Archiv der Kategorie: Reparaturen/Refit

Die Schrauben müssen raus

Sa., 15.Jan.22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2786, 24.688 sm von HH

Vielen Dank für all die guten Tipps, die Ihr uns gesendet und kommentiert habt. Viele bezogen sich auf unser Schrauben-Problem, daher ein paar erläuternde Details: Üblicherweise wird ein Teakdeck geschraubt und geklebt. Dabei wird das Deck vollflächig mit Kleber bestrichen und die Leisten mit Schrauben zusätzlich ans Deck geschraubt. In der Mitte der Leisten. Über die Schrauben werden Holz-Stopfen eingeklebt, die dann bündig mit der Teakoberfläche abgeschliffen werden.
Solche Schrauben haben wir auch, allerdings nur an den Scheuerleisten und in Umrandungen an Luken und ähnlichem. Bei allen anderen Flächen hat man bei Atanga Schrauben ins Holz in den Fugen gedreht und mit Fugenmasse den Mantel der Unsichtbarkeit darüber gelegt.
Diese Schrauben sind erstmals bei unserem eigenen Refit der Fugen im Winter 2010 aufgetaucht. Teakdeck Refit | Atanga  Bis dahin dachten wir, dass unser Deck nur geklebt sei. Bei der damaligen Vertiefung der Fugen haben die Schrauben zum größten Teil ihren Kopf verloren. Darüber haben dann auch wir mit Fugenmasse den Mantel der Unsichtbarkeit gelegt. :mrgreen:

Jedes X ist eine sichtbare Schraube – daneben gibt es noch die im Verborgenen

Da Achim einfach mehr Fläche schafft als ich, haben wir unser System geändert. Er macht Masse. Ich breche zunächst auch Holz vom Deck, aber sobald Achim einen gewissen Vorsprung herausgearbeitet hat, fange ich mit dem Ausputzen unserer Flächen an. Ich befreie die stehen gelassenen Schrauben komplett vom Holz. Dann biege ich die krummen Hunde grade und sie bekommen einen Hammerschlag an die Seite und einen auf den Kopf. Das bricht ihren Halt und sie lassen sich dann ganz passabel mit der Kombizange herausdrehen. Ungefähr jede zehnte Schraube zeigt Widerstand. Ursprünglich zu schräg eingeschraubt, wehren diese Gesellen sich mit jeder Gewindeumdrehung.
Die vielen Schrauben sind der Grund dafür, warum wir kein „schweres Gerät“ benutzen. Pressluft-Spachtel, Multi-Tools oder ähnliches. Wir würden alle Schrauben abscheren. Das passiert sogar mit Stecheisen und Hammer noch häufig genug. Diese Schrauben müssen wir alle ausbohren …

Stehen gebliebene Schrauben zum Ausputzen fertig

Die Schrauben sind Werkzeug-Killer

Die Schrauben freie Fläche ist jetzt noch mit Kleber voll geschmiert. Der ist auch nach über dreißig Jahren noch elastisch und macht was er machen soll: er klebt wie Teufel am Deck. Von alleine kommt das Zeug nicht runter. Es muss aber runter, da das Deck am Ende noch geschliffen wird und sich der Kleber sich nicht schleifen lässt.

Der Kleber muss ebenfalls runter

In Streifen verklebt – Pfusch am Bau

Wo die Schrauben saßen haben wir offene Löcher. Die müssen noch am gleichen Tag zu, damit es dort nicht rein regnen kann. Allerdings kommt vor „zu“ erstmal größer bohren, damit wir die Löcher anständig füllen können. Nach dem Bohren folgt das Aussaugen der Löcher und mit Aceton ausreiben, damit das Epoxid gut haftet. Epoxid ist ein Zwei-Komponenten-Füller, der möglichst exakt gemischt werden muss, damit er weder zu schnell oder zu langsam aushärtet.
Das kann man recht ungenau von Hand mischen oder man benutzt ein Pumpen-Misch-System. Diese sind leider aasig teuer. Jetzt kommt Glück ins Spiel. Auf dem Werft-Bauhof gibt es drei dieser Pumpensysteme. Von dort können wir uns im Joghurt-Becher unseren täglichen Hub abholen den wir benötigen. Gleich perfekt gemischt – wie wir es wollen, slow, very slow oder normal aushärtend. Wir nehmen slow, unserem Arbeitstempo angemessen. :mrgreen:
Der Bauhof-Meister notiert die Anzahl unserer Hübe (Epoxid ist ebenfalls aasig teuer) und wir bekommen nur das Material in Rechnung gestellt.

Mit einer Art Holz-Eis-Stil füllen wir dann die Löcher. Bitte nicht überkleckern, das Epoxid wird eisenhart und  ist schwer zu schleifen. Ungefähr hundert Löcher legen wir am Tag frei. Ein Viertel unserer Arbeitszeit geht nur für die Löcher drauf.

Epoxid kommt in die aufgebohrten Löcher

Das Herz blutet. Wir schleppen Holz im Wert von tausenden von Euros von Deck. Denn die Dicke der Leisten ist noch gar nicht so schlecht. So betrachtet hätte das Deck sicher noch fünf, sechs Jahre gehalten.  Vielleicht sogar länger. Aber die Leisten haben angefangen längs zu reißen, dicht neben den Fugen. Es ist möglich, dass die Schrauben daran nicht unschuldig sind.
Außerdem wurde das Deck nicht vollflächig geklebt, wie man schön an den schwarzen Kleber-Spuren sehen kann. Ausgerechnet unter den Fugen fehlt der Kleber. Schöne Kanäle, in denen das Wasser seinen Weg finden konnte. An einigen Stellen stoßen wir tatsächlich auf unterwärts angerottetes Teak. Sehr, sehr ärgerlich.

Aber wir kommen voran. :-)

Schmale Risse gut zuerkennen neben den Fugen – die gehen durch bis nach unten

Arbeit im Liegen hat mein Vater immer gesagt – kann ja so schwer nicht sein

Das Rätsel der Falten um den Mund ist geklärt – es sitzt sich nicht überall so gemütlich wie beim Chef

 

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Das Teakdeck muss runter

Di., 11.Jan.22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2782, 24.688 sm von HH

Wir hätten gleich stutzig werden sollen, dass dies keine Ponyhof-Arbeit sein könnte.  Alle Werftjungs, die für diese Arbeit eingesetzt werden könnten, reagieren so: „Arbeitet ruhig so viel selber, wie ihr wollt. Alles, was ihr macht, spart euch ordentlich Geld.“  Hallo?
Achim holt sich bei Terry, dem Holzexperten in Norsand, ein paar Ratschläge – welches Werkzeug ist am besten, wie geht ihr normalerweise vor? Diese Tipps gibt er an mich weiter und wir kaufen das empfohlene Brecheisen. Ich beginne zunächst alleine mit den Arbeiten (der Skipper hat leichte Arbeit im kühlen Schiff – der Thermostat vom Kühlschrank macht Ärger).

Ich fange mit dem Deckel vom Ankerkasten an. Den kann ich abschrauben. Vielleicht hilft diese Möglichkeit ihn drehen zu können, um eine Idee zu bekommen, wie das Holz am besten runter kommt. Auf dem Deckel sind die Holzleisten nur geklebt, nicht geschraubt. Das macht es einfacher. Dass der Deckel schwingt, macht es schwieriger. Nach vier Stunden bin ich fix und fertig, aber der Deckel ist sauber. Am Nachmittag noch die Scharniere und den Deckelheber polieren. Abgearbeitet.

Da geht er hin – der Hanseat-Wal auf der Ankerkasten-Klappe

Und nachmittags werden die Scharniere poliert

Am nächsten Morgen kloppe ich irgendwo an Deck ein Loch ins Holz. Dort wo man mit dem Hammer gut ausholen kann. Die Teakleisten sind geklebt und geschraubt. Allerdings sitzen die Schrauben in den alten Fugen, nicht im Holz. Häufig schon ohne Kopf und unsichtbar. Einmal mit dem Stecheisen dagegen gedongelt, sofort ist der Hobel stumpf. Sie stehen auch nicht in einer geraden Reihe, so dass man sich ausrechnen könnte, wo die nächste kommt.
Ich klopfe und hämmere, hämmere und klopfe. Es ist schwer zwischen Gummikleber und Holz zu kommen. In Streichholzgröße fällt mir das Teak entgegen.

Terry kommt an Atanga vorbei und fragt freundlich, ob er mal schauen darf, was ich so mache. „Klar gerne, komm hoch!“ Er schaut auf mein schmales Stecheisen und das unbenutzte Brecheisen. Terry  möchte mir zeigen, wie ich es besser machen kann. Aber er hat die Rechnung ohne unsere Schrauben gemacht. Das Brecheisen bleibt stecken, damit kommt auch er nicht voran. Er greift zu meinem Stecheisen. „Wenn das so blöd bei euch ist, musst du das Holz brechen. Vielleicht auch mal quer zur Maserung schlagen.“ Er macht ein paar Probeschläge. In Streichholzgröße fällt ihm das Teak entgegen.

Das traurige Ergebnis nach Tag zwei – nur noch 48 Mal schlafen

Terry lässt mich wieder allein und macht seitdem einen großen Bogen um Atanga. Er duckt sich weg, nicht, dass wir doch noch auf die Idee kämen, die Arbeit an die Werft zu vergeben.
Ich klopfe und hämmere, hämmere und klopfe. Nach vier Stunden bin ich erneut fix und fertig. Jeder Körperteil tut mir weh. Ich spüre Muskelstränge, die ich an meinem Körper gar nicht kenne. Ein Viertelquadratmeter ist geschafft. Vierundzwanzig Quadratmeter haben wir. Bedeutet in 48 Tagen hätte ich das Teakdeck runter geklopft. Aber nur bei einem 8-Stunden-Tag. :mrgreen:

Hilfe naht an Tag drei in Form von Achim heran. Nun klopfen und hämmern wir Seite an Seite. Achim schafft eine größere Fläche als ich. War ja zu erwarten. Außerdem haut er sich auch nicht auf den Daumen, während meiner bereits zwei, drei Schläge abbekommen hat. Warum passiert ihm das nicht? Das muss was genetisches sein. Der Schmerz ist groß, aber für einen gelben Zettel reicht es nicht.

Mühsam kommen wir voran

Unsere Techniken werden besser an Tag vier. Das Stecheisen ist etwas schmaler als die Teakleisten. Wenn man es mittig an der Leiste anlegt mit der flachen (!) Seite nach unten, kommt man sowohl an den albernen Schrauben vorbei und wenn man Glück hat, schafft man auch mal ein Stück Leiste, die länger als zehn Zentimeter ist. Ab sofort wird das ‚piece of the day‘ – das längste Stück des Tages gekürt.

Mein Stück des Tages

Der Gewinner steht fest

Achim möchte „Strecke“ machen. „Damit man erstmal was sieht“. Das heißt, wir klopfen zunächst die bequemen, großen Flächen frei. Die Umrandungen an den Fenstern und die Kanten bleiben stehen. Ich würde es anders machen. Einfach und schwierig mixen, freue mich aber, dass man an Tag fünf schon „richtig“ was sehen kann.

Ergebnis nach Tag 5

Und was macht der Rumpf? Der trocknet vor sich hin. Dank des warmen, trockenen Wetters mit gutem Fortschritt. Peter, unser Rumpf-Schäler, kommt vorbei und misst die Feuchte. Hohe Werte sind zwar auch noch dabei, aber die 30er Alarmausschläge im roten Bereich sind verschwunden. Die gemessenen Werte werden mit Kreide am Rumpf notiert und ab sofort regelmäßig überprüft. Von 12 bis 27 Prozent Feuchte ist alles dabei. Das Ziel heißt 14 Prozent – Peter meint, dass es Ende Februar, vielleicht Mitte März soweit sein könnte. Bis dahin muss auch das Deck fertig sein :lol: , weil Rumpf und Deckaufbau zeitgleich in der Halle erfolgen sollen.

Feuchtigkeit im Rumpf

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Ein geschältes, nacktes Schiff

Fr., 18.Dez.21, Neuseeland/Whangarei, Tag 2758, 24.688 sm von HH

Wenn ein Kiwi sagt, die Arbeiten beginnen nächste Woche, dann ist das auch so. Am Montagvormittag wird Peter bei uns vorstellig. Peter hat bereits letzes Jahr bei Norsand gearbeitet, war ein halbes Jahr in Fiji und hat heute wieder seinen ersten Arbeitstag. „Peter ist der Beste“, oder auch „keiner arbeitet so schnell und gut wie Peter“, wurden uns seine Leistungen schmackhaft gemacht. Wir treffen sogar jemanden, der eine Osmosebehandlung nur wegen Peter bei Norsand hat vornehmen lassen. Das klingt vielversprechend.

Als erstes schleift Peter mit der Flex ein Stück Testfläche runter bis ins GFK.  Er möchte die Feuchtigkeit unter den Antifouling-Schichten messen. Das Feuchte-Messgerät schlägt bis in den roten Bereich aus und piept aufdringlich. Über 25 Prozent Feuchtigkeit. „Gut wären 15 Prozent, besser noch weniger“, findet Peter.

 

Ausschlag bis zum roten Bereich

Er holt seinen Hobel. Ein kräftiges Gerät mit Messern, die im Kreis rotieren. Damit soll der gesamte Rumpf abgeschält werden. Im ersten Schritt schält Peter drei Millimeter ab. Zu wenig. Der Apparat piepst. Vier Millimeter. Bei viereinhalb Millimetern ist Peter zufrieden. „Wenn ich diese Dicke abschäle, nehme ich alle Osmoseblasen mit. Viel tiefer ist der Schaden noch nicht gedrungen. Ihr macht das Refit genau zur rechten Zeit.“
Achim und ich schauen uns entsetzt an. Viereinhalb Millimeter? Da bleibt doch nichts vom Rumpf übrig! Peter lacht und haut beherzt auf die dünne Stelle. „Doch, doch, diese alten Schiffe sind dick genug. Nach dem Trocknen legen wir zwei Schichten Matte nach, an kritischen Stellen vier. Kein Verlust an Stabilität, aber der Rumpf wird wie neu.“

Viereinhalb Millimeter sollen runter

Atanga wird geschält

Schwerstarbeit für Peter – von alleine macht der Hobel das nicht – dafür braucht es Kraft

 

Was können wir anderes machen als vertrauen? Wir nicken zustimmend. Peter setzt den Hobel an und legt los. Wie ein Schaf wird Atanga kahl geschoren. Quadratmeter über Quadratmeter wir sie nackig gemacht.
Der Hobel ist ein Gerät direkt aus der Hölle. An Bord ist der Lärm nicht auszuhalten. Wir flüchten vom Schiff. Achim dient Peter als Handlanger beim Aufbau des Gerüstes und dem Spannen der Staubfang- Folie. Der meiste Abrieb landet direkt per Staubsauger in einem Müllbehälter. Was daneben geht, darf Achim nach  Feierabend auffegen. Arbeiten werden hier ganz pragmatisch nach Fähigkeit verteilt.
Die Arbeit des Schälens ist ein Quadratmeterpreis (48 Quadratmeter Rumpf-Fläche hat Atanga). Die Nebenarbeiten werden per Stunde abgerechnet. Alles, was wir leisten können, läuft nicht auf die Rechnung. Prima, da helfen wir gerne.

Aufbau der Folien zum Auffangen vom Material

Die Arbeit muss zwei Tage wegen Dauerregen unterbrochen werden. Aber am Donnerstag geht es weiter. Peter rasiert und rasiert.
Ein paar Überraschungen tauchen natürlich auch noch auf. Das eine Lenzrohr vom Cockpit wurde offensichtlich an die falsche Stelle gebohrt. Statt das Loch mit Fasermatte abzudichten, hat man einfach einen Pfropfen reingesteckt und überlaminiert. :mrgreen: Fusch am Bau, nennt man das wohl.

Ernsthafte Probleme oder gar substantielle Fehler legt Peter zum Glück nicht frei. Aber man kann gut erkennen an welchen Stellen der Osmose-Fraß bereits zugeschlagen hat.
Atanga ist jetzt – geschätzt – 200 Kilo leichter. Leichter an Wasser und Material. Schlank ist unser altes Mädchen geworden. An Bord scheint durch die Ritzen vom Innenausbau jetzt Licht. Das gab es vorher nicht. Uns hinterlässt das nachdenklich.  Aber Peter lacht alle Bedenken weg: „Keine Sorge, da ist noch genug Material übrig geblieben. Und freut euch, jetzt braucht ihr keine Lampen mehr im Schrank.“ Peter arbeitet nicht nur schnell und gewissenhaft, Peter ist auch ein Quell der lustigen Sprüche.“

Wo es dunkler ist – da ist es feuchter und es handelt sich um eine Vorschädigung

Auf einmal scheint die Sonne durch Ritzen im Holz

Atanga steht jetzt nackig da. Dreimal wird sie jetzt mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt (Achim ;-) ), um Salzwasser und Säure, die sich durch die Osmose gebildet hat, auszuwaschen. Und dann soll sie austrocknen.

Atanga – das geschorene Schaf

 

*** Das  Spannen der Folie ist irgendwie unsinnig. Auf dem Beton könnte man  viel effektiver fegen. Aber die Stadtverwaltung Whangarei schreibt diese Maßnahmen vor, und die Werft hält sich dran, weil es Kontrollen gibt. Vor den Gullis auf dem Hof ist Flies gelegt, damit bei Regen keine „Substanzen“ in die Kanalisation gelangen.
So weit, so gut. Aber jetzt wird es interessant. Sämtlicher Abrieb vom Schiff kommt in schwarze Säcke. Die Säcke landen in der normalen Mülltonne auf dem Werft-Hof. Und der gesamte Müll der Tonne auf einer Mülldeponie. Dort wird alles verbuddelt. Müllverbrennung gibt es nicht. Neuseelands grüner Ruf – da bröckelt er dahin.

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Regenzeit

Sa., 07.Nov.20, Franz.Polynesien/Tahiti/Papeete, Tag 2351, 21.218 sm von HH

Die Regenzeit hat begonnen. Das ist nicht schlimm – es regnet nicht jeden Tag und meistens auch nicht den ganzen Tag. Und irgendwo muss das üppige Grün ja schließlich herkommen. Wenn es regnet, dann regnet es allerdings tropisch anständig in Sturzbächen. Der unangenehme Teil an diesem Regen ist, dass es bei uns rein regnet.
Das macht es schon länger. Daher hatte ich bereits vor zwei Jahren Sika (Dichtungsmasse fürs die Teakdeck-Fugen) aus Deutschland mitbringen wollen. Das Zeug wurde mir zu Unrecht von den Sicherheits-Kontroll-Dödels aus dem Koffer genommen. Achim hatte damals in der Not die schlimmsten Undichtigkeiten mit dem Sika abgedichtet, was wir in Ecuador bekommen konnten. Das hatte nicht die richtige Spezifikation und funktionierte damit leidlich gut (es gibt ungefähr eine Milliarde verschiedene Typen Sika – für jeden Zweck eine andere Sorte. Verwirrend für den Laien, aber der Hersteller denkt sich was dabei, denn die falsche Sorte am falschen Ort eingesetzt, macht die Arbeit nicht leichter und das Ergebnis nicht besser).

Dann, bereits auf Gambier, fing es an in die Eignerkoje zu tropfen. Nichts erzeugt mehr Druck auf einen Skipper tätig zu werden als wenn es ins eigene Bett tropft. Aber was kann er tun ohne Sika? Nichts, keine Chance. Und es waren ja auch nur ein paar Tropfen. Dann kam die Trockenzeit und es wuchs ‚Vergessen‘ über die Sache. Solange bis vor vier Wochen die ersten Regengüsse in Papeete nieder gingen. Tropf, tropf, tropf ins Bett. Pladder, pladder, pladder im Salon: zwei Rinnsale – einer am Fenster und einer direkt an der Maststütze.

Also Ärmel aufgekrempelt und als erstes die Deckenverkleidungen abgebaut. Heijeijei, da steht aber viel Feuchtigkeit. Kein Wunder, wenn man sich die kaputten Fugen an Deck betrachtet. Achim radelt durch ganz Papeete und kauft den Inselbestand an Sika-Tuben auf: fünf Stück! Wollte man es richtig reparieren, bräuchten wir fünf Kartons. Wir haben keine Wahl, wir können nur pfuschen und notreparieren, soweit der Vorrat reicht. Dort wo es verdächtig aussieht, schneidet Achim die alte Fugenmasse raus. Die Teakplanken haben noch eine gute Dicke von fünf bis sieben Millimeter. Allerdings splittert altersbedingt an einigen Stellen das Holz längs der Fugen ab. Ein, zwei Millimeter vielleicht. Oft ist das Holz dort aufgeweicht und muss in jedem Fall entfernt werden. Das macht die Fugen breiter – eine Tube Sika reicht somit für noch weniger Strecke.

Jetzt sind die fünf Tuben leer und die schlimmsten Stellen auf dem Vorschiff und achtern beseitigt. Es ist natürlich nur eine Frage der Zeit, wann andere Fugen nachfolgen werden. Wir können uns verrenken wie wir wollen, wir bräuchten eine Werft und ein anständiges Deck-Refit, wie es für Neuseeland geplant gewesen wäre.
Achim hat noch fünf Tuben Sika mit einer nicht so geeigneten Spezifikation gekauft. Für eine Schnell-Reparatur in den nächsten Monaten sollte das reichen, falls es uns wieder auf den Kopf tropfen sollte.

An die tiefsten Stellen kommt vor der Fugenmasse noch etwas Epoxi rein vor dem Sika

Vor dem Sika wird abgeklebt – blöd nur dass man hier nur zu breites Klebeband bekommt

Noch hat er Freude

Fugen wieder zu – nur noch schleifen

Sika alle – für mehr Fläche hat es nicht gereicht

Stress-Test für die neuen Fugen – alle dicht

Die Post in Ecuador

Mi., 14.Nov.18, Ecuador/Bahía de Caraquez, Tag 1627, 13.337 sm von HH

In drei Wochen heißt es ‚Anker auf‘. Unsere Zeit in Ecuador läuft ab und der Sommer auf der Südhalbkugel steht vor der Tür. Höchste Zeit aus unserem Camping-Schiff ein See-Schiff zu machen.
Artig arbeiten wir unser Mach-was-Listen ab: Proviant durchsehen, sortieren, aufstocken. Schränke umräumen, sauber machen und fehlende Teile besorgen. Ölwechsel am Wassermacher, Tauchkompressor, Maschine und Getriebe. Wir kommen gut voran.
Da flattert die freudige Mitteilung ins Haus: „Sie haben Post“. Nach zweieinhalb Monaten können wir endlich unser nachbestelltes Sika aus Deutschland in Empfang nehmen. Gemäß Tracking war es bereits nach drei Wochen in Ecuador. Dann hat es vier Wochen an einem unbekannten Ort gelegen. Um es ausgeliefert zu bekommen, werden nun 61 EUR an Gebühren fällig. Sobald wir diesen Betrag auf ein Konto eingezahlt haben, gehen die Tuben auf die Reise nach Bahía.
Nach weiteren 5 EUR in bar am örtlichen Post-Office, halten wir das Sika in den Händen. Die fünf Euro sind für das Tracking, wird uns erzählt. Ein große Witz, denn das Tracking lügt wie gedruckt. Von einer versuchten Bestellung in Porto Viejo wird unter anderem berichtet.

Die Sika-Tuben haben nun einen Gegenwert von Gold. Die 90 EUR Transport vom Versender aus DE hat KLM nicht erstattet – für solche Kollateralschäden seien sie nicht verantwortlich. Sie bedauern allerdings ihren Fehler (danke nochmal an dieser Stelle an den Clown am Hamburger Flughafen. :evil: )  Und wir haben dabei noch Glück. Zoll fällt komischer Weise bei unserer Lieferung keiner an. Da haben wir Geschichten von zweihundert Prozent auf den Warenwert gehört.

Achim fängt sofort an, die schlimmen Fugen auf dem Vorschiff zu entfernen und neu zu versiegeln. Eine Arbeit, die für September geplant gewesen ist. Ein doofer Zeitpunkt so kurz vor der Weiterreise. Sollte doch das Schiff in Ordnung gebracht und nicht in ein neues Chaos gestürzt werden. Jetzt trocknet das Sika und wird in den nächsten Tagen geschliffen.

Neu versiegelte Fugen mit Gold-Sika

Neu versiegelte Fugen mit Gold-Sika

Innerhalb Ecuadors funktioniert es ganz anders mit der Post. Ein 20 Liter Eimer Antifouling, den wir mitnehmen wollen in die Südsee, ist nur in Manta (120 km entfernt) zu bekommen. Mit Hilfe von Juan in der Marina bestellt Achim den Pott telefonisch. Dann muss er die 500 USD bei der Bank einzahlen und am nächsten Tag kommt der Eimer mit einem Bus aus Manta. Als alleinreisendes Paket. Am Busbahnhof gibt es ein Sammeldepot und dort können wir das Antifouling unkompliziert abholen.