Cancún

Mi., 08.Feb.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 984, 9.937 sm von HH

Cancún ist eine künstliche Stadt, die man sich in den 70er Jahren ausgedacht hat.
In Acapulco, auf der Pazifik-Seite, fand schon längst der amerikanische Luxus-Urlaub statt, während die Karibik-Küste noch nichts vom großen Geld-Verdienen ahnte.
Da erfand man Cancún am Reißbrett. Mittlerweile zählt die Stadt mehr als eine halbe Million Menschen, die alle direkt oder indirekt vom Tourismus leben.
Eine gesichtslose Stadt ohne Geschichte, ohne Charme, so steht es geschrieben.

Nach dem Import von Atanga sind wir ja nun schon mal am Festland und wollen uns selber überzeugen. Ein Typ, den wir nach einer Bushaltestelle fragen, entpuppt sich als Taxifahrer.
„Ich bring Euch ins Zentrum. Kostet 60 Pesos.“
In Mexiko ist es üblich zu handeln. Das vergessen wir angesichts der günstigen 2,85 EUR für die Fahrt.

Er soll uns am Markt absetzten, so unsere Idee. Sehenswürdigkeiten gibt es nicht, also ist man mit dem Markt ja immer gut bedient. Wir haben keinen Stadtplan und keine Idee wo unser Amigo uns absetzt.
Aber es ist am Markt.

Der Markt ist nicht besonders schön, aber es gibt alles, was das Herz begehrt. Eine riesen Auswahl an Obst und Gemüse, endlich wieder frische Kräuter und nicht nur Bananen.
Und Fress-Stände, jede Menge Fress-Stände mit lockenden Köstlichkeiten.
Alle ‚boil it, peel it or forget it-Regeln‘ ignorierend, futtern wir uns durch.
Dass der Teller in Plastik eingeschlagen ist, damit er nicht abgewaschen werden muss, ist allerdings ätzend.

Wir bekommen einen ersten Eindruck einer total schrägen Preisgestaltung in Mexiko.
Beim Einklarieren werden wir so richtig gemolken (der Stachel mit den 275 USD für nichts, steckt noch tief), dagegen ist auf dem Markt alles preiswert: Wir bezahlen 4,50 EUR für unseren Snack, inklusive einem halben Liter frisch gepressten Orangensaft.
Das teuerste Fleisch kostet 5,00 EUR das Kilo und Tomaten sind für 20 Cent das Kilo zu haben. :shock:

Dann der Gegensatz im benachbarten Einkaufszentrum. Pipi machen kostet 0,25 Cent.
Das ist mehr als ein Kilo Tomaten kostet. Kopfschüttel. Das passt irgendwie nicht.
Das beste am Toilettenbesuch ist das abgezählte Klopapier. Auf einem Tisch liegen kleine Häufchen sauber abgewickeltes Papier von denen man sich einen Stapel nehmen darf. ;-)

Wir lassen uns durch die Stadt treiben, die in der Tat nichts besonderes bietet. Im Schachbrettmuster angelegt, ist es aber leicht sich zu orientieren. Wir finden tatsächlich unseren Weg hinaus. Plötzlich tauchen Schilder Richtung Puerto Juarez auf von wo wir mit der Fähre zurück zur Insel fahren.

Einklarieren in Mexiko

Mi., 08.Feb.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 984, 9.937 sm von HH

Der Mexikaner an sich stempelt gern, liebt Fotokopien und hat für alles ein Formular.
Im Vorwege hatten wir umständliche Dinge über das mexikanische System gelesen.

-Zoll
-Immigration
-Gesundheits-Check
-das Schiff muss befristet ins Land importiert werden
-der Kahn wird ausgeräuchert (damit sich Antillen-Kakerlaken nicht mit hiesigen Viechern mischen :mrgreen: )
-man benötigt eine Fishing-Licence (eigentlich schon bevor (!) man in mexikanische Gewässer vordringt). Pro Person 40 USD, sobald sich auch nur eine Angel, ein Haken oder Köder an Bord befindet.

Um uns einreisenden Gästen das Leben zu erleichtern, bieten Agenten ihre Dienste an.
In der Marina Puerto Isla Mujeres übernimmt dies German. Per Mail wusste er, wann wir ankommen würden und alles war in die Wege geleitet: Schon drei Stunden nach Ankunft misst der Gesundheitsmann bei Achim Fieber. Körpertemperatur 36 Grad. „Du bist gesund und ihr Deutschen seid sowieso gegen alles geimpft.“
Ohne mich je gesehen zu haben, trägt er für mich ebenfalls ‚kein Fieber‘ ein.

Dagegen will der Immigrations-Inspektor einen Blick auf mich werfen und mein Konterfei mit dem Pass vergleichen. Alles gut.
Die Pässe nimmt er allerdings mit…Stempel vergessen. Die bringt er am nächsten Tag brav zurück. Nun gestempelt.
Auch das Ausreisepapier aus Curaçao ist übersät mit Stempeln und Unterschriften. Achim als Skipper muss an 16 verschiedenen Stellen unterschreiben. :shock:

Parallel dazu arbeitet der Zoll ebenfalls sein Pensum ab. Die benötigten Papiere bekommen wir nach drei Tagen geliefert. Wegen Feiertag am Montag hat es einen Tag länger gedauert als üblich. Grins.

Auf’s Ausräuchern und auf die Fishing-Licence wird verzichtet. Ob es an German’s Einsatz liegt oder wir einfach nur Glück haben, werden wir nie erfahren.
Trotzdem waren die 75 USD für German gut investiertes Geld. Anderenfalls hätten wir drei verschiedene Stellen an mehreren Tagen ablaufen müssen, so sind sie alle zu uns gekommen. :-)

Nur die Einfuhr (am Festland) von Atanga müssen wir selber vornehmen. Dabei darf German uns nicht helfen.
Dafür hilft Helena, die gute Seele der Marina.
Sie erklärt uns genau von welchen Dokumenten wir wie viele Kopien brauchen. Und warnt uns vor, dass häufig nicht elektronisch bezahlt werden kann, wir sollen auch Bargeld mitnehmen.
Elisabeth von der ‚Einfuhr-Behörde‘ sei zwar nett, aber wenig flexibel. Kopien macht sie nur für die Behörde. Sollte also eine fehlen, wird man erst durch die Stadt zu einem Kopier-Laden gehetzt.
Natürlich befindet sich die Behörde nicht im Zentrum.

So vorbereitet ist es ein schnelles, aber teures (60 USD) Vergnügen Atanga nach Mexiko zu importieren. Dafür hat dieser Import eine Gültigkeit von 10 Jahren. Na dann.
Über Sinn oder Unsinn dieser Vorschrift wollen wir nicht nachdenken.

Insgesamt kostet uns die Einreise 275 USD. Inklusive German und Aufschlag für Anreise am Wochenende. Viva Mexico.

Isla Mujeres Downtown

So., 05.Feb.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 981, 9.937 sm von HH

Die Hauptpromenade im Hauptort der Insel ist voll. Propevoll mit Touristen, Souvenirläden, buntem Talmi und Golf Carts. Dem Fortbewegungsmittel auf Mujeres.
Nicht nur für lauffaule Amis. Jeder scheint sich mit so einer Karre fortzubewegen. Wir sind die einzigen, die zu Fuß unterwegs sind auf der Zubringerstraße zum Ort.

Alles ist voll im Ort (der hat irgendwie keinen Namen): selbst die Strände sind mit Booten zugeparkt. Erst ganz im Norden findet der Tagestourist ein kleines Fleckchen Strand. Wahrscheinlich Traumstrand, das ist aber wegen der Überfüllung nicht klar zu erkennen.

Es ist kein Wunder, dass Isla Mujeres mit Touris überfüllt ist. Im Halbstunden-Takt kommen die Schnellfähren aus Cancún vom Festland. Eine größere Touri-Schmiede als Cancún dürfte schwierig zu finden sein.
Auf eine Länge von 27 Kilometer steht ein Hotel-Hochhaus am nächsten. Tausende und Abertausende Touristen machen dort Urlaub. Und ein kleiner Teil kommt als Tagestourist zur kleinen Insel rüber gedüst.

So gruselig die Promenade ist, zeigt die zweite Reihe ein Lichtblick, einen kleiner Vorgeschmack wie Mexiko vielleicht sein kann, den Vorstellungen von Mexico entsprechend: alles ist bunt in Leuchtfarben gestrichen, blumig bemalt, grafische Muster auf Decken, Ponchos und Häuserwänden. Unkomplizierter Mustermix.

Der kleine Friedhof ist unordentlich.
Alle Gräber sind durcheinander gebaut, bunt zwischen weiß, schlicht zwischen pompös. Kunstblumen, Kacheln, echte Pflanzen, Madonnen, handgetöpferte Figuren.
Eine Bauvorschrift scheint es nicht zu geben, jeder macht, was ihm und seinem Geldbeutel gefällt. Es gibt handbeschriftete Kreuze und kleine Verschläge, die an Tauben-Häuser erinnern. Überall wurde noch ein Grab dazwischen gequetscht, so dass stellenweise kein Durchkommen ist ohne auf die Gräber zu treten.
Eine liebenswerte Unordnung, ein sympathisches Chaos. Schon jetzt einer meiner Lieblings-Friedhöfe.

Vielleicht ist das ja schon ein wenig ‚das echte‘ Mexiko.

Anfahrts-Krimi

Sa., 04.Feb.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 980, 9.937 sm von HH
Ich hab dicke Augen, die Zunge liegt wie eine tote Maus im Mund, alle Knochen tun mir weh. Ich fuehle mich wie nach einer durchzechten Nacht. Einer Nacht der ganz schlimmen Sorte. Zwanzig Knoten Wind gegen Stroemung verhindern, dass die letzte Nacht erholsam ist. Atanga bockt ab Mitternacht wie ein Maulesel.
Wenigstens geht unsere Planung auf, wir erreichen Isla Mujeres erst nach Sonnenaufgang um 8:00 Uhr morgens. Die fruehen Sonnenstrahlen beissen in den Augen.
Die Anfahrt sieht auf der Karte gar nicht so tricky aus. Die Insel verjuengt sich nach Norden, es folgen ein paar Felsen und Untiefen, die mit einer Boje gekennzeichnet sind. Danach kommt eine Durchfahrt uebers Riff von ein paar Hundert Metern, dann eine neue Boje, die wieder Felsen kennzeichnet. Kennzeichnen soll, denn diese Boje fehlt.
Die Durchfahrt durch die wir muessen, hat eine Tiefe von 2,20 bis 7,60 Meter, je nachdem wo man rueber faehrt. Die Karte verraet nicht, man hatte es sich aber denken koennen (wo soll das Wasser auch sonst hin), dass sich die anrollenden Wellen an der Durchfahrt brechen. Nach 200 Seemeilen kommen sie hier ungebremst an. Wir halten drauf zu. Ich mag gar nicht hinsehen. Sollte ich aber, da ich am Ruder bin. Da rauscht schon die erste Welle schaumguergelnd unter uns durch. Die naechste hebt uns an und wir fliegen mit Endgeschwindigkeit auf der Welle ueber die Riffkante. Ey, muss ich schon nuechtern nicht haben. :shock: Gleich hinter dem Riff sieht die Karibik aus, wie es sein soll: glattgezogenes Tuerkis. Die rollenden Brecher grinsen fies hinter uns her.
Sah Isla Mujeres von See aus gar nicht mal so sympathisch aus, wendet sich auf der windabgewandten Seite das Blatt. Touristisch, viele Angelboote, dicht bebaut, aber trotzdem provinziell, gemuetlich. Ich mag es spontan.
Unser Weg fuehrt dicht an Faehranlegern und klapprigen Fischerstegen vorbei, bevor wir in eine Lagune, gesaeumt von Mangroven kommen. Ein schmaler Kanal fuehrt in die Lagune, Tiefe ueberall mit durchgaengig 3 Metern beschrieben. Schon droht die naechste Herzattacke: 2,20…2,10…1,90! Unser Tiefgang betraegt 1,90. Den haben wir grad auf Bonaire mit unseren Tiefenmessern beim Tauchen gegengecheckt…warum wir nicht stecken bleiben, wissen die Goetter. Wir kommen glatt durch.
Mir reicht es an Aufregung fuer heute. Um 10:00 Uhr sind wir fest und sicher in der Marina Isla Mujeres. 1.188 Seemeilen (2.200 km) nach genau 10 Tagen liegen hinter uns. Die Karibik zu queren ist etwas anderes als eine Atlantikueberquerung. Jamaika und Cayman Islands lagen unter 100 Seemeilen entfernt auf unserem Weg, jederzeit haetten wir abbiegen koennen. Das macht definitiv ein anderes Gefuehl als Atlantic Crossing mit seiner Endgueltigkeit. Wir freuen uns heil angekommen zu sein. Und jetzt wird erst mal Bier getrunken, damit ich Morgen frueh auch weiss, warum ich dicke Augen habe. :mrgreen: P.S. Der Patient Kuehlschrank hat die ganze Zeit problemlos gearbeitet. Kein einziger Aussetzer bei Schraeglage. Wenn allein der Kauf der Vakuumpumpe (immerhin 220 USD) diese Heilung bewirkt hat, war es eine gute Investition. ;-)

Tag 10 – Letzte Nacht

Fr., 03.Feb.17, Karibisches Meer, Tag 979, 9.869 sm von HH
Noch 60 Seemeilen trennen uns von unserer Karibik-Querung. Wir moechten nun ankommen, die Wurst haengt so nah vor der Nase. Und doch fahren wir seit Stunden mit Sturm-Besegelung. Erst in 14 Stunden wird es wieder hell und so lange muessen wir die verbliebenen 60 Meilen strecken. Gar nicht so einfach im Schnitt unter 4 Knoten zu kommen. Eine Weile geht das gut, dann kommen ein paar Boen und dann zieht uns selbst ein Handtuch nach vorn. Grrr. Garantiert, wenn man es nicht will, dann laeuft’s.
Gleich beschert uns Mexiko ein ueppiges Abendessen mit Fleisch satt. Es soll eine Regelung geben, dass Fleisch, was nicht nach US-Norm xy konserviert wurde bei einer Bordbesichtigung konfisziert werden kann. Nun, bevor der Mexikaner mein muehsam eingekochtes Hack mitnimmt, kommt es jetzt gleich in eine koestliche Kartoffel-Gemuese-Zwiebel-Pfanne. „Muchas gracias, Mexico“, sagt der Skipper. :-)