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Tausend und eine Nacht

So., 01.Feb.15, Gran Canaria, Tag 246, 2.421 sm von HH

Seit gestern ist offiziell der Karneval 2015 in Las Palmas gestartet und es steht drei Wochen lang eigentlich jeden Tag eine Veranstaltung auf dem Programm. Das Motto des diesjährigen Karnevals lautet 1001 Nacht – Las mil y una noches.

Die meisten Veranstaltungen finden auf einer Bühne im Parque Catalina statt, ungefähr 15 Laufminuten von der Marina entfernt. Dem Motto entsprechend wurde eine ‚orientalische‘ Szenerie aus Pappmaschee aufgebaut. Das Ganze ist aufwendig ausgeleuchtet und mindestens sechs Kameras übertragen das Geschehen auf eine große Leinwand, die in das Bühnenbild eingebaut wurde. Es gibt zwei Tribünen für die man Karten für die großen Veranstaltungen kaufen kann. Bei den kleineren Wettbewerben ist der Eintritt frei.

Unser erster Besuch gilt dem Wettbewerb der Kinder Comparsas. Bei Comparsas handelt es sich um verkleidete Straßen-Tanzgruppen, die bei den großen Umzügen die Wagen begleiten.Jedoch gibt es vorher Wettbewerbe, um die besten Tanzgruppe zu ermitteln.

Die Veranstaltung ist gut besucht und es wird auch viel gejubelt, geklascht und angefeuert. Aber wir haben den Eindruck, dass die Begeisterung subjektiv gefärbt ist, da das Publikum zum größten Teil aus Eltern und anderen Angehörigen besteht. ;-) Die Besucher deren Kinder gerade keinen Auftritt haben, schauen zum Teil etwas gelangwelt aus der Wäsche.
Wir finden es etwas lahm, denn die Musik ist nicht wirklich mitreißend. Es klingt ein wenig nach spanischer Folklore mit ein paar lateinamerikanischen Elementen, aber ohne Druck und Dramatik. Die Lütten, überwiegend Mädchen (aber das dürfte kaum verwundern) hüpfen hübsch anzusehen über die Bühne und es macht Spaß die begeisterten Eltern zu beobachten.

Auch in Südeuropa gibt es Menschen, die mit Tradition nichts am Hut haben und sich von derartigen Großveranstaltungen wie dem Karneval belästigt fühlen. Die sogenannten Mogollones, die Feiern am Rande der großen Umzüge und Galas, sind gestern abgesagt worden. Die Stadt reagierte damit auf eine einstweilige Verfügung, die von den Bewohnern eines Hauses in der Nähe des Parkes Catalina. Bereits aufgebaute Buden bleiben nun geschlossen.

 

Las Palmas näher betrachtet

Sa., 31.01.15, Gran Canaria, Tag 245, 2.421 sm von HH
Bis Mittwoch war das Wetter mit heiter bis wolkig noch ganz anständig hier und ich konnte in der Sonne im Cockpit liegend meinen Zahn schonen und genesen.
Am Donnerstag war dann das Schlimmste überstanden, feste Nahrung wieder Normalität.
Im Internet schauen wir noch mal nach Kinovorstellungen von dem 3.Hobbit-Film. Und tatsächlich, ein Kino, knapp 4 km entfernt, wirbt mit deutschem Titel.
Da die Vorstellung erst um 22:00 Uhr statt finden soll, beschließen wir tagsüber vor Ort zu prüfen, ob das wirklich stimmt, damit wir nicht „mitten in der Nacht“ vergeblich zum Kino laufen.
Es wird tatsächlich der Hobbit gezeigt, aber leider nur auf spanisch. Somit machen wir uns bei nasskaltem Wetter unverrichteter Dinge wieder auf den Rückweg.
Aber außer deutschem Kino gibt es hier in Las Palmas wirklich alles.
Die Aufnahme dieses Weinschrankes haben wir in einem stinknormalen Supermarkt gemacht. Montags bis freitags erscheint zudem noch stundenweise ein Somalier.
Ich wüsste in Hamburg kein Kaufhaus oder Supermarkt zu benennen mit einem derartigen Weinangebot.
Als Kontrast gibt es hier aber auch noch eine altmodische, wunderbare Markthalle. Es gibt dort neben Obst- und Gemüsehändlern auch gut sortierte Schlachter und Fischhändler.
Der einzige Nachteil vom gemütlichen Einkauf auf dem Markt sind die unglaublichen Tüten mit denen man nach Hause kommt.
Porreestange – extra Tüte, Möhren – extra Tüte, drei Orangen – extra Tüte und das Ganze dann noch mal extra in eine Tragetasche, obwohl ich gar keinen Beutel benötigen würde, da ich ja mit Rücksack da bin.
Selbst wenn man abwinkt, kann man den Tütenwahn nicht verhindern.
Da ist in Spanien noch Lernpotential nach oben offen.
Auch der Geschmack von Schnittblumen und deren Präsentation unterscheidet sich deutlich. Aber offensichtlich werden Blumenpräsente sehr geschätzt, denn ständig sieht man jemanden mit einem Strauß durch die Straßen laufen.

Beim Zahnarzt – Teil 2

Di., 27.Jan.15, Gran Canaria, Tag 241, 2.421 sm von HH

Kurz vor 7:00 stehe ich auf, um mir wenigstens noch ein Frühstück rein zu quälen (wer weiß, wann und ob ich je wieder essen kann) und mache mich um 8:00 mit ganz schön viel ‚Schiss in de Büx‘ auf den Weg. Das bange Gefühl wird noch durch die etwas surrealen Umstände verstärkt, dass ich mit dem Fahrrad in einer mir unbekannten Stadt zum Zahnarzt fahre.

Nun, ich werde von den Mädels herzlich begrüßt, in ein großes Behandlungszimmer und sofort in die Waagerechte gebracht und mit OP-Tüchern abgedeckt. Nur der Mund schaut noch raus. Haare ins Netzt, Schuhe in Plastik gehüllt und dann kommt auch schon der Doc.

Da ich nichts sehen und dem spanischen Gespräch von Arzt und Helferin keinen Sinn entnehmen kann, frage ich vorsichtshalber nach, ob es auch eine Betäubung gibt. Ja, gibt es, wie man mich beruhigt und die folgt dann auch umgehend.

Dottore macht das so gut, dass ich noch nicht mal was von der fiesen Gaumenspritze merke. Über den dann folgenden Eingriff schweige ich lieber, wer es schon mal erlebt hat, weiß was ich meine und wer es noch vor sich hat, dem will ich die Überraschung nicht verderben. :mrgreen:

Der zweite Vorname meines Arztes ist in jedem Fall nicht Empathie, denn als ich einmal etwas zucke und mich klein mache, fragt er, ob es weh tut. Mein ‚ja‘ wird so kommentiert: „Sie schwindeln! Das tut nicht weh, das ist nur der Druck den Sie verspüren. Wenn Sie mich meine Arbeit machen lassen, sind wir in 15 Minuten fertig.“

Oh ha, was für eine Ansage! Er verdient sein Geld also als Handwerker und nicht als Seelentröster, soviel ist mal klar. Ich halte ab sofort still und meine Fresse.

Zu seiner Entlastung muss man aber sagen, dass er ein weiteres Zucken als Schmerz interpretiert und sofort nachspritzt.

Nach der Behandlung kommt wieder die Kreditkarte zum Einsatz, weil 60% des Gesamtbetrages sofort fällig sind. Fix und fertig, komplett alle und wie durch den Wolf gezogen, strampel ich mich dann zum Schiff zurück und warte unheilvoll darauf, dass die Betäubung nachlässt.

Tut sie dann auch, aber die Schmerzen halten sich zum Glück in Grenzen. Ein Anruf aus der Praxis (!), ob es mir gut ginge, streichelt dann doch noch die Seele.*

Abends kocht mir Achim dann noch Kartoffelmus mit Rührei und meine Welt scheint wieder etwas rosiger. Endlich bin ich meine hässliche Zahnlücke los bzw. brauche nicht mehr den falschen Zahn zum Einsetzen tragen. Die provisorische Krone vom Implantat ist etwas kürzer als mein normaler Zahn, damit in den nächsten drei Monaten die Krone nicht an die Zähne vom Unterkiefer stößt. Optisch gelungen, ich glaube, wer es nicht weiß, sieht das gar nicht. :-) :-)

* am nächsten Tag gab es übrigens noch so einen Anruf. :-)

Beim Zahnarzt

Mo., 26.Jan.15, Gran Canaria, Tag 240, 2.421 sm von HH

Sechs Wochen bevor wir unsere Reise begonnen haben, ist noch der Super-Gau eingetreten und ich musste mir einen oberen Eckzahn ziehen lassen. Dieser sollte durch ein Implantat ersetzt werden, aber leider ziehen solche Implantat-Behandlungen über Monate. Die Zahnärztin bei der ich noch in Deutschland war, hat mit Knochengranulat einen Aufbau meines Kiefers begonnen und das Implantat sollte im August gesetzt werden. Ich bin dafür dann extra nach Hause geflogen, leider vergeblich, weil zu wenig Knochen vorhanden war. Also hatte ich beschlossen mein Glück mit Knochenaufbau und Implantat auf den Kanaren fortzusetzen bzw. zu versuchen.

Diese Aktion ist nun am Montag angelaufen. Im Internet finden wir einen deutsch sprachigen Implantologen und klingeln Montagvormittag an seiner Praxistür.

Ich nehme Achim mit, da zum einen mir seine Einschätzung wichtig ist und wir gleich vor Ort besprechen könnenn, ob wir zeitlich mit den Vorschlägen des Arztes hinkommen. Den Damen am Empfang ist schnell klar gemacht, was ich möchte und wir müssen nur eine halbe Stunde warten bis der Chef uns empfängt.

Während seine (es sind mindestens sechs) ‚Mädchen‘ einheitlich in grau-weiß gekleidet sind, erscheint der Doc in einem schwarzen Arzt-Outfit. Der Herr ist so an die 60 Jahre alt und der Inbegriff eines spanischen Patriarchen. Er bietet eine gehörige Portion Autorität, ein überstarkes Ego und Konversation auf englisch und deutsch an.

Ein, aus Deutschland mitgebrachtes, Röntgenbild auf CD läßt ihn sofort die Entscheidung treffen: „Von der Knochen-Breite kein Problem, aber ich brauche ein 3D Scan, damit ich die Tiefe des Knochens beurteilen kann. Das kostet 150 EUR, wird aber angerechnet, wenn es zum Implantat kommt.“ Also stehe ich fünf Minuten später im Röntgenraum…

Sein Beurteilung meines Kiefers fällt weiterhin positiv aus, Einwände von mir, dass es in Deutschland Probleme mit dem Knochenaufbau gab, wischt er bei Seite: „Nein, alles kein Problem, ein Implantat geht, Knochen und Platz sind genug vorhanden, es kommt eine provisorische Krone drauf und nach 3-4 Monaten die endgültige.“ Basta!

Der Mann gibt wenig Raum für Widerworte. Sein Preisangebot liegt 1/3 unter dem deutschen Kostenvoranschlag, die Praxis und die selbstischere Einschätzung des Docs gefallen uns, so dass ich zusage. A

Am Empfang wird dann der Termin vereinbart und zu meinem großen Schreck werde ich dazwischen geschoben und bekomme für Morgen um 8:30 Uhr meinen Termin. :shock:

Auf meine Nachfrage hin, ob Zahnreinigungen ebenfalls vorgenommen wird, kann ich gleich da bleiben. Achim kehrt zu Atanga zurück, während eines der Mädels mir überaus freundlich, schnell und gründlich die Reinigung zukommen lässt. Das muss ich sofort bezahlen (cash, EC, Kreditkarte kein Problem) und liegt ebenfalls 30% unter deutschen Preisen. Mit einem fröhlichen hasta mañana werde ich verabschiedet.

Las Palmas

So., 25.Jan.15, Gran Canaria, Tag 239, 2.421 sm von HH

Über 400.000 Einwohner hat Las Palmas und ist damit die größte Stadt der Kanaren. Sie wurde 14 Jahre, bevor Kolumbus von hier aus in die neue Welt aufgebrochen ist, gegründet.

Aus dieser Zeit gibt es noch einen kleinen, hübschen Altstadtkern, der sich uns menschenleer präsentiert. Das Leben spielt sich in den Fußgängerzonen, Einkaufsstraßen und deren benachbarten Gassen ab.
In der Altstadt wird weder gewohnt, es gibt keine Bars oder Kneipen, sondern hier haben sich nur Architekten und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften angesiedelt. Das ist schade, denn so wirkt das schöne Viertel ausgestorben und langweilig. Der Eindruck wird noch verstärkt, da es bei unserem ersten Rundgang immer mal wieder leichte Regenschauer gibt.

Die Einkaufsstraßen sind im Schachbrettmuster angelegt und der Verkehr hält sich hier, im Gegensatz zu Lissabon und La Coruna, in Grenzen. Dieser wird nämlich über eine 9 bis zu 11 Spuren breite Straße um die Stadt herum geleitet. Leider verläuft diese Straße zwischen Hafen und der City und uns Fußgängern und Fahrradfahrern wird es nicht gar zu leicht gemacht ins Stadtzentrum zu gelangen. Es gibt einen Tunnel, der eigentlich nur für Autos gedacht ist, und an den Fußgängerüberwegen schießt einem ‚ich hab Zeit, ich bin ja noch jung‘ in den Kopf.

Genau wie die Marina ein Shopping-Paradies für Yachties ist, so erhält man in der Innenstadt den kompletten Rest. Es gibt Kaufhäuser wie das Corte Ingles, das zu 100% genau wie Karstadt Mönkebergstraße aussieht und auch das gleiche Sortiment anbietet. Gleich daneben kleine Boutiquen, Ramschläden und Gemüsehändler, die Orangen für 0,49 EUR/Kilo verkaufen.

Außerhalb des Centrums haben sich Lidl, Media Markt und Ikea angesiedelt und die Supermärkte sind zweigeschossig.
Bei Las Palmas handelt es sich wahrscheinlich um die letzte Bastion gut sortierten, mitteleuropäischen Standards und globalisiertem Einerlei bevor man weiter Richtung Westen zieht.