Tag 9 nach Ecuador – Die Äquatortaufe

So., 10.Juni 18, Pazifik, Tag 1470, 13.333 sm von HH, etmal 76

Seit ich denken kann, kenne ich den Begriff der Äquatortaufe. Schon als kleines Mädchen habe ich den Taufschein meines Vaters bewundert. Der hing eingerahmt immer im Arbeitszimmer. Ein dicker Neptun sitzt in den Fluten und hält seinen Dreizack. Den Dicken, im Stil der 50er Jahre gehalten, mochte ich schon immer leiden. Die Dias der Taufen, die mein Vater von seinen Seereisen mitbrachte, fand ich schaurig-schön.

Eine fast hundertjährige Familientradition bekommt ein neues Kapitel: Opa (Seeteufel) getauft 1927, Papa (Schweinsfisch) getauft 1961 und jetzt ich (Knurrhahn) getauft 2018. Man darf behaupten, dass Seereisen in der Familie liegen.

Aus einer Dachlatte (ja, ja, man wundert sich, was Langfahrtsegler so an Bord mit sich schleppen) und drei Gabeln basteln wir uns einen Dreizack. Etwas Fischernetz ist auch noch aufzutreiben, so dass wir uns zünftig als Neptun verkleiden können.
Am Nachmittag, Wettergötter haben ein Einsehen und schicken die erste Sonne nach einer Woche, ist es dann soweit. Vorsichtig, so will es Neptun, überqueren wir über den Äquator.

Neptun mit Dreizack

Neptun mit Dreizack

Da eine Äquatortaufe nach den Meeresgesetzen vorgeschrieben ist, treffen Achim und ich uns auf dem Achterdeck und haben beide die gleiche Idee: den anderen vor der Taufe mit Rasierschaum einzuschmieren. Achim muss zusätzlich noch ein Ekelgetränk aus Milch, Tabasco und Sojasauce trinken und bekommt noch etwas Mehl auf seinen Rasierschaum gestreut.
Zum Abschluss gibt es eine Pütz voll Äquatorwasser über den Kopf. Achim segelt fortan als ‚Katzenhai‘ über die Weltmeere.
Um auf Nummer sicher zu gehen, bekommt Neptun noch einen guten Schluck aus der Schnapsbuddel und wir einen kleinen.

Schikane vor der Taufe

Schikane vor der Taufe

für beide Täuflinge

für beide Täuflinge

Ein frisch getaufter Knurrhahn

Ein frisch getaufter Knurrhahn

Ein frisch getaufter Katzenhai

Ein frisch getaufter Katzenhai

Weit ist es nun nicht mehr zu unserem Ziel, keine 40 Meilen. Der Kurs, den wir fahren können, ist gut. Der Wind ist schwach, so dass wir mitten in der Nacht in Bahia de Caraquez ankommen werden.
Die letzten zehn Meilen sind immer mehr Fischer unterwegs. Die Bucht blinkt wie ein Weihnachtsbaum in allen Farben. Rechts leuchtet ein Fischer mit einer rot-blauen Rundumleuchte, links flackert es grün, daneben ein Boot in rot. Dazwischen sehen wir weiße Blitzer oder plötzlich wird ein grüner Strahl auf uns gerichtet. Eine Fahrt wie durch ein Minenfeld.

Um 1.45 Uhr fällt der Anker. Nach 8 Tagen und sieben Stunden. Aus knapp 600 Meilen direkte Strecke sind knapp 800 geworden. Wir haben 15 Stunden motoren müssen und sind mit dieser Bilanz hoch zufrieden. Es gibt Yachten, die machten aus der Strecke tausend Meilen oder mussten dreiviertel der Strecke den Motor benutzen.

Die Nacht werden wir vor der Flussmündung des Rio Chone verbringen. Wir müssen auf das nächste Hochwasser warten und Morgen einen Lotsen über Funk anfordern.
In den Rio Chone kann nur bei Hochwasser eingefahren werden, nur dann steht über der Barre in der Mündung genug Wasser. Tonnen, die eine Fahrwasserrinne kennzeichnen, gibt es keine. Die Strömung verändert ständig den befahrbaren Kanal, so dass es nicht geraten ist, ohne Lotsen in den Fluss zu fahren.
Drei Meter, so heißt es, sei der Wasserstand bei Hochwasser . Allemal genug für uns, wenn der Lotse denn den richtigen Weg findet. Das wird nochmal spannend Morgen.

Tagesmeilen 76 – davon 12 unter Motor

Taufspruch:
Wir Neptun, der Einzige, Dreizackfürst, rechtmäßiger Beherrscher der veilchenblauen Meeresflut, Erdumgürter und Erderschütterer, haben allergnädigst den p.p. staubgeborenen Joachim Willner an Bord des Uns befreundeten Schiffes SY Atanga Erlaubnis zum vorsichtigen Überschreiten Unseres Äquators erteilt.
Die Unseren Meergesetzen vorgeschriebene Linientaufe ist geziemend vollzogen und überstanden worden. Der Täufling wurde mit geweihtem Linienwasser auf den Namen Katzenhai getauft.

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