Archiv der Kategorie: Friedhof

Kleinode in der Stadt

Di., 10.Jan.17, Curaçao, Spanish Water, Tag 955, 8.752 sm von HH

Den dritten Tag nutzen wir den Wagen, um die Auswahl an hochwertigen Läden auf Curaçao abzuklappern. Ein Besuch bei Kooyman ist der Höhepunkt. Der wohl best sortierte Baumarkt der westlichen Hemisphäre.
Kooyman hat alles.

Sogar Verkäufer, die sich nicht hinter Regalen verstecken. Neben Holländisch (eine Amtssprache, die hier keiner spricht, Englisch ist die heimliche Sprache), können sie auch Englisch und, natürlich möchte man sagen, Spanisch.
Ein großartiger Laden. Ein echtes Kleinod. Nie hätte ich gedacht, dass mich mal ein Baumarkt ins Schwärmen bringt.

Wir kaufen ein, bringen unsere Wäsche weg, besuchen die Marine Ausstatter und genießen den Luxus mal für alle Wege einen Wagen zu haben.

Zwischendrin finden wir in der Stadt ein weiteres Kleinod: den jüdischen Friedhof.
Elegant, ganz in weißem Marmor gehalten. Alle Farben wurden verband. Obwohl auch bei den Juden schwarz die Trauerfarbe ist.

Die ältesten Gräber sind über 100 Jahre alt. Bestückt mit Putten, Engeln und Ranken. Sämtliche Gedenkschriften sind noch zu lesen. Saurer Regen scheint auf Curaçao unbekannt.

Die neueren Gräber sind schlichte Sarkophage. Einer trägt eine wunderbare Inschrift in einem gewagten Sprachen-Mix.
Besser kann man es nicht sagen.


Die Gräber tragen neben den üblichen Sterbedaten noch die jüdischen Jahreszahlen.
Nach dem jüdischen Kalender beginnt die Zeitrechnung 3.761 vor Chr. mit Erschaffung der Welt.
Somit sind einige der Herrschaften im Jahre 5.774 verstorben.
Ein sehenswerter Friedhof.

Union Island

Fr., 03. Jun.16, Union Island/Clifton, Tag 734, 6.537 sm von HH

Inzwischen sind wir schon drei Tage auf Union Island.
Union Island ist die südlichste Insel von ‚St. Vincent und den Grenadinen‘ auf der wir ausklarieren können, bevor es ins nächste Land, nach Grenada, geht.

Unser Liegeplatz ist nur suboptimal.
Wir haben den Anker hinter einem Riff geworfen, ähnlich dem Außenriff in den Cays.
Da es hier beengt ist, können wir nicht genug Kette auslassen, dann würde unser Schwoi-Kreis zu groß. Zehn Meter mehr wären besser.
Der Anker liegt zwar perfekt auf fünf Meter, aber es wird schnell tiefer, so dass nicht genug Kette am Grund liegt.
Unglücklicherweise hat die Bucht bauart bedingt 100 Meter hinter uns ein weiteres Riff. Das würde uns unsanft stoppen, sollten wir slippen.

Mit der Situation sind wir nur mäßig happy, aber Clifton gefällt uns so gut, so dass wir die etwas wackelige Ankersituation billigend in Kauf nehmen.

Cifton ist ein lebendiger, bunter Ort.
Da hier Tourismus eine größere Rolle spielt, gibt es eine Vielzahl an Bars und Kneipen. Es ist sauberer und aufgeräumter als auf Mayreau oder Canouan.

Ein Dutzend Gemüse-Buden buhlen um Kunden. Unser Bestand an Obst und Vegies war auf Null runter, so dass wir ordentlich einkaufen.
Ein schlacksiger Farbiger fängt uns gleich am Dinghy Dock ab, betreibt mit seiner Vorstellung: „Hi, I’m Hermann, the German“ großartige Kundenbindung und führt uns erst zum Zoll und dann zum Ziel, seinem Gemüse-Stand.
Den Verkauf überlässt er Frau und Tochter, die ebenfalls Marketing-Experten sind. Wir bekommen bei jedem Einkauf eine Kleinigkeit geschenkt. :-)

Die Supermärkte haben wenig zu bieten. Ein paar Konserven, Ketchup und Putzmittel.
Und die obligatorische Mehl-Ecke. Was nach dem Lager des örtlichen Drogen-Dealers aussieht, ist pfundweise abgefülltes Mehl, Milchpulver, Zucker und manchmal Reis.
Hoffe ich zumindest. ;-)

Und dann gibt es noch die Adams-Family.
Die haben ihren privaten Friedhof im Hinterhof des Hauses, gleich bei den Regentonnen. Mit eigener Mauer, Podesten für die Grabsteine, nur für die Adams. Zum Glück für die Familie sind erst drei Todesfälle seit Gründung des Friedhofs zu beklagen.

Für Unterhaltung am Anker sorgen Kite-Schüler, der Kite Schule vor Ort.
Ein Kiter hat sich schon in unserem Bug-Korb verfangen. Nach totalem Kontrollverlust über die Mächte, die ihn bewegen, zieht ihn sein Schirm ohne Brett quer durchs Ankerfeld.
Nur mit Hilfe von Jörn (aus Finkenwerder :shock:) und dessen Dinghy bekommt er den Schirm zu stoppen.

Mayreau

Mo., 23.Mai 16, Mayreau/Saline Bay, Tag 723, 6.531 sm von HH

Zu den Tobago Cays gehört eine bewohnte Insel: Mayreau.
Diese wird allerdings nicht dem Nationalpark zugerechnet. Windiges Wetter hat uns einen Zwischenstopp hier einlegen lassen, da wir auf Mayreau noch ein wenig Abdeckung finden können.
Mittwoch soll der Wind nachlassen, dann geht’s in die Cays.

Auf der knapp drei mal zwei Kilometer großen Insel wohnen 250 Menschen.
Es gibt zwölf Autos, drei Mopeds und einen Supermarkt, der außer Mehl und Hülsenfrüchten nicht viel bietet.

Auf Mayreau liegt die wohl schönste Bucht der Kleinen Antillen.
Nur durch eine schmale Landzunge wird die Salt Whistle Bay vom offenen Atlantik getrennt. Die eine Seite wild und windig, liegt man zehn Meter weiter in glasklarem, ruhigen Türkis.

Wie es immer so ist, wo es schön ist, sind auch andere Menschen. Entsprechend voll ist die Bucht mit weißem Charter-Kunststoff.
Touristen hassen ja nichts mehr als andere Touristen. Somit sind wir froh auf der anderen Inselseite zu liegen.
Selbe Anzahl Yachten, allerdings zehnmal so viel Platz.

Manchmal kommen in diese Bucht Kreuzfahrtschiffe. Das mag man sich nicht vorstellen, wenn 1.000 Leute auf die kleine Bucht losgelassen werden.
Jetzt ist es ruhig und fast einsam hier. Die Saison geht zu Ende und die meisten Yachten sind schon viel weiter südlich.

Der namenlose Ort hat eine hübsche Kirche von deren Hinterhof man direkt die Cays überblicken kann. Der benachbarte Friedhof ist schlicht an den steilsten Hang des Ortes gelegt worden. Die Ziegen grasen zwischen den Gräbern, aber er ist nicht so vermüllt, wie bereits gesehen.

Am schwarzen Brett finden wir eine tolle Statistik der öffentlichen Bibliothek: Vielleser werden mit kleinen Preisen belohnt.
So hat eine Gewinnerin, Mutter Helen, ihrer Tochter 111 Büchern vorgelesen und erhält einen Gutschein über 25 EUR vom örtlichen Supermarkt.
Der dritte Gewinner fällt mit sechs Büchern deutlich hinter der Performance von Helen ab. Trotzdem herzlichen Glückwunsch auch von unserer Seite. ;-)

Ankunft in Canouan

So., 16.Mai 16, Charlestown/Canouan, Tag 716, 6.525 sm von HH

Von Mustique nach Canouan sind es nur 14 sm. Und doch finden wir uns in einer anderen Welt wieder: Charlestown, mit weniger als 2.000 Einwohnern, kommt wieder karibisch daher. Das aufgeräumte, etwas sterile Ambiente von Mustique ist verschwunden.
Hier wohnen echte Menschen und diese echten Menschen feiern Pfingsten. Lautstark.

Bereits morgens um 9:00 Uhr wird die Bucht beschallt.

Ein Plakat weist auf die Höhepunkte der Feierlichkeiten hin. Die sind seit Jahren identisch und praktischerweise braucht nur die Jahreszahl überschrieben zu werden. Hat man in diesem Jahr leider vergessen… ;-)

Cool, dass ‚beer drinking‘ am Montag eine extra Erwähnung findet.

Die Leute schleppen Eiskisten, provisorische Tribünen, Bühnen, Grills und Bierstände sind aufgebaut.
Alle sind übermäßig freundlich, grüßen und grinsen uns an. Im Vorbeigehen gibt’s ‚high five‘ oder Händeschütteln.
Petra erzählen sie, dass sie nach dem Vorfall auf St. Vincent auf ‚ihre‘ Touris aufpassen. Uns soll nichts passieren.

Mustique ist schöner, aber es gefällt uns hier besser. Nicht, dass wir Müll und Schutt mögen, aber die Atmosphäre ist angenehmer.

Beim Rundgang durch Charlestown (Dauer eine knappe Stunde) finden wir drei Friedhöfe.
Es scheint, dass Baulücken dafür verwendet wurden und wenn voll, dann wird eben eine neue Baulücke gesucht.
Großer Totenkult wird in der Karibik wahrlich nicht betrieben. Die Friedhöfe sehen abgerissen und verwahrlost aus. Es liegt viel Schutt und Unrat zwischen den Gräbern.
So wie der eigene Vorgarten aussieht, so auch die Friedhöfe. Wie man zu Lebzeiten wohnt, so ruht man auch am Ende.

Die Menschen kümmern sich nicht sehr um ihre Umgebung. Müll wird überall hin gekippt. Schutt und Baustellen-„Abfälle“ bleiben ein Leben lang vor dem eigenen Haus-Eingang liegen. Mit viel Herzblut wird alles bunt angepinselt und dann, direkt daneben Müll.
Das ist nichts, was mein Herz erfreut und so mancher Anblick stimmt traurig.

 

Der örtliche Telefonanbieter versucht mit Plakaten dagegen zu steuern.
Hoffentlich trägt das bald Früchte und alle begreifen, dass sie ihr größtes Kapital zerstören. Es wäre sehr zu wünschen, wenn wenigstens Plastik-Müll vernünftig entsorgt würde.

Auf der anderen Seite sieht man zauberhafte Eigenwerbung vom örtlichen Laden: „Wir haben alles was Du brauchst, haben wir es nicht, können wir es besorgen, können wir es nicht besorgen, existiert es nicht“.

Bequia – Port Elisabeth

Fr., 06.Mai 16, Bequia/Port Elisabeth, Tag 706, 6.496 sm von HH

Port Elisabeth ist ein Ort nach unserem Geschmack.
So stellen wir uns die Karibik vor: bunte Häuser, die Menschen total relaxt, alle schalten einen Gang runter. Alle sind fröhlich und freundlich.

Klar, ist es hier auch touristisch. Allerdings so unmerklich, dass sich das auf eine Touristen-Info und ein paar Souvenir-Shops beschränkt.
Der Rest ist echt.
Die Hähnchenteile und Schweineschwänze werden nicht für Touristen gegrillt, sondern die Einheimischen holen sich mittags so ein Häppchen. Es duftet köstlich.
Nur die Styropor-Packungen, die zum Teil achtlos weg geworfen werden, nerven.

Es wimmelt nur so von Obst- und Gemüseständen mit guter Qualität.
Die Supermärkte sind eine Klasse für sich. Frische Sachen sucht man vergeblich.
Die Auswahl an „Milchprodukten“ passt auf eine DIN A4 Seite und beschränkt sich überwiegend auf Margarine.
In feinster Schul-Mädchen-Schrift klärt ein Zettel über Preise und Inhalt auf.
Der Rest ist Dosenfutter, gefrorenes Hack und Hühnchen.

Neben einem Platzhirschen-Supermarkt gibt es noch Dutzende Mini-Shops, die alle das gleiche verkaufen: Nudeln, Ketchup, Bier und Toilettenpapier.
Beim Bäcker hängt am Eingang ein Regal mit gebrauchten Schuhen. :mrgreen:

Neben den drolligen Mini-Shops gibt es drei ‚Marine-Zubehör-Läden‘.
Abenteuerlich!
In einer der Buden stehen überall leere Flaschen herum. In Kartons und Fässer gestopft. Ringsum, zwischen Tampen und echten Ersatzteilen, stehen Pullen.
Zuerst glauben wir an ein geheimes getrunkene-Flaschen-Entsorgungs-Lager der, im Laden lungernden, Jungs.

Nach dem Besuch eines weiteren Ladens sehen wir, dass diese Flaschen für Gefahrgut benötigt werden. Batteriesäure, Epoxi und Aceton wird in gebrauchten Wein- und Schnaps-Flaschen angeboten. :shock:

Dagegen steht ein großartiger Service für alle Besitzer eines Johnson-Außenborders.
Sämtliche Detail-Teile-Hefte, wahrscheinlich aller je hergestellten Motoren, sind fein säuberlich ausgestellt.
Reichlich oft durchgeblättert, wie die schmuddeligen Seiten zeigen.

Überall wird improvisiert, vieles ist sympathisch unfertig.
Das meiste ist etwas angefleddert, abgeschubbert und angegammelt.
Nicht so schöne Teile werden einfach mit Farbe übertüncht. :-) Ich mag das.
Dieser unfertige Charme vermittelt mir immer eine Leichtigkeit des Seins.
Bitte nicht zu viel Perfektion, Regeln, Normen.

Der Müllplatz hingegen ist gruselig.
In ein gemautes Häuschen wirft jeder seinen Unrat.
Es ist nicht so sehr gruselig für den Hineinwerfer, sondern für die armen Kerle, die den Dreck aus dem Häuschen mit Händen und ein paar Forken wieder raus kratzen müssen.

Der Friedhof wird gerade von einem hübsch blühenden Unkraut-Ranker erobert. Praktischerweise dient er den Ziegen als Weideplatz.
Die sind nicht etwa zufällig dort, weil ausgebüxt. Nein, die wurden dort fein säuberlich angepflogt. Klasse!
Entspricht allerdings nicht den üblichen Konventionen. ;-)