün‘, muss man zusehen, dass man davor noch schnell nach rechts weg fahren kann. Man kann also wahlweise von einem späten Gradeausfahrer oder vom Querverkehr abgeschossen werden. :mrgreen:

Unser eigentliches Ziel, die Australischen Alpen liegen östlich von Melbourne, aber da ist das Wetter schlecht. Somit bummeln wir durch die Provinz. Unser erster Halt heißt ‚Ballarat‘. Mit gut einhundert tausend Einwohnern auch keine Kleinstadt mehr. Aber der Stadtkern ist zu Fuß zu erreichen und nett restauriert. Viele Gebäude aus der Gründerzeit sind noch erhalten. Goldfunde in der Region machten Ballarat zu einer wohlhabenden Stadt.

1865 – schöne Häuserfronten sind noch erhalten in Ballarat.

1888 – mit Mining wurde hier viel Geld verdient.

1952 – Altes Kino – so was gab es in Deutschland auch mal. Der gezeigte Film ist aktuell: Gladiator II

Natürlich weihnachtet es auch in Australien.

Nach zwei Nächten zuckeln wir weiter nach ‚Euroa‘. Dreitausend Einwohner. Typisch Australisch. Man bekommt alles im großen Supermarkt mit angeschlossenem Baumarkt. Dazu ein Klamottenladen, zwei Second Hand Geschäfte, ein Schlachter und die Bevölkerung ist überwiegend im Rentenalter. Alles ist geschniegelt und die Rasenflächen sind frisch gemäht.
Schlechtes Wetter erreicht Euroa. Zum Glück läuft die Regenfront nachts über uns, so dass wir tagsüber die Umgebung erkunden können.

 

Die beste Camp-Küchen-Aussicht in Euroa. Der Campingplatz liegt malerisch an einem kleinen Bach.

Wir zuckeln weiter Richtung Alpen. Von Melbourne verläuft strahlenförmig ein dichtes Straßennetz in alle Richtungen. Einige ‚Free Ways‘ – deutschen Autobahnen nicht unähnlich – und viele gut ausgebaute Highways. Victoria ist mit 28 Einwohnern pro Quadratkilometer das am dichtesten besiedelte ‚State‘.
Wir entscheiden uns fürs Querfahren und meiden die großen Straßen. Und sogar in Victoria, nur 160 Kilometer von Melbourne entfernt, findet sich eine Art Outback. Wir schaffen es, sechzig Kilometer nur über Feldwege nach Osten zu fahren. Keine Dörfer, kein Handyempfang. Nur Weideland, ab und an ein Farmhaus. Die Feldwege sind gut, keine Bodenwellen, nur selten ein Schlagloch. Australien zeigt mal wieder, was es am besten kann: nicht besiedelt zu sein.

60 Kilometer am Stück geht es durch die Feldmark.

Eingang einer Farm im Outback Victoria.

Langsam kommen wir den Bergen näher.

Aus Flachland wird Hügelland, aus Hügelland wird Vor-Alpenland. Wir stoppen in ‚Myrtlefort‘. Einem Touristenort, der als Tor in die Alpenregion gilt. Auffällig sind die vielen europäischen Bäume. Mitgebracht von den ersten Siedlern aus der Heimat. Birken, deutsche Eichen, Pappeln und Buchen. Frisches Grün beschattet die Orte statt der grau-blauen Blätter vom Eukalyptus. Der Campingplatz ist dreiviertel leer. „Zu Weihnachten sind wir ausgebucht“, berichtet die Wirtin.

Der Campingplatz wirkt europäisch.

Ein Weg mit versteckten Mosaiken führt durch Myrtlefort – eigentlich für Kinder gemacht und mit Rätseln verbunden.
Die einzelnen Mosaiken sind toll gemacht. Hier steht die Kuh in Geschirr-Scherben mit Mohnblumen und Schmetterlingen.

Ausgewähltes Porzellan für die Mosaiken. Sehr hübsch und individuell gemacht.

Der Ort ist nett und der nahe gelegene Mt. Buffalo Nationalpark‘ gibt einen Vorgeschmack auf die Alpen, die man vom 1732 Meter hohen Mt. Buffalo schon gut erkennen kann.
Das Wetter ist toll auf zwei Wanderungen.

Besonders die Steinformationen in Mt. Buffalo stechen ins Auge.

Witwenmacher-Steine.

Zum Gipfel vom Mt. Buffalo führt ein schneckenförmiger Weg – mit vielen Gittern und Geländern.

Gitter für normale Touristen, damit man sich nicht so quälen muss.

Die Landschaft wirkt grau. Zum einen haben die Steine Schuld und außerdem

hat es 2020 gebrannt. Zurück geblieben sind graue Eukalyptus-Stümpfe.

Die Eukalypten schlagen aber kräftig aus.

Im Nationalpark ist die heimische Botanik wieder in Ordnung – Dianella longifolia, die Glatte Flachslilie. :-)

56

Great Ocean Road

18.-22.11.24, Australien/VIC/Koroit+Princetown+Apollo Bay, Tag 354-359 Roadtrip, 27.072 km total, Tages-km 214+130+84

“Eine der schönsten Küstenstraßen der Welt“, heißt es über die Great Ocean Road. Die Anforderungen sind hoch für einen Abschnitt von 250 Kilometer Länge, der vor uns liegt. Bevor wir uns überzeugen, ob die vollmundigen Behauptungen stimmen, legen wir noch einen Zwischenstopp in Koroit ein. Für zwei Tage ist bedeckter Himmel vorher gesagt, dass macht jede schöne Küstenstraße kaputt.

Zwei trübe Tage in Koroit – nichts fürs Meer – aber gut für einen Bush Walk.

Mehrere Kraterseen sind ineinander verwoben in Tower Hill. Sehr schöne Landschaft mitten in Weideland.

Koroit hat einen kleinen Vulkankrater mit gut ausgebauten Wanderwegen und verspricht Koala-Sichtungen. Wir versuchen unser Glück. Und werden nicht enttäuscht. Ein großer Koala hängt träge nur zwei Meter über uns im Geäst. Während wir nach oben in den Baum starren, legt der Koala den Kopf in den Nacken und fängt zu brüllen an. Wie am Spieß. Laut und lang gezogen. Affengebrüll nicht unähnlich, vermischt mit etwas Tiger-Grollen. Oder auch wie das Gurgeln eines defekten Abflusses.

Augen zu – Kopf in den Nacken

Und brüllen, dass wir fast vor Schreck umfallen. Die kleinen Zähne bloß gelegt. Süß.

Koala mal ganz anders.

 

Das Gebrüll zeigt die Stärke und Stellung des Koalas innerhalb einer Gruppe an. Die Gruppe muss weit verstreut sein. In der Nähe unseres Koalas können wir keine weiteren Tiere finden. Wer weit auseinander wohnt, muss halt brüllen.

Nachdem wir von Unserer Runde noch einmal beim Koala vorbeischauen, macht der Kerl, was Koalas 20 Stunden am Tag können: Schlafen!

Eine neue Skink-Sorte läuft uns auch noch über den Weg – ein Southern Grass Skink.

Das Hinterland der Great Ocean Road wird dominiert von Milch-Viehwirtschaft. Koroit selber hat eine große Butterfabrik mit großen Milchsilos auf dem Gelände.
Unser erster Abstecher zur schönen Küste führt auf einem Feldweg quer durch Weideland. Prompt geraten wir in einen Viehtrieb. 300 Kühe – mindestens – werden zum Melken gebeten. Artig trotten die Tiere zum Stall.

Der moderne Cowboy ist mit dem Quad unterwegs.

Der westlichste Zipfel der Great Ocean Road am Ende vom Feldweg.

Immer wieder sieht man solche riesigen Hecken. Schutz für die Tiere gegen den eisigen Südwind, der uns um die Ohren pfeift.

Statt bequemer Parklätze müssen wir uns beim ersten Blick auf die GOR durch die Büsche kämpfen. Am Ende soll uns dieser Spot am besten gefallen.

Die nächsten Stopps sind offizielle Touristen-Punkte. Gekennzeichnet durch braune Hinweisschilder. Eine extra Abbiegespur zum Parkplatz und die Spots tragen Namen: ‚London Bridge‘, ‚The Grotto‘ und die ‚zwölf Apostel‘. Für europäisch gewohnte Rechtsfahrer gibt es Warnhinweise, dass man bitte auf der linken Spur weiter fahren soll nach dem Foto Stopp. Hubschrauber knattern über die Küste entlang.
Man fährt ein Stück mit dem Auto, aussteigen, einen kurzen Weg zur Küste laufen, Foto machen und weiterfahren. Beide mögen wir diese Art des Sighseeings nicht sehr. So recht bleibt nichts im Gedächtnis, was man gesehen hat.
Bis zu sieben Millionen Besucher hat die Great Ocean Road jährlich und ist einer der Touristen-Attraktionen in Australien. Trotz Vorsaison ist es überall voll, besonders an der top Attraktion ‚Apostel‘. Auffällig für uns, dass 80 Prozent der Besucher Chinesen sind. Eine neue Touristen-Kultur scheint sich zu entwickeln.

The London Bridge. Hier ereignete sich 1990 ein Drama. Damals war der Bogen noch mit dem Festland verbunden. Zwei Touristen waren zur rechten Zeit am rechten Ort – sie befanden sich auf dem rechten Teil, als die Brücke hinter ihnen einstürzte. Nach mehreren Stunden konnten sie mit Hubschraubern gerettet werden.

Razorblade – es ist schon schön an der GOR. Dieser Aussichtspunkt gefällt uns am besten.

Die 12 Apostels – eigentlich sind es nur acht Pfeiler. Wir sind zum falschen Sonnenstand da, aber zum Glück stehen noch zwei  Pfeiler auf der anderen Seite der Aussichtsplattform.

Keine Selfie-Profis. Schiefer Horizont, aber eine tolle Aussicht.

Wir sind abends froh, dass wir auf halber Strecke der Great Ocean Road einen Campingplatz finden, der – man glaubt es kaum – fast leer ist. Ohne Infrastruktur in der Nähe und mit Plumpsklos ausgestattet, scheint er nicht beliebt zu sein. Obwohl er nur sechs Kilometer von den Aposteln entfernt liegt. Wir bleiben zwei Nächte und haben am nächsten Tag den herrlichen Strand für uns alleine. Wie kann das sein?

Nach so viel Küste gibt es abends heiße Suppe – der Wind ist eisig. Nur hinterm Auto ist es einigermaßen auszuhalten. Eintopf mit Kartoffeln und Süßkartoffeln. Paprika, Koriander, Knoblauch und mit ‚German Nackwurst‘ vom Aldi. Schön scharf, damit wir wieder auftauen.

Prachtstaffelschwanz – ein Leichtgewicht von 8 bis 14 Gramm. Wunderschöner Winzling, der nicht still sitzen kann. Fotografieren fast unmöglich – hier mit viel Glück ein Schnappschuss.

Vom Campingplatz führt ein großartiger Weg am Fluss entlang zum menschenleeren Strand.

Der dunkle Fluss von Princetown mündet ins wilde Meer.

Schöner als jeder Aussichtspunkt. ;-)

Nach dem Nachthochwasser war hier schon jemand mit Schluss-Sprüngen unterwegs. 2,5 Meter Abstand ungefähr. Zu sehen bekommen wir aber keine Kängurus.

Der Eiswind vom Vortag hat sich gelegt – man kann den Tag schon fast warm nennen.

Muschel und Schnecken armer Strand – diese Hübschen sind noch bewohnt.

Eine weitere Nacht verbringen wir in Apollo Bay. Ein angenehmer Touri-Ort mit Restaurants und Boutiquen. Nur mit Glück ergattern wir noch einen Platz. Gestern war der Campingplatz ausgebucht. Versteh hier einer die Touristenströme.

Apollo Bay hat einen feinen Sandstrand, angespülten Kelp auf den Felsen und sogar eine Seelöwen Kolonie. Die lagen faul auf einem Riff vor der Küste. Der Kelp fasst sich an wie eine Mischung aus Leder und Silikon. Unzerreißbar!

49

Alle wieder fit

17.11.24, Australien/VIC/Horsham, Tag 353 Roadtrip, 26.637 km total, Tages-km 0

Uns geht es wieder gut, die Erkältung ist abgezogen. Etwas Schnoddernase ist noch übrig, aber nichts Ernstes mehr. Das Auto fühlt sich ebenfalls pudelwohl und ist aus der Werkstatt zurück. Nur unserem Portemonnaie geht es nicht so gut: ausgenommen und gefleddert. :mrgreen:

Nachdem die Basketball-Kinder abgereist sind, sind wir im Erdzelt geblieben. Mal eingerichtet und aufgebaut, hatten wir keine Lust auf einen Umzug und unser Hab und Gut quer über den Campingplatz zu tragen. Die Ameisenstraße, die direkt zu der Ölflasche führt, entdecken wir auch erst am vorletzten Tag. Jetzt sind wir wieder ins Dachzelt umgezogen. Gegen das Rumgekrabbel auf der Erde ist das eine Wohltat.

Schon länger – genau genommen seit 5.000 Kilometern – hat der Bundy Wasser verloren. Wir sind die gesamt Outback-Tour mit dem Wasserverlust gefahren. Unterm Auto war das Wasser nicht zu finden, sondern ging irgendwo im eigenen System verloren. Leistungsabfall oder ungute Abgase gab es nicht. Achim hat nach jeder Fahrt Wasser nachkippen müssen. Aber wo reparieren? Die kleinen Orte im Zentrum mit irgendeiner wilden Schrauberbude schienen uns nicht geeignet.

Auf unseren eigenen Komfort musste auch geachtet werden. Ein Campingplatz am Ende der Stadt, so wie es häufig der Fall ist, kam nicht in Frage. Wir wollten die Werkstatt und Supermärkte gut zu Fuß erreichen können. Also fiel die Wahl auf Horseham. Zwanzig Tausend Einwohner, gute Infrastruktur und der Zeltplatz nur 1,5 Kilometer vom Zentrum entfernt. Perfekt.

Nachdem beim ersten Besuch das Kühlwassersystem als Fehler ausgeschlossen werden konnte, blieb nur noch die Zylinderkopfdichtung oder ein Riss im Zylinderkopf als Ursache übrig. Die Arbeit ist bei beiden Schäden die gleiche, nur die Ersatzteile machen den Preis-Unterschied. Natürlich ist es der teuerste Schaden gewesen, der in Frage kam. Ein feiner, mikrokleiner Riss im Zylinderkopf.
Ein neuer Kopf wurde bestellt – ein Hoch auf die Australischen Lieferketten. Dass innerhalb von zwei Tagen ein Teil für unseren alten Bundy aus dem Jahr 2001 verfügbar ist: Bewunderung.
3.200 Euro hat uns das Vergnügen gekostet. Rechnet man das auf die zu erwartenden 30.000 Kilometer runter, die wir unterwegs sein werden, sind es keine 10 Cent pro Kilometer. Klingt doch schon gar nicht mehr so schlimm. ;-)

Nicht viel zu erkennen für das viele Geld :-)

Uns ging es gut auf dem Campingplatz. Genau genommen, konnte uns nichts besseres passieren, die Erkältung zu haben, wenn wir siwieso nicht weiter fahren können. Der Zeltplatz liegt zwischen Botanischem Garten und Fluss. Beides sorgt für Vogel-Vielfalt. Plus, jede Nacht hatten wir Besuch von mindestens einem Possum. Erst war es etwas unheimlich (als Dachzelt-Weicheier sind wir ja immer schön weg vom Geschehen auf der Erde), denn die niedlichen Tiere  grunzen sich lauthals Kommandos zu, während sie am Überzelt herum rascheln.

Wir haben entdeckt, wo dass Possum tagsüber schläft: in diesem hohlen Stamm.

Den Schwanz über die Augen gezogen, damit ja kein Lichtstrahl durch die Lider scheint. Auf deutsch heißen diese Beuteltiere ‚Fuchskusu‘. In Neuseeland – eingeschleppt  aus Australien – gelten sie als Pest, die versucht wird wieder auszurotten. In der Heimat Australien gibt es sogar Warnschilder, damit man die possierlichen Tiere nachts nicht überfährt. Fresssäcke sind die Possums eindeutig. Die Bäume um unser Zelt herum sehen arg befressen aus, aber in der Art, dass sie stärker austreiben als Schaden zu nehmen. Das Abfressen passiert in Neuseeland auch an Baumfarnen, die das nicht überleben. Daher die Jagd auf Possums in NZ.

Unser letztes Hab und Gut – hinter dem Zelt liegt ein Naherholungsgebiet mit Spielplätzen und Fahrradwegen.

Der Campingplatz in Horsham  direkt am Fluss.

Morgen fahren wir weiter. Erst an die Küste und dann weiter nach Sydney. Wir haben über zwei Wochen verloren. Waren wir sonst frei in der Zeitgestaltung, so ist Sydney jetzt der zeitbestimmende Faktor. Dort wollen wir unbedingt vor Weihnachten wieder weg sein. Sydney gilt dann als überfüllt und bereits jetzt ist auf Campingplätzen kein Platz mehr buchbar. Bis dahin sind es noch etliche Kilometer und viele Attraktionen liegen auf der Strecke.

54
0

… und es kam schlimmer!

01.-10.11.24, Australien/VIC/Dunkelt+Horsham, Tag 337-347 Roadtrip, 26.637 km total, Tages-km 77+135

Nach dem ‚Rauswurf‘ vom Camp in den Bergen fällt unsere Wahl auf ‚Dunkelt‘, nur gute 70 Kilometer weiter. Ein Durchgangsort zum Eingang in den Grampian Nationalpark.
Für uns die perfekte Wahl, um Zeit zu schinden. Wir müssen zurück nach Horsham, wir haben in fünf Tagen einen Werkstatt-Termin. Der Bundy verliert Kühlwasser, ohne dass eine Pfütze unter dem Auto zu sehen ist. Alle Zeichen stehen auf ‚Zylinderkopf‘ :cry: .

Dunkelt wirkt frisch wie aus der Reinigung. Alles ist sauber, grün und getrimmt. Die Rasenflächen der Häuser gehen nahtlos in gemähte Gemeindewiesen über. Ganz Dunkelt ist eine einzige gemähte Wiese. Es schließen sich Schafweiden an, die perfekt in grüne Auen des Dorfbaches wechseln. Kulturlandschaft vom Feinsten. Wir ziehen große Kreise um das kleine Dunkelt.

Bilderbuch-Landschaftsidylle – im Hintergrund die südlichsten Berge der Grampian Kette.

Die Umgebung von Dunkelt – alles grün.

Viele alte Bäume in den Auen.

Alles gemäht in Dunkelt – 600 Einwohner. Kommt die Sonne raus, wird es sommerlich warm.

Sogar die Wanderwege sind gemäht.

Zur Abwechslung mal ein Wallaby.

Ein Grasbaum in voller Blüte. Diese Pflanzen erreichen eine Höhe von 2 bis 6 Metern, wachsen extrem langsam und werden bis 450 Jahre alt.

Aber es ist kalt. Der ungebremste Wind aus der Antarktis sorgt für gefühlte Minustemperaturen in der Nacht. Wir rüsten auf.
Auf unsere Dachzelt-Matratze legen wir die selbstaufblasenden Luftmatratzen vom Erdzelt. Das bringt richtig viel Wärme. Eine ungenutzte Fleecejacke, die ich wegen Ärmelenge unmöglich noch zusätzlich über alle Oberteile anziehen kann, wickel  ich mir um die Beine.
Die Abende sind ebenfalls gerettet.  Der Campingplatz in Dunkelt hat Feuerschalen und einen Holzverkauf gleich dazu. Wir kaufen eine Schubkarre voll für 15 Dollar. Das wärmt, hat aber auch den Nebeneffekt, dass unsere dauer-getragenen Klamotten jetzt auch noch nach Qualm riechen. Nichts im Leben ist umsonst.
In Victoria ist ganzjährig Feuer machen erlaubt, es sei denn es ist ausdrücklich verboten. Andere States haben ein striktes Verbot ab 1.November.  Erst sind wir etwas schüchtern auf dem Campingplatz zu kokeln, aber als zwei Nachbarn uns einqualmen, sind wir auch dabei.

Feuerstellen auf dem Campingplatz. Die Kälte führt dazu, dass jeder zweit Platz am Kokeln ist. Man stelle sich das in Deutschland vor …

Das Schlaf-Shirt mal eben schön vollqualmen.

Nach vier Nächten fahren wir zurück nach Horseham. Hier war das Auto bereits vor zwölf Tagen zur Kontrolle vom Kühlwassersystem. Das System wurde abgedrückt und kein Leck entdeckt. Also haben wir einen Termin vereinbart für eine größere Operation.

Aus dem Chaos ruft eine Stimme: „Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen.“ Wir lächelten und waren froh, und es kam schlimmer. :mrgreen:

Während wir nach dem Aufbau des Dachzeltes noch diskutieren, ob wir uns ab Morgen – dann des Autos beraubt – besser eine Hütte mieten oder das Erdzelt aufbauen, kommt ein Typ über den Platz gelaufen, der mit Farbe die Stellplätze neu nummeriert. Wir kommen ins Gespräch: „Ab Freitag ist hier die Hölle los. In Horsham findet ein Basketball-Tournier statt. Alles ausgebucht. An eine Hütte braucht ihr gar nicht zu denken. Sprecht mit der Chefin, wo ihr bleiben könnt.“

Wir haben Glück und dürfen den Platz behalten, wo wir bereits stehen. Wir bauen das Erdzelt auf. Räumen alles (wirklich alles ?? – hast du eine Schere? Haben wir das Feuerzeug vergessen?), was wir brauchen ins Zelt. Wir setzten wieder auf dreilagig: Matratze Dachzelt, Luftmatratzen und eine Wolldecke. Voila.

… aber es kam schlimmer. Tag 1

Am nächsten Tag fahren wir in die Werkstatt.  „Als erstes testen wir, ob Abgase im Kühler landen.“ Nachmittags dann ein Anruf: „Wir konnten nichts messen. Das Kühlsystem ist nicht die Ursache. Bleibt nur der Zylinderkopf. Größere Sache, so ein Zylinderkopf. Und wir haben gut zu tun. Wollt ihr das Auto erstmal wieder abholen?“.
Unsere Alarmglocken schrillen. Blockiert der Wagen keinen Arbeitsplatz mehr, drängelt sich bestimmt ein anderer dazwischen. Der Bundy soll schön da stehen bleiben – zum Druck aufbauen.
Achim, die flinke Socke, ist sofort auf den Beinen und läuft zur Werkstatt. Telefonisch wird das nichts. Er drückt erfolgreich die Tränendrüse, dass wir kein Zuhause haben.
Achim kommt mit der Zusage zurück, dass spätestens Ende nächster Woche (Ersatzteile-Beschaffung, viel zu tun bla bla bla) der Wagen fertig sein soll.
Also ungefähr 10 Tage Erdzelt. :roll:

… und es kam schlimmer. Tag 2

Seit drei Wochen kein Regen. Der erste Morgen im Erdzelt und es pladdert auf uns nieder. Haben wir sonst die Markise, bleibt uns jetzt, liegen bleiben oder in die ungemütliche Küche flüchten.

Etwas nüchtern, aber windgeschützt und einen Fernseher gibt es auch.

Und es braut sich etwas zusammen: Ich hatte schon ein leichtes Kratzen im Hals in Dunkelt. Achim klagt jetzt ebenfalls über Halsschmerzen.

… und es kam schlimmer. Tag 3 und 4 und 5

Wir sind jetzt beide erkältet. Es hat uns schon schlimmer erwischt – es nervt trotzdem. Ob die kalten Nächte mit Schuld haben, steht nicht im Schnodder-Taschentuch geschrieben. Im Zelt ist es kuschelig warm. Zu unserer Überraschung ist das Erdzelt nachts wärmer als das Dachzelt. Hmm.

Der Campingplatz ist jetzt gut gefüllt. Die Basketball-Kinder sind eingetroffen. Die Bälle sind immer dabei. Dup, dup, dup macht es auf dem Asphalt. Dup.
Erschwerte Bedingungen für ein Genesungs-Nickerchen. Dazu scheint jetzt die Sonne aufs Zelt. 35 Grad, jede Wette. Die Nase verstopft zwangsläufig. Zum Glück gibt es in Australien Nasentropfen ohne Rezept zu kaufen. Es sind die kleinen Dinge, die glücklich machen.

Heute ist Sonntag. Mal sehen, ob wir Morgen am Abend etwas über einen Werkstatt-Fortschritt hören.
Bis dahin liegen wir im Zelt und lächeln, und sind froh. Schlimmer kann es ja nicht werden. :mrgreen:

Unser Dreimannzelt. Der dritte Mann besteht aus Klamottenkisten, Dreckwäschesack und Waschmittel. Gleich neben Öl, Gewürzen, Kaffee, Tee und Zwiebeln. Und Bier natürlich. ;-)
Alles, was wir für zehn Tage auch zum Kochen brauchen. Die Küche ist mit Tellern und Töpfen ganz gut ausgerüstet, diese Sachen konnten wir im Auto lassen.
Aber wer hat die Schere vergessen?

58