Mana und die Fleischberge

Mo., 24.Okt.16, Franz. Guyana – St.Laurent, Tag 877, 7.629 sm von HH

Wir sitzen im Auto mit Heike und Herwig von der Worlddancer.
Für zwei Tage haben wir ein Auto gemietet und beschließen, nicht Kilometer zu schruppen, sondern die nähere Umgebung zu erkunden.

Unser erster Weg führt uns ins 50 km entfernte, rustikale Mana.
Der Ort hat den Flair einer Cowboy-Stadt.
Alles ist sympathisch.
Ein gewisser Wohlstand scheint sich hier angesiedelt zu haben.


Sehr sauber, geradezu aufgeräumt. Liebhabern vom shabby-Look gehen hier die Augen über. Perfekte Bretter, grade richtig im Verwitterungs-Zustand, an jedem zweiten Haus.
Die anderen sind liebevoll angepinselt. Ein Hauch Karibik in Südamerika.

Mehr Rinder als hier soll es in ganz Frankreich nicht geben.
Die wollen wir sehen.

Wir folgen hinter Mana einer Schotterstraße, die durch eingezäunte Weiden führt.
An einer Ranch halten wir an und dürfen uns umsehen.
Frisch gestriegelte Pferde, die an der Tränke hängen, zeigen, dass die Rindviecher hier noch klassisch getrieben werden. Der Western-Flair aus Mana setzt sich fort. S

Statt normaler Holsteiner Schwarzbunte überrascht uns der Anblick von echten Zebu-Buckel-Rindern.
Die Bullen sind gigantisch.
Eine Tonne Fleisch steht entspannt vor uns. Die Zäune überzeugen nicht wirklich als echter Schutz vor einem wildgewordenem Stier. Aber die Gesellen kauen gemütlich wieder und interessieren sich nicht für uns.


Zebus stammen ursprünglich aus Süd-Ostasien, kommen gut mit tropische Temperaturen klar und sind resistent gegen Insektenstiche.

Über Rindtierhaltung in Südamerika kann man trefflich streiten.
Ich habe im Internet gelesen, dass allein das Gewicht von Rindern das aller Menschen um das Doppelte übersteigt. :shock:
Die Fläche, die benötigt wird, um diese Rindviecher zu ernähren beträgt 33 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Ein Wahnsinn.
Die Tiere sollen ein zehnfaches an Nahrungsenergie benötigen, wie die Menschheit.
Zwischen sieben und sechszehn Kilo Futter benötigt man für ein Kilo Fleischertrag bei einer Mast von zwei Jahren. Wieder Wahnsinn.

Unser Weg führt uns weiter. Ein Stopp an einem kleinen Creek erweist sich als Flop.
Vor uns wurde dieser idyllische Platz schon von anderen Picknick-Begeisterten gefunden. Leider hat deren Müll es nicht mit nach Hause geschafft.
Wie schon so häufig gesehen, macht überall herumliegender Müll den Spaß zunichte.

Gefühlte Preise

So., 23.Okt.16, Franz. Guyana – St.Laurent, Tag 876, 7.629 sm von HH

Ich weiß noch, wie schockiert wir vor einem halben Jahr waren, als wir in Französisch Guyana das erste Mal einen Supermarkt betreten haben. Wie die Made in Frankreich
Alles zu bekommen, aber saftige Preise war das Fazit.

Du meine Güte, wie Sichtweisen sich doch verschieben können. :shock:

Geh ein halbes Jahr in der Karibik einkaufen und Du entscheidest, dass Französisch Guyana ein Billig-Land zum Einkaufen ist.

Nun ist die Buchhalterin mit mir durchgegangen.
Und daher gibt es ab sofort eine neue Rubrik: Wo ist es am teuersten

Bereits seit Januar sammel ich Preise in den Läden und habe im August aus Deutschland die entsprechenden Vergleichszahlen mitgebracht.
Das alles ist in einer Tabelle verwurstet.

Und siehe da, Französisch Guyana ist nur (!) um 36 % teurer als Deutschland und wir fühlen uns schon wieder wie die Made in Frankreich.

Flusswasser

Fr., 21.Okt.16, Franz. Guyana – St.Laurent, Tag 874, 7.629 sm von HH

Was waren wir doch blöd.
Vor einem halben Jahr als wir schon mal im Maroni und Kourou River gelegen haben. Müheseelig haben wir uns mit kleinen Mengen Frischwasser geduscht oder auf einen Regenschauer gewartet.
Da könnte man jetzt lange warten, denn es ist Trockenzeit und es regnet nur noch alle zehn Tage, wenn überhaupt.

Wir haben dazu gelernt!
Im Essequibo haben wir gesehen, wie die Zimmer-Mädels im Hurakabra Resort Bettlaken im Fluss gewaschen haben. Die hingen anschließend strahlend weiß (!) auf der Leine.

Dabei ist der Essequibo noch schlammiger als der Maroni. Viel Sediment wird durch die Goldschürfer am Fluss aufgewühlt und sucht sich seinen Weg ins Meer.
Wie Abwaschwasser gefärbt, machen die Urwald-Flüsse nicht den Eindruck, als könne man darin Wäsche waschen. Und doch, es geht.

Was bei Wäsche funktioniert, sollte auch bei Haut und Haar gehen und nun duschen seit Wochen mit großen Mengen Flusswasser. Die Temperatur beträgt 32 Grad und entspricht somit fast deutscher ‚Duschnorm‘.
Genau wie auf den Bettlacken, bleibt auch auf uns kein ‚Sandfilm‘ auf der Haut zurück. Erstaunlich. Im Handtuch oder auf Kleidung sind keine Spuren zu finden.

Ich bin ein Feigling und kipp mir das Wasser nur mit der Pütz (Eimer mit Band) über.
Achim ist mutig und taucht komplett in den Fluss ein. Aber auch er hat Phantasien, ob sich wahlweise ein Kaiman, ein mannsgroßer Wels oder nur kleine Piranhas für ihn interessieren könnten.
Im Dunkeln verzichtet er in jedem Fall aufs Eintauchen. :mrgreen:

 

Nereid’s Rally – ein Fazit

Di., 18.Okt.16, Franz. Guyana – St.Laurent, Tag 871, 7.629 sm von HH

Die Gemeinschaft ist hat sich aufgelöst. Bis auf die Worlddancer und uns haben sich die anderen Teilnehmer in alle Winde zerstreut. Richtung Süden, zu den ‚Iles du Salut‘, weiter nach Brasilien oder zurück in die Karibik.

Zeit für ein Fazit.

Hat es sich gelohnt an der Rally teilzunehmen? Ist es die 450,00 EUR Startgebühr wert? Kann man die Tour auch auf eigene Faust unternehmen? Fragen über Fragen, ein Teufelskreis. ;-)

Für uns hat es sich in jedem Fall gelohnt. Achim hat in der Zwischenzeit vom ‚Vergessen-Trunk‘ genascht. Die Erinnerungen an die mühseligen Tage der Kreuzens sind verschwunden.

1.) Die Rally verkürzt die Wartezeit auf das Ende der Hurrikan-Saison. Grenada und die Nachbarinseln sind attraktiv und dort lässt es sich angenehm leben.

Jedoch. Schnell ist man dort gefangen in der organisierten Unterhaltung für gelangweilte Segler: Bingo am Mittwoch, montags Pizza zum halben Preis und freitags Einkaufen bei Le Bouche. Dem französischem Schlachter, der mit Bio-Fleisch wirbt, jedoch moralisch fragwürdige Entenstopf-Leber verkauft.

Du möchtest dem entfliehen? Nimm an der Rally teil!

2.) Die Rally führt in Länder, die auf der Spaßverderber-Internet-Seite ‚Auswertiges Amt‘ nicht gut abschneiden: Kriminalität, Piraten, Überfälle.
Dadurch, dass die Tourismus-Verbände in den Guyanas Interesse an uns Seglern haben, standen wir unter einem besonderen Schutz. Während des Aufenthalts in Hurakabra hat die gesamt Zeit ein Boot der Küstenwache bei uns geankert und hatten ein wachsames Auge auf uns. Die Tracks, die wir ausgesendet haben, wurden tatsächlich von der Küstenwache verfolgt. Ungeplante Ankerstopps im Essequibo hatten einen Funkruf der Jungs zur Folge: „Wenn ihr dort ankert, seit ihr nicht unter unserem Schutz. Bitte kommt nach Hurakabra“.
Da wir die erste Etappe ohne Sender gefahren sind, konnten wir ‚unbemerkt‘ in der Mündung ankern.

Du hast vor dieser Region ein wenig Schiss? Nimm an der Rally teil!

3.) Die Rally bietet ein paar Events, die alleine sicher schwer oder unmöglich zu organisieren wären. Die Trips die man Hurakabra Resort kaufen kann, sind alleine machbar.
Mit ein wenig Recherche und Organisation bekommt man das hin. Außerdem gibt es neben dem Hurakabra noch weitere Hotel-Resorts, die auf Touristen warten, tolle Ausflüge anbieten und sich sicherlich über einen dekoratives Segelschiff vor der Frühstücks-Terrasse freuen würden.
Den Tourismus-Minister und die zukünftige ‚Miss Guyana‘ trifft man dann wohl eher nicht. Auch auf Galibi wird man verzichten müssen.

Du hast keine Lust, Dir schwierig zu organisierende Touren selber zu erarbeiten? Nimm an dieser Rally teil!

4.) Im ‚Rudel‘ zu segeln ist eigentlich nicht so unser Ding.
Meistens haben die anderen Yachten nicht das Sitzfleisch wie wir, wollen schnell weiter. Diese Gemeinschaft hat uns jedoch viel Spaß gemacht. Nicht aus allen Crews werden Freunde fürs Leben, aber wir haben total interessante, liebenswerte und lustige Menschen kennengelernt. Menschen mit denen man weiter ziehen möchte.
Der Teil eines organisierten Ganzen zu sein, ist eine tolle Erfahrung.

Die Gruppe war überschaubar groß. Eingetragen hatten sich zwar 16 Yachten. Allerdings ist eine Crew kurzfristig abgesprungen, eine Yacht hat sich von der Truppe ferngehalten (es gibt auch Kauze unter uns Seglern ;-) ) und drei müssten leider schon nach der ersten Etappe umkehren. Eine Wellendichtung, dringende Termine und gesundheitliche Probleme führen zu diesem Abbruch.

Du hast Lust in einer Gruppe von maximal 20 Yachten zu segeln? Dann nimm an dieser Rally teil.

4.) Die Organisation der Nereid’s Rally war sehr gut.
Eine gute Idee von Davide hat leider nicht funktioniert: Er wollte uns die Einklarierung in Guyana erleichtern: Ein Beamter mit Stempel sollte nach Hurakabra gebracht werden, damit wir Crews nicht einzeln nach Bartica fahren müssen. Die Rechnung ging leider nicht auf. Statt dann alle Skipper in einem Wassertaxi nach Bartica zu schippern, hat Davide das für uns übernehmen wollen. Das erwies sich als schlechte Idee.
Gefühlt hatten wir nun jeden Tag etwas mit der Einklarierung zu schaffen: Pässe einsammeln, weißes Papier abgeben, Pässe wieder bekommen, rosa Papier abgeben, neues weißes Papier ausfüllen, Pässe erneut abgeben. Das war etwas unnötig nervig.

Alles andere ist perfekt gelaufen. Egal, ob es die Abholung mit der Pirogge oder die Organisation von Getränke während eines Ausflugs waren. Alles war pünktlich und gut zur Stelle. Davide kümmert sich sehr um seine Rally-Teilnehmer.
Und damit kommen wir zu einem Mecker-Punkt.
Manchmal kümmert er sich um zu viele Dinge gleichzeitig. Verliert sich in Details, wirkt dann gestresst und etwas genervt. Seine Kommunikation ist ebenfalls zu beanstanden. Ansagen über Abfahrten, Verabredungen zu BBQ macht er oft erst in der letzten Minute oder erzählt dies nur einem Teil der Crews.
Solche Sachen müssen sich dann von Schiff zu Schiff als ‚Stille Post‘ verbreiten. Wie in dem alten Kinderspiel, gehen Infos dabei verloren oder es kommt etwas Albernes dazu. :mrgreen:

Du hast kein Problem mit einem chaotischen Italiener zu reisen? Dann nimm an der Rally teil.

5.) Über das Segeln sind alle Worte gefallen.
Da Davide in Saint Laurent du Maroni seine Marina betreibt und er diesen sympathischen Ort als seine Heimat bezeichnet, endet die Rally logischer Weise hier.
Seglerisch einfacher wäre sicherlich die Strecke: Karibik – Kourou (Franz Guyana) – Teufelsinseln – St. Laurent – Guyana. So ist die Rally aber nun mal nicht angelegt. Daher bleibt die unbequeme Version bestehen. Und wenn es einfach wär, dann könnt’s ja Jeder.
Du hast mal Lust, so richtig ausgiebig zu kreuzen und Dich darüber auszukotzen? Dann nimm an der Nereid’s Rally teil. ;-)

Besuch der Lepra Insel

Di., 17.Okt.16, Franz. Guyana – St.Laurent, Tag 870, 7.629 sm von HH

Wieder so eine Freizeit-Nummer. Diesmal heiß das Kind ‚Barbeque‘.
Mit sieben Dinghies machen wir uns flussaufwärts auf den Weg zur Lepra-Insel.
Hierher wurden früher die Lepra Kranken verbannt. Und Papillon hat bei einem seiner vielen Fluchtversuche hier Helfer und ein Boot gefunden.

Heute sind die ehemaligen Hütten der Lepra-Kranken zu Pavillons umgebaut und dienen als Grillhütten. Mehr gibt es auf der winzigen Insel nicht zu entdecken.

Die drei mitgeschleppten Cobb-Grills brennen bereits in Minute zwei nach Betreten der Insel. Irgendwie scheinen alle Männer total unter Grill-Entzug zu leiden. ;-)

Bald duftet es nach Gesottenem und Gebratenem. Es sind die einfachen Dinge im Leben, die am glücklichsten machen. Nach dem Essen chillen in der Hängematte. Ein perfekter Tag.

 

Am Nachmittag kommt noch die Freundin von Samuel (er arbeitet in der Marina) vorbei und bringt ihr winziges Baby mit. Der Kleine ist ein Spider-Monkey-Baby, was sie adoptiert hat.
Seit einem Jahr hängt der Winzling, wie eine Klette an ihr. Die Mutter war von Wilderern erschossen worden. In Zoo wurde der Kleine von den anderen Affen abgelehnt, so dass er schließlich so großgezogen werden muss.

Der Kleine hat übrigens ganz weiche Handflächen. Sieht aus wie Leder fühlt sich aber wie Menschen-Haut an. :-)