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Kaieteur Wasserfälle

Do., 15.Sep.16, Guyana-Hurakabra, Tag 838, 7.092 sm von HH

Ich sitze in einer 1-Propeller Chesna und fliege ueber Brokkoli. Soweit das Auge reicht, sieht man endlosen Dschungel. Von oben betrachtet, sieht der Wald aus wie ein uebergrosser Brokkoli.

Eine knappe Stunde dauert der Flug zu den Kaieteur Wasserfaellen. Der Held, der mit mir um die Welt segelt, zieht es vor zu Hause zu bleiben.
Kein Wasserfall kann so schoen sein, dass er zu bewegen waere in eine so kleine Maschine zu steigen. ;-)

Der Brokkoli ueber den wir fliegen bedeckt 75% Guyanas. Unbefleckte Natur. Die Holzwirtschaft spielt in Guyana keine Rolle mehr. Aus Umweltschutzgruenden hat man sich aus diesem Business zurueck gezogen.
Aber der Brokkoli hat faule Stellen.
Zwar nur kleine Flecken im endlosen Teppich. Aber faul.

An diesen Stellen wird nach Gold und Diamanten gesucht. Erfolgreich, wie mir unser Guide Antoni versichert.

Mittlerweile sind wir auf einer primitiven Piste auf dem Tafelberg gelandet. Direkt neben dem Wasserfall.

Antoni ist Angestellter des Natur-Reservats Kaieteur-Wasserfaelle und fuehrt uns ueber den Tafelberg. „Die Minen im Urwald laegen ausserhalb des Reservats und seien nicht illegal“, erzaehlt er. „Wird dort Quecksilber eingesetzt?“ frage ich ihn.
Ohne zoegern bejahrt er die Frage.
Die Goldgraeber seien gehalten, die gebuddelten Loecher wieder zu schliessen, aber das bleibt meistens aus.
Die Flaechen sind relativ klein, so dass ich glaube, dass der Wald sich sein Terrain, trotz Erosion und aufgewuehltem Sand schnell zurueck erobern wird. Der Einsatz von Quecksilber ist eine echte Umwelt-Sauerei und schaedigt nachhaltig Natur, Tier und Mensch.

Der Kaieteur-Wasserfall gilt als der hoechste einstufige Wasserfall der Welt. Mit viel Getoese schiessen ueber 100.000 Liter Wasser in der Sekunde die 250 Meter hohen Klippen runter. Ruhig und unaufgeregt kommt der Potaro River aus dem Urwald geschlaengelt, um hier ein abruptes Ende zu finden. Sehr beeindruckend.

„So spectacular, how amazing, excellent and so beautiful“, wie meine englische Reisebegleitung mit typisch britischer Ueberbetonung zu kommentieren weiss. ;-)

Durch lichten Wald gelangen wir an drei verschiedene Aussichtspunkte.
Eine abwechslungsreiche Wanderung ueber zwei Stunden.
Vorbei an uebermannshohen Bromelien. Diese Bromelien, die nicht an Baeumen kleben, sondern fuer sich alleine am Boden wachsen, sind Wohnung fuer die Fingernagel-grossen Gold-Froesche. Die kleinen Pfeil-Gift-Froesche verbringen ihren gesamten Leben-Zyklus in den Wasserbassins der Bromelien.

Nach einer kurzen Mittagspause fliegen wir 15 Minuten weiter, direkt an die brasilianische Grenze. Waehrend des Fluges geht der Urwald in goldgelbe Savanne ueber.
Diese aehnelt den Savannen in Afrika und ist die Heimat fuer vereinzelte Doerfer der Ureinwohner.
Wie der Dschungel, so ist auch die Savanne mit unendlichen Fluessen und Wasserlaeufen durchzogen. Ueppige Oasen haben sich gebildet, die ebenso an Afrika erinnern.

Unser Stopp gilt einem weiterem Wasserfall: dem mehrstufigen Orinduik-Fall.
Unter kleinen Kaskaden ist Baden moeglich.
„Lovely, nice and charming…“ treffen die Briten es wieder auf den Punkt.

 

Auf unserem Rueckflug zum Essequibo-River darf ich beim Piloten vorne sitzen.
Das waere das Richtige fuer Achim gewesen. Schnell stelle ich fest, dass der gute Mann gar nicht die ganze Zeit nach vorne schaut, andauernd gaehnt, ominoese Zettel waehrend der Fahrt ausfuellt und ueberhaupt, einen hoechst unaufmerksamen Eindruck hinterlaesst. :mrgreen: Beim Piloten vorne ist fuer mich jedoch „so spectacular….“

Er haette tot sein koennen

Di., 13.Sep.16, Guyana-Hurakabra, Tag 836, 7.092 sm von HH Mit dem Kauf unseres neuen Aussenborders wurde ein kleines rotes Spiralband mitgeliefert. Beim Ueberbordfallen sorgt die kleine Spirale fuer ein Notaus des Motors. Zumindest dann, wenn Motor und Fahrer durch die Spirale miteinander verbunden sind. :mrgreen: Dieses Band faellt bei Achim in die Kategorie ‚ueberfluessiger Sicherheits-Firlefanz‘. Ich muss mich korrigieren: fiel in diese Kategorie! Das ist unwiderruflich vorbei. Der Skipper hat eine Nahtot-Erfahrung hinter sich und wird in Zukunft immer brav die Spirale benutzen. Achim ist alleine unterwegs als er mit Vollspeed an Heike und Herwig auf der Worddancer vorbei rast. Drei kraeftige Wellen von einem anderen Boot erzeugt, kommen ihm entgegen. Heike sieht Achim und die drei Wellen kommen. Welle eins meistert er mit Bravour. Er gibt weiter Gas. Welle zwei schlaegt ihm die Pinne aus der Hand. Welle drei katapultiert ihn aus dem Dinghy. Durch Welle Nummero zwei vom Weg abgelenkt, nimmt das unkontrollierte Dinghy Kurs auf die Breitseite der Worlddancer. Achims Abflug endet an deren Bordwand, mit dem Kopf voran. Das Dinghy schrammt ebenfalls die Bordwand. Achim sieht den Rumpf des Dinghys ueber sich, denkt nur an den sich drehenden Propeller und versucht so lange unter Wasser zu bleiben, wie moeglich. Rick und Davide, die alles beobachten, denken nur: „ach Du Scheisse, der kommt ja gar nicht wieder hoch…“ Das herrenlose Dinghy wird durch die Worlddancer abgefaelscht und dreht nun mit Highspeed wie eine Furie wildgewordene Kreise im Ankerfeld. Laut ‚Hilfe, Hilfe‘ rufend rettet Achim sich schwimmend zur Badeplattform der Worddancer. Er wird von Herwig gerettet. Nicht ohne Achim ganz fuerchterlich den Daumen zu quetschen. Nebensache. Das Dinghy dreht weiter Kreise. Als Herwig todesmutig in sein Dinghy springt, um das unsere einzufangen, kann er sich nur mit Not auf die Worlddancer zurueck retten. Unser Biest rammt sein Dinghy, nimmt erneut Fahrt auf und duest wie ein Irrwisch weiter. Kalle, der grade des Weges kommt, versucht ebenfalls sein Glueck die Furie zu fangen. Vergeblich. Als unser Dinghy droht ihn zu versenken, nimmt er Reissaus. Ein zweiter Versuch von ihm scheitert knapp. Ein Riss in seinem drei Wochen alten Dinghy Cover ist die Belohnung. :shock: Jetzt eilt Davide zur Hilfe. Ihm gelingt es beim zweiten Versuch, sich auf unsere Wulst zu stuerzen und er bekommt die Notaus-Spirale zufassen. Jetzt ist Ruhe. Seine Belohnung sind ein defekter Propeller am (das stimmt wirklich) nagelneuen Aussenborder und eine Macke im ebenfalls auf Jungfernfahrt befindlichem PVC-Dinghy. Au weia, das wird teuer fuer Achim. Die Wunden sind geleckt sind und die zittrigen Knie verschwunden. Alle sind erleichtet und froh. Wenn Achim von dem Propeller geschreddert worden waere, haetten wir ihn in der trueben Fluss-Bruehe und bei mindestens einem Knoten Dauerstroemung wohl nie wieder gefunden. Eine Zeitlang haette man vielleicht noch einer Blutspur folgen koennen. ;-) Er haette tot sein koennen… Was dann folgt, kann nur noch liebevoller Spott sein. Keine Fahrt von Achim durchs Ankerfeld, bei der nicht jemand eine rote Spirale in die Hoehe haelt. :mrgreen:

Ausflug nach Bartica

Di., 13.Sep.16, Guyana-Hurakabra, Tag 836, 7.092 sm von HH

Davide, unser Rally-Organisator nimmt Heike und Herwig von der Worddancer II und uns mit nach Bartica. Er muss sich dort noch um die Einklarierung der Crews kümmern. Ursprünglich war geplant, dass ein Officer von der Immigration nach Hurakabra kommt, einen Stempel mit Bundes-Adler mitbringt und wir offiziell eingereist sind.
Trotz Minister-Präsenz von gestern und vielen Telefonaten von Kid und Davide klappt diese smarte Idee leider nicht. Immerhin darf Davide mit allen Pässen und Papieren für uns Yachties eine Sammel-Einklarierung vornehmen. Für uns Crews bequem, für den armen Davide viel Papier-Krieg

Auf diesem Weg begleiten wir ihn und haben gute Gelegenheit einen Bummel durch die Western-Stadt zu unternehmen. Geprägt von Goldgräber-Stimmung der nahen Minen, muten die Häuser an wie aus Cowboy- und Indianerfilmen.

Alles wird über Wasserwege transportiert. Straßen spielen in diesem Land eine untergeordnete Rolle.
Der Wasserbahnhof ist ein wuseliger Ort.
Menschen reisen an. Zig Personen fallen aus dem Großraum-Wasser-Taxi. Sie werden neben Schläuchen, Generatoren und sonstigen Gütern auf kleine Boote um geschleust.
Für uns nicht zu durchschauen, weiß jeder wohin er muss.
Andere warten geduldig auf ihre Abfahrt.


Fast Einhundert Kilometer flussaufwärts, tief im Dschungel, ticken die Uhren langsamer.
Die Kassiererin im Supermarkt trägt jeden Artikel handschriftlich in einen Quittungs-Block ein. Der zu zahlende Betrag wird mit Taschenrechner ermittelt. Der Junge, der die Waren in Tüten verpackt, steht geduldig daneben.

Einer der täglichen Regengüsse zwingt uns eine Pause auf, bevor wir mit dem Dinghy zurück fahren können. Das gibt uns die Gelegenheit den Mittags-Snack der Einheimischen zu probieren: Reis mit Bohnen und undefinierbarem Fleisch. Huhn soll es sein, ist die allgemeine Hoffnung.
Sehr lecker gewürzt, pikant und mit einem Hauch Zimt.
Für 2,25 EUR eine gut sättigende Portion.

Nereid’s Rally ist die Presse-Sensation in Guyana

Mo., 12.Sep.16, Guyana-Hurakabra, Tag 835, 7.092 sm von HH

Zwei Fernsehteams, mehrere Zeitungsreporter, der Vorsitzende des Tourismus-Verbandes und der Wirtschaftsminister von Guyana geben sich die Ehre, uns dreizehn Yachten in Hurakabra zu begrüßen.

Es scheint wenig Großereignisse im Land zu geben, dass wir so ein Interesse erzeugen.

Eingeladen zu diesem Event hat Kid, der Betreiber vom Hurakabra Resort.
Bevor er das Resort aufgebaut hat, war der rührige, ältere Herr im PR-Bereich einer der Goldminen des Landes tätig.

Nun möchte er mit allen PR-Tricks sein Resort bekannt und Guyana für Yachten attraktiv machen.
Seine früheren Kontakte scheinen es ihm zu ermöglichen, dass er Minister und Verbände zum Kommen bewegen kann.

Der Minister erscheint hemdsärmelig und nur mit kleinem Hofstaat.
Wir werden ihm alle persönlich vorgestellt. Hierbei nimmt sich das Bemühen von Kid etwas albern aus. Bereits am Vorabend wurden wir eingenordet, ja pünktlich um 10:00 Uhr in der Bar zu erscheinen und in einer festgelegten Folge haben wir uns in Reihe aufzustellen.

Minister und Tourismus-Vorsitz zeigen sich interessiert an den Geschichten und Reise-Motiven der Rally-Teilnehmer. Auch Fernsehen und Zeitung führen eifrig Interviews mit uns.

Es werden Reden geschwungen. Gute und etwas Langweiligere.
Der Tenor ist der Gleiche: Guyana ist sehr bemüht darum den Tourismus weiter auszubauen.
Man möchte ein attraktives Urlaubsland werden, dass mit unberührter Natur und großartigen Wasserfällen die Touristen lockt.
In uns Yachties sieht man ein hohes Potential an Verbreitung von Informationen über Guyana.
Sei es über Blogs oder dass am Ankerplatz erzählt wir, wie toll es sei, dieses kleine unerschlossene Land zu besuchen.
Neben dem offiziellen Part gibt es für alle ein Mittagessen als Buffet. Typische lokale Spezialitäten werden geboten. Untermalt von einem DJ, der die aufgelegten Platten mit seiner Steel-Drum begleitet.

Der optische Höhepunkt des Nachmittags sind die Anwärterinnen für den Titel ‚Miss Guyana 2016‘.
In Stöckelschuhen und Bikini posen die Mädels für einen Fotografen bis die Linsen glühen.
Die männlichen Teile der Crews lungern in der Nähe des Schauplatzes herum.
Kontinuierlich wird den Schönheiten näher auf die Pelle gerückt.

 

Neben dem Shooting im Bambus soll noch eins auf der größten Segel-Yacht stattfinden.
Die jungen Damen hüpfen also alle in eines der Schnellboote. Sie sind schon ein gutes Stück auf ihrem Weg als der anwesenden Polizei-Präsenz auffällt, dass dies ohne Schwimmwesten nicht erlaubt ist.
Einige der Mädchen können nicht schwimmen, wie sich bei der Entladung des Bootes heraus stellt. Wie unpraktisch in einem Land, dessen Eigenname Guyana ‚Land der vielen Wasser‘ bedeutet. :mrgreen:

Genug Schwimmwesten sind jedoch nicht aufzutreiben.
Jetzt schlägt die Stunde der Skipper: in PS-schwachen Dinghies ist es offensichtlich erlaubt die Mädchen zur Yacht zu transportieren. So schnell kann man gar nicht gucken, wie einige Herren sich eine Fuhre von zwei, drei Mädchen ins Dinghy Laden.
Einmal mit Miss-Wahlen-Anwärterinnen in einem Boot sitzen. ;-)

Ein netter Tag mit ein wenig Slap-Stick und Muppet-Show dabei.
Mehrfach werden wir nachdrücklich aufgefordert unsere Schiffe über die Toppen zu schmücken.
Immerhin bleiben die Menschen von so einem Dress-Code verschont.

Das ganze tut aber nicht weh und immerhin werden die Interviews noch am gleichen Tag in den Nachrichten gezeigt. Auch die Titelseite vom Guyana-„Express“ berichtet über das größte touristische Ereignis, was in Guyana stattfindet.

Dschungel Walk in Hurakabra

So., 11.Sep.16, Atlantik, Tag 834, 7.092 sm von HH

Unser „Gastgeber“ für die 10 Tage Aufenthalt in Guyana ist das Resort Hurakabra.
Kid und seine Frau Gem haben vor 10 Jahren Urwald bewohnbar gemacht und betreiben seit sieben Jahren das Hotel.

Gut gebucht ist das zur Zeit nicht. Genau genommen gibt es gar keine Gäste.
Wir Rally-Teilnehmer sind in der Bar, zahlungswillig,  willkommen, dürfen Billard und Tischtennis nutzen und können Touren buchen, die üblicher Weise für Resort-Gäste organisiert werden.

Unser erster Ausflug soll ein drei-Stunden-Fußmarsch durch den Dschungel sein.
Kid stimmt uns vielversprechend ein: Lange Hosen und feste Schuhe seien wegen Giftschlangen Pflicht. Es ist möglich, dass wir Affen sehen und es gibt Jaguare gleich in der Nachbarschaft.
Er habe morgens schon die entsprechenden Fußstapfen am Strand gesehen.

Unser einheimischer Guide Mike, unterstreicht durch sein Outfit die potentielle Existenz solcher Wildkatzen: Mit Machete und Pump-Gun ausgerüstet, führt er den Tross an.

Natürlich sehen wir nichts. Da hilft auch der frühe Start um 6.00 Uhr morgens nicht.
Bei einer Horde von über zwanzig schnatternden Seglern war das auch nicht zu erwarten.

Spaß macht der Walk trotzdem.
Allein die Geräusch-Kulisse ist beeindruckend. Zikaden so laut wie ein Rasenmäher, hämmernde Spechte, krächzende Papageien, unbekanntes Vogel-Gezwitscher und -Geraschel begleiten uns.