Weltumsegelung light

Fr., 18.Dez.15, Tag 566, La Gomera, 2.961 sm von HH

Nun ist es soweit, wir verlassen Europa.

Knapp drei Wochen nach unserem geplanten Abreisetermin, werfen wir Montag die Leinen los. Die Weltumsegelung light hat nach 18 Monaten eine Ende.

Schön war’s bis hierhin. In erster Linie schön.
Aber ein großes Stück weit davon entfernt, abenteuerlich oder gar exotisch zu sein. Klar gab es aufregende Momente: „hui jui jui“ und was hatte ich vor der Biskaya für einen Bammel , aber die meiste Zeit haben wir uns an Orten bewegt, die von Millionen Urlaubern erprobt, für gut befunden und als sicher bereisbar bewertet werden.

Wir haben viel dazu gelernt lagere nie Deinen Müll im Ankerkasten und radl nie ohne Karte durch fremde Städte.

In Europa zu reisen ist so einfach und unbürokratisch:
– dank Schengen können wir kommen und gehen ohne, dass es jemanden schert
– Euro sei Dank, kein Geldwechseln, keine Umrechnungstabellen, keine Gebühren
– gleicher Kulturkreis, gleiche Hautfarbe, gleiche Religion
– gleiche Gesten, gleiche Regeln, gleiche Gesetzte
– es gibt Lidl, MediaMarkt und die zwei großen Schweden

Umdenken, anpassen und aufpassen – nicht großartig nötig.

Dies wird sich mit der Ankunft auf den Kap Verden drastisch ändern.
Lauscht man den Geschichten.

Weltumsegelung un-light

Als erstes reißt es uns aus unserer Bequemlichkeit: Zukünftig machen wir nicht in einem Hafen oder Marina fest, sondern liegen überwiegend am Anker.
Je nach örtlicher Begebenheit wird das Anlanden mit dem Dinghi an einem Dinghi-Dock eine leichte Geschichte, wegen Brandung eine nasse oder gar eine unmögliche Angelegenheit werden.

Das Dinghi schwebt in beständiger Gefahr abhanden zu kommen. Entweder an Land oder nachts am Anker. Somit heißt es auf die Nabelschnur, die uns mit Atanga verbindet, gut acht zu geben.
Nur mit dem Dinghi erreichen wir die Orte und Menschen, die wir kennen lernen und erleben wollen. Nur per Dinghi kommen wir an Land, um dieses zu erkunden. Um Geschäfte für Lebensmittel zu suchen und zu finden.
Das Dinghi, bislang unbeachtet zusammen gerollt auf dem Vorschiff gelagert, wird zum wichtigsten Teil an Bord.

Der soziale Hintergrund der Menschen wird sich gegenüber unserem dramatisch ändern.
Ab Kap Verde werden wir von den meisten wohl als reich angesehen. Als stinkreich sogar. Dazu sind wir noch weiß. Reich und weiß. Da steckt viel Zündstoff in dieser Kombination.

Als Weißer zahlt man häufig andere Preise als die Einheimischen.
Von Willkür bei der Einreise wird erzählt. Korruption sei die Antwort darauf.
„Weißer Rassismus“ ist sicherlich etwas an das man sich heftig gewöhnen muss.

Das Angebot an Nahrung wird sich wandeln. Ebenso die Qualität. Die Säcke aus denen lose Mehl, Reis und Bohnen verkauft wird, wohnen Tiere unterschiedlicher Herkunft.    :mrgreen:
Dienstags gibt es frisches Gemüse, weil dienstags das Versorgungs-Schiff kommt.
Bleibt es aus, gibt es Bohnen mit Reis.

Die Kriminalitätsrate steigt. Von Einbrüche auf Schiffe, von Straßenbanden und Taschendieben kann man lesen. Solange es nur Geld ist, was einem genommen wird…

Zusammen gefasst liest sich eine Weltumsegelung un-light wenig erstrebenswert.
Wir haben einige Bedenken, sorgen uns hin- und wieder.
Aber die Vorfreude überwiegt. Die Spannung steigt.
Wir freuen uns auf die Herausforderungen, die Erfolgserlebnisse, auf positive Überraschungen, auf Hilfe, wenn man sie am wenigsten erwartet. Freuen uns auf die Fremden, auf großartige Landschaften, und Begegnungen. Auf das Abenteuer.

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Mit etwas Fingerspitzengefühl, einem Hauch Unbefangenheit, Vorsicht an den richtigen Stellen und einem großen Sack Freundlichkeit, hoffen wir, dass es zu dem wird, was wir uns erträumen.

Niemand hat gesagt, dass eine Weltumsegelung einfach sei.

9 Gedanken zu „Weltumsegelung light

  1. lissy

    …eine Überfahrt mit wenigen Komplikationen, wunderschöne neue Eindrücke und gutes Internet, damit wir weiter dabei sein können, wünscht euch Elisabeth

    Antworten
  2. Anne und Günter

    Hallo Bine und Achim!
    Lasst Euch nicht verrückt machen von Horrorgeschichten, macht eigene Erfahrungen, wir haben soetwas nie erlebt…
    Alle Leute waren freundlich, es gab überall genug zu kaufen, Fischer boten frischen Fisch.
    Auf den Kap Verden waren die “ Plastic Latschen, die alle Welt trägt, Gold wert, um vom Dingi an Land zu kommen. Wir hatten uns außerdem Räder unter das Dingi gebaut, so war es einfach es aus dem Wasser zu ziehen.
    Eine gute Fahrt, schöne Weihnachten und einen guten Rutsch und Grüße an Karl Heinz und seiner Frau ( To Stützpunktleiter auf Sal).
    Anne und Günter

    Antworten
  3. Jürgen

    Hallo,
    Die Cap Verden sind bestimmt spannend, denn jede Insel ist anders. Geschichtlich bestimmt zum Stirnrunzeln, war es doch der hauptumschlagsplatz im sklavenhandel un den Menschen geht es dort so schlecht, dass sie früher freiwillig nach Portugal in die Zwangsarbeit gegangen sind. Trotz alledem ein fröhliches und gastfreundliches volk . Etwas nervig sind die senegalesischen illegal eingewanderten, die einem alles mögliche andrehen wollen. Wehe, wenn man nach deren Ansprache Blickkontakte hat. Dann wird man die nur schwer los. Aber, die armen „Schweine “ kämpfen auch nur ums überleben. Lasst euch also nicht verrückt machen und genießt beeindruckte Welt dort. Vorsicht beim schwimmen das Wasser ist arschkalt und Haiverseucht.
    Schöne Weihnachten einen guten Rutsch in ein neues Jahr voller Abenteuer.
    Ich denke an euch
    Jürgen

    Antworten
  4. Birgit Paesch

    Hallo Ihr Beiden,

    als weiterhin stille Leserin Eures Blogs wünsche ich Euch eine gute Überfahrt und ein wunderschönes Weihnachtsfest! Ich glaube es ist gut mit so viel Respekt auf die Reise zu gehen, dann ist man gewappnet für das was kommen kann. Es wird bestimmt viel schöner! Ich freue mich auf viele weitere schöne Geschichten.
    Liebe Grüße
    Birgit

    Antworten
  5. Michael

    Euch wünsche ich eine gute Überfahrt. Das Leg hätte mir bestimmt auch Spaß gemacht.
    Möge es mit dem neuen Rumpfanstrich und mit günstigen Winden eine perfekte Segelwoche werden.

    Trotz der Langsamkeit des Segeln ist der Kulturschock bei der Ankunft genauso wie beim Fliegen.
    Man startet irgendwo und kommt ohne Bezug zu Land und Leuten auf dem Weg plötzlich am Ziel an.
    Und nach ein paar Tagen ist der neue Ort gewöhnlicher Alltag.

    Euch wünsche ich heute auch schon frohe Weihnachtstage.

    Michael

    Antworten
  6. Sabine

    Vielen lieben Dank für Eure Wünsche und Kommentare.
    Wie schön, dass Ihr an uns denkt.
    Wir sind nicht bange, sondern freuen uns sehr auf Cabo Verde…
    lg
    Achim&Bine

    Antworten
  7. Hansueli

    Wir wünschen euch eine schönes geruhsames Weitersegeln. Wenn ihr es auf den Kap Verde so lange toll findet wie auf den Kanaren, treffen wir uns halt dort mal ;-)
    Lieber Gruss von Lanzarote
    Hansueli
    PS Seid ihr auf der Überfahrt ab und zu auf einer SSB Frequenz erreichbar? Sollte unsere Anlage mal testen …

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