Archiv der Kategorie: Panama

Affentheater

Sa., 10.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1379, 12.404 sm von HH

Gleich hinter der Marina fangen der Dschungel und ein Nationalpark an.
Kein Kindergarten-Dschungel, sondern echter Urwald. Die Marina Broschüre warnt vor ernsthaften Gefahren: Schlangen, Alligatoren von über drei Meter Länge und Pfeilgiftfröschen. Es gibt die traurige Geschichte, dass ein Hund so einen Frosch gefressen haben soll und innerhalb von dreißig Minuten mit Schaum vorm Maul gestorben sei.

Die Gebrüll der Brüllaffen donnert über das Gelände. Wenn man vor Sonnenuntergang in den Wald geht, hat man fast eine Garantie auf einen Trupp Affen zu treffen. Entweder Kapuziner-Affen oder die besagten Brüller. Über den Wipfeln kreisen Greifvögel, die auf ein unvorsichtiges Affenbaby oder ein Faultier lauern.

Brüllaffen

Brüllaffen

 

turnen durch den Wald

turnen durch den Wald

Kapuziner-Affen werfen schon mal mit Früchten nach Menschen

Kapuziner-Affen werfen schon mal mit Früchten nach Menschen

In einem kleinen Baum, direkt bei den Stegen, wohnt so ein Faultier. Selbst wenn man mehrmals am Tag bei ihm vorbei schaut, findet man es immer schlafend vor. Nur die Astgabel in der es liegt, ändert sich von Zeit zu Zeit. Über zwanzig Stunden soll so ein Faultier am Tag vergammeln. Einmal in der Woche muss es seinen Baum verlassen, um sein Geschäft zu verrichten. Den Zeitpunkt müsste man mal abpassen.

Das Marina eigene Faultier

Das Marina eigene Faultier

schläft den Schlaf der Gerechten

schläft den Schlaf der Gerechten

In der Marina paddelt ein Krokodil. Jorge heißt es und liegt manchmal neben dem Steg und sonnt sich. Wir haben es bislang nur zwischen den Schiffen treiben sehen. Wie ein gut getarntes Stück Holz. In diesem Hafen putzt keiner freiwillig sein Unterwasserschiff.
Bis 1999 hatten die USA die Hoheit über den Panamakanal. Auf beiden Seiten des Kanals standen Forts, die bei der Übergabe des Kanals ebenfalls an Panama abgetreten wurden.
Fort Sherman lag auf dem Gelände der heutige Marina. Überreste diverser ‚Flak-Geschütz-Stände‘ werden grade von der Natur zurückerobert. Die Wohnhäuser der Soldaten verfallen. Einschließlich Türen und Geländer ist in der Zwischenzeit alles demontiert worden. Die Kirche ist geplündert. Im ehemaligen Theater der Soldaten hat heute die Segelmacherin ihre Werkstatt.

Battery Mower

Battery Mower

fast komplett überwuchert

fast komplett überwuchert

Nicht mehr viel übrig

Nicht mehr viel übrig

in der ehemaligen Kirche

in der ehemaligen Kirche

Wo stehen wir neun Wochen nach dem Blitz?

Di., 06.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1375, 12.404 sm von HH

Die ins Schiff geschlagenen Wunden schließen sich. Achim hat bereits die Deckenverkleidung wieder angebaut. Unversehrt hat sie die Zeit beim Segelmacher gelagert. Jetzt bloß aufpassen, dass man keinen Gecko einmauert.

 keinen Gecko lebendig vergraben

keinen Gecko lebendig vergraben

Alle gelieferten Teile sind verbaut, alle Kabel verlegt. Die Systeme laufen.
Nur der Windgenerator macht noch Kummer. Der Gleichrichter ist getauscht und neue Regler eingebaut. Im Augenblick liefert er zu wenig Strom, jedoch ist schwer zu sagen, ob es an zu wenig Wind in der Marina oder am Generator liegt. Ein Test steht noch aus.
Und wir warten noch auf ein Antennenkabel aus den USA. Das erste ist beim Einbau kaputt gegangen, jetzt soll ein Ersatz her.
Nächste Woche haben wir einen Krantermin. Dann kommt Atanga aus dem Wasser, damit der Tiefenmesser getauscht werden kann. Die neue Erdungsplatte wird montiert und es erfolgt ein Check, ob unser Rumpf nicht doch etwas ‚Blitz bekommen‘ hat.

Die Zeit bis dahin ist Achim weiterhin gut beschäftigt. Seine ‚to-do-Liste ist noch immer lang, trägt aber immerhin als Überschrift ‚Finale‘. Die großen Sachen sind weg, es sind jetzt die vielen Kleinigkeiten: eine abgebrochene Halterung erneuern, die Kabel sichern, dass sie bei Wellengang nicht aufschubbern und die Geräte bei ‚Raymarine registrieren, um drei Jahre Garantie zu erhalten.

Erste Aufräumarbeiten finden statt. Gestern konnte ich das erste Mal sehen, dass unser Navitisch aus Holz besteht. Ich erhalte weiterhin ‚ehrenvolle‘ Aufgaben. Die haben meistens was mit ‚festhalten‘ oder ‚hol mal‘ oder ‚putzen‘ zu tun. Alle Schraubenkästen sortieren, ist ebenfalls so ein Job.

Wir freuen uns auf nächste Woche. Auf das Finale und eine Probefahrt.

Schrauben nach Farbe :mrgreen: sortieren

Schrauben nach Farbe :mrgreen: sortieren

Darf ich vorstellen?

Sa., 03.Mrz.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1372, 12.404 sm von HH

Das ist ‚Gonzo‘ unser neues Crew Mitglied. Wir haben ihn nach dem hibbeligen blauen Trompeter aus der Muppet Show benannt, weil er so hektisch von einem Ort zum anderen springt.

Gecko Gonzo

Gecko Gonzo

Gonzo ist winzig, grad vier Zentimeter groß und wohnt im Bad. Er hat es aber auch schon bis in die Pantry geschafft. Gonzo ist herzlich willkommen. Im Augenblick hat es zwar gar keine Mücken hier in der Marina, aber man weiß ja nie. Vier Tage Regen und die Situation sieht anders aus. Und Fruchtfliegen wird er wohl auch verschlingen können.

Dann entdecke ich ‚Grobi‘ und ‚Kermit‘ unter der Gräting im Cockpit.
Nanu, hoffentlich gehen uns nicht bald die Muppet-Namen aus. Grobi ist noch ein Baby, vielleicht zwei Zentimeter lang.
Und wo kommen die überhaupt alle auf einmal her? Sie werden wohl kaum mit ihren kleinen Stummelbeinchen entschieden haben, ‚da gehen wir mal 150 Meter den Steg bis zur Atanga, Tampen hoch und ziehen ein‘.
Wie müssen sie mit einem Karton oder im Rucksack eingeschleppt haben.

Drei Geckos sind genug. Bleibt abzuwarten, ob ‚Kermit‘ jetzt vielleicht ein Mädchen ist. Ich habe gelesen, dass sich Geckos prächtig vermehren. :mrgreen:

Eine Glühbirne wechseln, kann doch nicht so schwer sein

Di., 27.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1368, 12.404 sm von HH

„Wie viele Ostfriesen braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln“, ist bekannt.
Wie lange braucht ein Skipper, um eine Glühbirne zu wechseln – zwei Tage.

Die Tücke liegt im Detail. Genauer gesagt in der Halterung für unser neues Topplicht. Die alte Halterungs-Platte passt nicht zur neuen Lampe. Also muss eine neue Platte her.
Zufällig lagen neulich auf dem Marina-jeder-legt-seinen-Müll-drauf-und-andere-nehmen-den-Müll-dann-mit-Tisch einige Edelstahlhalterungen. Ich war schon etwas sauer, weil Achim ganz stolz mit diesem ‚Müll‘ nach Hause kam: „Edelstahl kann man immer brauchen.“
Dass es sich so schnell bewahrheitet…

Die Marina hat eine kleine „Werkstatt“ in der wir Segler arbeiten dürfen. Soweit, so nett. Leider gibt es dort nur die lustigen 110 Volt-Anschlüsse, die unserer Bohrmaschine nur ein müdes Kurbeln entlocken. Aber Achim muss nicht auf dem Boden hocken und arbeiten.
Mühsam fiedelt er mit der Metallsäge eine Platte aus seinem Edelstahl-„Müll“. Löcher bohren, Gewinde schneiden und Kanten brechen.

Dann die Endmontage. Denkste! Passt natürlich nicht ganz, Mast hoch, Mast runter.
„Das blaue Kabel ist fürs Ankerlicht“, präsentiert mit Achim seine Eselsbrücke, „weil man dann saufen darf.“ Man, man, man, acht Wochen Dauerreparatur hinterlassen Spuren.

Eine neue Edelstahlplatte

Eine neue Edelstahlplatte

als Lampenhalterung

als Lampenhalterung

 

Ich kann es verstehen. Überall lauern Schikanen.
Der Einbau der neuen Batterie-Wächter ist auch so ein Fall. Anstatt anständige Rechtecke zu bauen, kommen die Teile achteckig. Was für eine Boshaftigkeit. Viele Flüche später und nach dem Einsatz aller, sich an Bord befindlichen, Werkzeuge ist es vollbracht. Wieder ein Tag weg.

Aus 4eckig wird 8eckig in Alu

Aus 4eckig wird 8eckig in Alu

Am Ende sieht es dann gut aus

Am Ende sieht es dann gut aus

 

Wie ist der Stand der Dinge? Gut! Nicht nur arbeitstechnisch geht es voran, wir sprechen sogar noch miteinander.
Aus Deutschland ist unsere zweite Lieferung wohlbehalten angekommen. Wir hatten super freundliche Helfer (danke noch einmal ins Erdgeschoss und in die 5.Etage), die aus sieben Einzellieferungen ein Paket geschnürt haben. Nicht auszudenken, wir hätten sieben Pakete verfolgen müssen.

Bislang konnte Achim noch für alles eine Lösung finden. :-) Das Chaos ist zum Teil furchtbar. Dann gibt es noch nicht mal einen Platz für mich und meinen Laptop. Sägespäne, Metallspäne, Staub, Unordnung und Durcheinander. Dazwischen muss gekocht und gebacken werden. Ich wische um das Wirrwar aus Kabeln und Kartons drum herum und versuche ein normales Leben aufrecht zu erhalten.
Der Schimmel ist wieder verschwunden. 70 Grad Luftfeuchtigkeit, kein Regen und ein steiger Wind geben ein gutes Arbeitsklima.

Legal, illegal, scheißegal

Fr., 23.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1364, 12.404 sm von HH

Letzte Woche hat Panama für Yachties die Einreiseregeln geändert. Das ‚Yatista‘ Visum wurde abgeschafft. Gut für Neuankömmlinge, wir haben vor drei Monaten noch 200 USD dafür bezahlt.
Das Visum war ein Jahr gültig, musste jedoch alle drei Monate verlängert werden.

Ab sofort gibt es nur noch ein Touristen-Visum, von Anfang an sechs Monate gültig.
Das Pech will es, dass wir das ‚Yatista‘ Visum im Pass kleben haben. Gültig bis 29. Februar 2018. Das ist an sich schon Quatsch, da dieses Jahr der Februar 28 Tage hat. Das ist bei der Einreise niemandem aufgefallen.

Brav und deutsch wie wir sind, möchten wir unseren Aufenthalt legalisieren.
Mit dem Shopping-Bus düsen wir nach Colon. Eben noch in ein Taxi gesprungen und schon stehen wir vor dem Büro der Immigration. Wir sehen gut aus und befolgen den vorgeschriebenen Dress-Code: keine kurzen Hosen, dafür Hemdpflicht bei Männern, keine Flip-Flops und keine Spaghetti-Träger bei Frauen.

Die nette Zwei-Sterne-Offizierin, die sich sofort um uns kümmert, ist hilflos. „Wir haben neue Regeln.“ „Jupp, wissen wir, deswegen sind wir hier.“ Sie überlegt, läuft mit unseren Pässen von einem Kollegen zum anderen. Viel Palaver und viel Schulterzucken können wir erkennen. Die kollektive Ratlosigkeit ist förmlich greifbar.
Strahlend kommt sie wieder. Wir bräuchten gar nichts machen. Neben dem lästigen Visum, hätten wir ja noch den normalen Einreisestempel vom 29. November, also Ende Mai müssen wir raus.
Das Leben könnte so schön sein. Aber Achim (@@§%&§@) lässt nicht locker und zeigt auf den 29. Februar.
Die Kleine läuft wieder weg. Diesmal zur Vier-Sterne-Chefin.
Bedauernd kommt sie wieder. Alles falsch, was sie eben gesagt hat, wir müssen nach Panama City. Hier können sie uns nicht helfen. Alles betteln und flehen, nützt nichts.
Ab nach Panama City.

Eine ätzende Busfahrt von 2,5 Stunden später und einer weiteren Taxifahrt durch das Dauerstau gestresste Panama City, stehen wir vor der großen Immigrations-Behörde.
An einer Art Tresen ist man uns sofort behilflich. Der Ein-Stern-Mann läuft mit uns durch Gänge, klopft an Türen und fragt Kollegen auf dem Gang, um uns schließlich vor einer Tür zu parken: „Hier seid ihr richtig, aber der Beamte, der euch helfen kann, ist gerade zum Mittagessen.“

Wir warten. Aber nur kurz. Die Hinweis-Schilder an der Tür kommen uns spanisch vor. Wir übersetzen ‚Abholung‘ und wähnen uns falsch an diesem Ort.
Eigenmächtig verlassen wir unseren Warteplatz und versuchen am Eingang beim Pförtner unser Glück. Der hat keinen Plan, was wir wollen, hält aber eine süße Zwei-Sterne-Offizierin an.
Noch mehr Gänge, noch mehr Türen. Sie verschwindet hinter einer Tür. Wieder warten. „Nein, wir sind falsch hier“, kommt sie zurück. Gemeinsam geht es nun in das Erdgeschoß.

Ein Lichtblick in Form eines Drei-Sterne-Typs, der etwas englisch spricht. Er nimmt unsere Pässe, wir warten. Strahlend kommt er wieder, wir bräuchten gar nichts machen.
Achim kann es nicht lassen und zeigt wieder auf den 29. Februar. „Ach das“, die drei Sterne freuen sich, „das heißt doch 29.12.18“.
Heißt es nicht, was er als ‚eins‘ interpretiert, ist ein Trennstrich. Mann, kauf Dir eine Brille.
Aber jetzt gibt auch Achim auf.

Außer Spesen, nichts gewesen. Auf umgekehrten Weg geht es zur Marina zurück, außer dass der Nachmittags-Shopping-Bus natürlich weg ist. Zehn Stunden unterwegs für genau gar nichts.
Achim findet, wir haben alles menschenmögliche unternommen, um legal in Panama zu sein. Ich finde die ‚Idee‘ von dem drei-Sterne-Mann gut und bin für Urkundenfälschung.
Vor dem Trennstrich ist genug Platz, um eine ‚eins‘ davor zu malen.
Die Strafen für illegalen Aufenthalt betragen einhundert USD pro Monat, pro Person. Mit zwei kleinen Strichen wäre das aus der Welt. Die Crew diskutiert noch. ;-)

Unser Visum für Panama

Unser Visum für Panama