Archiv der Kategorie: Auf See

Von NZ nach Fiji – Tag 1+2

Sa/So.,10./11.Jun.23, Pazifik, Tag 3298/9, 25.002 sm von HH
Tag 1: Bei strahlend blauem Himmel kommen wir mittags los. Mit uns brechen ein gutes Dutzend weitere Boote auf. Zum größten Teil große Katamarane, die schnell am Horizont verschwunden sind. Der Wind ist angenehm – drei bis vier Windstärken. Wir setzten Groß und Genua. Das Tief auf dessen Rückseite wir segeln, hat eine unangenehme Dünung hinterlassen. Drei Meter sollen es laut Vorhersage sein. Da der Wind so schwach ist, entscheiden wir uns für ein Hoch am Wind segeln Richtung Osten. In den 1200 Meilen nach Fiji müssen wir auch ein gutes Stück nach Ost gut machen (250 Meilen in etwa). Das ist der schwierigste Part, also lieber gleich am Anfang abarbeiten. Taktisch sicherlich die richtige Idee, aber was für ein Kotz-Kurs. Die Dünung von vorne hat es in sich. Widerlich. Ich kann durch den Einwurf von Übelkeits-Tabletten schlimmeres verhindern. Und sogar Achim sagt, dass ihm mulmig ist. An Bord von Atanga sieht es aus wie in Criminal Tango: langgestreckt liegen wir regungslos auf den Bänken. Zu tun gibt es nichts, der Wind bleibt für Stunden ruhig. Wir verfluchen die Segelei. Tagesmeilen: 100 (nicht schlecht für den schwachen Wind und dazu ein fast reiner Ostkurs – ironischer Weise wäre unser Ziel jetzt genau Tahiti, aber wir wissen ja, dass es nicht so bleibt)
Tag 2: Am zweiten Nachmittag frischt der Wind deutlich auf. Er kommt jetzt auch südlicher. Wir wechseln auf den anderen Bug. Genua plus das Groß im ersten Reff: Kurs Minerva Riff (30 Grad) liegt an. Dort wollen wir einen Zwischenstopp einlegen, wenn möglich. Ein Ankerplatz mitten im Ozean. Welle und Wind kommen jetzt von hinten. Gleich ist es viel angenehmer. Die Sonne scheint, ein Albatros kommt vorbei. Umkreist uns zweimal und wackelt mit den Flügeln zum Abschied. ;-) Schön. Aber Freud und Leid liegen auf See dicht beieinander. Von jetzt auf sofort fällt unser Windanzeiger aus. Gleich wird es dunkel (Sonnenuntergang schon um 17:10 Uhr), heute kann Achim nichts mehr machen. Ohne Windrichtungsanzeiger müssen wir segeln nach Gefühl. Total ungewohnt. Da fehlt schon ein feines Hilfsmittel. Besonders im Dunkeln. In der Nacht kommen wir sehr gut voran. Bis zu acht Knoten sind wir flink unterwegs, schaffen einen Schnitt von über sechs Knoten. Am Morgen als Achim die Kabel vom Windmesser am Mastfuß kontrolliert und die Anzeige wieder funktioniert, wissen wir auch warum, wir so schnell sind: Deutlich über 20 Knoten Wind treiben uns voran. Ohne Windstärke-Anzeige segelt es sich sorgloser. :mrgreen: Und wir sind nicht alleine unterwegs. Im Umkreis von fünf Meilen segeln zwei weitere Boote mit uns. Ein 15m Mono und ein 39 Fuß Katamaran. Wir halten die Geschwindigkeit gut mit, warum auch immer. Vielleicht sind wir leichter als früher?
Tagesmeilen: 145 Meilen (cool!) Noch 1009 Meilen bis Fiji, noch 619 Meilen bis Minerva Position: 33°27,3 S – 177°29,4 E
49
1

Das wird nix – wir geben auf!

Fr.,09.Jun.23, Neuseeland/Marsden Cove, Tag 3296, 24.696 sm von HH

Wir geben unseren Plan nach Französisch Polynesien zurück zu segeln auf. Letzten Montag sah es so aus, als ob es ginge. Dann vielleicht Donnerstag. Nein, wieder nicht. Stürmische Süd-Ostwinde verhindern aktuell jede Meile nach Osten. Auf der Rückseite dieses Tiefs segeln wir Morgen nach Norden, nach Fiji.

Neue Route nach Fiji – Richtung Norden

Dreimal hatten wir uns bereits  beim Zoll zur Abfahrt angemeldet. Dreimal mussten wir absagen. Unsere Mitstreiter der Idee „Ost“, die Crew von der Zoomax, haben bereits vor knapp zwei Wochen aufgegeben. Denen dürfte inzwischen die Fiji-Sonne auf den Bauch scheinen.
Leicht ist uns die Entscheidung nicht gefallen. Zerschlägt sie doch alle Ideen und Pläne für die nächsten zwei Jahre. Und was wird aus dem Deutschland Flug im September? Wir haben diskutiert, überlegt und alles wieder verworfen. Auch der Stachel des Aufgebens, des Scheiterns bohrt im Ego. Sind wir zu weich? Haben wir zu wenig Geduld? Oder hat es dieses Jahr einfach keinen Sinn? Liegt es an uns oder dürfen wir El Niño die Schuld geben? Tatsache ist, dass Hochdruckgebiete diese Saison viel zu tief über Neuseeland hinweg ziehen.

Unser Abfahrts-Wind – aus Osten strömt schon wieder kräftiger Wind nach

Der Winter ist nah – in klaren Nächten fallen die Temperaturen bereits unter zehn Grad. Morgens läuft das Wasser an den Luken runter. Alles in den Schränken ist klamm. Im Bad zeigt sich Schimmel trotz Heizung und Heizlüfter.
Dazu räudiges Wetter. Tageweise fegt Regen waagerecht durch die Marina. Der Südwind schneidet kalt im Gesicht. Überwiegend hocken wir unter Deck. Alle Luken zu. Der klare Nachteil unseres Schiffes: unter Deck ist es wie im Kellerloch. Dunkel, nur ein paar mikro Seitenfenster. Raus gucken liegt nicht drin. Wir hocken beieinander ohne Auslauf. Mir fallen Beziehungsberater ein: suchen sie sich Freiräume in ihrer Partnerschaft. Einen Rückzugsort. Hahaha. Kurz gesagt, wir fangen an uns auf den Sack zu gehen.

Also Aufbruch. Ein Vorteil von Fiji liegt klar auf der Hand, der Weg ist mit 1200 Meilen deutlich kürzer – knapp halbe Strecke Franz-Poly. Und es wird auf dem Weg kontinuierlich wärmer werden. Die ersten Tage stellen wir uns aber auf übles Ostsee-Wetter ein. Achim hat schon einen Berg Decken im Bett liegen, dazu lange Unterhosen, Fleecehose und Stiefel bereit gestellt. Mein Vorschlag Hühnersuppe vorzukochen wurde mit leuchtenden Augen angenommen. Ich hoffe, dass mich ein paar Schübe Alte-Frauen-Hitze bei Laune halten. :mrgreen:

Morgen geht es also los. Wir rechnen mit zehn bis zwölf Tagen. Ohne Stopp, denn vielleicht finden wir unterwegs noch einen Parkplatz zum Anhalten. Auf unserem Weg liegt ein Ankerplatz mitten im Nichts. Von unterwegs werden wir versuchen zu posten und unsere Position durchgeben.

Unser Bimini haben wir abgenommen. Für Schutz vor Wind und Regen von hinten haben wir zwei vorhandene Sonnenschutzteile aus Persenning -Material hergekramt. Das ist vielleicht nicht optimal, das wird sicherlich etwas flattern und es gibt nach oben einen nicht zu verhindernden Schlitz. Aber besser als nichts. Man kann sich so etwas auch professionell vom Segelmacher an die Sprayhood anpassen lassen, aber wir hoffen, dass wir es nur ein paar Tage benötigen werden.

Flexibel und leicht zu entfernen

Aufbau-Varianten werden ausprobiert

Das sind unsere neuen Segelstiefel. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere, dass wir auf dem Weg hierher unsere total zerbröselten Stiefel aus dem Schrank gezogen haben. Der Schaum zwischen Sohle und Schaft hatte sich ohne Benutzung einfach zerlegt. Dies haben wir bei Dubarry reklamiert und die waren so nett und haben uns aus Australien neue Stiefel zu geschickt. Toll, nette Leute da. Manchmal haben Reklamationen also tatsächlich Erfolg.

Unsere neuen Stiefel

 

67

Abfahrt verschoben

So.,21.Mai. 23, Neuseeland/Marsden Cove, Tag 3273, 24.696 sm von HH

Nein, wir sind nicht los. :roll:
Wie geplant, haben wir Donnerstag das Auto gemietet und wie geplant, die Vorräte aufgestockt. Planmäßig ist sogar meine Strick-Mütze fertig geworden.
Ungeplant erscheint dann am Freitag eine Wetteränderung. Was soll das? Ein Tief, was nur bis zur Südinsel reichen sollte, wird plötzlich viel weiter nördlich vorhergesagt. Für die nächsten acht Tage ist keine Abfahrt in Sicht. Also futtern wir uns erneut durch die Vorräte.

Die Netze sind voll -Fleisch ist mein Gemüse

Könnte kalt werden in den hohen Breiten – planmäßig noch vorgesorgt mit neuer Mütze

Wir möchten gerne zurück nach Französisch Polynesien. Die Frage ist, geht das überhaupt? Oder ist das nur eine atangarische Schnapsidee?
Whangarei liegt auf knapp 36 Grad Süd. Längst raus aus dem gemütlichen Passatgürtel, wo milder Wind fast immer aus Osten weht.  Über die Nordspitze Neuseelands zieht alle paar Tage ein Tief. Diese Wirbel bringen erst Ost- dann Westwind. Meistens mit Windstärke sechs bis sieben. Und sie sind so schnell, dass wir vor ihnen nicht weg segeln können. Somit ist es fast nicht zu verhindern, dass einem dieser Wind entgegen bläst.
Was wir brauchen, ist ein Hochdruckgebiet auf dessen Unterseite wir lossegeln könnten. Die Hochs sind langsamer und weniger stürmisch. Aber sie bilden sich dieses Jahr einfach nicht aus oder bleiben zu tief im Süden

Der Trick wäre also, so weit nach Süden zu segeln, dass man konstante Westwinde fängt. Die beginnen bei 40 Grad. Sollen beginnen – auf Wetterregeln ist ja kein Verlass. Manchmal muss man noch südlicher. Das ist an Bord von Atanga unerwünscht. Die 40er Breiten haben den Beinahmen „Brüllende Vierziger“. Die 50er sogar „Rasende Fünfziger“. Das klingt abscheulich. Diese Winde bringen viel Regen und hohen Seegang und puschen sich häufig zur Sturmstärke auf. Und mit jedem Grad nach Süden wird es kälter.
Die alten Fracht-Segler im 19. Jahrhundert sind in den „Brüllenden Vierzigern“ gesegelt und bedienten einen regen Handel insbesondere zwischen Australien und Europa. Auch moderne Regatten, wie Volvo Ocean Race und Vendée Globe, brettern hier entlang. Man kann dort also segeln. Unser Boot kann das auch, aber wir wollen das nicht. Blinder Eifer schadet nur. :mrgreen:

Ein willkürlicher Tag – das spielt sich unterhalb von 40 Grad tagtäglich ab

Unser Plan lautet, dass wir maximal auf 40 Grad runter gehen. Hält man sich daran, weiß  Jimmy Cornell, Segelrouten-Guru und Spaßbremse in einer Person, folgendes zu schreiben: „Alle Berichte aus den letzten Jahren weisen darauf hin, dass auf dem Weg nach Französisch Polynesien mindestens mit einem Sturm zu rechnen ist. Dann dreht man am besten bei und wartet, bis er vorbei ist.“ Ja schau, so einfach ist das. Dieser Jimmy.

Besonders viele Boote segeln diese Strecke nicht. Ob es am Jimmy liegt? Zwei Dutzend im Jahr – vielleicht. Wir haben trotzdem eine holländische Crew gefunden, die es bereits zweimal hinter sich hat (Zitat): „Einmal war okay, das andere Mal war Kacke.“

Wir würden es trotzdem wagen. Noch haben wir unsere Pläne nicht aufgegeben. Das meistgesprochene Wort dieser Tage: Geduld!
Zeitdruck haben wir keinen. Der einzige Druck, der uns belastet hat, war das Ablaufdatum unseres Visums – am 19. Mai. Illegal wollten wir nicht hier bleiben, also hat Achim rechtzeitig eine Verlängerung beantragt. Die Meinungen, ob das nötig sei, gehen unter den Seglern stark auseinander. Der Hafenmeister vor Ort sagt, ohne gültiges Visum wird man vom Zoll nicht ausklariert.
Uns ist es nun wurscht. Wir haben zunächst ein vorläufiges Visum erhalten. Solange dies nicht endgültig bearbeitet wird, sollen wir sogar unser Geld wieder bekommen (immerhin 180 Euro).
Geht uns beim Warten die Geduld aus, so basteln wir uns Plan B zu Recht – wir segeln dann nach Norden. Entweder erreichen wir dann Tonga, Fiji oder Neukaledonien.
Von den „Brüllenden Vierzigern“ halten wir uns fern.

61

Von Tahiti nach Neuseeland – das Video

So.,16.Okt. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3060, 24.696 sm von HH

Heute vor genau einem Jahr sind wir in Tahiti gestartet, um nach Neuseeland zu segeln.
Ein Jahr, um ein Video zu erstellen :roll: unglaublich lange – aber gute Dinge wollen eben Weile haben.
Und ich glaube, das Warten hat sich gelohnt. Deswegen ist er auch etwas länger geworden.

Mit dem Video schneiden, kam die die Erinnerung zurück, wie heftig der Törn wirklich gewesen ist. Das Vergessen hatte schon Sand darüber gestreut. Wir hatten „hochhaushohe“ Wellen und die Hälfte der Tage sechs Windstärken oder mehr.
Wir haben auf dem Törn ein wenig den Hintern versohlt bekommen, würde ich sagen.

Viel Spaß beim Schauen und bitte nicht seekrank werden. ;-)

#26 Rauer Törn von Tahiti nach Neuseeland – 2423 Meilen mit bis 39 Knoten Wind

 

Für alle, die damals nicht dabei gewesen sind, hier exemplarisch der Text von Tag 16 der Überfahrt:

Chronik einer Reise:
20:00 Uhr – Wind NNO, 16 Knoten, Kurs 270°, Zielkurs 229°, blöd, aber wir müssen erst noch eine Insel umfahren. Seit 500 Meilen liegt sie immer wieder auf unserer Kurslinie, egal wie der Wind auch weht. Mit dem letzten Büchsenlicht hat der Skipper eine Eingebung und besteht auf das dritte Reff im Groß zur Nacht. Ich haue mich aufs Ohr.

22:00 Uhr – Wind NNO, 14 Knoten – meine Nachtwache beginnt. Durch das eine Reff zu viel im Großsegel kommen wir nur langsam voran.

24:00 Uhr – Wind NNO, 22 bis 25 Knoten – der Skipper steht auf und fragt, ob alles okay sei, er könne nicht schlafen, es wackelt zu sehr. Er kriecht zurück in die Koje.

03:00 Uhr – Wind NNO, 24 bis 27 Knoten – Achims Nachtwache beginnt. Ich habe ihm eine Extra-Stunde Schlaf gegönnt – mein Buch ist gerade so spannend.

04:00 Uhr – Wind NNO 26 bis 30 Knoten – Ich stehe wieder auf. Es wackelt unglaublich hinten in der Koje. Ich kann nicht einschlafen. Das, final doch nicht weg geklappte, Bimini (wird schon nicht so schlimm werden) flattert Nerv tötend im Wind. Wir machen es uns gemeinsam „gemütlich“ im Salon.

4:15 Uhr – das Bimini wird provisorisch mit einem Tampen „ruhig gestellt“.

4:30 Uhr – Wind NNO 28 bis 32 Knoten, Kurs 270° – Achim geht raus. Atanga luvt jetzt häufig stark an. Wir wollen aber an der Insel vorbei. Jemand muss die Windsteueranlage händisch unterstützen. Ich halte ihn mit dollen Geschichten bei Laune.

5:00 Uhr – Wind NNO dauerhaft über 30 Knoten – es ist schwärzeste Nacht. Gnädig bleibt die Wellenhöhe verborgen. Ab und an sieht man eine Schaumkrone in Augenhöhe vorbei rauschen. Schön, dass wir das überflüssige Reff im Groß haben.

5:30 Uhr – ich löse Achim im Cockpit ab. Er hält mich mit dollen Geschichten bei Laune. „Wir können von Glück reden, dass es nicht auch noch regnet“, posaune ich in die Nacht.

6:05 Uhr – es fängt an zu nieseln 6:15 Uhr – Regen 6:25 Uhr – es gallert, prasselt, pisst aus allen Rohren. Segelstiefel wären jetzt schön. Mangels wasserdichter Schuhe sitze ich mit nassen Socken im Cockpit

6:30 Uhr – Wind NNO Böen bis 37 Knoten, wir sind an der Insel vorbei und können abfallen so weit es geht – Das Schott zum Niedergang ist zugezogen. Achim hockt im Trockenen. ab und an bekomme ich ein ‚tapfer‘ durchs Seitenfenster zugerufen. Es ist nicht mein Lieblingswetter :mrgreen: und sehr viiiiel Wind. Die Systeme sind beherrschbar, was mich freut. Angst, nein, aber es ist gruselig. Ich passe einen Augenblick nicht auf, wir luven hart an. Dann ein Fahrfehler, statt abzufallen, luve ich noch weiter an, eklig, aber überlebbar. Es dämmert.

7:00 Uhr – Wind NNO dauerhaft über 30 Knoten – Achim löst mich ab. Wellenberge rollen hinter uns her.

7:30 Uhr – Wind NNO 25 bis 28 Knoten – es erscheint uns wie ein laues Lüftchen. Es gallert weiterhin wie aus Eimern

8:00 Uhr – Wind Nord 20 Knoten

8:20 Uhr – Wind West 15 Knoten – Wind steht gegen Welle. Das Meer sieht aus, wie mit übergroßen Pickelhauben überzogen. Atanga wird zum Rodeo Pferd. Wir bocken, wackeln und schaukeln von einer Seite zur anderen. Gegenstände fliegen durch den Salon, die eigentlich gut verlascht gewesen sind.

8:45 Uhr – Wind Süd-West 12 Knoten – hallo, genau da wollen wir hin. Dem Skipper muss man den Mund mit Seife auswaschen. Es fällt jetzt häufig das böse F-Wort.

9:30 Uhr Wind Süd-West 5 Knoten – Maschine an. Kurs Opua. Müdigkeit macht sich breit. Werden wir alt? Vor 30 Jahren konnte man doch auch locker eine Nacht durchmachen.

12:00 Uhr – Wind NNO 10 Knoten, Regen, Regen, Regen 12:05 Uhr – 15 Knoten, 12:10 Uhr – 20 Knoten – Maschine aus, Kurs Opua 12:20 Uhr – 28 Knoten, Atanga läuft stabil, Schotten dicht, wir gehen nach unten und das Wetter kann uns mal.

 

der Skipper kann sich kaum halten

54

Mit Atanga geht es nach Whangarei

Sa./So., 27./28.Nov.21, Neuseeland/Whangarei, Tag 2737/8, 24.688 sm von HH

Am Dienstag, den 30. November hat Atanga ihren Slip-Termin. Wir bekommen eine E-Mail, dass wir bitte schon ein, zwei Tage früher da sein sollen. David, der Slip-Master der Werft, möchte Atanga für den Slipwagen vermessen und mit uns die Vorgehensweise besprechen. „Alles klar, wir sind rechtzeitig da“!

Mit dem Auto dauert es keine Stunde – 75 Kilometer – und man erreicht Whangarei. Mit dem Schiff sind es tatsächlich über 165 Kilometer (90 Meilen). Der Weg aus der Bay of Islands zieht sich viele Meilen, die Küste ist zerklüftet und dehnt sich weit nach Osten raus. Es ist nicht möglich, diese Strecke während eines Tageslichts zu schaffen.
Wir brechen erst gegen Mittag auf, um den schlimmsten Tidenstrom zu vermeiden, der in die Bucht einläuft. Es gibt keinen Wind, heute nicht und die nächsten Tage nicht. Leider müssen wir unter Maschine fahren.

Zwischen Rock und Cape Brett geht es durch

Leuchtturm am Cape Brett am Eingang der Bay of Island

Hinterm Kap geht es dramatisch weiter

Hole in the Rock

Neben Atanga tauchen Pinguine auf. Es sind Zwerg-Pinguine, die kleinste Art, die es gibt. Die putzigen Kerle werden nur knapp 40 Zentimeter groß und schwimmen halb unter der Wasseroberfläche. – fast als seinen sie kurz vor dem Ertrinken. Ihre Tauchzeit  beträgt nur ein bis zwei Minuten, daher poppen sie immer wieder neben uns auf.

Niedlicher Zwerg-Pinguin

Der Vorteil dieser Etappe sind die vielen Ankerbuchten unterwegs. Alle zwanzig Meilen schenkt die Küsten Booten einen Platz zum Anhalten.  Die schroffe, felsige Küste verbirgt hinter bewaldeten Hügeln wahre Schätze. Wir wählen Whangaruru für die Nacht. Hat man mal die mit Felsen gespickte Einfahrt passiert, bietet die breite Bucht guten Sandboden von rechts nach links. Die Wassertiefen liegen zwischen drei und sieben Metern. Anders als in Französisch Polynesien verdienen hier Ankerplätze diesen Namen. Es lauern keine Korallenköpfe, die nach Schiffsrümpfen greifen wollen. Hier macht ankern Spaß. Das weiß auch unser Schiffsversicherer. Mit Eintritt in Neuseeländische Gewässer ist die Prämie um satte 60 Prozent gesunken.

Eingang in die Bucht von Whangaruru

Liebliche Bucht von Whangaruru

Sogar der Schwell bleibt draußen. Es ist ruhig wie in einer Kinderwiege. Am Ufer erkennen wir einen Campingplatz, ein Dorf mit zwei Dutzend Häusern und sonst nur himmlische Natur. Zum an Land gehen ist es zu spät, gleich wird es dunkel. Wir kommen wieder, versprochen.

Sonnenaufgang über Whangaruru

Das typische Atanga-Outfit vor Sonnenaufgang – es ist fußkalt

Am nächsten Morgen starten wir bereits mit Sonnenaufgang. Unsere Werft liegt am Hātea River, der Tiden abhängig seine Fließrichtung wechselt. Wir wollen möglichst mit der Strömung flussaufwärts fahren.
Die Landschaft bleibt schön bis zur Einfahrt in den Hātea. Am südlichen Ufer befindet sich ein großer Industriehafen mit Holzverladung.

Traumhaft schön zieht die Küste an uns vorbei

Der Hatea River führt nach Whangarei

Die ausgebaggerte Fahrrinne, die in den Fluss führt, ist gut betonnt. Das beruhigt, denn rechts und links der Tonnen fallen bei Ebbe große Flächen des Hātea trocken. Es ist ein bisschen wie auf der Elbe fahren – nur der Großschiff-Verkehr fehlt. Der bleibt an der Küste am Holzhafen.

Hafen am Eingang vom Hatea – mit Holzverladung im großen Stil

Die Fahrrinne wird schmaler und schmaler und mäandert sich nach Whangarei. Wir haben genau Hochwasser als wir die Werft erreichen. Der Tiefenmesser zeigt nur noch fünf Meter Wassertiefe. Zwei Meter werden bei Niedrigwasser noch verschwinden. Von David haben wir den Tipp bekommen direkt vor dem Slip der Werft unseren Anker fallen zu lassen. Knapp außerhalb vom Fahrwasser lautet seine Empfehlung. Definiere knapp, denke ich so. In den Karten sind Wassertiefen von weniger als zwei Meter gedruckt, kommt man zu weit von der Fahrbahn ab.
Wir orientieren uns an den anderen Ankerliegern, die knapp neben den grünen Tonnen liegen. Vorsichtig tasten wir uns aus dem Fahrwasser ins Flache. Bei 3,90 stoppe ich auf, Achim lässt den Anker fallen. Viel Kette brauchen wir ja nicht stecken bei dem flachen Wasser. Der Ankergrund dürfte gut haltender Schlamm sein.
In den nächsten Stunden beobachten wir gespannt den Tiefenmesser. Er stoppt bei 1,90. Atanga steckt fest. Nicht schlimm, wir bleiben aufrecht stehen. Das ist uns in der Elbe schon mal anders ergangen  :mrgreen: . Damals konnten wir nicht mal mehr anständig sitzen, so schräg haben wir gelegen.
Beruhigt gehen wir ins Bett, in einer halben Stunde werden wir wieder schwimmen …

Hier soll Atanga Morgen rein – nur möglich bei Hochwasser

Unser Ankerplatz im Fluss für zwei Nächte – dicht neben der Fahrrinne

72