Leben auf Hao

Mi., 26.Jun.19, Franz.Polyn./Tuamotu/Insel Hao/d’Otepa, Tag 1851, 17.889 sm von HH

Das Wetter ist weniger ‚Südsee‘ als erwartet. Häufig haben wir Starkwindtage mit dicker Wolkendecke. Allerdings ist selten Regen dabei. Das Wasser schimmert grau und ins Nicht-Türkis zum Duschen zu springen kostet einiges an Überwindung bei einer Wassertemperatur, die auf unter 25 Grad gesunken ist. Der Wind-Chill ist nicht ohne. Er kommt vorwiegend aus Süd-Ost, direkt aus der Antarktis. Winter in der Südsee.
Dazwischen gibt es liebliche Abschnitte. Die nutzen wir zum Tauchen oder fahren mit dem Rad in den Süden der Insel. Kilometerlang führt eine Straße den 200 Meter breiten Inselschlauch entlang. Mal haben wir den Blick auf die Lagune, mal auf den offenen Pazifik.
Viele Häuser Richtung Süden stehen leer, die Menschen wollen im Dorfkern wohnen oder in Tahiti. Die Einwohnerzahlen schrumpfen auf fast allen Inseln in Französisch Polynesien.
Die Straße wird zum Feldweg, der Feldweg zur Huppelstrecke. Bis zum Ende der Insel schaffen wir es nicht, der Weg hört irgendwann auf. Die Perlenfarm am Ende von Hao wurde aufgegeben und Kokosnüsse für die Kopra-Produktion werden hier ebenfalls nicht mehr geerntet.

Mein eigener Nuss-Erntehelfer ist immer dabei

An einem andern Tag gibt es ein Grillfest für die Segler-Gemeinschaft und unsere einheimischen Nachbarn. Organisiert von Franzosen, die die notwendige Geheimsprache beherrschen. Es gibt zwei Vorurteile über segelnde Franzosen: 1. Sie rotten sich gerne untereinander zusammen und unternehmen ungern etwas mit anderen Nationen und 2. sie sind die schlechtesten Ankerer der Welt (wobei es sich bei Punkt zwei nicht um ein Vorurteil handelt :mrgreen: ).
„Unsere“ Franzosen sind anders. Sie organisieren einen Grill, halbe Hähnchen und tonnenweise Würstchen. Die Polynesier bringen einen Tisch und Bänke mit. Sie schleppen in großen Schüsseln ‚Poisson Cru‘ an – das Nationalgericht in Polynesien: roher Fisch mit Zitronensaft gebeizt und Kokosmilch übergossen. Je nach Verfügbarkeit kommen Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Paprika dazu. Die Crews bringen Kuchen und Salate mit. Ein bunter Mix aus Essen und Sprache. Es wird Boile gespielt, die Kinder plantschen im Wasser, die Hunde bekommen die Knochen und zur Dämmerung wird Ukulele gespielt. Wir Segler bekommen den Text der Lieder beigebracht und unter viel Gelächter wird gemeinsam (falsch) gesungen. Wer mag, darf sich an der Ukulele versuchen, während eine andere Gruppe in vier Sprachen Schimpfwörter übt. Ein wunderbarer Nachmittag.

Ana, unsere Nachbarin auf Zeit

 

Das Leben ist schön

Die Tage mit schlechtem Wetter nutzen wir für den alltäglichen Wahnsinn auf einem Segelschiff. Die Nähmaschine wird raus geholt, sich leerende Schränke müssen umorganisiert werden und die großen Winschen brauchen eine Reinigung.

1000 Teile Puzzle- jetzt nur wieder richtig zusammenbauen

Und abends? Was macht man abends? Nichts. Es gibt keine Restaurants, keine Kneipe und mangels Touristen nicht mal eine öde Hotelbar. Abends schauen wir einen Film oder, noch lieber, zwei Folgen einer Serie: Desperate Housewives, Dr. House und Jack Bauer besuchen uns am Abend und bereits um neun Uhr fallen uns die Augen zu. Noch ein paar Zeilen lesen und dann ein aufregender Tag zu Ende. Zur gottlosen Zeit um 5:00 Uhr morgens erwacht das Schiff zum Leben und Achim holt uns frisches Baguette zum Frühstück. Wer um 6:00 Uhr beim Becker erscheint, schaut häufig in leere Körbe.
Leben auf Hao.

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