Die Düse von La Palma

So., 08.Nov.15, La Palma, Tag 526, 2.895 sm, Tages-Meilen 66

Zwischen den Kanaren gibt es örtlich auftauchende Wind-Phänomene, die Kanaren-Düsen. Diese sind brav in den Karten verzeichnet, nur die Düse an der Süd-Spitze von La Palma hat man vergessen.
Es wird berichtet, dass der Wind dort zwei, drei Stärken heftiger bläst als im Umfeld.
Vor ein paar Monaten hat es dort innerhalb von 14 Tagen drei Yachten den Mast gekostet.

Es sei keine Schande vor La Palmas Süden bei kleinem Wind kräftig zu reffen, wird man ermuntert.
Denkt an die Düse„, hört Achim noch am Nachmittag in der Intermar-Funkrunde.

Zu dem Zeitpunkt sind wir noch 20 sm von La Palma entfernt und haben moderaten Wind. Allerdings sind wir sind bereits jetzt sehr schnell. Wir donnern mit 6,5 bis 7,5 Knoten dem Sonnenuntergang entgegen.


Bevor es ganz dunkel ist, geben wir drei Reffs ins Großsegel und machen die Fock „Handtuch“ klein. Unserer Geschwindigkeit schadet diese Maßnahme kaum. Wir preschen ungebremst in die stockdunkle Nacht.
Atanga läuft wie aufgezogen, die Welle ist angenehm, wir machen kaum Schiffbewegungen, tolles Segeln.

Um 20:00 Uhr geht es dann los und soll eine Stunde anhalten.

Aus angenehmen 25 Knoten werden schnell 30 Knoten. Die ersten 35 Böen gesellen sich dazu.
Wir sind schnell. Unheimlich schnell. Wahnsinnige 9,5 Knoten erscheinen auf dem GPS…
Wir sitzen warm und trocken hinter unserer Sprayhood und beobachten fasziniert den Windmesser.
Mir kommen Zweifel, ob ich das alles toll finden soll. Ich frage Achim nach seinem Plan, wenn wir bei 40 Knoten Wind angekommen sollten…   :roll:

Da steigt plötzlich unser Autopilot aus.
Der ist zuverlässig, aber manchmal, wenn über 14,5 Volt Spannung auf den Batterien anliegt, steigt er aus. Schuld ist der Windgenerator, der fröhlich vor sich drehend die Batterien zum Überlaufen bringt.

Ich übernehme schnell das Ruder, Achim kümmert sich um den Strom.
Meinen kuscheligen Platz hinter der Abdeckung aufgebend, finde ich mich im Windkanal hinter dem Ruder wieder.
Handsteuern. Lange nicht gemacht. Aber bei diesem Wind irgendwie cool. Ich merke, dass durch das Rudergehen meine Befürchtungen kleiner werden und schwinden.

Nach einiger Zeit muss ich höher an den Wind, um an La Palma hoch zu kommen.
Der Wind kommt nun genau halb. Die Welle ist noch immer moderat. Oder es kommt mir nur so vor. Viel Zeit auf die Welle zu achten habe ich nicht.

Wir laufen perfekt.

Jetzt mit dem Wind von der Seite, klopft ab und an eine Welle gegen die Bordwand. Die aufspritzende Gischt trifft hinter dem Ruder nur mich.    :mrgreen:
Das beschert mir die Gnade von Wassertropfen auf der Brille. Somit bleibt mir verborgen, dass der Wind mittlerweile auf die beschrienen 40er Böen angestiegen ist.
Ich finde Ruder gehen somit weiterhin super. Achim kuschelt hinter der Sprayhood und schweigt darüber. Vielleicht ganz gut so.

Dann, wir geraten in die Abdeckung von La Palma, ist das Theater zu Ende.
Von jetzt auf eben.
Verbliebene 20 Knoten – und uns kommt es vor als ob wir stünden.
Vor allem fällt auf, wie ruhig es ist. Wind macht ja einen so unglaublichen Lärm.
Die Wanten pfeifen, Fallen klappern, das Meer gürgelt, rauscht und faucht. Der Wind drückt auf die Ohren.

Weitere 10 Minuten später haben wir noch genau Null Knoten Wind. Die letzten 10 sm nach Tazacorte motoren wir bei glattgezogenem Meer. Die Anfahrt ist, wie versprochen, einfach. Aber nach so einem Wind kommt uns erst mal Alles einfach vor.

Falls uns heute Nacht jemand entgegen gesegelt kam: Du arme Sau, für dich legte die Düse nicht zwei bis drei Wind-Stärken drauf. Sondern acht!
Hoffentlich warst Du gut gerefft.

Zum Arbeitsdienst nach La Palma

Sa., 07.Nov.15, La Gomera, Tag 525, 2.829 sm

Morgen Vormittag brechen wir die Zelte auf La Gomera ab.
San Sebastian ist zwar verträumte Provinz, mir aber sehr ans Herz gewachsen. Eine liebenswerte Stadt.
Kaum Verkehr, keine Ampel, keine Hektik: Morgens auf dem Weg zum Bäcker hat Achim immer die gleichen Rentner mit ihrem Rollator getroffen.

Die Wege zum Markt sind kurz und wenn man sich auskennt, findet man fürs tägliche Leben hier alles. Man muss nur verschiedene Geschäfte abklappern und manchmal auf Nachschub mit der Fähre warten.

Apropos Fähre. Ich hoffe , dass in Tazacorte das Internet wieder verlässlicher ist.
Die letzten zwei Wochen funktionierte das „gelbe Netz“ hier gar nicht mehr.
Fred hat direkt nach dem Festmachen sein WiFi einfach abgestellt….wer auch immer uns da verpetzt hat.  ;-)

Die Strecke nach La Palma beträgt ca. 65 sm und die Vorhersage ist ein eher leichter Wind.
Wir werden auf jeden Fall im Dunkeln in Tazacorte ankommen, somit ist es egal, wie pünktlich wir vormittags die Leinen los werfen.
Es gibt einen Wartesteg in Tazacorte und die Einfahrt sollte problemlos möglich sein.

Am Dienstag haben wir unseren Krantermin verabredet.
Alles was wir bisher gehört haben, soll der Werftbetrieb dort sehr gut sein.
So können wir mit sechs Wochen Verspätung endlich unseren dreitägigen Arbeitsdienst antreten.

Unerwarteter Besuch

Do., 05.Nov.15, La Gomera, Tag 523, 2.829 sm

Am Montagabend, wir wollen gerade Abendessen, klopft es am Schiff und jemand ruft: „Hallo Joachim“.
Der geht nachschauen wer das sein könnte und ich kann die Fragezeichen förmlich an seinem Kopf wachsen sehen.
Er hat keinen Plan, wer vor ihm stehen könnte, wird aber umgehend aufgeklärt: Es ist sein Cousin Frank und die beiden haben sich fast 40 Jahre nicht gesehen.

Frank macht mit Birgit Urlaub auf La Gomera. Durch Familientratsch und den Blog wissen sie, dass wir hier sind und haben beschlossen spontan bei uns vorbei zu schauen.

Seine Freunde kann man sich aussuchen, die Verwandtschaft nicht. :mrgreen:
In diesem Fall ist das allerdings nicht so schlimm, denn wir verbringen einen unterhaltsamen, netten Abend miteinander. .
Obwohl sie nach Valle Gran Rey eine Stunde Fahrzeit haben, brechen die beiden erst spät bei uns auf.

Eine zweite Verabredung zu einem gemeinsamen Abendessen wird von Frank und Birgit um eine Insel-Rundtour mit ihrem Leihwagen erweitert.

Die zwei holen uns also heute um 11:00 Uhr in der Marina ab. Das regnerische, schlechte Wetter der letzten Tage ist verzogen. Die Westseite der Insel zeigt sich komplett wolkenfrei und Achim und ich kommen doch noch in den Genuss den Nationalpark nebelfrei zu genießen.

La Gomera ist wirklich eine Schönheit und unbedingt eine Reise wert. Hinter jeder Ecke wartet eine neue, atemberaubende Schlucht.

Nach einem tollen Tag riskieren wir noch einmal einen Restaurantbesuch in San Sebastian und werden diesmal nicht enttäuscht.
Für 10 EUR gibt es Thunfisch oder Bonito, auf den Punkt gegrillt, echte Papas arrgugadas und Mojos dazu.
Hör gut zu, Pincho Pincho, es geht also doch. ;-)

Und, Birgit und Frank, nächstes Mal sehen wir uns in der Karibik und nicht erst in 40 Jahren…
bringt Euren schwarzen, leicht dreckigen Humor und Eurer ansteckendes Lachen mit.
Das macht wirklich Spaß!

Hafentage, Hafenabende, Hafennächte

Di., 03.Nov.15, La Gomera, Tag 521, 2.829 sm

Für Aktivitäten in einen Umkreis größer 500 Meter sind uns weiterhin die Hände, nein, das Knie gebunden. ;-)

Wir nutzen die Tage, um weiter unsere Vorbereitungen für den Atlantik voran zu treiben.
Achim knüpft mir unter den Solarpanelen ein Netz für großes Gemüse und Obst.
Wir haben bei vielen Yachten diese Variante der Aufbewahrung gesehen und hoffen, dass sich das gut bewähren wird. Das Netz sollte fast den ganzen Tag beschattet sein. Gut belüftet ist es in jedem Fall.
Vielleicht hat ja schon jemand Erfahrung und kann uns berichten?

Ich koche heute über drei Kilo Fleisch als Gulasch, Hack-Sauce und Hähnchen-Curry ein.
Die Versuchsreihe, die ich mit Gabi gestartet habe, war sehr hilfreich dabei.
Deswegen habe ich Schwein auch weg gelassen, weil Achim und ich das eingekocht nicht so toll fanden. Und mein Lieblingsfleisch ist es sowieso nicht. Da könnte ich komplett drauf verzichten. Und nur ein Glas zieht kein Vakuum. :-)

Atlantik-Segler


Die Abende sind bunt und abwechslungsreich. Lernen wir doch jeden Tag neue, nette Leute kennen. Der Hafen füllt sich zunehmend mit Seglern, die von hier aus den Atlantik überqueren wollen.

Yvonne und Armin klopfen bei uns an. Die beiden haben ein halbes Jahr Zeit mit ihrem Kat vom Mittelmehr in die Karibik zu kommen. Sie outen sich als Langzeit-Blog-Leser und haben ein paar Fragen bezüglich Amateur-Funk.

Da kann ihnen vom Chef-Funker von Atanga geholten werden und wir werden spontan zu Pizza und Apfel-Muffins eingeladen. Leider werden wir die beiden wohl nicht wieder sehen, denn ihnen läuft die Zeit davon. Aber eine Einladung nach Tennessee, in ihr zukünftiges Zuhause, haben wir in der Tasche ;-) und wer weiß…

Dann gibt es noch Christiane und Ulrich, die mit ihrem Luxus-Alu-Dampfer unterwegs sind. Ihr Weg soll sie in die hohen Breiten nach Kap Horn führen. Wir verbringen ein paar Abende mizteinander, denn sie haben viele schöne Geschichten zu berichten.

Und vom Charter-Schiff vis á vis werden wir zum Gin Tonic (grusel) eingeladen. Der kann dann zum Glück vor Ort in einen Rotwein umgewandelt werden.

Somit sind die Nächte kurz… :cool: