Mit dem Auto in den Osten

Mi., 24.Nov.21, Neuseeland/Opua, Tag 2734, 24.688 sm von HH

Am letzten Auto-Tag fahren wir nach Kawakawa – aufs Klo.
Friedensreich Hundertwasser, der fast 30 Jahre in Kawakawa lebte, hinterließ dem Ort kurz vor seinem Tod (2000) eine öffentliche Toilette in seinem typischen Stil. Krumme Fugen, bunte Fliesen, integrierte Skulpturen und Wände mit eingemauerten Flaschen. Das Klo ist die Hauptattraktion von Kawakawa. Es wird häufiger zum Fotografieren aufgesucht als zum Pinkeln. Männer auf der Damen-Toilette und umgekehrt, in Kawakawa ist das Normalität.
Das ist ganz witzig, letztendlich bleibt es allerdings ein öffentliches Klo mit dem dazu gehörenden eigentümlichen Geruch. Aber gegen die Toiletten in Neuseeland gibt es nichts zu meckern. An jeder Ecke vorhanden, sauber, und immer mit Toilettenpapier und Seife bestückt. Wobei ich gelesen habe, dass das Reinigungspersonal in Kawakawa über die vielen krunkeligen Fugen beim Saubermachen nicht begeistert sein soll.

So kann ein Eingang einer öffentlichen Toilette auch aussehen – im Hintergrund das Museum

Pinkeln bei den Herren

Das Damenklo

Der ganze Ort befindet sich im Hundertwasser-Rausch. Parkbänke, Hauswände und Parkstreifen sind in gleicher Art gestaltet. Das verleiht dem Ort ein buntes Flair. Das dazu gehörige Museum hat leider geschlossen.
Die zweite Attraktion ist eine alte Eisenbahn, die früher Kohle zum Hafen nach Opua transportiert hat – heute nostalgischer Touristenbummelzug.

Ganz Kawakawa ist bunt

Die alte Bahn in Kawakawa

Wir ziehen weiter. Heute sollen es Nebenstrecken der zerklüfteten Bay of Island sein. Nebenstrecken sind im Autoatlas weiße Linien und nicht asphaltiert. Unsere gewählte Schotterstraße befindet sich in einem Schlagloch freiem Zustand. Die Straßenkarte, die wir gekauft haben, ist gut, aber einen Ort zu finden, gestaltet sich ungewohnt. Unglaublich viele Orte fangen mit „W“ an. Alles Maori Namen, schwer zu merken und auseinander zu halten. Wir finden ‚Taranga‘ und ‚Aranga‘ auf der Karte. Da weiß man gleich, wo Atanga (Maori für „schön“ übrigens) eigentlich her kommt. ;-)

In der Pampa der Bay of Islands

Brücken sind einspurig und asphaltiert – der Rest der Straße besteht aus Schotter

Atanga – Bedeutung aus dem Te Aka Maori Dictionary

Überall auf Wanderwegen finden wir Fallen. Überwiegend Ratten- und Hermelinfallen. Bevor die Menschen Neuseeland betraten, gab es – bis auf eine Fledermausart- keine Säugetiere auf den Inseln. Entsprechend entwickelte die Vogelwelt keine Fluchtinstinkte vor Säugetieren, viele Vogelarten können gar nicht fliegen. Die Maori brachten die pazifische Ratte mit, die Weißen die Hausratte. Siedler setzten Kaninchen für die Jagd aus. Hermeline sollten der anschließenden Kaninchenplage ein Ende bereiten.
Nun setzten die Hermeline den Vögeln zu. Der Bestand der Kiwis, Nationalvogel und flugunfähig, ist in Gefahr. Ratten und Possums dezimieren die Pflanzenwelt, nicht nur Baumfarn und den schönen Pohutukawa. Neuseeland will bis 2050 alle Ratten und Hermeline frei werden. Ein ehrgeiziges Ziel – viel Glück und Erfolg. Erst sollen die vielen Halbinseln der Küste bereinigt werden, dann soll die Front an Fallen ausgedehnt werden und zusätzlich genetische Waffen zum Einsatz kommen.

Die Kiwis lieben ihren Kiwi sehr

Hermelinfalle

Da es uns in Russel so gut gefallen hat, führt unser Weg noch einmal dort hin. Diesmal mit kleiner Wanderung auf den Hausberg zur Rundumsicht auf die schöne Bucht. Dort entdecken wir dann unseren ersten Kiwi. Nein, halt, der Schnabel passt nicht … der Kiwi entpuppt sich als Weka. Ein ebenfalls flugunfähiger Bodenvogel.

Russel von oben

Ein Weka – kein Kiwi

Am Ende der Mietzeit des Wagens, steht natürlich noch ein Großeinkauf an.
Wir haben in den drei Tagen nur eine verhältnismäßig kleine Ecke der Nordinsel erkundet. Macht nichts, für einen ersten Überblick soll es reichen. Wir kommen wieder.

Eine kleine runde in drei Tagen

 

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Mit dem Auto in den Westen

Di., 23.Nov.21, Neuseeland/Kauri Wald, Tag 2733, 24.688 sm von HH

Achim muss auch am zweiten Tag das Auto fahren – never change the winning driver. Er macht es großartig, sogar das Blinken mit dem Scheibenwischer-Hebel wird stetig weniger. ;-) Ich helfe trotzdem: „Wir fahren links“, lautet meine Erinnerung, wenn wir nach einem Stopp wieder ins Auto steigen. Das Schwierigste sind Kreisel (und es gibt viele Kreisel … ) im Uhrzeigersinn zu fahren und rechts abbiegen.

Wir wollen quer über die Nordinsel zur anderen Seite fahren. Zum größten Überrest des einstigen Kauri-Waldes, der den Norden der Nordinsel komplett bedeckt haben soll. Ich möchte zum Tāne Mahuta (dem Herrn des Waldes) und zum Te Matua Ngahere (dem Vater des Waldes). „180 Kilometer fahren für zwei Bäume?“, fragt Achim und zieht die Augenbraue hoch. Wenn Bäume einen Namen bekommen, müssen sie etwas besonderes sein – wir fahren los.

Die Strecke dorthin führt (bei heute vorzüglichem Wetter) zunächst wieder durch Viehlandschaft. Es gibt wohl kein einziges ebenes Fleckchen hier im Norden. Anhöhe folgt auf Anhöhe. Hobbit- Hügel reiht sich an Voralpen-Hügel reiht sich an Hobbit-Hügel.
Ein gut asphaltierter Highway bringt uns rasch vorwärts. Nach einer guten Stunde erreichen wir einen Sund, der sich tief ins Land einschneidet. Die Landschaft verändert sich. Die Bergkuppen sind nun dicht bewaldet, die Landwirtschaft verschwindet. Als wir das Ende vom Sund Hokianga erreichen, könnte der Kontrast nicht größer sein. Die eine Seite üppg grün bewachsen, auf der anderen Seite türmen sich bis zu 180 Meter hohe Sanddünen. Sie sind der Anfang des endlos nach Norden reichenden 90 Miles Beach (88 Kilometer lang, um genau zu sein ;-) )  Die raue Tasman Sea findet nach zweitausend Kilometern ab Australien hier ihr Ende.

Blick auf Hokianga Harbour

Der Eingang vom Hokianga Harbour

Keine Schiffe im Westen – die raue Seite der Tasman Sea ist schwierig – eine Barre in diesen Sund schlecht passierbar

Normalerweise Urlaubsregion – jetzt menschenleer

Wilde Tasman Sea trifft auf endlosen Strand – der nach 88 Kilometern dann doch endet

Ursprünglich hatten wir hier übernachten wollen. Eine Internet-Recherche hat die Idee dann zerschlagen. Der eigentliche Ferien-Ort schlummert einen Dornröschen-Schlaf. Eine Fish and Chips Bude und eine Pizzeria haben geöffnet. Der Rest sieht verrammelt aus. Wir sind froh entschieden zu haben, abends zu Atanga zurück zu fahren. Hier hätten wir wohl auf der Parkbank schlafen oder ewig lange nach einem Schlafplatz suchen müssen. Ein Campervan hätte uns gerettet. Aber es ist traumhaft schön, viele Wanderwege sind ausgeschildert – hier kann man es ein paar Tage aushalten.
Wir fahren weiter. Die Bäume warten.

Auf einer kurvigen Straße schrauben wir uns einen Bergkamm hoch. Der Wald wird dichter. Baumfarne hängen über die Straße, berühren sich und bilden fast einen Tunnel. Schließlich erreichen wir einen Stellplatz mit einem einzigen parkenden Auto. Darin sitzend, kämpft eine Angestellte des DOC  (Naturschutz-Amt in Neuseeland) gegen das Einschlafen. Sie freut sich, dass wir anhalten – wir sind die ersten Besucher seit Tagen – und zeigt uns den Weg zum Eingang in den Wald.
Bevor man diesen betreten darf, müssen die Schuhe gründlich gesäubert und desinfiziert werden. Die Kauri-Bäume in Neuseeland werden seit einigen Jahren von einer Pilzkrankheit bedroht, die über Sporen weiter getragen werden kann. Das Verlassen der Wege ist strengstens verboten. Viel Aufwand, kann man nicht anders sagen.

Schleuse für Schuh-Reinigung zur Kauri-Rettung

Nach zweihundert Metern steht er dann plötzlich vor uns. Der Herr des Waldes – Tāne Mahuta. Man muss den Kopf schon weit in den Nacken strecken, um den größten noch lebenden Kauri komplett zu erfassen. Sogar Achim steht der Mund offen. 52 Meter hoch, Umfang in Bodennähe 14 Meter und damit 4,4 Meter im Durchmesser. Erst in 18 Metern Höhe wachsen die ersten Äste. Holzvolumen 245 Kubikmeter und geschätzte 2000 Jahre alt. In Deutschland heißen Straßenbäume im Amtsdeutsch ‚raumübergreifendes Großgrün‘. Nein, verehrte Herrschaften, dies ist ein Großgrün!

Ich ganz klein vor dem Herrn des Waldes

Großgrün – der Baum ist länger auf der Insel als Menschen hier leben – was der erzählen könnte … obwohl, war ja dann noch nicht viel los.

Links und geradeaus zwei kleine Kauri – rechts der bewachsene Stamm ist ein anderer Baum

Kauris wachsen zunächst kegelförmig, um dann mit zunehmendem Alter ihre Äste im unteren Bereich abzuwerfen. Durch ihre gerade Wuchsform und ihr hartes Holz weckten sie bei den neuen Siedlern Begehrlichkeiten zum Schiffsbau. In nur wenigen Jahrzehnten wurden fast alle Kauris abgeholzt. Wer seine Axt in so einen Baum hacken mag, der hat wahrscheinlich ein übles Karma.

Die Dame vom DOC empfiehlt uns, unbedingt noch ein paar Kilometer weiter zum  Te Matua Ngahere zu fahren. Etliche Jahre älter, nicht so hoch, aber noch breiter im Umfang. Achim ist sofort bereit. Ich staune.

Nach einer erneuten Schuh-Säuberungs-Schleuse entpuppt sich dieser Weg als zauberhaft. Eine halbstündige Wanderung führt uns zum zerzausten Te Matua Ngahere. Dem armen Kerl hat es 2007 bei einem Wintersturm seine Hauptäste weg gerissen. Schuld waren auf ihm wachsende Rata-Bäume (ein Eisenholzgewächs).  Fünfzig verschiedene Pflanzen hat man in seiner Krone gezählt. Trotz seines hohen Alters von geschätzten 2.500 Jahren ist der Vater des Waldes noch fruchtbar. Regelmäßig erscheinen männliche und weibliche Zapfen in seiner Krone.
Besonders schön sind auch die „kleinen“ Kauri, die rechts und links vom Weg stehen. Wahrscheinlich Kinder vom Vater des Waldes. Aufrecht wie Zinnsoldaten stehen sie zwischen normal großen Bäumen. Im Unterholz erkennt man ihre glatten Stämme sofort. Stolze Riesen mit zwei Metern Durchmessern und gerne auch mehr. Wir kommen uns klein vor. Andächtig staunen wir und freuen uns, dass die Atmosphäre nicht von den üblichen 300 Besuchern täglich kaputt gerufen wird.
Ich bin baum-verliebt und könnte noch seitenlang über die Kauri schwärmen. Darüber, dass es auch Sumpf-Kauri gefunden hat, deren Holz 40.000 Jahre alt ist. Es ist das einzige Kauri-Holz, was heute noch verarbeitet werden darf. Und dass früher nach Kauri-Harz gebuddelt wurde, und dass … Ich werde bestimmt noch Gelegenheit bekommen. :lol:
Was für ein schöner Ausflug.

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Mit dem Auto in den Norden

Mo., 22.Nov.21, Neuseeland/Opua, Tag 2732, 24.688 sm von HH

Da Bus fahren nicht funktioniert, leihen wir uns ein Auto für drei Tage. Der Tagespreis beträgt 30 Euro. Das ist okay. Dazu kommt jedoch die optionale Rundum-Sorglos-Versicherung mit 13 Euro. Wir buchen das volle Paket. Besser ist das bei der ungewohnten Links-Fahrerei. Achim muss fahren. Mein letzter Versuch in Thailand vor zwanzig Jahren mit einem Motorroller ist noch unvergessen. „Denk dran, dass du links fahren muss“, erinnert mich Achim bei der Übernahme des Rollers. „Klar, kein Thema.“ Ich sprach‘s, fuhr vom Hof und landete direkt im Gegenverkehr. :mrgreen:
Achim ist allerdings fünf Jahre kein Auto mehr gefahren …

Das Auto ist kleiner als ein Einkaufswagen

Am ersten Tag ist das Wetter okay, aber leider die Sicht total diesig, neblig verhangen. Im Norden der Nordinsel hat die Besiedelung der Weißen von Neuseeland begonnen. Hier trafen sie auf die Ureinwohner, denen hier ebenfalls das sonnenreiche und subtropische Klima gefiel.
Recht schnell kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, da die Maoris es nicht widerstandlos hinnahmen, dass die Engländer ihre Flagge in den Boden hauten und riefen: „Von nun an europäischer Boden“.

1840, ungefähr fünfzig Jahre später, als bereits 2000 Siedler im Land lebten, wurde der Vertrag von Waitangi aufgesetzt. Der ‚Treaty‘ ist bis heute Gegenstand von Diskussionen bei der Auslegung des Inhaltes. Die Übersetzung der Maori weicht ab von der Interpretation der englischen Version.
Die Stätte und das Gebäude an denen der Vertrag unterzeichnet wurde, ist heute ein Museum. Der Eintrittspreis ist mit 36 Euro pro Person so überzogen, dass wir auf die Besichtigung verzichten. Wir verpassen damit das größte Kriegskanu in Neuseeland – 88 Meter feinste Holzarbeit.

Nächster Stopp ist Kerikeri. Der quirlige Ort mit knapp 6.000 Einwohnern besitzt als Touristen-Attraktion das älteste Steinhaus Neuseelands – malerisch am Flussufer gelegen. Der schmucke Ort sieht nach Wohlstand aus. Das Sortiment an Läden ist weit reichend, deren Auslagen sind chic. Neben Fish-and-Chips-Buden gibt es einen Döner-Laden und richtige Restaurants.

Neuseelands erstes Handelshaus

Hübsch ist es in Kerikeri – immer wieder Baumfarn

Wir ziehen weiter nordwärts. Verlassen den Highway ‚twin-Ocean-Scenic-Route‘ auf Nebenstrecken, um es landschaftlich noch schöner zu haben. Hier wohnt nun kaum noch jemand. Kurvenreiche Straßen führen an die Küste zu Buchten mit Namen wie ‚One Million Dollar View‘.  Wir müssen uns den View mit einem Surfer und seiner ohne Sonne sonnenbadenden Freundin teilen. Ach, wäre doch nur das Wetter besser.

One Million Dollar View – heute müssen wir leider 950.000 Dollar abziehen

Der eine Million Dollar Strand bei Mistwetter

Durch endloses, unberührtes Buschland verlassen wir die ansprechende Küstenregion. Hier scheint die Natur noch in einem ursprünglichen Zustand. Über der Landschaft hängt ein süßlicher Geruch. Immer wieder schwappen betörende Duftwolken ins Auto. Er entströmt der Südsee-Myrte oder Manuka. Manuka-Honig soll bereits von den Maori gesammelt und als antiseptisches Heilmittel verwendet worden sein.

Millionen Blüten der Südsee-Myrte verströmen einen unglaublichen Duft

In der Mitte der Insel, zwischen Ost- und Westküste wird es landwirtschaftlich. Die Hügelketten sind abgeholzt. Kuhwirtschaft überwiegt. Dass Neuseeland vor Schafen überquillt, gehört der Vergangenheit an. Auf ehemals drei Millionen Einwohner kamen in den 80er Jahren 70 Millionen Schafe (so sagt man) – heute zählen auf fünf Millionen Kiwis keine 20 Millionen Schafe mehr.  Mit Kühen kann besseres Geld verdient werden. Die Preise für Wolle liegt am Boden.

Die Rindviecher sehen glücklich aus. Ganzjährig weiden sie auf den Wiesen. Jetzt im Frühling stehen sie knietief im blühenden Wiesenkerbel, zwischen Hahnenfuß und Wilder Möhre. Ein hübscher Anblick. Eine überlastete einseitige Kulturlandschaft, die schöner nicht aussehen könnte. Wildromantisch.
Die eingeschleppten oder bewusst mitgebrachten Pflanzen aus Europa und Amerika sollen bereits dreißig Prozent der nur in Neuseeland vorkommenden Pflanzen verdrängt haben.  Ein nicht umkehrbarer Prozess. Sorgenfalten kann einem der Bambus auf die Stirn einbrennen. Dieser wird als Windbrecher und Heckenersatz gepflanzt. Ein Wuchermonster vom übelsten, der seine Rhizome in alle Richtungen ausstreckt.
So arg  wie die ökologische Katastrophe für Neuseelands endemische Pflanzen auch ist, so ist die Mischung aus bekannten und nie gesehenen Pflanzen ein Augenschmaus.

Früher war Neuseeland komplett bewaldet

Heute ist noch ein Prozent vom ursprünglichen Wald erhalten

Viehwirtschaftlich geprägte liebliche Landschaft

Abseits der Touristen-Orte bekommen die Ansiedlungen ein anderes Gesicht. Das große Geld fehlt augenscheinlich. Eine Hauptstraße mit Tankstelle, ein Mini-Market und eine Kirche. Das war’s. Man muss schnell bremsen, sonst ist man auch schon direkt am Dorfende angekommen. Jobs gibt es nur in der Landwirtschaft. Die Quote der Maoris zu Weißen ist hier am höchsten. Die Arbeitslosenquote auch. Zwischen 30 und 50 Prozent der Einwohner zählen zu den indigenen Ureinwohnern – bei einem landesweiten Anteil von 15 Prozent.
Unser Weg führt weit durch die Agrar-Mitte, bevor wir abends fehlerfrei und noch immer linksseitig in Opua ankommen.

Kaeo – ein typisches Cowboy-Nest in der Mitte – weit weg von den Küsten

Der ernstgemeinte und aktive Friseur in Kaeo

Der zweite – moderne- Friseur – drei Häuser weiter

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Herzlichen Glückwunsch, Skipper!

Du merkst, dass du unmerklich alt geworden bist, wenn du weißt, dass ADO die Gardine mit der Goldkante war. Dass Elvis bereits vor 44 Jahren gestorben ist und du plötzlich Senioren-Rabatt auf der Fähre erhältst. :mrgreen:

Es ist schlimm, wenn man alt wird,
aber schlimmer ist es, man wird es nicht. – Heinz Erhardt

Mein lieber Achim, Ehemann, mein Partner in Crime, Wasser-Holer und Brotbäcker, mein Klugscheißer, der dann wirklich meistens Recht behält, mein Freund, mein Tröster, mein Geliebter.
Ab heute ein echter Senior, ein betagter Opa, ein 60+, ein älterer Herr für den in der Bahn aufgestanden wird und dessen Musiksammlung bei jungen Menschen nur Kopfschütteln hervorrufen kann. Ich wünsche Dir von Herzen alles Liebe zum Geburtstag. Ich hoffe, dass ich Dich noch viele Jahre foppen kann mit den drei Jahren, die Du älter bist als ich.
In Liebe.

60 Jahre

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Der gescheiterte Versuch Bus zu fahren

Do., 18.Nov.21, Neuseeland/Opua, Tag 2725, 24.688 sm von HH

Mit dem Rad wird das nix. Wir wechseln also das Transportmittel, steigen auf die Autofähre und fahren auf die gegenüberliegende Seite der Bucht. Dort wartet ein Wanderweg nach Russel auf uns, in Russel eine Personenfähre und am Nachmittag der einzige Bus des Tages von Paihia zurück nach Opua.
So der Plan.

Es geht gut los. Der Wanderweg ist abwechslungsreich und führt durch geheimnisvollen Wald mit Baumfarn und anderen Exoten. Unweigerlich muss man an den ‚Herrn der Ringe‘ denken und erwartet jeden Augenblick Elben um die Ecke kommen zu sehen. Wir bleiben aber allein.
Tapfer kraxeln wir bergauf, bergab. Die Strecke wird anstrengend. Nach vier Kilometern erreichen wir eine weitläufige Bucht. Endlich ist es ebenerdig. Über Holzplanken geht es durch die Mangroven, vorbei an Schilf und noch jungen Rohrkolben. Leider ist der Wanderweg dann häufig unterbrochen und wir müssen parallel zur Straße laufen. Es herrscht zwar wenig Verkehr, im Wald war es trotzdem besser.

Unser erster Wald mit Baumfarnen – mystisch

Der Weg verläuft durch Röhrich

und Mangroven

Frühling liegt in der Luft

Nach neun Kilometern erreichen wir Russel. Ein Vorzeige-Touristen-Ort der ersten Güte. Hübsch. Schmucke Holzhäuser mit viktorianischem Flair stehen hinter adretten Staket-Zäunen. Alles ist frisch getüncht, aufgeräumt und akkurat. Außer uns beiden gibt es keine Touristen. Ausländer dürfen ja seit anderthalb Jahren nicht mehr ins Land und Auckland, mit einem Drittel der Einwohner Neuseelands, befindet sich in Level 3 Lockdown. Das bedeutet, die Auckländer dürfen ihren Bezirk nicht verlassen und umgekehrt aus Level 2 darf man nicht in Level 3 Gebiet einreisen. Keine Urlauber, keine Tagesgäste.
Achim fällt es als erstes auf: Russel wirkt wie die Stadt in der Truman Story. „Guten Morgen, und falls wir uns nicht mehr sehen, guten Tag, guten Abend und gute Nacht.“ Wie Schauspieler sitzen die Menschen in den Geschäften und Restaurants und fangen nach Regieanweisung an mit uns zu interagieren. Unheimlich. Zu viele Touristen sind blöd, aber keine Gäste in so einem Ort sind beklemmend.
In der Touristeninformation kaufen wir einen Auto-Atlas. Drei Statisten sitzen in dem menschenleeren Raum hinter ihren Schreibtischen. Dass wir etwas kaufen wollen, darauf hat sie keiner geschult. Die ältere Dame ist überfordert, benötigt die Hilfe eines Kollegen und fünfzehn Minuten Zeit, um uns abzukassieren.  „Guten Morgen, und falls wir uns nicht mehr sehen … „

Russel ist adrett

aber menschenleer

Feige und Häuser stammen aus dem 19ten Jahrhundert

Die Bucht von Russel – die ersten Pōhutukawa Bäume blühen bereits

Neuseelands älteste erhaltene Kirche steht in Russel

Die erste weiße Frau geboren in Neuseeland – eine komische Grabinschrift

Wir verlassen Russel mit der Fähre nach Paihia. Natürlich kaufen wir noch etwas ein. Wenn wir schon am Supermarkt sind, dann soll es sich auch lohnen und der Bus kommt ja in einer Stunde. Gemüse, Fleisch, Obst. Und klar darf es noch ein Kilo Kartoffeln extra sein für den Rucksack. Beim Autoatlas ist noch Platz.

Wir geben dem Bus fünfzehn Minuten Verspätung. Mehr Zeit kann man auf den autoleeren Straßen hier im Norden nicht verlieren. Warum er nicht kommt, können wir nicht klären. Laut Internet-Seite fahren die Busse in Corona-Alarm-Level 2 planmäßig. Egal, er kommt nicht.
Jetzt liegen überraschend weitere sechs Kilometer Fußmarsch vor uns. Nach der Wanderung vom Vormittag und der Russel-Besichtigung muss das nicht wirklich sein. Ich halte den Daumen raus. So lange bis sich der Fußweg nach Opua von der Straße trennt. Liegt es an Corona oder weil man im Ort schlecht anhalten kann? Ich bin jedenfalls erfolglos. Die Strecke am Wasser entlang ist kürzer, also wenden wir uns von der Straße ab und trotten los. Achim bekommt die extra Kartoffeln und den Autoatlas.
Nach zwei Kilometern treffen Wanderweg und Straße erneut aufeinander. Ich versuch es wieder mit dem Daumen. Year! Gleich der zweite Wagen hält an. Ein mittelältlicher Bauarbeiter mit dem totalen Chaos und Dreck im Auto. Ihm ist Corona egal. Er nimmt uns maskenlos und selbstverständlich gerne mit. Er strahlt, dass er uns einen Gefallen erweisen kann. Läuft in Neuseeland.

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