Umzug für die Abfahrt

07.Mai.23, Neuseeland/Marsen Cove, Tag 3262, 24.696 sm von HH

Neuseeland ist etwas umständlich bei der Abreise. Statt dass wir gemütlich in Whangarei Down Town ausklarieren können, schickt man uns Segler an die Mündung vom Hatea. Dort gibt es eine gepflegte Marina, einen mittelgroßen Supermarkt und mehr nicht. Nur zwei Meilen bis zum offenen Ozean.
Mindesten zwei Tage vor Abfahrt erwartet Immigration online eine Ankündigung über Ausreise-Absichten. Außerdem muss ein mehrseitiges Formular ausgefüllt werden mit den gleichen Anfragen wie bei der Einreise. Und wir müssen deklarieren, wie viel Alkohol ausgeführt wird. Peinliche Befragung. Wir kennen ja die Preise in Französisch Polynesien und sind entsprechend präpariert. Nudeln brauchste da nicht mit hinnehmen – Barilla kostet dort weniger als überall anders auf der Welt.  :mrgreen:

Also sind wir heute Morgen bei schittigem Wetter umgezogen und zwei Stunden den Fluss abwärts getuckert. Alle Systeme arbeiten reibungslos. Nur unser Radar will noch immer nicht. Vielleicht erfolgt ja noch eine Selbstreparatur … :roll:

Überhaupt das Wetter. Neuseeland macht uns den Abschied leicht. Die letzten drei Wochen waren grau und regnerisch. Die Temperaturen sind mit 18 bis 20 Grad noch angenehm, aber der Dauerregen schlägt etwas auf die Laune. Unser neues Deck ist grün. Tampen und Fallen sind grün. Die Sprayhood ist grün. Da ist Morgen noch Handarbeit angesagt.
Viele Wege zum Einkaufen und für letzte Besorgungen in der Zivilisation endeten klitschnass.

Alles grün nach nur drei Wochen – unser schönes Deck – heul! Okay, Holz wäre genauso grün geworden – das ist ein Trost

Ein Wetterfenster ist in Aussicht. Donnerstagnachmittag vielleicht. Wahrscheinlicher ist jedoch der Freitag. Es hängt etwas davon ab, wie schnell der Wirbel abgezogen ist, der aus Australien zu uns rüber kommt. Der Wirbel bringt Westwind, später Südwind. Perfekt!
Man soll freitags ja nicht auslaufen. Diesem Aberglauben messen wir hohe Bedeutung bei, haben uns aber die Sache schön zu recht gelegt: wir sind ein Deutsches Schiff und am Freitag ist in Deutschland noch Donnerstag. Voila, somit können wir ohne Probleme auch am Freitag los.

Die Aussicht für Mittwoch – ideale Windrichtung – Grundwind 30 Knoten – der mutige Segler würde fahren – uns Hasenfüßen sind Böen mit bis 40 Knoten aber zu viel ;-)

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Kiwi, Kiwis, Kiwifruit

27.Apr.23, Neuseeland/Whangarei, Tag 3251, 24.696 sm von HH

Immer der gleiche Name: Die Vögel, die Menschen und die Früchte. Um allzu große Verwirrung zu vermeiden, werden in Neuseeland die Vögel ‚Kiwi‘ genannt, die Leute ‚Kiwis‘ und beim Ost wird ein ‚fruit‘ angehängt.
Aber was war zuerst da?
1. der Vogel: Der heutige Nationalvogel Neuseelands wurde aufgrund seines Rufes bereits von den Maori Kiwi genannt. Im Internet finden sich Tonaufnahmen – mit etwas Phantasie hört man tatsächlich den ‚Kiwi‘ heraus.
2. die Neuseeländer: Während des 1.Weltkreiges sollen neuseeländische Soldaten Schuhcreme mit einem Kiwi als Logo mit in die Truppen gebracht haben. Schnell bekamen die neuseeländischen Soldaten den Spitznamen Kiwi verpasst und nahmen ihn mit in die Heimat. Eine Erfolgsgeschichte: heute bezeichnen sich alle Neuseeländer stolz als Kiwis.
3. Die Frucht. Seit über hundert Jahren wird in Neuseeland die ursprünglich aus China stammende Stachelbeere angebaut. Der internationale Export begann 1952. Die neue Frucht erfreute sich sofort großer Beliebtheit. Ein guter Handelsname sollte her. Weder der chinesische Name ‚Yang Tao‘ noch Stachelbeere waren tauglich. Warum nicht nach dem Vogel benennen? Beide sind ja schließlich braun, rund und pelzig. Die Kiwi-Frucht war geboren.

In den Supermärkten finden wir gerade eine Kiwifruit-Schwämme. Es ist Haupterntezeit. Für 2,40 Euro bekommt man ein Kilo herrlichster Gold-Kiwi.  Auch Kiwis haben wir reichlich kennen gelernt. Meist aufgeschlossene, freundliche Menschen, die interessiert auf jemanden zu gehen und viel Geduld mitbringen. Sie pflegen einen gemütlichen Lebens-Stil. Bitte nicht zu viel Hast – laid back – Fischen gehen und ein Bierchen dabei trinken, ist eine große Leidenschaft.

Somit fehlen noch die Kiwi in unserer Sammlung. Kein Neuseelandbesuch ohne Kiwi. In freier Wildbahn haben wir weder welche gehört, noch gesehen. Kein Wunder, der scheue Laufvogel kommt nur nachts aus seinen Erdhöhlen. Aber Whangarei hat ein Kiwi-Haus. Mit dem Rad strampeln wir uns sieben Kilometer bergauf und fragen uns, warum wir es nicht geschafft haben dorthin zu fahren als wir noch das Auto hatten (zumal Achim auf den Rückweg auch noch einen Platten hatte – andere Story :roll: ).

In einem ungefähr 60 Quadratmeter großen Terrarium wird mit Bäumen, Sträuchern und Laubboden naturgetreu eine Wald-Szenerie simuliert. Es ist stockdunkel als wir eintreten. Nur ein paar dezente Lampen täuschen Mondlicht vor. Unsere Augen gewöhnen sich und dann entdecken wir die Kiwi Dame. Aufgeregt und flink auf den Beinen – sehr flink – stochert sie mit ihrem langen Schnabel im Erdboden. Per automatischer Steuerung wird die Nacht zum Tag gemacht. Inklusive Dämmerungsphasen und zweimal in der Woche regnet es. Fotografieren ist verboten, um den Kiwi nicht zu stören.

Kiwi-Skelett mit Ei – im Verhältnis zur Körpergröße tragen die Kiwi-Weibchen die größten Eier im Vogelreich. Ein Kiwi ist so groß wie Huhn, wiegt bis 5 Kilogramm und das Ei 500 Gramm.

Das Weibchen ist knapp drei Jahre alt und bald geschlechtsreif. Bis vor kurzem wohnte sie noch mit einem Männchen zusammen. Aber der aufdringliche Kerl war frühreif und hat das Weibchen zu sehr begatten wollen. Er wurde bereits ausgewildert. Sie wird ihm demnächst in die Freiheit folgen. Dann ziehen neue Küken in den das Kiwi-Haus ein, um groß gezogen zu werden.
Von gelegten Eiern und geschlüpften Küken schaffen es grade mal 5 Prozent zu überleben. Zu hoch ist die Anzahl an eingeschleppten Jägern, die nachts die Höhlen plündern: Hermeline, Frettchen, Wiesel, Possums, Ratten und verwilderte Katzen lecken sich die Lefzen nach Kiwi Fleisch. Erwachsene Vögel sind groß und kräftig genug sich gegen die viel kleineren Angreifer zu wehren.  Sie müssen für den Erhalt des bedrohten Bestandes sorgen. Um ihnen zu helfen nicht auszusterben, hat die Umweltbehörde Neuseelands das große Ziel, dass die Inseln bis 2050 frei von Fress-Feinden sein sollen. Viel Erfolg!

Kiwi-Federn – sie wurden früher von den Maori zu prachtvollen Mänteln verarbeitet

Die grau-braunen Kiwi-Federn haben eine Besonderheit: Sie sind Daune und Deckfeder in einem. Alle anderen Vögel haben zwei verschiedene Federsorten. Weiche Federn bis in die Spitzen.

Neben dem Kiwi-Haus, gibt es ein kleines Museum und ein einige Terrarien mit Kiwi-Futter, heimischen Geckos und Stabinsekten. Eines dieser bizarren Tiere haben wir vor ein paar Monaten mal auf einem Auto entdeckt.

Ein schöner Ausflug – 12 Euro Eintritt pro Person. Kein Neuseelandbesuch ohne Kiwi ;-)

Stabinsekt – heimisch in Neuseeland – ein ungefähr zwanzig Zentimeter langer Stock

Wanderheuschrecken – Kiwi-Futter

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24 Minuten

25.Apr.23, Neuseeland/Whangarei, Tag 3249, 24.696 sm von HH

Die letzten vier Tage haben wir einen heißen Marathon durchlaufen. Von „das gibt es doch gar nicht“, bis „wir haben doch wohl kein Loch im Schiff“,  hin zu „dann müssen wir eben noch mal aus dem Wasser“, haben wir alle freudlosen Gefühle hinter uns.

Donnerstag
Bei der Fahrt zur Brücke hören wir die Bilgepumpe das erste Mal. Da es die Tage zuvor viel geregnet hat, regt uns das nicht auf. Unsere Backskiste hinten auf dem Deck hat eine Ablaufrinne. Schafft die Rinne es nicht den anfallenden Regen zu entwässern, läuft dieser durch die Backskiste ins Schiffs-Innere, wird dort durch die Bilgepumpe empfangen und wieder nach außen befördert. Kein sehr schönes System, kommt doch so unerwünschte Feuchtigkeit unter die Bodenbretter, aber so hat man in den 80er Jahren halt Boote gebaut.

Bei der Ankunft in der Marina hören wir erneut die Pumpe. Schulterzucken. Dann, beim Mittagessen wieder … verflixt, das gibt es doch nicht. Wo kommt das Wasser her? Achim prüft die Hauptverdächtigen, die Ventile und die Welle. Nichts zu fühlen. Im aufgeräumten Schiff bricht Chaos aus. Augenblicklich stehen alle Bodenbretter hoch. Irgendwo muss das Wasser  ja herkommen. Alle 24 Minuten springt die Pumpe an. Geschätzt pumpt sie jedes Mal einen Liter nach draußen. So ein Rinnsal muss doch zu sehen sein. Unter den Bodenbrettern ist nichts zu finden.

Freitag
Achim schläft schlecht in der Nacht. Alle 24 Minuten pumpt es. Durch die herbstlichen Nacht-Temperaturen bildet sich im Boot an Metall etwas Kondenswasser. Die Wellendichtung und Ventile legen wir komplett trocken und wickeln sie in Tücher. Wir verlassen für ein paar Stunden das Schiff. Als wir wiederkommen, sind die Tücher noch immer trocken. Es pumpt trotzdem nach 24 Minuten. Ventile und Welle werden als Schuldige ausgeschlossen.

Vielleicht ist ja die Pumpe kaputt? Wir stellen die Automatik der Pumpe ab und warten dreimal 24 Minuten. Dann stellen wir die Pumpe wieder an. Brav wird die dreifache Menge nach draußen befördert. Die Pumpe wird als Schuldiger ausgeschlossen.

Die entscheidende Frage, handelt es sich um Salz- oder Süßwasser, muss geklärt werden. Der Sumpf auf Atanga ist ein Schlund in die Hölle. Ein dreißig mal dreißig Zentimeter großer Schacht, achtzig Zentimeter tief. Seit 34 Jahren entwässert sich das Schiff über diesen Schacht. Er ist schmutzig. Eklig. Rostig. Ölig. Überlaufende Wassertanks, die Dusche, ausgekippte Putzeimer,  Salzwasser, was jemals ins Schiff gelangt ist, alles, was an Wasser unterhalb der Bodenbretter schwappt inklusive Dreck, wird über ausgeklügelte Kanäle zu diesem Sumpf geleitet.
Zu erreichen ist dieser Schlund genau genommen nicht. Einzusehen schon gar nicht. Er befindet sich halb unter dem Getriebe. Zusätzlich ist ein Schrank davor gebaut. Die Sicht behindert durch die Wellendichtung und andere Versorgungs-Schläuche. Steckt man den Kopf in den Schrank ist kein Platz mehr für einen Arm zum Leuchten. Streckt man den Arm Richtung Schacht aus, kann man nichts mehr sehen.

In diesen Schrank muss man auf der rechten Seite seinen Kopf stecken – so weit bis man mit der Schulter hängen bleibt

Wir lassen den Schacht erneut fluten, um das kühle Nass mit der Soßenkelle erreichen zu können. Unbekannt ist leider auch, ob der Fluss in dem wir schwimmen salzig oder süß ist. Ich opfere mich zur Geschmacksprobe. Achim schöpft mir eine Kelle aus dem Hafenbecken. Das Wasser ist schlammig braun. Eine echte Brühe. Viele Schiffe sind bewohnt, die Toiletten immer frei, wenn man zu den Waschräumen geht. Ich teste tapfer: salzig!
Die Probe aus dem Sumpf sieht klar aus. Eine leicht ölige Schicht ist mit bloßem Auge zu erkennen. Neben salzig schmecke ich Diesel. Ich möchte mir den Mund mit Seife auswaschen. Achim, die Dreckschippe, schlägt vor, dass wir beim nächsten Mal einfach Silbernitrat benutzen, um das Silberchlorit auszufällen. Das sei der einfachste Weg, um Salz nachzuweisen, grinst er frech.
Undichte Wassertanks werden als Schuldige ausgeschlossen.

Samstag

Haben wir etwa ein Loch im Rumpf oder was ist hier los? Unwahrscheinlich. Aber alle 24 Minuten läuft die Pumpe. Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.
Achim hat eine Idee. Ist vielleicht doch die Wellendichtung Schuld? Wir haben eine PSS-Dichtung. Die ist nagelneu und im Rahmen einer Motorwartung noch an Land ausgetauscht worden. PSS-Dichtungen sind der Mercedes unter den Dichtungen. Ein Balg wird mittels Schellen über dem Rohr festgezogen in dem sich die Welle dreht. Der Platz um die Schellen herum ist eng und verwinkelt. Vielleicht sind die Schellen nicht fest genug angezogen worden? Der tolle Motor-Mann, den wir an Bord hatten, war schon ein älterer Herr, etwas steif beim Kriechen auf allen Vieren.
Achim gibt den Schrauben eine Viertelumdrehung. Gespannt stoppen wir die Zeit. Und hurra, die Pumpe meldet sich nach 48 Minuten. Ist der Übertäter gefunden? Die Schellen bekommen noch eine Viertelumdrehung. Wir enden bei zwei Stunden, dann bei vier.

Sonntag und Montag

Die Abstände werden immer größer. Sind irgendwann nur noch schwierig zu ermitteln. Hat die Pumpe nachts gepumpt oder haben wir es nur nicht gehört? Seit 36 Stunden haben wir jedenfalls kein Pumpgeräusch mehr wahrgenommen.
Böse Zungen können jetzt natürlich fragen: Ist vielleicht die Pumpe kaputt? :mrgreen:

P.S. Unsere Abfahrt ist etwas nach hinten gerutscht. Ein Windsystem baut sich gerade unterhalb von Neukaledonien auf und wird in ein paar Tagen Neuseeland erreichen. Da möchten wir nicht los segeln. ;-)
Dahinter wird eine Flaute folgen – wir hoffen, dass danach ein Wetterfenster kommt.

Vorhersage für Sonntag, 30.April – etwas zu viel, um los zu segeln

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Freiheit am Anker

21.Apr.23, Neuseeland/Whangarei, Tag 3245, 24.696 sm von HH


Das Wetter ist zum Abgewöhnen. Entweder es ergießen sich heftige Schauer über uns, begleitet von stürmischen Böen. Oder ein fieser Nieselregen kriecht in die letzte Ritze. So hatten wir uns unsere ersten Tage am Anker nicht vorgestellt. Achim fährt hin und wieder zur Werft rüber – der Dinghy-Motor soll laufen. Ich verlasse in sechs Tagen nur einmal das Schiff. Zum Abgewöhnen.
Und doch! Es ist schön am Anker. So fühlt sich Freiheit an. Es duftet nach Abenteuer. Die große weite Welt steht uns plötzlich wieder offen.
Und endlich wieder eine eigene Toilette. Vorbei ist die Zeit des öffentlichen Klos. Sich einfach auf die eigene Schüssel setzen. Unbezahlbar.
Eine Neuheit auf Atanga versetzt mich in Begeisterung. Wir haben jetzt eine Fußpumpe für Seewasser. Die Pumpe existierte bereits, allerdings nur für das Wasser aus den Tanks. Die haben wir so gut wie nie genutzt, da ja das Süßwasser mittels Druckwasserpumpe aus dem Hahn kommt. Ein neuer Borddurchlass und etwas Umbau hat uns jetzt die Seewasserpumpe beschert.  Keine Ausreden mehr, warum die Spüle nach dem Abwasch nicht sauber hinterlassen wird. Ein paar Hübe mit dem Fuß und die Spüle ist blitzeblank.
Ich finde das Leben am Anker wunderbar. Bei Sonnenschein wäre es ja gar nicht zu ertragen. ;-)

 

Freiheit am Anker

Nach sechs Tagen ist allerdings das Essen alle (die eingekochten Gläser sind heilig und tabu). Wir fahren mit dem Dinghy nach Whangarei. Knapp drei Kilometer Flussfahrt. Auch das fühlt sich nach Abenteuer an. Mit dem Auto kann ja jeder zum Einkaufen fahren. Es gibt ein Dinghy Dock in der Marina, festbinden, einmal über die Straße hoppeln und schon stehen wir im Supermarkt.
Da wir schon mal da sind, stellen wir uns gleich noch im Marina Büro vor. Kara freut sich uns zu sehen: „Ich hätte schon ab Morgen einen freien Platz für eure Atanga.“ Prima, das ist doch ein Angebot, ursprünglich wäre ein Liegeplatz erst in neun Tagen frei geworden. Wir schlagen ein.

 

Einfahrt in den Stadthafen von Whangarei

Der Hatea, in dem wir ankern, ist ein Fluss mit 2,5 Meter Tidenhub. Eine Fahrrinne ist betont und wird regelmäßig ausgebaggert. Trotzdem kommt man mit zwei Meter Tiefgang nur bei Hochwasser über ein paar seichte Stellen.
Unser Hochwasser ist um viertel vor acht Uhr morgens. Halb acht gehen wir Anker auf und fahren bis zur Hubbrücke, die uns von der Marina trennt. Die Brücke öffnet auf Anforderung. Ein Funkspruch reicht. Leider öffnet die Brücke nicht vor neun, um den Hauptberufsverkehr von Whangarei nicht zum Erliegen zu bringen. Das ist aber kein Problem. An einem Steg können wir festmachen und frühstücken. Glockenschlag neun Uhr wird die Brücke für uns geöffnet.

 

Die Hubbrücke von Whangarei wurde einem Angelhaken der Maori nachempfunden

Selber haben wir oft mit dem Auto gewartet – wenn die Brücke geöffnet wurde

Die Brücke schließt gleich wieder nach unserer Durchfahrt – der Angelhaken ist jetzt gut zu erkennen

Der Stadthafen von Whangarei ist nicht besonders groß, aber besonders hübsch. Cafés und Restaurants, Beete mit Sommerblumen, bunte Schirme und ein frisch eingeweihtes Museum sorgen für Flair. Das Museum wurde im Hundertwasser-Stil erbaut.  Der Stil soll schlecht nachgeahmt worden sein, aber Friedrich Hundertwasser hat 60 Kilometer von Whangarei entfernt gewohnt – da will jede Gemeinde etwas von diesem Kuchen abhaben. Für unseren Geschmack passt sich das Gebäude gut in das Hafengelände ein. Wen interessieren da falsche Details. Besonders launig amüsieren sich die Einheimischen über den blauen Nippel auf goldener Kuppel, der schon von weitem über allen Dächern hervor sticht.

Atanga vor blauem Nippel auf goldener Kuppe

Marina von Whangarei

Museum im Hundertwasser-Stil

nette Restaurants und kleine Geschäfte

Auch der kleine Innenstadtkern von Whangarei ist ganz ansehnlich

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Zurück ins Segler-Leben

13.Apr.23, Neuseeland/Whangarei, Tag 3238, 24.696 sm von HH

Ein Jahr, vier Monate und dreizehn Tage hat Atanga an Land gestanden. Heute soll sie wieder schwimmen. Achim ist nervös. Am meisten Kummer bereiten ihm die Bord-Durchlässe. Höchstselbst hat er sie ausgetauscht und jetzt die bange Frage: sind sie dicht oder muss Atanga gleich wieder an Land gezogen werden? Dann die Erleichterung – alle Durchlässe und Ventile sind dicht! Ebenso die neue Wellendichtung. Auch die Maschine springt ohne murren an. Die Gänge lassen sich einkuppeln, das Bugstrahlruder läuft. Achim grinst breit.

Tschüss Leben auf der Leiter – war nicht so schlimm wie erwartet

Tschüss alter Standplatz für so viele Monate

 

Das nagelneue Coppercoat kurz vor dem eintauchen – das wurde vor ein paar Tagen noch angeschliffen – um es zu aktivieren

Atanga kurz vor dem Aufschwimmen – alles dicht – besser konnte es nicht laufen

 

Weit fahren wir nicht. Der Anker fällt gleich im Fluss. Die Werft kann man noch riechen von hier. Damit Achims Grinsen nicht zu breit wird, hält der Gott der Zweitakter eine kleine Schikane bereit – der Außenborder will nicht anspringen. Eine Reinigung des Vergasers bringt den gewünschten Erfolg. Der Außenborder läuft.

Die letzten zwei Wochen haben wir auf diesen Tag hin gearbeitet. Mit dem Auto tonnenweise Lebensmittel ran gekarrt. Wäsche, Kissen und Decken gewaschen. Eingekocht. Für den nächsten großen Schlag alles vorbereitet.

Über 20 eingekochte Mahlzeiten für den nächsten Schlag – Hühnersuppe-Gulasch-Hackbällchen-Gemüse und vieles mehr

Ostern haben wir eine Verkaufsanzeige für das Auto geschaltet. Viel zu schnell melden sich Käufer. Halt, so geht das nicht, ich wollte doch noch einen Großeinkauf machen! Bereits der zweite Interessent, der unseren geschätzten Fiedl begutachtet, schlägt zu. Bargeld wird gegen die Schlüssel getauscht. Papiere für ein Auto gibt es in Neuseeland nicht. Der neue Besitzer gibt seine persönlichen Daten in ein Melde-Register per Internet ein. Glückwunsch, das war es an Formalitäten.
Wir hatten sehr viel Glück mit unserem Auto-Kauf. Der zwanzig Jahre alte Corolla hat nicht einmal gezuckt. Dass er zweihunderttausend Kilometer runter hat, merkt man ihm nicht an. Unser Verlust beträgt 750 Euro, somit hat der Wagen keine 50 Euro im Monat gekostet. Wir haben zusätzlich zwei neue Reifen spendiert und einen Ölwechsel. Insgesamt sind wir 10.000 Kilometer gefahren ohne Probleme. Danke Fiedl, du warst eine gute Karre.

Tschüss Luxusleben mit Auto – rechts warten schon die Räder – zurück zum Segler-Leben

Wir bleiben jetzt ein paar Tage vor Anker in Werft-Nähe. Dort dürfen wir unsere Räder unterstellen und die Dusche benutzen, wenn wir mögen. Es gibt noch ein paar Dinge zu testen. Das Horn gibt nur ein jämmerliches Tuten von sich. Wahrscheinlich eine verklebte Membran. Das Radar will sich nicht mit der Navigation verbinden. Problem noch unbekannt.
Und wir selber müssen auch einige Handgriffe wieder lernen. Wie kam man noch mal am besten von Bord ins Dinghy? :mrgreen: Wir sind, genau wie das Horn, etwas eingerostet.

Leider ist uns das Wetter nicht gnädig. Der erste Abend war traumhaft. Mit einer Flasche Sekt feiern wir unseren ersten Abend am Anker. Leicht werden wir in den Schlaf geschaukelt.
Die zweite Nacht beschert uns Böen von 25 Knoten. Wir finden keinen Schlaf. Atanga dreht sich auf die Seite. Was soll das? Wird der Anker halten? Und was klappert da so nervig? Ein nie da gewesenes Geräusch. Achim findet in der Nacht den Übeltäter – die neu konstruierte Halterung vom seitlichen Solarpanel ist Schuld.
Es gibt noch einiges, an das wir uns gewöhnen müssen.

Erste Nacht am Anker – fast so aufregend wie beim ersten Mal

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