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Naturwunder Karijini

20.-21.04.24,  Australien/WA/Karijini, Tag 142-143 Roadtrip,  12.720 km total, 118 Tages-km

Der von Eisenerzminen umzingelte Nationalpark Karijini wird hoch gelobt: Schönster Park in West Australien! Auf einem Hochplateau haben Flüsse enge Schluchten in uraltes Gestein geschliffen. Die Halbwüste oberhalb der Wasserläufe ist staubig und wasserarm. In den tiefen Schluchten ist die Vegetation üppig und abwechslungsreich.

Nur der nördliche Teil vom Nationalpark ist erschlossen und selbst hier liegen die Hauptattraktionen fast 200 Kilometer auseinander. Daher bleibt Tom Price unser Basislager und als Tagesausflug fahren wir über staubige Schotterpisten zur Hamersley Gorge.
Die Schlucht ist schmal und besteht aus zwei Pools. Das obere Wasserbecken ist nur über eine glatt geschliffene Schräge zu erreichen. Eine rutschige Kletterpartie.

Abstieg in die Schlucht

Alles ist schräg und verwunden in der Hamersley Gorge

Der obere Pool in der Schlucht

Je nach Sonnenstand wechseln die Farben der Felsen

Wer mag darf schwimmen in den Pools – wir haben verzichtet

Am schönsten sind die aufgefalteten senkrechten Felswände. Aberwitze Gesteins-Windungen, wie Knetmasse von einem Riesen zusammengequetscht. Wir sind nicht die einzigen Besucher, viele gehen schwimmen, und somit bleibt uns die perfekte Spiegelung der verschiedenen Eisenschichten in den kleinen Teichen erspart. ;-)

Verrückte Verwerfungen

 

Zu unserem Bedauern ist der mittlere Teil von Karijini zur Zeit gesperrt. Sehr schade – hier kommen wir in unserem Leben sicherlich nie wieder her. Uns bleibt noch die attraktive Dales-Schlucht am östlichen Ende vom Park. Dort gibt es einen einfachen Campingplatz im Nationalpark, den wir für zwei Nächte buchen. Eine wunderbare Entscheidung, wie wir schon bei der Anfahrt feststellen.

Die Hochebene von Karijini ist flach – ein paar Hügel bilden die Ausnahme

Der Karijini Nationalpark wird touristisch durchaus vermarktet. Der Ranger im unbedeutenderen Millstream Park hat uns schon sein Leid geklagt: „Karijini bekommt das meiste Geld und ich nicht mal genug, um die abgebrannten Schilder wieder aufzubauen“.
Fast alle Zugangs-Straßen sind in Karijini asphaltiert. Eine komfortable Eisentreppe führt hinunter in die Schlucht zum Fortescue Wasserwall. 270 Stufen führen knapp einhundert Meter tiefer in die Schlucht.

Touristisch gut erschlossen – an der senkrechten Wand führt diese Treppe zum Boden der Schlucht

Karaijini NP bekommt viel Geld – perfekt angepasste Treppe an den Felsen

Klar, gibt es weitere Besucher, aber die verwunschene Kulisse ist noch nicht überfüllt. Die meisten Gäste sind Tagesbesucher,  bleiben am Wasserfall und am Fern Pool, um zu baden.
Wir erkunden den Weg, der am Bachlauf tiefer in die Schlucht hinein führt. Der erfordert etwas Kletterei über Felsen und auf Trittsteinen am Bach entlang.
Es ist wunderschön. Zauberhaft. Nicht von dieser Welt. Besser hätte man sich die Landschaft nicht ausdenken können.

Die Dales Gorge

mit dem Fortescue Wasserfall

Fern Pool Wasserfall – schwimmend ganz leicht zu erreichen. Ein Froschkönig-Prinzessin-Teich

Herrlich erfrischend – vielleicht 23 Grad. Wir müssen nicht in jeden Tümpel springen, aber hier kann man nicht widerstehen.

Knabberfische gibt es gratis dazu. Alle Hautschuppen werden weg gefressen. Perfektes Spa.

Natürliche Amphitheater aus glattem Gestein sehen wie gemauert aus. Mal erinnert die Art der Schichtung an Legosteine. An die schmalen Legoplatten, von denen man immer zu wenige hatte. Dann wieder sieht es aus wie ein Kalter Hund, dieser Keks-Schokolade-Schicht-Kuchen, der aus der Mode gekommen ist. Farbspielereien und Formvariationen verändern sich laufend. Und dazwischen der glasklare Bach, gesäumt von üppigem Grün. Silberne, blaue und rote Libellen tanzen im Sonnenlicht vor der roten Kulisse der Schlucht.
Wir vergeben elf von zehn Sternen für die drei Kilometer Wanderweg.

Ein natürliches Amphitheater – die glatten Steine sehen wir uralte Kirchenfussböden aus

Kalter Hund

Farben variieren

Blauer Asbest – der ist nur gesundheitsgefährdend, wenn man ihn einatmet. Hier in der Schlucht sollte er gebunden und ungefährlich sein.

Ein Weg ist geschlossen wegen solcher herabgefallener Felsen und weil zu viel Asbest in der Luft sein soll.

Schön in Ritzen greifen beim Klettern – keine Zeit, um auf Spinnen oder Schlangen zu achten. ;-)

Ende an dieser Stelle für Dolly Buster – ich pass noch durch.

 

 

 

Am Ende steht nicht so eine Luxus-Treppe. :mrgreen: Über an die Felswand geklatschte steile Stufen, geht es fast senkrecht zurück auf die Ebene. Der Weg zum Zeltplatz steht im krassen Kontrast. Trockene Steppe so weit das Auge reicht.
Tom Price und der Karijini befinden sich auf ungefähr 700 Höhenmetern. Tagsüber herrschen noch immer üppige 35 Grad. Unsere Lippen sind rau und rissig. Die Haut auf unseren Beinen sieht aus wie Pergamentpapier. Der Dank geht an 14 Prozent Luftfeuchtigkeit. Nachts fällt die Temperatur auf 12 Grad – morgens finden wir trotzdem keinen einzige Tropfen Tau auf dem Zelt.

Trockenes Plateau oberhalb der Schluchten

Unser Campingplatz in Karijini.

 

Es ist fast Vollmond. Die Steppe ist in silbernes Licht getaucht. Es scheint ungewöhnlich hell ohne Luftfeuchtigkeit. Dazu absolute Windstille. Geräusche werden weit getragen.
Als wir bereits im Zelt liegen, hören wir das erste Mal Dingos heulen. Wir haben noch nie Wölfe gehört (wir wohnen ja nicht in Deutschland :lol: ), aber so muss es klingen.
Mal ist das Heulen nah bei uns, mal entfernt. Verschiedene Töne kommen bei uns an. Kräftiges, männliches  Geheul wechselt sich mit gekicherten Tönen ab. Hin und wieder eine Art Mädchengeheul: hoch, etwas fiepsig und schüchtern.
Sicher thronen wir oben im Zelt – jetzt bloß keine Blasenschwäche zeigen – und starren ins Mondlicht hinaus. Leider ist nichts zu sehen, aber wir schlafen mit der Gewissheit ein, dass die zwei Tage unvergessen bleiben werden.

Warnung vor Dingos – es kommt nur äußerst selten zu Vorfällen zwischen Dingos und Menschen.

 

 

PS: Ich hatte gehofft, dieses Thema nicht wieder anschneiden zu müssen, da wir in Tom Price relativ unbehelligt waren: Kein Paradies ist ohne Quälgeister. Auch in Karijini nicht. Im Gegenteil – so viele Fliegen hatten wir noch nie.
Aber! wir haben bessere Strategien. Tagsüber essen wir nur noch Sachen ohne Messer und Gabel. Fürs erste Mittag haben wir Wraps aus Tom Price mitgebracht. Abends kochen wir nach Einbruch der Dunkelheit (das-bitte-keine-Käfer-im-Dunkeln-Gebet hat geholfen) ohne Belästigung. Außerdem schmieren wir uns gleich Frühstücksbrote für den nächsten Morgen. Hehe.
Mein Netz kommt jetzt unter den Hut. Die Kordeln von Hut und Netz ziehe ich stramm unters Kinn. Da verirrt sich kein Mistvieh mehr drunter und kriecht hinter die Brille (Das ist Schlimmste. Und in den Ohren. Und in die Nase … und …) .

Aber, man gewöhnt sich an alles.

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Wir geben uns geschlagen …

04.-06.04.24,  Australien/WA/Kennedy Ranges NP, Tag 126-128 Roadtrip,11.029 km total, 136+233 Tages-km

Nach der Schaffarm legen wir einen erneuten Stopp in Carnarvon ein. Ein Scheidepunkt, ob man Richtung Norden an der Küste bleibt, oder durch die Hinterhöfe im Inland weiter fährt. Die Temperatur-Vorhersagen fürs Outback sind weiterhin hoch: 37 bis 40 Grad. Zu heiß für die Jahreszeit hört man überall. Wir entscheiden uns trotzdem für die Wüste, eine wenig gefahrene Route.

Die ersten 180 Kilometer sind asphaltiert und führen durch plattes Land. Drei Pkw und zwei Lkw kommen uns entgegen. Rechts und links nur Unendlichkeit an Buschland. Plötzlich geht Achim in die Eisen. „Ich bin sicher, da sitzt ein Thorny Devil – ein Dornteufel auf der Straße. Wir drehen um. Und tatsächlich. Das unscheinbare Stöckchen entpuppt sich als die schönste Echse Australiens. Wie auch immer Achim Adlerauge das erkannt hat?

Dornteufel – keine 20 cm lang. Er hat Kapillare auf der Haut durch die Wasser bis zu seinem Maul geleitet wird. Stehendes Wasser trinkt er nicht. Er frisst nur Ameisen und ist eigentlich nicht zu sehen, wenn es zu heiß wird.

Auf Sand ist er gar nicht mehr auszumachen. Achim hat ihn mit dem Kochlappen-Handschuh vom Asphalt gehoben, damit er nicht überfahren wird. Fand er doof und hat direkt seinen Schwanz aufgestellt und gedroht. Guten Weg, kleiner Schönling.

Wedge-tailed Eagle. Keilschwanzadler. Er hat bis 2,5 Meter Spannweite. Häufig haben wir sie schon auf Aas an der Straße gesehen. Meistens auf  überfahrenen Kängurus.

Immer wieder Rindvieher neben der Straße. Wovon die sich ernähren??

Ein Zwischenstopp im 150-Seelen-Dorf Gascoyne Junction bestätigt unsere Internet-Informationen. Alle Schotterpisten, die wir fahren wollen, haben geöffnet. „Tanke, wenn du die Möglichkeit hast, wer weiß, ob es an der nächsten Tankstelle möglich ist “, lautet eine eiserne Regel im Outback. Das scheint ein guter Rat zu sein: die Zapfsäule in Gascoyne Junction ist defekt. Nächste Tankstelle weitere 260 Kilometer entfernt.

Gasconye River in Gascoyne Junction. Der Fluss ist Richtung Meer total trocken. Aber 180 Kilometer von der Küste entfernt führt er Wasser.

Ein Nebenfluss auf dem Weg zum Campingplatz – vor ein paar Tagen war die Straße noch gesperrt, weil es vor drei Wochen geregnet hat. Die Messlatte zeigt gut, wie hoch das Wasser hier stehen kann.

Wir biegen auf eine gut gewartete Schotterpiste ab, die 60 Kilometer zum Kennedy Ranges Nationalpark führt. Eine Stunde später erreichen wir die Tafelberge. Was für eine Szenerie. Einfach großartig. Außer uns sind bereits zwei weitere Camper anwesend.
Wanderwege starten direkt am Campingplatz und die sind spektakulär. Führen tief in die engen Schluchten hinein. Durch ausgetrocknete Bachläufe.  Es ist viel Kletterei über vom Wasser mitgerissene und liegen gebliebene Felsen. Häufig muss ich die Hände zur Hilfe nehmen. Nicht ganz unanstrengend. Die Empfehlung lautet, vier Liter Wasser mitzunehmen. Und ja, es ist heiß. Ziemlich heiß. Aber inzwischen sind wir tatsächlich so gut an viel Hitze gewöhnt, dass wir gut damit klar kommen.

Frühstück vor Traumkulisse

In der Temple Gorge sind die Farben nicht von dieser Welt.

Steinformationen im Farbentaumel

bizarr

wie rosa Nasenlöcher

 

 

Wanderung mit Aussicht an Tag zwei

Wasserlose Wasserfälle führen zum Kopf der Tafelberge und bieten ein cooles Panorama. Recht heftige Kletterei zum Teil.

Endloses Land

Unten auf der Ebene liegt der Campingplatz – unser Bundy ist knapp von der Bergnase verborgen.

Kennedy Ranges – die weiße Fläche rechts ist kein Wasser, sondern ein Salzsee.

Billabong – dass sich die Wasserlöcher überhaupt halten können bei der Hitze, wundert uns. Viele Känguru-Spuren und etwas völlig Unerwartetes:

Die Kaulquappe muss sich beeilen. Jeden Tag wird der Tümpel kleiner.

 

Nachts sinkt die Temperatur auf 24 Grad. Kein Windhauch regt sich. Alles ist ruhig. Selbst die letzten Grillen schweigen. Die Luft liegt wie Seide auf der Haut. Wir löschen alle Lampen. Die Milchstraße glitzert als weißes Band am Himmel. Die Sterne scheinen zum Greifen nah. Die Welt bleibt stehen. Alles wird klein und unwichtig. Eine Nacht zum Niederknien.

 

Die Aufgabe, die Kapitulation. Wir beugen uns …

Diese himmlisch ruhigen Stunden haben wir uns hart erkauft. Zu hart. Nennt uns gerne Weicheier. Kein Problem. :mrgreen:

Diese Schönheit ist gepaart mit der garstigen Seite der Natur.

– Gleich beim Aussteigen am Campingplatz ist klar, hier gibt es Fliegen. Unfassbar viele Fliegen. Milliarden. Sofort ziehen wir uns die Fliegennetze über den Kopf. Aushaltbar!

Netzt vorm Kopf – 12 Stunden am Tag. Ohne Netz vorm Gesicht und beide Hände mit etwas beschäftigt, geht nicht. Die Viecher kriechen in die Augenwinkel, Ohren und Mundwinkel. Eine Hand muss zum Wedeln immer zur Verfügung stehen.

Fliegen! Alles, was nur ein klein wenig feucht ist, wird sofort besetzt.
Frisch ausgezogene Wandersocken zum Beispiel … yuck.

– Nur fünf Minuten später habe ich drei Bremsenstiche kassiert. Mit ihren Stacheln dick wie Stopfnadeln hinterlassen sie schmerzhafte Stiche. Dagegen hilft Mückenspray. Aushaltbar!

– Lebensmittel auszubreiten, kann man wegen der Fliegen vergessen. Wir wissen aber inzwischen, dass zehn Minuten nach Sonnenuntergang alle Fliegen verschwunden sind. Unser Abendessen ist entsprechend durchorganisiert. Während der kurzen Dämmerung von zwanzig Minuten schneide ich einen Krautsalat. Ein Rest Kartoffelsalat vom Vortag wartet im Kühlschrank. Dazu gibt es fertige marinierte Hühnchen-Spieße vom Grill.
Als alles bereit steht, ist es dunkel geworden. Wir schalten zwei Lampen an. Während die Spieße brutzeln, kann der Krautsalat durchziehen.
Gegen die Mücken, die nun auftauchen, hilft eine zweite Lage Spray. Alles aushaltbar!

– Noch während die Spieße brutzeln, erreicht uns eine Invasion kleiner Käfer. Auf dem heißen Herd machen sie beim Verbrennen Geräusche wie Popcorn. Im Krautsalat sind sie nicht mehr vom Kümmel zu unterscheiden. Wir haben jetzt schon mehrfach im Dunkeln, sowohl auf Campingplätzen als auch im Outback gekocht. So etwas kennen wir bislang nicht. Vor lauter Käfer aus dem Essen puhlen, vergeht uns der Appetit. Nicht aushaltbar!
Spontan ist Ruhe, als wir die Lampen löschen und die Sterne ihre Arbeit machen lassen. Das ist aber zu wenig Licht zum Essen.

Käfer-Invasion. Es sieht auf dem Foto nicht sooo beeindruckend aus. Es waren Tausende.

– Am nächsten Morgen erscheinen uns die Fliegen noch mehr geworden zu sein. Unter dem Netz ist es warm, man kann schlecht sehen. Und immer wieder schaffen es welche darunter zu kriechen. Sie krabbeln auf den Armen und Beinen. Das Gesumme hört nicht auf.
Wir können ihnen nicht entkommen. Ein Wohnwagen wäre schön. Wir gehen sogar in der schlimmsten Nachmittagshitze noch einmal in die Schlucht. Beim Laufen ist es erträglich. Uns ins Zelt zu verziehen, vermeiden wir aus zwei Gründen: viel zu heiß und es ist unmöglich durch die Gaze-Tür zu kommen ohne Fliegen mitzunehmen.

Tiefer Schatten in der Schlucht. Und man kann sich einbilden, dass es hier weniger Fliegen gibt. So schön hier.

– Am nächsten Morgen zum Frühstück sind sie noch etwas träge. Das ist grade noch genießbar. Viel Wedelei und schnell, schnell fertig werden.
Unser Mittagessen ist der Rest vom Vorabend und fällt eklig aus. Der Krautsalat ist gut durchsetzt mit Käfern. Achim isst während er läuft und schaufelt sich ungeprüft alles unter sein Fliegennetz in den Mund. Ich esse ohne Netz, nur mit der Gabel. Eine Hand zum Wedeln, um die Fliegen vom Essen und aus dem Gesicht fern zu halten. Ein unmögliches Unterfangen. Zumal ich die falschen Kümmel-Käfer aussortieren möchte. „Ich hatte keine Käfer“, Achim ist sich sicher. Ich mir auch, er hatte reichlich. :mrgreen:

– Ich hoffe am ersten Abend bei den Käfern noch auf eine Art Ereignis – nur einmal im Jahr zum ersten Neumond im April oder so was. Wir warten am zweiten Abend ab,  bis es richtig dunkel ist, machen dann Licht an und da fliegen sie auch schon herbei. Somit kochen wir nicht, sondern es gibt nur Brot mit Dosenfisch. Schnell runter geschlungen. Grade aushaltbar! Aber auf Dauer wertlos, wenn wir nicht mal kochen und richtig essen können.

– Wir löschen alle Lampen. Und da ist sie wieder, diese unbegreifliche Milchstraße. Es ist unbeschreiblich schön und wir sind insektenfrei.
Uns knurrt der Magen. Das Essen ist sparsam ausgefallen über den Tag. ;-)

Wir hatten den absoluten Willen durchs Inland zu fahren. Aber wir geben auf – nach zwei Tagen haben wir genug. Wir fahren zur Küste zurück. Das Outback muss warten. Wir geben diese Schlacht geschlagen, aber nicht den Krieg. Angeblich soll es im Winter keine, viel weniger oder wenige Fliegen geben. Je nachdem, wen man fragt.

Wir kommen wieder! Es ist einfach zu schön da draußen.

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Kannibalen-Witze und Tauschgeschäfte

Do.,10.Aug.23, Fiji/Vanua Balavu/Bavatu, Tag 3358, 26.315 sm von HH

Als der Starkwind und der Regen vorbei sind, verlassen alle Mitsegler die Bucht. Sogar der Eigner mit seiner Motoryacht zieht ab. Er bringt die Angelgäste von der Insel. Wir bleiben, haben die große Bucht jetzt ganz für uns. Bislang war das Wetter schlecht und wir wollen die Farm und ihre Aussichtspunkte auch bei Sonne sehen. Wir werden belohnt. Ein Trampelpfad führt zur sensationellen Aussicht auf die Bay of Ilands.

Blick auf die Bay of Islands – der Hauptteil des Labyrinths ist von hier leider nicht einsehbar

Dort wo der Segler liegt (rechts) war noch etwas weiter rechts unser Ankerplatz – gerne hätten wir Drohnen-Fotos gemacht – die hat aber einen Softwarefehler – der ist nur mit Internet behebbar. Schade.

Zauberhafte Inselchen

Farbenfeuerwerk

Es hat sich geloht auf gutes Wetter zu warten

Ein anderer runter zu einem kleinen Strand. Bei Ebbe kann man durch die Mangroven stapfen. Ein seltenes Vergnügen. Meistens ist es in den Mangroven zu matschig, aber hier strecken die Wurzeln im feinen Sandstrand fest.

Der Strand ist herrlich an den Rändern bewachsen

Ein Idyll im Idyll – wir fühlen uns wie Robinson

Durch die Mangroven kämpfen wir uns einen Strandabschnitt weiter

Wir ziehen immer weiter unsere Kreise. Es gefällt uns auf dem Plateau. Ein Bilderbuch aus Bio-Bauernhof, Selbstversorger in Reinkultur und friedlichem Dorfleben. Heile Welt. Und hübsch anzusehen noch dazu. Das Weideland, gespickt mit Vulkanfelsen, eingerahmt von undurchdringlichem Wald. Naturbelassen.
Das Viehzeug grast. Die Sonne scheint. Eisvögel jagen nach kleinen Eidechsen mit blauem Schwanz. Fischreiher mühen sich auch nicht mehr in der Bucht mit Fischen ab. Die Wiese ist reich gedeckt an Echsen. Leicht zu erwischen, wie es scheint. Idylle. Friede, Freude, Eierkuchen.

Es wimmelt vor Eisvögeln – jeden Tag können wir sie bei der Echsenjagd beobachten

Dieses Monster hat einen Hinterleib halb so groß wie ein Tischtennisball

Begehbare Wildnis

Als wir auf dem Rückweg am Dorf vorbei kommen, treffen wir Maria. „Wollt ihr einen Kürbis haben?“ Gerne! Unsere frischen Vorräte werden durch Kahlfrass deutlich dezimiert. „Was möchtest du dafür haben?“ Maria hält Rücksprache mit einer anderen Frau. „Gebt was ihr wollt.“ Wir fragen, ob sie mit einem Glas Honig einverstanden wäre. Sie nickt freudig. Und wir freuen uns ebenfalls, wir haben nämlich ein Honig-Problem an Bord. Viel zu viel vom berühmten Manuka-Honig aus Neuseeland lagert auf Atanga. Er war als Mitbring für die lieben Freunde und Familie in Deutschland gedacht. Jetzt fällt der Flug flach und ihn nach Australien zu bringen, dürfte Stockhiebe nach sich ziehen. Zwei Gläser sind schon auf andere Segelboote gewandert, eines wird gerade verfrühstückt.  Und eins geht nun im Tausch gegen einen Kürbis.

Am nächsten Tag treffen wir auf Ratu. Er arbeitet am Gemüsebeet, was nahe der Herrenhäuser angelegt ist. Ratu erzählt uns, dass alle Bewohner des Dorfes von der Insel stammen. Allerdings aus unterschiedlichen Orten. „Bist du zufrieden hier?“, frage ich. „Ja durchaus. Aber wir sind mit vier Arbeitern zu wenige Männer für das riesige Gelände. Wir müssten zehn sein, um alles zu schaffen. Und die Bezahlung könnte auch besser sein. Mit dem Boot fahren wir manchmal in unsere Dörfer und an Weihnachten.“

Früher gab es mal einen Fußweg, der die Nordspitze der Insel mit den Dörfern verbunden hat. Er bedauert, dass dieser Weg verloren gegangen ist. Man müsste ihn reaktivieren, findet er. Es wäre viel bequemer als alles mit dem kleinen Boot( was unten in der Bucht liegt und der Gemeinschaft zu gehören scheint) hierher zu transportieren,
Die Rindviecher werden auch mit dem Boot befördert. Immer wenn die Herde einhundert Tiere erreicht hat, wird abverkauft. Kälber zum weiter Züchten oder Großziehen, bekommt man für 200 Dolla. Ein Tier zum Schlachten kostet 400 Dollar. Die Schlachttiere werden vor Ort erschossen. Die Kälber lebend transportiert. Man mag sich nicht vorstellen, wie das im offenen Bötchen mit Außenborder aussehen mag. Ratu gibt uns eine Vorstellung von der Idee: „Ich möchte eines der Pferde haben. Sie sind nutzlos für den Chef. Er verschenkt sie. Dann binde ich dem Pferd die Beine zusammen und wir hieven es in das Boot“. :shock:
„Wollt ihr zwei Papayas haben und Pok Choi? Und habt ihr vielleicht eine alte Leine für mich? Dann kann ich ein Pferd fangen.“ Achim sagt, dass er bestimmt an Bord etwas Passendes findet. Der Deal ist beschlossen. Katu ernet für uns die Papaya und den Pok Choi. Zwei Trinknüsse gibt es noch oben drauf.

„Ihr könntet die unbeliebten Pferde auch essen“, sagt Achim. „In Deutschland ist das zwar nicht sehr verbreitet, wird aber durchaus gemacht.“ Ratu guckt und grinst: „Unsere Vorfahren haben alles gegessen. Manchmal sogar sich gegenseitig.“ Er will sich ausschütten vor Lachen.

Wir hatten schon davon gelesen, dass sich die Melanesier in Fiji über ihre eigene Vergangenheit lustig machen. Über 2500 Jahre wurde Kannibalismus in Fiji betrieben. Die Horrorgeschichten, die die christlichen Missionare in die alte Welt schickten, über Schlacht-Buffets mit hunderten von menschlichen Opfern, konnten nicht als wahr bestätigt werden. Es kam heraus, dass die Missionare gar keine Augenzeugen gewesen sind.
Unbestritten ist allerdings, dass die Fidschianer als höchste Form der Rache an Rivalen, diese verspeisten. Der letzte bekannte Vorfall ereignete sich 1860 als der Reverent Thomas Baker gefressen wurde. Die Nachfahren des Kannibalen-Stamms haben sich bei den Nachfahren von Baker offiziell entschuldigt.
Die Schuld von damals ist getilgt und seitdem sollen Kannibalen-Witze unter den Melanesiern groß im Umlauf sein.

Bavatu Harbour

Der Blick in die – nun leere Bucht – wir sind allein

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Die sagenhafte Bay of Islands

Fr.,04.Aug.23, Fiji/Vanua Balavu/Bavatu, Tag 3352, 26.315 sm von HH

Wir ankern auf sieben Meter umzingelt von kleinen und größeren Inseln. Sie sehen aus wie der berühmte James Bond Felsen. Wie Pilze. Die untere Felsenkante wurde von den Gezeiten bereits weggefressen. Überhänge von zwei, drei Metern sind entstanden. Bei Ebbe werden die freistehenden Zahnhälse komplett sichtbar. Bei Flut nagt das Wasser weiter an den Inselchen. Vom Gestein ist nicht viel zu erkennen. Die Pilz-Inseln sind üppig begrünt. Bäume und Gestrüpp krallen sich in den Felsen. Das Wasser schimmert smaragdgrün. Petrolgrün. Türkisgrün. Kalkige Auswaschungen aus dem Gestein trüben das Wasser ein und sorgen für diese außergewöhnlichen Farbschattierungen.

Bei Ebbe werden die Zahnhälse der Inselchen freigelegt

Atanga im Inselgewirr

Blick von Bord auf die Felsen

Die Einfahrt in das Inselgewirr verursacht schweißige Hände. Im Zickzack umkurven wir die Inselchen. Einige haben einen Durchmesser von fünfzig Metern, andere sind nur zehn Meter breit. Zwischen den Inseln ist es tief. Häufig mehr als zehn Meter. Bis auf einige Riffe, die den Weg blockieren oder umgekippte Inselchen, die auf ihren Stümpfen nicht mehr stehen konnten.
Ich hatte ja bereits berichtet, dass unsere Navionics-Karte einen Defekt im Großraum Fiji hat. Zum Glück zeigt sie keinen Fehler in dem Atoll von Vanua Balavu – zumindest, wenn man ganz tief in die Details hinein zoomt. Zusätzlich haben wir perfekte Satelliten Overlays von Julia und Götz bekommen. Wir hatten die Crew der TriBalance bereits in der Weft in Neuseeland kennen gelernt und in Savusavu wieder getroffen. Mit zwei verschiedenen Systemen trauen wir uns zwischen den Inseln um herzu fahren. Zum Teil haben wir den Eindruck wir könnten sie im Vorbeifahren anfassen. Eine magische Szenerie.

Die Einfahrt in die Bay of Islands

Nur eine Handvoll Schiffe ankert in diesem Insel-System. Zwei fahren ab, ein neuer Nachbar kommt dazu. Es herrscht ein gemütliches Kommen und Gehen. Abends, kurz nach Sonnenuntergang fliegen Flughunde über den Ankerplatz. Immer in die gleiche Richtung. Wahrscheinlich auf Futtersuche.
Einige Tage sind wir in unserer Ecke ganz allein, dann ankern Steve und Patty aus Hawaii neben uns. Wir verbringen einen netten Abend zusammen und am nächsten Morgen versucht Steve sein Anglerglück vom Dinghy aus. Sehr erfolgreich. Ein Snapper, zwei Makrelen und ein Barsch sind seine Tagesbeute. Eine Makrele schenkt er uns, die als köstliches Filet in unsere Pfanne wandert. Dankeschön!

Tupfen-Makrele – Im Inselgewirr von Steve gefangen

Und wir freuen uns über unser neues Kajak. Mit dem Dinghy ginge es natürlich auch, aber diese zauberhafte Welt ist bestimmt für lautloses reisen. Stundenlang paddeln wir zwischen dem Insel-Wirrwar umher. Mit dem flachgehenden Kajak erreichen wir die letzten Ecken. Immer weiter stoßen wir in das Labyrinth vor. In den abgelegenen Kanälen weht kein Lüftchen. Das Wasser steht still. Nur einzelne Sonnenstrahlen treffen auf die Wasseroberfläche. Es hat den Anschein von Unterwasser-Strahlern. Es ist zauberhaft.

Stundenlang mögen wir zwischen den Inseln umher paddeln

Mit dem Kajak kommen wir in die letzten Winkel des Labyrinths

Eine Art Zauberwelt

Die Sonne malt Effekte wie Unterwasser-Scheinwerfer

Nur an Land kommt man hier nicht. Die Inseln sind zu steil. Die Überhänge zu hoch. Als Schiffbrüchiger wäre dies der denkbar schlechteste Ort. Die Bucht glänzt durch die komplette Abwesenheit von Strand. Halt! Am Eingang von der Bay of Islands finden wir einen. Hundert Meter. Immerhin. Zum Beine vertreten reicht es.

Der einzige Strand weit und breit – keine hundert Meter breit

Eine Idylle für uns ganz alleine

Leider ist das Wetter nur die halbe Zeit auf unserer Seite. Morgen soll es richtig wehen. Ein Grundwind von 26 Knoten ist vorher gesagt. Schwellwarnungen sind verkündet. Da fühlten wir uns umzingelt von Felswänden nicht komfortabel in der Bay of Islands. Wir haben uns deswegen auf die andere Seite von Vanua Balavu verzogen – nur acht Meilen weiter nach Bavatu. Eine geschützte Bucht, nur mit einem schmalen Durchgang nach Norden offen. Weiterhin gibt es kein Internet, aber hier kann man immerhin schon mal an Land. ;-)

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