So.,15.Jul.18, Ecuador/Quito, Tag 1506, 13.337 sm von HH
Das ging schnell! Aber hallo, bitte keine Zeit verlieren. Nach vier Stunden Busfahrt aus Riobamba erreichen wir Quito, weitere zwanzig Minuten Stadtbus, noch hundert Meter zu Fuß bis zum Hostel und eben das Gepäck aufs Zimmer bringen. Direkt vor unserer Tür liegt die ‚Plaza Santo Domingo‘. Erstmal umschauen, Orientierung gewinnen, wo wir sind, einen Blick auf die Stadtkarte werfen.
Dazu nehmen wir auf Stufen unterhalb eines Denkmals Platz. Mein geliebter Fotoapparat steckt, wie immer, in meiner vorderen Hosentasche. Bei Menschen-Gewühl sichere ich ihn an der Gürtelschlaufe, da kann nichts passieren.
Als wir uns hinsetzen, drückt der Apparat mich, so dass ich ihn vor mich auf die Stufen lege. Neben meinen Rucksack, der eine Stufe tiefer zwischen meinen Füßen steht.
Achim und ich klönen, schauen uns um und überlegen, wohin wir als erstes gehen sollen. Da fliegt plötzlich eine leere Cola-Plastik-Flasche in meinen Rücken. Ich drehe mich um. Hm, was soll’s, nichts zu sehen. Wird wohl der Wind gewesen sein. „Du merkst schon, dass es windstill ist“, klugscheißt mein Unterbewusstsein. Ich ignoriere das.
Ich wende mich wieder Achim zu. Die Flasche klappert erneut, kullert an uns vorbei, die paar Stufen runter und bleibt vor uns liegen. Ich werde noch immer nicht stutzig. „Wie blöd bist du eigentlich?“, nörgelt mein Unterbewusstsein.
Nun geht ein Typ neben mir die Stufen runter und hebt die Flasche auf. Mein Unterbewusstsein brüllt mich an: „Hallo, aufwachen, warum sammelt ein Kerl vom Typ ‚was-schert-mich-die-Umwelt‘ jetzt diese Flasche auf?“ Ich ignoriere noch immer die Stimme in mir. Der Typ kommt zurück und geht eng an mir vorbei. Zu eng. „Ey, wie ich das hasse, wenn die so nah vorbei gehen“, sag ich noch zu Achim. Und dann klingelt es. Zu spät. Noch hektisch alles durchwühlen, aufstehen, Hosentaschen abtasten, Rucksack-Inhalt auf die Stufen kippen. Mein Fotoapparat ist weg. Der Typ auch.
Achim und ich spielen die Szene wieder und wieder durch. Wir kommen nicht drauf, wie sich das Arschgesicht unbemerkt hat nähern können, und sich neben mir bücken könnte, um die Kamera vor meinen Füssen aufzuheben. Auch Achim hatte eine Stimme in seinem Kopf, die ihn warnen wollte, dass die Cola-Flaschen-Nummer nicht sauber ist. Er hat’s genauso ignoriert.
Und es ist ja nicht so, dass wir nicht gewarnt wurden. Der Reiseführer erwähnt auf jeder zweiten Seite über Quito, dass Taschendiebe und Trickbetrüger in der Stadt unterwegs seien.
Die Crew der Brakeaway hat uns in Bahia noch ihre Geschichte auf den Weg mitgegeben, dass sie im Bus von einem kleinen Mädchen um ihr Portemonnaie erleichtert wurden. In Baño trafen wir ein Pärchen, die von einem nächtlichen Überfall erzählten.
Ich bin geschockt. Noch nie in meinem Leben bin ich bestohlen worden. Und ich bin traurig: meine schöne Kamera. Jetzt muss Achim unterwegs Fotos machen. Der ist häufig zu bequem dazu und fotografiert längst nicht das, was ich gerne möchte. Das Drama bekommt immer größere Ausmaße.
Quito ist zunächst mal doof. Lustlos laufen wir durch die Straßen und überlegen immer wieder, wie der Kerl das gemacht haben könnte. Ohne Lösung.
Als wir dann am Abend im Hotelzimmer sind, zeigt Quito, dass es noch eine Schippe drauf legen kann. Direkt unter unserem Zimmer geht ein Presslufthammer los. Ja, spinnen die hier? Am Sonntagabend um 21:00 Uhr fangen die Arbeiter an den Fußweg auf zu stemmen.
Nach einer halben Stunde Lärm klopft es an unserer Tür. Die Chefin vom Hostal entschuldigt sich für einen Lärm, den sie nicht zu verantworten hat. Sie klärt uns auf, dass etwas mit der Wasserleitung nicht in Ordnung sei und überreicht uns zwei Paar Ohrstöpsel. Wie lieb ist das denn?
Wir sind nicht im Ritz abgestiegen, sondern nächtigen in einem 21,00 USD-pro-Nacht-Hostal. Ich bin spontan bereit mich mit Quito zu versöhnen.
Um 23:00 Uhr war Bernhard dann auch fertig mit hämmern.